Deswegen geht es nicht um Aufrüsten, sondern um vernünftiges, rechtzeitiges Gegensteuern. Fast alles, was gesagt worden ist, bezieht sich auf Lösungsmöglichkeiten. Es ist so: Wir tun ja etwas. Nicht zuletzt deswegen hat man den Kabinettsausschuss gebildet. Es gilt jetzt, die vielen vernünftigen Vorschläge, die es ja gibt, umzusetzen und die Probleme anzugehen. Ich wünsche mir wirklich, dass alle Beteiligten – auch die, die besonders laut schreien – mitmachen. Da hat Herr Kehle, Präsident des Gemeindetags, recht. Ich darf zitieren:
Da ich weiß, dass ich nicht alle Themen abräumen kann, noch wenige Bemerkungen. Liebe Frau Mielich, ich verspreche niemandem das Blaue vom Himmel. Aber solange nicht guter Leistung, egal, ob auf dem Land oder in der Stadt, das not
(Beifall bei der FDP/DVP – Zuruf der Abg. Bärbl Mielich GRÜNE – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: So ist es!)
Zweitens: Wenn wir eine gute Gesundheitsversorgung wollen, müssen wir den Menschen klipp und klar und ehrlich sagen: Das wird in Zukunft mehr Geld kosten. Und wir müssen hinzufügen: Das können wir nicht alles solidarisch finanzieren.
Wir wollen eine breite, solidarische Grundversorgung, in der keiner, ob auf dem Land oder in der Stadt, durch das Raster fällt, aber wir wollen, dass die Menschen mit dem Geld, das sie mehr zahlen, selbst bestimmen können, welche Versorgung sie wünschen.
Sie gestatten mir – weil ich nicht wie der Blinde von der Farbe rede; es ist ja einer meiner Vorzüge, dass ich etwa 30 Jahre lang Landzahnarzt war –, humorvoll zu schließen, wenn man mich noch lässt. Alles war schon einmal da. Als wir studiert haben, sind schon die Headhunter etwa von den Banken gekommen und haben gesagt: Wer schließt mit uns ab? Egal, wie viel die Praxis kostet, Sie bekommen noch das Geld für ein Auto dazu, und ein Haus bauen Sie doch auch.
Das war einmal. Inzwischen weiß jeder, dass in der Medizin chronischer Finanzmangel herrscht. Deswegen haben Sie heute Probleme, eine Finanzierung für die Praxis hinzubekommen. An eine Finanzierung des Autos und des Hauses ist gar nicht zu denken.
Zweite Bemerkung: Es hat auch etwas mit gesellschaftlichem Klima zu tun. Das bitte ich all die, die über die Ärzteselbstverwaltung herziehen, zu bedenken. Im ländlichen Raum war es so: Der Bürgermeister, der Pfarrer, der Lehrer und der Doktor waren Respektspersonen.
Man hat dem Doktor ein etwas schöneres Grundstück und ein etwas schöneres Haus gegönnt. Dabei hat man ihm geholfen, indem man ihm dies günstig verschafft hat. Das ist praktisch eine Subvention gewesen.
Es gab auch eine Art Subvention zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wissen Sie, wie die ausgesehen hat? Man hat gewusst: „Da gibt es die Frau Soundso, die ist sowieso daheim, die können Sie als Haushälterin günstig einstellen.“ Dann war die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gegeben. Das ist damals also alles auf ganz informeller Ebene gelaufen; das hat man einfach gemacht.
Diese Strukturen sind weggebrochen. Übrigens beginnt das schon damit, dass man heutzutage – nicht zuletzt durch politische Diskussionen – jedem, der in Bezug auf Haus oder Auto etwas hat, was ein bisschen besser ist, dies neidet. Man muss sich nicht wundern, dass, wenn man jahrzehntelang Ärzte und Zahnärzte als Raffkes dargestellt hat, die Lust, sich diesen Beruf anzutun, nicht mehr besonders groß ist.
Meine letzte Bemerkung: Wenn man bezüglich der „pauschalierten Honorarverordnung“ dann noch zynischerweise sagt: „Die Doktoren können sich doch durch zusätzliche Leistungen etwas darüber hinaus verdienen“, dann weiß doch jeder, dass das in der Stadt vielleicht gehen mag, weil dort eine andere Klientel ist, auf dem Land jedoch nicht. Ich halte es für zynisch, den Ärzten auf ihre Klage, es fehle Geld, zu antworten: „Ihr könnt euch doch noch etwas zusätzlich verdienen.“
Wenn du als junger Zahnarzt, der gerade eine Praxis eröffnet hat, auf einem Fest warst – es war das Göggelesfest in Sielmingen –, dann konnte es dir passieren, dass du am Samstagabend von einem Nachbarn gebeten worden bist: „Fahr mit mir doch geschwind in deine Praxis – ich fahre dich auch – und zieh mir schnell den Zahn, und dann können wir zusammen das nächste Bier trinken.“ Ich habe das gemacht.
Das sind nette Anekdoten. Aber sie enthalten natürlich auch einen Hinweis auf Arbeitsbedingungen. Junge Kolleginnen und Kollegen haben sicherlich ein Problem, wenn sie sich gleichzeitig immer noch sagen lassen müssen, sie seien mit ihren Forderungen unverschämt.
Ich sage: Alle müssen sich an einen Tisch setzen. Die Gesundheitspolitik muss wegkommen vom Zentralismus und muss zu mehr Ehrlichkeit, zu Lösungen vor Ort gelangen. Auch dabei werden wir dann alle mit am Tisch sitzen müssen.
Keine Angst, ich werde nicht noch einmal eine lange Rede halten. Ich will nur auf den Kollegen Winkler – er ist offensichtlich nicht mehr hier – replizieren.
Denn er hat eine Frage in den Raum gestellt, die man so nicht stehen lassen kann. Er sagte, es habe einen Trend vom Hausarzt hin zum Facharzt gegeben, und das sei der Grund, dass der Landarzt ein Problem habe. Es ist leider genau umgekehrt. Der Landarzt von heute ist nicht Hausarzt, sondern er ist in der Regel ein Allgemeinarzt mit internistischer Zusatzausbildung. Dies zeigt sich auch in seinem Titel. Er bekommt deswegen mehr Honorar, und er ist deswegen auch den Fachärzten zuzuordnen. Wir haben also eher das gegenteilige Problem.
Wenn wir in der Gesundheitspolitik über das Thema Honorarreform reden, liebe Frau Mielich, dann reden wir über Verordnungen und nicht über Gesetze. Verordnungen macht das Ministerium allein, das gilt auch für das Bundesgesundheitsministerium.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es!)
Ich will noch hinzufügen: Für die Honorarverteilung ist die ärztliche Selbstverwaltung aus Kassenärztlicher Vereinigung und Krankenkassen zuständig.
(Beifall bei der SPD – Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Genau! – Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Es ist al- les gesagt!)
Lieber Kollege Noll, wir haben in der Landesregierung schon einige gute Ansätze, auch befördert durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz. Diese gilt es jetzt zu nutzen.
Ich habe überhaupt keine Lust auf Ihren vorgezogenen Bundestagswahlkampf. Ich weiß, dass die FDP gern dicke Backen in diese Richtung macht und auf Ulla Schmidt schimpft.
Aber ich würde mich doch freuen, wenn Sie sich ordentlich informierten. Wir haben in diesem Land eine ordentliche Versorgung. Der letzte Bericht der Kassenärztlichen Vereinigung hat das auch aufgezeigt. Die Weichen sind durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz gestellt. Das gilt gerade auch für weibliche Ärzte –