Meine Damen und Herren, ich möchte mich, Kollege Sckerl, noch etwas mit den Anträgen, die von Ihrer Seite immer wie der kommen, beschäftigen. Ich nehme Ihnen grundsätzlich al les ab, was Sie sagen, aber wir lesen und hören – auch im In nenausschuss, in den nicht öffentlichen Beratungen – irgend wie immer wieder zumindest eine unterschwellige Sympathie, die da bei Ihnen mitschwingt.
Das sage ich Ihnen gleich. – Ich möchte Ihnen jetzt nur ei nes sagen. Es gab z. B. einmal einen Antrag von Ihnen, in dem Sie sich kritisch mit einem Polizeieinsatz auseinandersetzten, der im Dezember 2008 in Stuttgart gegen eine Demonstrati on wegen der geplanten Änderung des Versammlungsrechts stattgefunden hat. In der Begründung schrieben Sie, zahlrei che Teilnehmerinnen und Teilnehmer hätten darüber Beschwer de geführt, auch gegenüber Mitgliedern des Landtags – ver mutlich gegenüber Ihnen; das ist in Ordnung. Der Vorwurf lautete: Die Polizei habe auf viele Teilnehmerinnen und Teil nehmer unverhältnismäßig einschüchternd und abschreckend gewirkt.
Zu dieser Versammlung hatte u. a. eine „Revolutionäre Akti on Stuttgart“ aufgerufen; sie rief zu einem „kämpferischen und antikapitalistischen Block“ auf.
Die Polizei hat diesen Einsatz gefahren, weil wenige Tage zu vor bei einer ähnlichen Veranstaltung in Mannheim 100 ver mummte Personen drei Streifenwagenbesatzungen angegrif fen haben. Ich muss sagen: Unter diesen Umständen ist ein solcher Polizeieinsatz gerechtfertigt. Denn wir müssen auch die Polizisten schützen, die dort im Einsatz sind.
Wenn bei dieser Versammlung 500 mit schwarzen Kapuzen shirts bekleidete Personen zugange sind und es zu unfriedli chen Aktionen kommt, beispielsweise Knallkörper und Pyro technik gezündet werden, und – jetzt hören Sie mir bitte zu – –
Es waren Linksextremisten. – Ich zitiere einmal, was z. B. im vorderen Block gegenüber den eingesetzten Polizeibeam ten gesagt wurde – der Innenminister hat vorhin zu Recht das Thema Beleidigungen angesprochen –: Es wurden Parolen ge rufen wie z. B. „Wir sind alle 129 a!“ Für die Nichtjuristen im Haus: § 129 a StGB bezieht sich auf die Bildung terroristi scher Vereinigungen. „Wir sind alle 129 a!“, oder weiter: „All cops are bastards!“, oder weiter: „BRD-Bullenstaat, wir ha ben dich zum Kotzen satt!“
Meine Damen und Herren, Herr Kollege Sckerl, wenn Sie in diesem Zusammenhang sagen, in den meisten Fällen stünden edle Motive dahinter, müssen Sie uns das bitte einmal erklä ren.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es! – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: So ist es! Sehr gut!)
Deshalb, meine Damen und Herren: keine braunen Sümpfe und keine schwarzen Blöcke. Wir wollen gegen Extremismus jeglicher Couleur konsequent vorgehen.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sehr gut! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Thomas, klasse!)
Herr Präsident, werte Kollegin nen und Kollegen! Zunächst, um ein Missverständnis auszu räumen: Herr Innenminister, auch wir waren für die Erhöhung des Strafrahmens in § 113 StGB. Wir haben dies begrüßt. Wir haben uns dafür eingesetzt. Denn es ist völlig klar, dass Ge walt gegen Polizeibeamte, gegen Feuerwehrleute und andere nicht akzeptabel ist, überhaupt nicht geht und bekämpft wer den muss. Wir alle in diesem Haus sind uns darüber einig, dass das Gewaltmonopol beim Staat liegt und nur dort zu sein hat. Ich denke, hier gibt es keinen Dissens.
Jetzt zu einem zweiten Missverständnis, auf das Sie, Herr Blenke, mich persönlich angesprochen haben.
Ich möchte Sie bitten, das im Protokoll später noch einmal nachzulesen. Im Zusammenhang mit Freiburg habe ich die Antifa nicht erwähnt. Die Antifa habe ich im Zusammenhang mit Mühlacker, dem Nachbarkreis neben dem Wahlkreis des Ministerpräsidenten, erwähnt.
Dort ist es in der Tat so, dass wir über Jahre hinweg diese rechtsextremistischen Konzerte haben, diese Propagandamu sik, von der wir alle hier wissen, dass dies die Einstiegsdroge für die Szene ist. Deshalb sage ich, dass wir hier nicht auf In formationen der Antifa angewiesen sind. Genauso wie Sie fin de ich es beschämend, wenn wir von der Antifa Informatio nen bekommen, weil wir beide auch wissen, wie diese zustan de gekommen sind. Rechtsbruch ist Rechtsbruch. Das darf nicht gerechtfertigt werden,
Zu der Frage, die sich im Zusammenhang mit Freiburg auf getan hat, wissen wir nun, dass dieser Bombenbastler zum ei nen ein NPD-Kader war und zum anderen in der autonomen nationalistischen Szene tätig war. Die Frage, die uns hier be schäftigt – darauf haben wir bis heute noch keine befriedigen de Antwort –, lautet: Inwieweit lassen diese Vorkommnisse auf sich verfestigende Tendenzen bezüglich eines Übergangs vom Rechtsextremismus zum Rechtsterrorismus schließen? Diese Frage halten wir für sehr notwendig, und wir bitten Sie, dem auch nachzugehen. Ich weiß nicht, ob Sie, Herr Minis ter, heute etwas dazu sagen können oder ob Sie uns dazu noch etwas nachliefern werden.
Es hat mich gefreut, dass Sie, Herr Blenke, sagen, die Pro gramme gegen Rechtsextremismus sollten in diesem Umfang erhalten bleiben, und es sollten noch Programme gegen Links extremismus hinzukommen. Wenn das so ist, dann sind wir auf Ihrer Seite. Dann haben Sie unsere Unterstützung. Aber unser Problem ist, dass Schwarz-Gelb in Berlin einen Koali tionsvertrag unterschrieben hat, mit dem genau das Gegenteil beabsichtigt wird.
Die Koalition in Berlin will die Programme gegen Rechtsex tremismus eindampfen, und was dann übrig bleibt, soll in Pro gramme gegen Extremismus allgemein umgewandelt werden. Da sagen wir: Das geht nicht. Das ist nicht zielgenau, und es reicht nicht aus. Es ist deshalb nicht zielgenau, weil die Be gründungszusammenhänge dieser verschiedenen Extremis musarten unterschiedlich sind. Ich muss dem Extremismus al so auf unterschiedliche Weise begegnen.
Aus diesem Grund weise ich darauf hin, dass es ein Unter schied ist, ob jemand beispielsweise die Gleichwertigkeit oder
die Ungleichwertigkeit zum Maßstab seiner Entscheidung macht. Diese sind doch für das Programm mitbegründend.
Deshalb unsere Bitte: Geben Sie die Gleichsetzung in diesem Fall auf. Denn so können wir nicht zielführend agieren.
Im Übrigen sind wir hier einer Meinung. Ich denke, wir sind bei diesem Thema in weiten Teilen einer Meinung, und dafür bin ich dankbar.
Ich sage Ihnen aber sehr deutlich: Sie können sich anstrengen, wie Sie wollen, und alle möglichen Bemühungen unterneh men, aber Sie werden uns in die Ecke, in die Sie uns stellen wollen, nicht hineinbekommen. Wir waren noch nie in dieser Ecke,
Wir sind nicht in der Ecke der Sympathisanten mit dem Links extremismus. Das sind wir nicht. Verstehen Sie?
(Beifall bei den Grünen – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sie waren es doch in der Vergangenheit! – Abg. Thomas Blenke CDU: Sie haben doch selbst gesagt, dass Sie es früher waren!)
Ich lade Sie gern einmal ein und zeige Ihnen, Herr Blenke, wie Grüne im Alltag in diesem Bereich diskutieren. Denn Sie haben vorhin beklagt, eine Auseinandersetzung mit dem Linksextremismus finde nicht statt; da gebe es eine merkwür dige Toleranz, eine Verharmlosung oder was auch immer.
Es reicht nicht, dazu nur Reden im Parlament zu halten. Ich lade Sie gern einmal ein, eine Veranstaltung einer globalisie rungskritischen Jugendorganisation zu besuchen. Das mag beispielsweise eine gewerkschaftlich organisierte Jugendgrup pe sein. An einer solchen Veranstaltung nehmen aber oft auch Mitglieder autonomer oder linksextremistischer Gruppen teil, die einen gewissen Hang zu Gewalttätigkeiten oder eine grund sätzliche Gewaltbereitschaft haben. Dort müssen Sie dann die Werte der Demokratie und die Demokratie insgesamt vertei digen. Das ist Alltag. Das müssen Sie dann aber auch mitma chen.
Ich habe es bereits vorhin gesagt: Junge Leute im Alter von 16, 17, 18 Jahren haben häufig ein Problem mit der sozialen Gerechtigkeit auf der Welt. Sie sehen die sozialen Verwerfun gen; sie sehen die Folgen der Finanzkrise. Diese jungen Men schen wollen sich engagieren und gehen dazu in globalisie rungskritische Gruppen. Dort treffen sie aber auf gut ausge bildete Kader aus dem Bereich des Linksextremismus, und dann werden diese jungen Leute von denen agitiert. Nach zwei Jahren machen dann manche bei Gewaltaktionen mit. Deren Gewaltpotenzial hat sich erhöht. Aber das sind junge Men schen; sie sind nicht für alle Zeiten für die Demokratie verlo ren.
Da muss man sich als Demokrat engagieren und Alltagsarbeit leisten. Ich lade Sie gern ein. Wenn Sie das möchten, melden Sie sich; dann machen wir einmal einen Termin aus, und dann zeige ich Ihnen, wie schwierig es ist, so etwas im Alltag zu leisten, und wie leicht es ist, im Parlament dazu kluge oder auch herausfordernde Reden zu halten. Das ist ein ganz gro ßer Unterschied.