Protocol of the Session on June 10, 2010

Da muss man sich als Demokrat engagieren und Alltagsarbeit leisten. Ich lade Sie gern ein. Wenn Sie das möchten, melden Sie sich; dann machen wir einmal einen Termin aus, und dann zeige ich Ihnen, wie schwierig es ist, so etwas im Alltag zu leisten, und wie leicht es ist, im Parlament dazu kluge oder auch herausfordernde Reden zu halten. Das ist ein ganz gro ßer Unterschied.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Stephan Braun SPD)

Wie gesagt: Wir machen das bereits, und wir werden dabei auch nicht nachlassen. Das ist unser Job. Da haben wir auch eine besondere Verantwortung; das hat mit unserer Gründung,

(Abg. Thomas Blenke CDU: Gehen wir doch einmal zusammen zu einem Polizeieinsatz bei einer Demons tration!)

unseren Themen usw. zu tun.

Sie haben eher im Bereich der rechten Szene eine besondere Verantwortung; das wissen Sie.

(Lachen des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP – Abg. Thomas Blenke CDU: Was? Wie ist das gemeint?)

Es gibt einen besonderen Anlass; ich will das aber jetzt auch nicht höher hängen als nötig. Der Kollege Braun hat vorhin zu Recht darauf hingewiesen, dass so etwas wie in Göppin gen nicht noch einmal stattfinden darf. Ich habe mir das ein mal angeschaut; ich habe es gelesen. Ich weiß, dass das nur ein Arbeitskreis der Jungen Union ist. Ich will das Thema jetzt nicht hochziehen. Aber wenn im Internet und anderswo über Wochen hinweg eine völlig unreflektierte Debatte stattfindet, wie ich sie bislang nur aus rechtsextremistischen Kreisen ken ne – da gibt es die Forderung, man müsse endlich einmal mit dieser „Selbstgeißelung“, was die Verbrechen des Holocaust betrifft, aufhören, und die Deutschen müssten aufhören, sich zu erniedrigen, und ähnliche Geschichten; da gibt es Feind lichkeit gegen Homosexualität usw. –, dann erwarte ich von der CDU, dass sie einen Schlussstrich zieht und sagt: „Das ist mit CDU-Politik völlig unvereinbar.“ Das fehlt jedoch bis zum heutigen Tag, und deswegen leidet Ihre Glaubwürdigkeit in diesem Bereich.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Walter Krög ner SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kluck.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Kollege Sckerl hat gerade ein Plädoyer für die Jugendsünden oder Jugendtorheiten gehalten, die man ein wenig mit Fassung tragen sollte. Das stimmt. Sie kennen doch diesen alten Spruch: „Wer mit 20 kein Sozialist ist, der hat kein Herz; wer mit 30 noch einer ist, der hat keinen Verstand.“

(Vereinzelt Beifall)

Deswegen wollen wir das Gleiche auch auf diese Buben von der Jungen Union in Göppingen angewendet wissen. Damit braucht sich, so glaube ich, Frau Bube noch nicht zu befas sen.

Ich will nur sagen: Die Differenzierung nach links und rechts bringt uns doch nicht weiter. Sie wissen ja: Mancher ist so weit links, dass er wie Horst Mahler dann wieder rechts an kommt. Wir kennen auch unschöne Vorfälle. Da freut es mich, dass sich der Kollege Sckerl eindeutig vom Zertrampeln von Versuchsfeldern an der Hochschule Nürtingen distanziert hat, ebenso von beleidigenden Äußerungen seiner früheren Frak tionskollegen Fritz Kuhn und Rezzo Schlauch bei der Räu mung einer Demo am AKW Neckarwestheim. Aber das alles ist Vergangenheit.

Wir sollten es dabei belassen, dass wir uns einig sind, und die se Einigung nicht zerreden.

Ich möchte auch sagen, Herr Kollege Braun: Das, was Sie der FDP in der Bunderegierung unterstellen, ist falsch. Wir haben gesagt, dass die Bundesregierung gründlich prüfen muss, wie bestehende Extremismusbekämpfungsprogramme auf den Linksextremismus angepasst werden können. Eine reine Über tragung von den für Rechte eingeführten Maßnahmen wie Aussteiger- oder Opferschutzprogrammen greift zu kurz.

Vielmehr – so hat mein Kollege und Parteifreund Steffen Rup pert gesagt – muss geklärt werden, welche Ideologien hinter linksextremistischen Straf- und Gewalttaten stehen und wie man dieser Gesinnung präventiv und nachhaltig begegnen kann. Das werden wir auch weiterhin tun. Ich bitte doch, die sachlich begonnene Debatte jetzt nicht unsachlich enden zu lassen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Innen minister Rech.

Herr Präsident, meine Damen und Herren Kollegen! Zwei, drei Punkte sind noch offenge blieben, die ich gern in aller Kürze beantworten möchte.

Kollege Braun hat nach dem Bombenbastler von Freiburg ge fragt. Herr Kollege Braun, ich weiß nicht, ob das Ermittlungs verfahren schon abgeschlossen ist. Deswegen will ich heute in diesem Rahmen nichts weiter dazu sagen. Ich biete Ihnen aber gern an, dieses Thema in einer der nächsten Innenaus schusssitzungen entsprechend zu beleuchten.

Zum Zweiten wurde die Pfeiffer-Studie angesprochen, an der sich Baden-Württemberg nicht beteiligt hat; dies ist richtig.

Ich habe, ohne auf Einzelheiten einzugehen, großes Verständ nis für die massive Kritik, die im Vorfeld dieser Studie von den baden-württembergischen Polizeigewerkschaften erho ben wurde.

(Zuruf von der SPD)

Ja gut, aber die Kritik ist berechtigt. Wenn Sie sich den Fra genkatalog des Herrn Professors Pfeiffer ansehen, dann sehen Sie, dass die Behauptung nicht überzogen ist, die da lautet, er nehme mehr die Opfer als die Täter ins Visier. Die Fragen, die dort gestellt wurden, wollte ich auch nicht in jedem Punkt für mich beantworten.

Wir legen aber nicht die Hände in den Schoß, Herr Kollege Sckerl, sondern wir haben eigene Studien in Bearbeitung; die Fachhochschule arbeitet daran. Dabei werden Ergebnisse mit mindestens genauso profundem Hintergrund erarbeitet wer den, wie sie aus der Pfeiffer-Studie hervorgegangen sind. Das will ich mit aller Zurückhaltung sagen.

Zum Dritten, Herr Kollege Sckerl: Ich habe auch darauf hin gewiesen, dass es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, junge Menschen möglichst in die Demokratie zurückzuholen. Dazu müssen wir die geistig-politische Auseinandersetzung an allen Fronten führen. Aber für mich gibt es natürlich eine Grenze, die, wenn sie überschritten wird, nichts anderes mehr als konsequentes polizeiliches Handeln zulässt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Denken Sie beispielsweise an die Vorgänge in Heiligendamm beim Weltwirtschaftsgipfel. Wissen Sie: Wenn da Gruppen – ich will sie gar nicht genau bezeichnen – generalstabsmäßig vorbereitet Nachschub mit Einkaufswagen organisieren, re gelrecht trainieren, wie man Pflastersteine oder diese vierecki gen Betonsteine aus ihrer Verankerung löst und sie wirft – schauen Sie sich das alles einmal an; das war, wie gesagt, ge neralstabsmäßig geplant und durchgeführt –, und wenn dann Hunderte von Polizeibeamten im Steinehagel stehen, ange griffen, verunglimpft und verletzt werden, dann ist für mich die Grenze deutlich überschritten.

Das war für mich der Grund, zu sagen: Baden-württembergi sche Polizeibeamte und Polizeibeamte aus anderen Bundes ländern, die in Baden-Württemberg im Einsatz sind – damit meine ich den NATO-Gipfel in Baden-Baden, Kehl und Straß burg –, möchte ich solchen Angriffen nicht ausgesetzt sehen. Deswegen stand bei uns die generalstabsmäßige Vorbereitung des NATO-Gipfels im Fokus.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Ha gen Kluck FDP/DVP: Jawohl! – Abg. Thomas Blen ke CDU: Sehr richtig!)

Die Ergebnisse, dass es nämlich hier nicht zu Ausschreitun gen gekommen ist, haben die Vorbereitungen und die Perso naleinsätze, die, wie ich zugeben muss, umfangreich waren, gerechtfertigt.

(Zurufe der Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE und Tho mas Blenke CDU)

Deswegen, meine Damen und Herren: Ab einer gewissen Grenze kenne ich keine Rücksicht auf überzogene Deeskala

tionsmaßnahmen. Vorrang hat für mich der Schutz derer, die uns schützen, und das sind die Polizeibeamten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie Abge ordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, die Ak tuelle Debatte unter Punkt 2 der Tagesordnung ist damit be endet.

Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:

Wahl der Mitglieder zur 14. Bundesversammlung

Nach der Bekanntmachung der Bundesregierung vom 2. Juni 2010 über die Zahl der von den Volksvertretungen der Länder zu wählenden Mitglieder hat der Landtag von Baden-Würt temberg 79 Mitglieder zu wählen.

Für die Wahl gelten die §§ 3 und 4 des Gesetzes über die Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung. Zur Bundesversammlung ist wählbar, wer zum Bundestag wähl bar ist.

Der Landtag wählt die auf das Land entfallenden Mitglieder nach Vorschlägen der Fraktionen. Dabei hat jeder Abgeord nete eine Stimme. Ein gemeinsamer Wahlvorschlag aller vier Fraktionen liegt Ihnen vor.

In den zurückliegenden Tagen sind beim Landtag einige Mel dungen von Bürgern eingegangen, die als Bewerbungen für eine Benennung als Mitglied der Bundesversammlung anzu sehen sind. Ich gehe davon aus, dass Sie mit dem vorliegen den gemeinsamen Wahlvorschlag auch übereingekommen sind, entsprechende Bewerbungen nicht zu berücksichtigen und dass externe Vorschlagslisten unzulässig sind. – Sie stim men dem zu.

(Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: Ja!)

Darf ich davon ausgehen, dass die Wahl offen durchgeführt und deshalb durch Handzeichen abgestimmt werden kann? – Dagegen erhebt sich kein Widerspruch.

Wer die in der Vorschlagsliste der Fraktionen aufgeführten Damen und Herren zu ordentlichen bzw. zu Ersatzmitgliedern der 14. Bundesversammlung wählen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit sind die Damen und Herren ein stimmig zu ordentlichen Mitgliedern bzw. zu Ersatzmitglie dern gewählt.

Punkt 3 der Tagesordnung ist damit erledigt.

Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung des Meldegesetzes – Drucksache 14/6379