Protocol of the Session on June 18, 2009

Diese Selbstgefälligkeit hilft uns in der Sache nicht weiter, und sie hilft vor allem den Kindern nicht weiter.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Bärbl Mielich GRÜNE)

Werter Herr Staatssekretär, es gehört schon etwas Chuzpe dazu,

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Warum immer so hoch- mütig?)

an dieser Stelle so zu tun, als ob mit dem Aufschreiben eines Orientierungsplans, bei dem wir inhaltlich durchaus bei Ihnen sind und den auch nicht Sie, sondern Gott sei Dank Fachleute entwickelt haben, alles getan sei.

(Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Was soll diese Arroganz? So etwas Arrogantes!)

Die entscheidende Frage, die Sie gemeinsam mit den Regierungsfraktionen zu beantworten haben, ist, ob Sie diesen Orientierungsplan umsetzen, ob Sie das Ihre dazu tun, dass dies auch im Bereich der Sprachförderung wirklich erfüllt werden kann. Wenn Sie im Moment sehen, dass Erzieherinnen auch

deshalb auf die Straße gehen – Erzieherinnen, die das ganz selten tun –, wenn sich Träger zu Wort melden, wenn sich vor allem auch diejenigen zu Wort melden, die den ganzen Prozess der Implementierung des Orientierungsplans wissenschaftlich begleiten und genau das wiederholen, was uns die Fachleute der OECD schon seit vielen Jahren sagen, nämlich dass dieser Anspruch bei der jetzigen Gruppengröße und dem Personalschlüssel nicht zu erfüllen ist, dann können Sie sich als Verantwortlicher doch nicht hier ans Rednerpult stellen und wie ein Mantra immer wieder sagen: „Alles wird gut!“

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das ist arrogant!)

Sie müssen endlich klipp und klar sagen, dass Sie auch bei der Umsetzung dabei sind. Sie müssen die Sprachförderung aus der Obhut der Landesstiftung entlassen und sie endlich zu einer im Haushalt verankerten Landesaufgabe machen.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Bärbl Mielich GRÜNE – Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Sie müssen zudem endlich dafür sorgen, dass durch verbesserte Rahmenbedingungen, durch kleinere Gruppen und mehr Personal, unter partnerschaftlicher finanzieller Beteiligung des Landes die inhaltliche Sprachförderung nicht nur auf dem Papier festgelegt wird, sondern dass sie vor allem in der Praxis zum Wohl aller Kinder umgesetzt werden kann.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen daher zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Antrags.

Abschnitt I des Antrags Drucksache 14/4280 ist ein Berichtsteil, der mit der heutigen Aussprache erledigt ist.

Ich lasse nun über Abschnitt II dieses Antrags abstimmen. Wer diesem Abschnitt zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist mehrheitlich abgelehnt.

Punkt 1 der Tagesordnung ist damit erledigt.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Der Landarzt – ein Auslaufmodell? Konsequenzen der verfehlten Gesundheitspolitik des Bundes – beantragt von der Fraktion der FDP/DVP

Es gelten die üblichen Redezeiten: fünf Minuten für die Redner in der ersten Runde und fünf Minuten für die Redner in der zweiten Runde.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Noll.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Politischer Weitblick zeigt sich darin, dass man Themen rechtzeitig erkennt, sie benennt und nach Lösungen sucht. Hinterher recht haben zu wollen bekommt einem nicht immer.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten aller Frak- tionen)

Dennoch möchte ich heute einige Zitate bringen. Man muss sich selbst ja immer die Frage stellen: „Was hast du selbst vor fünf Jahren gemacht?“ Das war eine interessante Zeit.

(Heiterkeit)

Aus dieser Zeit stammt ein Antrag des Abg. Dr. Noll zum Thema Ärztemangel in Baden-Württemberg. Die Stellungnahme, die die Landesregierung hierzu abgab, ist von Herrn Dr. Repnik unterzeichnet. Man wird schon nostalgisch, und ich hoffe, dass der Landarzt zukünftig nicht nur nostalgisch im Fernsehen, nämlich Freitagabend im ZDF, besichtigt werden kann.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Aber jetzt mit allem gebotenen Ernst: In der Stellungnahme – wie gesagt, unterzeichnet von Herrn Dr. Repnik – wurde ausgeführt, dies werde äußerstenfalls in den östlichen Bundesländern zu einem Problem. Auch gebe es nur wenige Zahlen, auch bezüglich ausscheidender Kolleginnen und Kollegen; da gebe es nirgendwo eine Statistik. Inzwischen weiß man dies allerdings besser und hat selbstverständlich auch eine entsprechende Statistik. Ferner stand darin, dass in BadenWürttemberg dagegen im Wesentlichen mit Überversorgung zu rechnen bzw. eine Überversorgung zu konstatieren sei. – So Herr Repnik.

In der darauffolgenden Beratung im Sozialausschuss habe ich noch einmal alle Argumente vorgetragen. Eine Abgeordnete der SPD – in den Berichten ist das ja immer anonymisiert – hat damals ausweislich des Berichts über die Beratung gesagt,

… das Sozialministerium komme zu dem Schluss, dass in Baden-Württemberg größtenteils sogar eine Überversorgung an Ärzten herrsche und dass in den nächsten Jahren

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Ulla, pass auf, es geht um dich!)

jetzt mag man einwenden, wenn sich das auf die folgenden zwei Jahre bezogen hätte, wäre diese Aussage richtig gewesen; über einen Zeitraum von fünf Jahren jedoch war dies falsch, denn jetzt sind diese fünf Jahre vorbei –

nicht mit einer Unterversorgung zu rechnen sei.

Mit der ihm eigenen Ironie hat der damalige Vorsitzende des Sozialausschusses – er ist inzwischen nicht mehr im Landtag – den Antragsteller dann gefragt, „wann dieser damit rechne, dass der befürchtete Ärztemangel im Land manifest werde“. Dieser antwortete – er ist derjenige, der jetzt hier am Rednerpult steht; das Ganze war im Jahr 2004 –:

… beispielsweise in Krankenhäusern und ländlichen Regionen gestalte sich die Realität an der einen oder anderen Stelle schon etwas anders als dargestellt.

(Zuruf von der FDP/DVP: Sehr richtig!)

Sicherlich könne sich ein attraktives Land wie BadenWürttemberg noch einige Jahre lang zulasten anderer Regionen schadlos halten.

Nämlich aus dem Osten.

Er hielte es jedoch für unverantwortlich, so zu tun, als sei dies alles kein Problem, wenn Tendenzen erkennbar seien, die andernorts schon akut würden.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Irgendwo muss man auch einmal sagen dürfen, man habe recht behalten. Das nützt natürlich alles nichts.

(Zuruf von der FDP/DVP: Jawohl!)

Das Thema Landarzt ist inzwischen in aller Munde, überhaupt keine Frage.

(Zuruf von den Grünen)

Danke, Frau Kollegin, für den Hinweis.

Das bezieht sich natürlich auf alle Teile der Gesundheitsversorgungskette. Das sind die Hausärzte und die Fachärzte schon heute. Versuchen Sie einmal, einen Termin bei einem Augenarzt im ländlichen Raum zu bekommen. Bis hin zu den Krankenhäusern werden die Probleme doch erkennbar. „Krankenhausärzte verzweifelt gesucht“ –

(Der Redner hält einen Zeitungsartikel hoch.)

heute, und zwar im ländlichen Raum. Das ist also innerhalb von fünf Jahren zu einem derart brennenden Problem geworden.

Der Gemeindetagspräsident, Herr Kehle, hat recht, wenn er sagt, das sei eine Riesenaufgabe, die wir gemeinsam lösen müssen.

Herr Bullinger hat in diesem Zusammenhang auch einmal diesen Teil der Probleme des ländlichen Raums thematisiert. Es ist eigentlich, wenn ich in der ersten Runde zu dem Fazit kommen darf, immer das gleiche Problem: Alle benennen das Thema, z. B. Schule. Warum debattieren wir über die Zukunft von Schulen im ländlichen Raum?

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Wer ist denn in der Regierung?)