Protocol of the Session on June 17, 2009

auffordern: Vielleicht kann er einmal ein bisschen Nachhilfe leisten und den EU-Kollegen klarmachen, wie viel Gutes im Dreisäulenmodell steckt.

Zurück zur LBBW: Die Risikoträgerschaft bliebe auch beim jetzt vorgesehenen Bundesmodell in vollem Umfang bei den Trägern der Bank. Man müsste nur zusätzlich Gebühren bezahlen; dieses Geld wäre weg. Bei der jetzt von uns gewählten Lösung können diese Gebühren verwendet werden, um die Anleihe zurückzuzahlen. Welche Gründe sollte es also geben, neben der Abstimmung in Brüssel auch noch die Mitsprache des SoFFin auf uns nehmen zu wollen?

Unser Fazit: Die Landeslösung verdient zum gegenwärtigen Zeitpunkt ganz eindeutig den Vorzug gegenüber dem Modell des Bundes.

(Beifall des Abg. Michael Theurer FDP/DVP)

Der Gesetzentwurf der Grünen, Herr Kollege Schlachter, ist seit dem letzten Mal nicht besser geworden. Wir werden ihn deshalb auch diesmal ablehnen,

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Zuruf der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE)

genauso wie Ihren Aktualisierungsantrag zur mittelfristigen Finanzplanung. Dieses Thema wird von uns rechtzeitig an der dafür zuständigen Stelle bearbeitet und erledigt werden.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Finanzminister Stächele.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Vorlage des zweiten Nachtrags innerhalb so kurzer Zeit zeigt ja, dass wir eine schwierige Situation bewältigen müssen. Aber das zeigt auch, dass wir alle miteinander wirklich entschlossen sind, konsequent und zum richtigen Zeitpunkt zu handeln.

Über allem steht – das muss immer wieder betont werden – die Sicherung der Arbeitsplätze. Dabei geht es nicht nur um Banken und Banker allein, sondern es geht auch um eine funktionierende Kreditwirtschaft, und dies wiederum, um Arbeitsplätze im Land Baden-Württemberg zu sichern, unseren mittelständischen Unternehmen zu helfen.

Ich möchte herzlich für die Beiträge und insbesondere auch dafür danken, dass wir dieses Thema sowohl im Finanzausschuss als auch im Plenum so einvernehmlich besprechen. Ich kann alles, was richtig war, nur unterstreichen.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Er kann alles unterstrei- chen, was richtig war!)

Im Übrigen ist natürlich klar, dass wir nicht nur mit Blick auf die Regierung voll des Lobes sein dürfen, Kollege Herrmann. Ich gebe dieses Lob natürlich auch gern weiter an die Landtagsfraktionen, an den Finanzausschuss, der sich über Stunden hinweg mit dieser Vorlage beschäftigt hat, insbesondere mit den schwierigen Fragen der Risikoabschirmung, mit dem Bürgschaftsrahmen und schließlich auch mit der Frage, wie wir mit den neuen Steuerausfällen fertig werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will beim Thema Risikoabschirmung einfach noch einmal zeigen, dass wir,

Herr Kollege Dr. Schmid, nach der Vorlage etlicher Gutachten zu der Auffassung gekommen sind – wir haben es ja oft besprechen können –, dass wir mit diesen 12,7 Milliarden € wohl richtig liegen.

Ich komme gleich auf den Einwand, den Sie, Herr Dr. Schmid, gemacht haben, wir würden in Berlin das eine ablehnen oder mehr fordern. Im Grunde brauchen auch wir zu den strukturierten Wertpapieren ein Weiteres, nämlich eine Abschirmung des Darlehens für Sealink. Insofern ist es kein Widerspruch, was sich da auftut mit dieser Landeslösung und dem, was wir angeblich in Berlin zusätzlich fordern,

(Zuruf des Abg. Dr. Nils Schmid SPD)

sondern ganz konsequent. Im Übrigen: Das Zusätzliche in Berlin dient natürlich der Gesamtschau der Landesbanken. Das heißt, wir können das Berliner Modell nicht allein an den Bedürfnissen der Landesbank Baden-Württemberg ausrichten. Diese sind sicherlich verschieden von dem, was WestLB und andere benötigen.

Risikoabschirmung ist also das eine. Was jetzt Brüssel anbelangt, so kann ich Sie nur ermuntern, Herr Dr. Schmid und die Kolleginnen und Kollegen von den Sozialdemokraten: Tragen Sie dazu bei, dass der Bundesfinanzminister das Seine dazu beiträgt, damit auch in Brüssel dieser entschlossene, mutige Akt der Landespolitik Baden-Württembergs gewürdigt wird. Da kann man sicherlich seitens des Bundesfinanzminis ters Richtung Brüssel einwirken und auch mit der Frau Kommissarin das eine oder andere besprechen, was in ihren Interviews falsch zum Ausdruck gekommen ist.

Wir sind jetzt dabei, Risiken abzuschirmen. Wir wollen damit sicherstellen, dass gutes Kernkapital nicht infolge von Werteschwankungen zerfließt, sondern dass es stabil bleibt und demzufolge die Kreditvergabefähigkeit unserer Landesbank Baden-Württemberg gesichert bleibt.

Ich will als Zweites ganz kurz die Frage der Bürgschaften ansprechen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn Sie mich fragen, was jetzt richtig ist, 800 Millionen oder 1,2 oder 1,5 Milliarden €, so sage ich Ihnen: Es ist das Gebot der Vorsorge, dass wir jetzt im Grunde in Erwartung weiterer Bürgschaftsnotwendigkeiten für unsere mittelständischen Betriebe den Rahmen erhöhen. Wir werden erst in einigen Monaten abschließend sagen können, ob denn 1,2 Milliarden € die richtige Zahl ist oder nicht. Jedenfalls sollen alle unsere Mittelständler wissen: Wir stehen bereit. Wir stehen nicht bereit, um Tote „noch toter“ zu machen, aber wir stehen bereit mit Bürgschaften für die Betriebe, die jetzt Überbrückungshilfe im Interesse des Erhalts der Arbeitsplätze brauchen.

Ich bin dankbar, dass hier mehrere Redner noch einmal angesprochen haben: Dabei geht es nicht nur um die ganz Großen, die vielleicht die Schlagzeilen machen, sondern es geht in der Tat über Bürgschaftsbank und L-Bank darum, dass wir die ganze strukturierte mittelständische Wirtschaft Baden-Würt tembergs absichern helfen. Das ist der Punkt, um den es geht.

Wir werden das genau betrachten. Wir werden sorgsam vorgehen. Wenn Sie mich fragen, wo man als Finanzminister eher Kummer hat, dann muss ich sagen: Ich habe eher Kummer bei der Frage, ob eine Bürgschaft berechtigt ist. Denn wer eine

Bürgschaft vergibt, der weiß, dass sie einem auch auf die Füße fallen kann. Also hier eine gründliche Abwägung vorzunehmen ist das Gebot der Stunde und der kommenden Monate. Das ist nicht ganz einfach, aber es ist ein Gebot der Stunde, dass wir uns als Land in diese Verpflichtung begeben.

Ich will noch einige Sätze anfügen zu unserer Situation, wie wir die Mai-Steuerschätzung in dem Haushaltsansatz 2009 berücksichtigen. Der Kollege Herrmann hat einen Vergleich angestellt, der sicher interessant ist. Er hat gesagt: Geht es uns denn wirklich so schlecht – so will ich es jetzt mit meinen Worten formulieren –, wenn wir im Jahr 2000 Steuereinnahmen um die 20 Milliarden € hatten und jetzt mit 23 Milliarden € weitaus drüber sind? Wir konnten damals die ganze Situation bewältigen. Warum soll uns das jetzt nicht erneut gelingen?

Ich habe mir die Zahlen zum Vergleich noch einmal geben lassen. Natürlich hatten wir damals ein Steuerniveau, das im Vergleich zu dem heutigen möglicherweise nicht sehr viel niedriger war. Aber, Kollege Herrmann, wir müssen eine andere Zahl danebenstellen. Wir haben in zehn Jahren weitere wichtige Aufgaben bewältigt, und da das Steuerniveau nicht entsprechend den Ausgabebedürfnissen war, sind im gleichen Zeitraum, wenn ich es recht im Kopf habe, unsere Schulden von 29,5 Milliarden im Jahr 2000 auf heute 41 Milliarden € gestiegen. Man muss diese beiden korrespondierenden Zahlen zusammennehmen, wenn man fragt: Könntet ihr nicht mit dem auskommen, was damals war? Ich sage: Wir müssen mit dem auskommen, was jetzt da ist. Das heißt, dass wir nicht wie in den vergangenen zehn Jahren immer wieder einmal auf den Kapitalmarkt gegriffen haben, sondern dank einer vernünftigen Politik jetzt im zweiten Jahr der Nullneuverschuldung stehen. Das ist ein wichtiges Ergebnis der Finanzpolitik des Landes.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Natürlich ist unsere Sorge ob dieser Steuerschätzung vom Mai beträchtlich gewachsen. Wir haben bundesweit 2009 Mindereinnahmen in Höhe von 45 Milliarden €, 2010 von 85 Milliarden €, 2011 und 2012 von jeweils 93 Milliarden €. Wir kennen auch die Zahlen für das Land Baden-Württemberg. Wir haben nur deshalb ein relativ kleines Einnahmeloch, zusammen mit den Ausfällen infolge der aktuellen Steuerrechtsänderungen, von insgesamt 790 Millionen €, weil wir bereits im Ursprungsentwurf von Mindereinnahmen ausgegangen sind. Hätten wir dies nicht einkalkuliert, wären wir jetzt nicht bei 790 Millionen €, die wir abdecken müssen, sondern unter Umständen bei 1,2 oder 1,3 Milliarden €.

Meine Damen und Herren, man kann im Nachhinein all denen, die an diesem Entwurf mitgearbeitet haben, und auch denen, die ihn verabschiedet haben, mit allergrößten Respekt sagen: Das Land Baden-Württemberg kann auch in diesem Jahr ohne neue Schulden auskommen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Natürlich geht der Blick nach vorn. Man hat natürlich immer auch die leise Hoffnung, dass es nicht ganz so schlimm kommen könnte; man schaut jeden Tag in den Wirtschaftsteil der Zeitung, wie die neuen Prognosen in Sachen Wirtschaftswachstum aussehen. Die nach der Steuerschätzung vom Mai

prognostizierten Mindereinnahmen betragen 1,7 Milliarden € im Jahr 2010, 1,8 Milliarden € im Jahr 2011 und 2 Milliarden € im Jahr 2012. Das heißt: Wenn ich das, was ich an aktuellen Defiziten nach der mittelfristigen Finanzplanung dazuaddiere, dann weiß ich, dass eine riesige Kraftanstrengung im Jahr 2010 respektive Ende dieses Jahres, wenn wir den Doppelhaushalt aufstellen, auf uns zukommt.

Frau Kollegin Berroth, ich stimme schon mit Ihnen darüber überein, dass man keine neuen Schulden machen darf. Sie wissen, dass ich ein leidenschaftlicher Verfechter dieses Ziels bin. Nur muss man natürlich, wenn man das so sagt, auch dafür geradestehen, dass sich keine zusätzlichen Ausfälle ergeben. Es geht um die Frage, was wir uns steuerpolitisch erlauben dürfen. Die FDP propagiert ja lautstark, recht rasch Steuerent lastungen zu betreiben.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Gegenfinan- ziert!)

Das muss dann auch zueinander passen.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Absolut gegen- finanziert!)

Ich würde es einmal so sagen: Die Grünen sagen, wir müssten die mittelfristige Finanzplanung korrigieren. Das brauchen wir nicht. Aber ich bitte schon jetzt um Sparvorschläge, um dieses Loch im Jahr 2010 zu schließen. Die kann man jetzt schon bringen, ohne dass man irgendetwas in eine mittelfris tige Finanzplanung hineingießen müsste.

(Zuruf des Abg. Eugen Schlachter GRÜNE)

Sparvorschläge sind willkommen, und zwar insbesondere dort, wo man zu den schon prognostizierten Steuerausfällen weitere in Aussicht stellt.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Da sind erst einmal Sie gefragt!)

Das muss in der Gesamtsumme stimmig sein. Denn sonst bricht ein Haushalt auch in einem wirtschaftsstarken Land wie Baden-Württemberg ein. Das zu diesen Mindereinnahmen. Ich bin froh, dass wir sie 2009 ausgleichen können, aber Sie sehen bei diesem Ausgleich: Wir haben – –

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Mit Schuldengeld, Herr Minister, haben wir ausgeglichen!)

„Schuldengeld“: Zunächst einmal sind es Rücklagen,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Die Rücklagen sind Schuldengeld aus 2007!)

die wir vernünftigerweise in guter Zeit angelegt haben.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Die Rücklagen sind Schuldengeld aus dem Jahr 2007!)

Lieber Herr Kollege Schmiedel, Sie wollen einfach nicht wahrhaben, dass hier immer eine „konsolidierte Haushaltspolitik“ betrieben wurde.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Mit Schulden! – Abg. Alfred Winkler SPD: „Konsolidierte Sprachregelung“ nennt man das!)

Das heißt, Rücklagen wurden für schwächere Zeiten gebildet,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Mit Schulden!)