Protocol of the Session on July 27, 2006

Wir brauchen keine beamteten Apotheker und Ärzte, die nach klaren Vorgaben des Staates arbeiten. Wir brauchen in diesem Bereich kreative freiberuflich Tätige und keine Staatsmedizin. Ich glaube, das ist auch in diesem Entwurf drin.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Das steht nur noch auf dem Blatt Papier!)

Jetzt zu dem, was ich gesagt habe. Es gibt auch ein paar Vorteile – auch für Baden-Württemberg, lieber Uli Noll. Zum einen haben wir bei uns eine Sondersituation, was das Thema Kuren betrifft. Baden-Württemberg ist das Kur- und Bäderland Nummer 1. Die Elternkuren sind künftig Pflichtleistung. Das freut unseren Professor Forcher.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Wie finanziert?)

Die sind finanziert.

Wir sind das Thema Palliativmedizin in Baden-Württemberg angegangen. Die Palliativmedizin wird erheblich gestärkt. Das Geld wird in die Länder fließen, die bereits Vorkehrungen getroffen haben. In Baden-Württemberg ist da schon einiges gelaufen.

Nächstes Thema: Umwandlung der ambulanten und stationären Rehabilitation bei der Geriatrie von der Ermessensin eine Pflichtleistung. Das unterstützt geradezu unser Geriatriekonzept in Baden-Württemberg. So ganz schlecht ist dieses Modell also nicht.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Wenn es finan- ziert werden kann!)

Da gibt es schon auch ein paar Dinge. Da muss man seriös argumentieren. Wir haben im Moment als Bundesland mehr

Nachteile als Vorteile. Da sind wir uns, glaube ich, einig. Aber die Vorteile nicht zu erwähnen, die in diesem Eckpunktepapier für unser Land stecken, ist auch nicht in Ordnung.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Okay!)

Wir sehen, es gibt viel Schatten. Aber irgendwo muss auch ein Kerzlein stehen, um diesen Schatten zu erzeugen, und dieses Kerzlein ist auch enthalten. Ich sehe es so: Dieses Eckpunktepapier ist das Mittel zur Erprobung einer neuen Waffe im Kampf für ein finanzierbares Gesundheitssystem.

Ich schließe zum dritten Mal mit Machiavelli,

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Schon wieder!)

der gesagt hat: „Gerecht ist der Krieg in der Not, und gesegnet sind die Waffen, wenn sie die einzige Hoffnung sind.“

So sieht es die CDU-Landtagsfraktion.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Haußmann.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Frau Ministerin hat es angedeutet: Es geht jetzt auch um die Gestaltung dieser Eckpunkte. Da müssen wir uns einbringen. Ich erwarte von dieser Landesregierung schon – die Frau Ministerin hat die Nachteile für Baden-Württemberg sehr eindrücklich geschildert –, dass sie uns ein Konzept aufzeigt, was sie gegen die Verschlechterung für Baden-Württemberg tun will. Da habe ich noch nichts gehört. Ich habe hierzu auch nichts von Ulrich Noll, als Fraktionsvorsitzender der FDP/DVP Teil dieser Landesregierung, gehört. Nur Kritik, keine konstruktiven Vorschläge. Da muss schon ein bisschen mehr Butter bei die Fische, mein lieber Herr Kollege.

(Beifall bei der SPD – Abg. Thomas Knapp SPD: So ist es leider!)

Ich habe die Gestaltung der Eckpunkte angesprochen. Auch ich habe Bauchschmerzen, wenn ich an die dreiprozentige Kürzung beim Rettungsdienst denke. Das kann so pauschal sicher nicht sein. Wir haben in Baden-Württemberg eine besondere Situation. Wir müssen die Finanzierung für den Rettungsdienst mit den Kassen aushandeln. Wenn die dreiprozentige Kürzung so kommt, dann wird es eine Verschlechterung in der Notfallrettung geben. Auch da will ich eine Antwort von der Landesregierung, was sie hier machen will.

Auch die Krankenhäuser haben eine besondere Situation. Sie bekommen eine pauschale Kürzung von einem Prozent. Diese wird ganz konkrete Auswirkungen haben, natürlich auch auf die Situation in den einzelnen Häusern, die ja sehr unterschiedlich ist. Auch hier kann man sicher nicht pauschalieren. Es stehen noch die Zahlungen aus den kommenden Tarifabschlüssen für die Ärzte an. Auch damit werden

die Krankenhäuser belastet. Die erhöhte Mehrwertsteuer ist schon angesprochen worden. Es hat also ganz konkrete Auswirkungen.

Ich glaube schon – es gibt auch Zahlen dazu –, Frau Ministerin, dass der Mittelabfluss aus Baden-Württemberg stärker sein wird als über den Risikostrukturausgleich, wenn der Fonds so kommt. Das befürchten alle Experten. Deshalb will ich schon hören, welche Verbesserungen für Baden-Württemberg Sie in naher Zukunft auf den Weg bringen wollen und wie Sie sich in der großen Koalition einbringen wollen.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Mielich.

Frau Haußmann, die Erwartungen, die Sie gerade für die SPD formuliert haben, kann ich wirklich nur unterstreichen. Das Problem ist ja, das Sie in der dummen Situation sind, dass Sie auf Bundesebene genau diese Gesundheitsreform mit stützen müssen.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Was für eine dumme Situation? – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/ DVP zur SPD: Sie haben die Ministerin!)

Das heißt, es wird für Sie ganz schwierig, das auf Landesebene zu kritisieren.

Ich möchte noch auf einen Punkt kommen, den Sie eben auch benannt haben, nämlich auf die pauschale Kürzung der Mittel für die Krankenhäuser. Ich finde, wir müssen darauf ein ganz besonderes Augenmerk legen. Das bedeutet für Baden-Württemberg Mindereinnahmen von 100 Millionen €, und dies gerade vor dem Hintergrund, dass wir jetzt aufgrund der Ergebnisse der Expertenkommission eigentlich sagen müssten: Wir müssten unsere Krankenhauslandschaft völlig neu diskutieren, wir müssten sie völlig neu strukturieren und organisieren.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Das heißt Geld streichen!)

Wir brauchen ganz viele flexible Antworten, um tatsächlich auch die Krankenhausversorgung im ländlichen Raum zu sichern. Gleichzeitig haben wir damit zu kämpfen, dass wir insgesamt 100 Millionen € weniger zur Verfügung haben. Das ist natürlich ein Riesenproblem. Da finde ich in der Tat, dass die Landesregierung wirklich deutlich darauf eingehen und klären muss, wie das ausgeglichen werden soll.

Unterm Strich kann man sagen, dass diese Eckpunkte, wenn sie in ihren großen Linien – das ist neben dem Gesundheitsfonds zum Beispiel auch die Kürzung des Krankenhausfonds, es ist aber auch ganz klar die Beitragserhöhung um 0,5 Prozentpunkte – umgesetzt werden, bedeuten, dass es letztendlich nicht gelungen ist, tatsächlich irgendwelche Strukturveränderungen auf den Weg zu bringen. Stattdessen werden alle Lasten auf die Beitragszahler abgewälzt. Sie sind diejenigen, die in Zukunft doppelt bestraft werden, weil dies möglicherweise auch mit Leistungskürzungen einhergeht.

Ein ganz großes Problem, das noch gar nicht angesprochen worden ist, ist die demografische Entwicklung. Auf diesen Eckpunkt geht überhaupt niemand ein. Das ist ein Thema, bei dem unbedingt der Finger in die Wunde gelegt werden muss und Antworten gefunden werden müssen.

Frau Ministerin Stolz, ich will jetzt aber noch einmal etwas zu Ihrem Beitrag sagen. Sie sagten, die Grünen hätten sieben Jahre lang in der rot-grünen Bundesregierung gesundheitspolitisch nichts auf den Weg gebracht.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Geschla- fen!)

Das stimmt ja nun wirklich gar nicht. Durch das letzte GMG im Jahr 2004 ist deutlich etwas auf den Weg gebracht worden. Es ist genau das auf den Weg gebracht worden, was Baden-Württemberg auch bereits umgesetzt hat. Da sind ja zum Beispiel tatsächlich Hausarztmodelle und weitere flexible Lösungen möglich gemacht worden, mit denen wir regionale Besonderheiten berücksichtigen und in diesem Rahmen besondere Verträge abschließen können. Genau das ist ja passiert. Und genau das nutzen Sie ja auch. Von daher kann man wirklich nicht sagen, aufgrund des GMG sei nicht viel passiert.

Ich will noch einmal darauf hinweisen, was die Ansätze der Grünen sind. Wir haben ganz klar strukturverändernde Vorschläge gemacht, indem wir gesagt haben: Wir müssen viel stärker in die integrierte Versorgung gehen, wir müssen medizinische Zentren aufbauen und müssen die ambulante und stationäre Vernetzung viel stärker in den Vordergrund stellen, um dafür zu sorgen, dass in strukturschwachen ländlichen Regionen die Versorgung gesichert ist, dass sie bezahlbar ist und dass Doppelstrukturen abgebaut werden. Das sind Bereiche, die wir sehr stärken wollen.

Ich denke, am Ende dieser Debatte können wir unter dem Strich nur den Schluss ziehen: Es ist wichtig, dass wir uns in Baden-Württemberg gemeinsam dazu bekennen, dass wir die Gesundheitsreform in den genannten Eckpunkten schlecht finden. Wir sollten dazu stehen wie ein Mann und eine Frau und sagen: So wollen wir es nicht.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Die Aktuelle Debatte unter Punkt 2 der Tagesordnung ist damit erledigt.

Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:

a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ständigen Ausschusses zu der Mitteilung der Landesregierung vom 9. Februar 2006 – 15. Bericht der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten – Drucksachen 13/5154, 14/132

Berichterstatterin: Abg. Birgit Kipfer

b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ständigen Ausschusses zu der Mitteilung des Rechnungshofs vom 28. November 2005 – Gemeinsame Prüfung der Haus

(Präsident Peter Straub)

halts- und Wirtschaftsführung des Südwestrundfunks 2003 durch die Rechnungshöfe der am Staatsvertrag über den SWR beteiligten Länder Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz – Drucksachen 13/4865, 14/133

Berichterstatter: Abg. Rainer Stickelberger

c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ständigen Ausschusses zu den Schreiben des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Mai 2006, Az.: 1 BvR 2270/05, 1 BvR 809/06 und 1 BvR 830/06 – Verfassungsbeschwerden der ARD-Landesrundfunkanstalten, des ZDF sowie des Deutschlandradios gegen die Festsetzung der Rundfunkgebühr im Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag – Drucksache 14/134