Protocol of the Session on June 17, 2009

Außerdem schlagen bis 2012 rund 10 Milliarden € Deckungslücken zu Buche, und ich habe von den Vorrednern noch kein Wort dazu gehört, wie wir diese Deckungslücken schließen sollen. Einen ersten Vorschlag möchte ich Ihnen gern machen. Ich folge dabei dem, was viele vernünftige Leute in den letzten Tagen zum Ausdruck gebracht haben: Lassen Sie endlich die Finger vom Milliardenloch Stuttgart 21!

(Widerspruch bei der CDU und der FDP/DVP – Oh- Rufe von der FDP/DVP)

Dieses Land braucht eine Offensive für das ganze Land. Wir brauchen eine Offensive für ganz Baden-Württemberg; wir

brauchen ein Baden-Württemberg 21, nicht nur in Stuttgart, sondern auch im ländlichen Raum. Wenn Sie das tun, haben Sie uns beim Sparen an Ihrer Seite.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Berroth.

Herr Präsident, gestatten Sie mir eine Vorbemerkung, damit nicht etliche Leute einzeln nachfragen müssen: Jawohl, ich trage heute bewusst Schwarz. Das hat aber nichts mit dem Landeshaushalt zu tun, und es hat auch nichts mit unserer Fraktion zu tun, sondern ich trage Trauer, weil meine Patentante am Wochenende verstorben ist.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Jetzt wissen wir das auch!)

Aber nun zum Thema. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Entwurf des Zweiten Nachtrags zum Staatshaushaltsplan ent hielt ursprünglich nur zwei Punkte, nämlich zum einen, dass wir den Vorrat an antiviralen Arzneimitteln aufstocken wollen – und dies in der gegenwärtigen Situation auch müssen –, und zwar mit einem Betrag von 10,2 Millionen €, der durch eine Erhöhung der allgemeinen globalen Minderausgabe gedeckt werden soll.

Zum anderen – auch das ist nun sehr wichtig – geht es um die haushaltsrechtliche Ermächtigung für die Übernahme einer Garantie zugunsten der Zweckgesellschaft, die die bilanz wirksame Abschirmung von strukturierten Wertpapieren der LBBW und des Sealink-Darlehens übernimmt. Damit wird das Risiko von Wertberichtigungen in der Bilanz der LBBW für die Dauer dieser Garantie verringert und die Ausschüttungsfähigkeit der Landesbank stabilisiert. Dieser Risikoschirm ergänzt die Kapitalerhöhung der LBBW, für die die Voraussetzungen schon mit dem Ersten Nachtrag zum Staatshaushaltsplan geschaffen worden waren.

Herr Dr. Schmid, Sie haben eine sehr zutreffende Anmerkung gemacht: Dem Controlling über die Verwaltung der ausgelagerten Papiere kommt in der Tat eine große Bedeutung zu. Ich gehe aber doch davon aus, dass die entsprechenden Führungskräfte hier ihre Verantwortung wahrnehmen.

In der Zwischenzeit sind weitere Punkte zu diesem Nachtrag hinzugekommen, die auf Antrag der Koalitionsfraktionen aufgenommen wurden. Das betrifft erstens die Integration der Ergebnisse der Steuerschätzung vom Mai in den Haushalt und zweitens die dem seitherigen Anteil an der Kraftfahrzeugsteuer entsprechende Beteiligung der Kommunen an den Zuweisungen des Bundes, die das Land zum Ausgleich der Übertragung der Ertragshoheit für die Kraftfahrzeugsteuer auf den Bund künftig erhält.

Drittens ist die Verankerung der mit den Kommunen vereinbarten Lösung für die Bereitstellung der Komplementärfinanzierung für die Schulen in freier Trägerschaft im Rahmen des Zukunftsinvestitionsprogramms im Nachtrag enthalten, und schließlich geht es um die Erhöhung des Bürgschaftsrahmens von bisher 500 Millionen € auf künftig 1,2 Milliarden €.

Mit diesem Nachtrag wird das aus heutiger Sicht Erforderliche getan, um den Uretat an die inzwischen eingetretenen wesentlichen Veränderungen anzupassen.

Eines ist klar: Es ist durchaus möglich, dass sich in Abhängigkeit von der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung erhebliche weitere Risiken ergeben. Im Moment allerdings können wir wirklich sehr stolz und froh sein, dass es uns möglich ist, die Auswirkungen der Steuerschätzung vom Mai auf den Haushalt 2009 aufzufangen, ohne in diesem Zusammenhang die Frage einer erneuten Nettokreditaufnahme erörtern zu müssen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Bereits im Uretat hatten wir nämlich Vorsorge für Steuermindereinnahmen in der Größenordnung von 750 Millionen € netto getroffen. Der Kollege Herrmann hat es angedeutet: Die Opposition wollte uns diese Vorsorge eigentlich aus dem Haushalt nehmen.

(Abg. Eugen Schlachter GRÜNE: Das stimmt doch gar nicht! – Gegenruf des Abg. Hagen Kluck FDP/ DVP: Natürlich stimmt das!)

Es ist richtig, dass wir da stabil geblieben sind. Wäre dies nicht geschehen, wären die Ausfälle jetzt mehr als doppelt so hoch. Auch die Kommunen sind übrigens jetzt aufgrund der frühzeitigen vorsorglichen Verringerung der Einnahmeansätze bei den Schlüsselzuweisungen in weit geringerem Maße von Einnahmeproblemen betroffen.

Wir können die verbleibenden Mindereinnahmen in Höhe von rund 700 Millionen € durch die aktuell anstehende Steuerrechtsänderung sowie die Mindereinnahmen aufgrund der Istbesteuerung in Höhe von 90 Millionen € – das bedeutet eine einmalige Verschiebung in der Einnahmesituation und keine grundsätzliche Verringerung – durch einen Rückgriff auf einen Teil des Überschusses von 2008, durch real geringere Ausgaben für Zinszahlungen und Personal sowie durch die Inanspruchnahme eines Teils der ungebundenen Rücklagen in vollem Umfang ausgleichen. Hier zeigt sich, wie wichtig und richtig es war, Vorsorge zu treffen und Rücklagen zu bilden, die im Übrigen glücklicherweise mit den jetzt vorgesehenen Entnahmen noch nicht erschöpft sind.

Ich sage eines ganz klar und deutlich – und ich bin froh, Herr Kollege Herrmann, dass die CDU da inzwischen mit uns auf dem gleichen Schiff segelt –:

(Beifall des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

Der Schuldenstopp bleibt Grundprinzip liberaler Politik. Es geht nicht an, dass man, wenn Steuereinnahmen zurückgehen, nur schaut, wo man neue Einnahmen herbekommt. Nein, dann muss man auf der Ausgabeseite etwas tun.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullin- ger FDP/DVP: Jawohl!)

Aber es ist klar, dass Risiken verbleiben. Immerhin liegen die Steuereinnahmen im Mai 2009 schon um 15 % unter denen vom Mai 2008. Wir wissen nicht, ob wir das im Haushalt gesetzte Ziel für 2009 tatsächlich erreichen. Wir wissen, welche gewaltige Herausforderung in den Werten liegt, die uns mit

der Steuerschätzung vom Mai für die Jahre 2010, 2011 und 2012, nämlich netto minus 5,4 Milliarden € in diesen drei Jahren, prognostiziert worden sind.

Es macht aber wirklich keinen Sinn, Herr Kollege Schlachter, schon jetzt in der Diskussion vorwegzunehmen, was konkret mit der Aufstellung des Doppelhaushalts 2010/2011 zu leisten ist und auch nur in diesem Zusammenhang geleistet werden kann. Jegliche Anpassung des mittelfristigen Finanzrahmens, die Sie beantragen, wäre genauso in der Luft gefischt wie das Jetzige.

(Abg. Reinhold Gall SPD: In der Luft fischt man nicht!)

Solche Prognosen in die Zukunft sind – das hat schon Mark Twain gesagt – immer mit etwas Unsicherheit behaftet. Was sein muss, ist, dass eine schnelle Anpassung erfolgt, wenn man die Entwicklung konkret kennt. Solange man sie aber nur ahnt und, wie Sie, in der Befürchtung total übertreibt, macht es keinen Sinn, Zahlen einfach nur in die Landschaft zu setzen. Wir sind für stabile Finanzpolitik, für solide Finanzpolitik.

Noch zum Bürgschaftsrahmen: Dies ist eine bewusst begrenz te Anpassung an bereits eingetretene und in der Zukunft absehbare Entwicklungen. Wir geben kein falsches Signal durch eine zu breit angelegte Ausweitung des Bürgschaftsrahmens. Aber das, was Sie von den Grünen beantragen, wäre schlicht und ergreifend wirklich zu wenig.

Eines ist mir in diesem Zusammenhang wichtig – Kollege Herrmann hat es auch schon erwähnt –: Dies ist nur der Rahmen für die ganz großen Bürgschaften. Die anderen gehen entweder über die L-Bank oder über die Bürgschaftsbank. Man muss es immer wieder ganz deutlich sagen: Die Bürgschaften, die die Bürgschaftsbank vergibt, stehen nicht in der Zeitung. Sie sind aber eminent wichtig für kleine und mittlere Betriebe. Es wurde auch in diesem Jahr schon eine große Zahl – wie ich gehört habe, sind es bis Mai schon über 700 – von Bürgschaften bewilligt. Das ist eine wichtige Hilfe für unseren Mittelstand, für unser Handwerk.

Ich habe mich auch extra noch bei der Bürgschaftsbank erkundigt: Da ist auch keine Klemme zu befürchten, weil sowohl vonseiten des Landes als auch vonseiten des Bundes, der hier vor allem zuständig ist, deutlich zugesagt wird: Wenn Bedarf da ist, wird dieser Topf aufgestockt. Wo es notwendig ist, können wir dem Mittelstand, den kleinen und mittleren Betrieben helfen. Das ist uns ein dringendes Anliegen.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Klaus Herr- mann CDU)

Minister Pfister hat gestern die Fortschreibung des Mittelstandsprogramms klar vorgestellt. Wer sich näher dafür interessiert: Die Pressemitteilung können Sie auf der Homepage des Wirtschaftsministeriums sehen. Da stehen viele Einzelheiten drin, die ich jetzt nicht vortragen will.

Die Regelungen, die die Komplementärfinanzierung bei den Bildungspauschalen im Bereich der Schulen in freier Trägerschaft betreffen und die auch uns sehr wichtig sind, weil dadurch vermieden wird, dass jede einzelne Schule extra mit ihrem kommunalen Träger herumhandeln muss, und genauso

die neu ins FAG aufgenommene Regelung zur Sicherung des Anteils an den Leistungen des Bundes, mit denen den Ländern der Wegfall des ihnen seither zustehenden Kfz-Steueraufkommens ausgeglichen wird, bedürfen eigentlich nur unter einem Gesichtspunkt noch einer kurzen Erwähnung. Es ist völlig klar, dass sie kommen müssen. Aber selbstverständlich gibt es in beiden Fällen ein vollständiges Einvernehmen mit den Kommunen. Das ist durchaus erwähnenswert, auch wenn es bei uns schon fast selbstverständlich ist und wir uns daran gewöhnt haben, dass es bei den Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen in den allermeisten Fällen gutes Einvernehmen gibt. Das war nicht immer so. Aber wir arbeiten daran, dass es von nun an weiterhin so bleibt,

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das sehen aber nicht alle Kommunen so!)

weil es eine gute Basis für Politik in unserem Land ist.

Nun zur „Risikoimmunisierung“. Ich möchte einfach noch einmal klarstellen: Die Landesbank Baden-Württemberg ist die einzige Landesbank mit einem funktionsfähigen Geschäfts modell. Das ist unstrittig.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Sie ist deshalb keinesfalls mit anderen Landesbanken wie der WestLB und der HSH Nordbank in einen Topf zu werfen. Das wird immer wieder versucht, aber es ist schlicht und ergreifend falsch.

Die endgültige Abstimmung mit der EU-Kommission ist noch nicht erfolgt. Aber wir haben die begründete Erwartung, dass wir mit unserem Vorhaben in Brüssel bestehen können. Wenn selbst der Kollege Schlachter das so sieht, dann ist die Bank ja schon halb gewonnen.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Ah! – Abg. Eugen Schlachter GRÜNE: Danke! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Die Schlachtbank!)

Wir haben auch die Erwartung, dass wir bestehen können, ohne dass Umstrukturierungsauflagen kommen, wie dies bei der WestLB der Fall war. Wir haben einfach das solidere Konzept.

Nebenbei gesagt: Ich verstehe nicht, wenn von der EU im Moment erneut Kritik am Dreisäulenmodell unseres Finanzmarkts vorgebracht wird.

(Abg. Eugen Schlachter GRÜNE: Ich auch nicht!)

Offensichtlich haben die dort noch nicht kapiert, wie gut dieses Modell ist und warum es bei uns so stabil abläuft. Die se Stabilität haben wir nämlich genau wegen dieses Dreisäulenmodells.

Ich möchte den Kollegen Theurer, der ja demnächst etwas näher dran ist,

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Wo?)

auffordern: Vielleicht kann er einmal ein bisschen Nachhilfe leisten und den EU-Kollegen klarmachen, wie viel Gutes im Dreisäulenmodell steckt.