Protocol of the Session on June 17, 2009

gründlich angehen müssen. Dazu gäbe es noch vieles zu sagen. Vielleicht können wir uns heute noch darüber austauschen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Werner Pfisterer CDU: Lieber nicht! – Abg. Claus Schmiedel SPD zur CDU: Komplett entzaubert!)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Frau Abg. Bauer das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir reden heute Nachmittag über das Zustandekommen des Hochschulpakts II. Die Entwürfe der Bund-Länder-Vereinbarung liegen vor. In der Tat – Kollege Schüle hat darauf hingewiesen – war es ein langes Zögern und Zaudern und Verhandeln, das dem vorausgegangen ist. Die Hochschuleinrichtungen und Forschungseinrichtungen haben sich mit gutem Grund Sorgen darüber gemacht, ob es überhaupt zu dieser Vereinbarung kommen wird.

Die gute Nachricht lautet: Es liegt eine konkrete Vereinbarung mit einem Gesamtvolumen von 18 Milliarden € im Entwurf vor. Das kann sich sehen lassen. Alles andere – das muss man dazusagen – wäre für die Hochschulen und für die Forschungseinrichtungen ein fatales Signal gewesen. Das hätte nämlich bedeutet, dass z. B. die geburtenstarken Jahrgänge, die nach und nach an die Hochschulen kommen, nicht auf das nötige Studienplatzangebot treffen würden, das sie brauchen, damit sie eine anständige Ausbildung erhalten.

Das hätte auch für die vielen Nachwuchswissenschaftler, die in den letzten Jahren im Rahmen der Exzellenzinitiative eingestellt worden sind und meist in befristeten Arbeitsverhältnissen beschäftigt sind, bedeutet, dass sie ihren Arbeitsplatz wieder verloren hätten.

Das ist die gute Nachricht. Es war aber auch eine notwendige Nachricht, dass es in diesem Bereich weitergeht und nicht sofort wieder ein Stillstand eintritt.

Jetzt möchte ich gern noch einen Blick auf das richten, was jenseits dieser guten Absichtserklärung mit bedacht werden muss. Meines Erachtens ist dieser Hochschulpakt, über den gerade debattiert wird, sozusagen das, was in der Klammer verabredet wurde. Da gibt es aber auch noch etwas vor der Klammer. Es lohnt sich, darauf hinzuweisen.

Vor der Klammer dieses Hochschulpakts steht der Haushaltsvorbehalt – kleingedruckt, aber er steht da. Die ganze Vereinbarung wird also nur dann zustande kommen, wenn es die Haushalte zulassen, wenn die Parlamente dem zustimmen.

Wenn ich richtig informiert bin, dann haben die acht Finanzminister der CDU-regierten Länder im Zusammenhang mit diesem Paket versucht, diese Vereinbarung nicht zustande kommen zu lassen, sondern sie erst nach der Bundestagswahl zu treffen. Ich hätte heute gern Aufklärung darüber, wie unser Land, wie unser Finanzminister in diesem Zusammenhang agiert hat.

Angeblich gibt es außerdem eine Zusatzanmerkung zur Vereinbarung, in der Vorbehalte, die von fünf Ländern formuliert

wurden, festgehalten sind. Diese wollen nämlich ihren Beitrag zur Steigerung der Finanzierung der außeruniversitären Forschung nur dann leisten, wenn dieser Beitrag ohne zusätzliche Verschuldung aufgebracht werden kann. Ich kann das nicht anders lesen als eine Ausstiegsklausel dieser fünf Länder aus der Vereinbarung, über die wir heute diskutieren.

Es gibt auch – nur gerüchteweise, aber es ist in der Zeitung nachzulesen – die Einschränkung, dass die Ministerpräsidenten anscheinend in einer Protokollnotiz festgehalten haben, dass die vereinbarten Summen nur dann ausgezahlt werden sollen, wenn es nach der Bundestagswahl nicht zu Steuersenkungen kommt. Jetzt weiß ich nicht, ob dieses Gerücht stimmt. Man liest das ja nur in der Zeitung. Vielleicht können Sie uns heute aufklären, ob unser Ministerpräsident eine solche Protokollnotiz gemacht hat.

Selbst wenn er sie nicht gemacht hat, meine ich: Es ist eine Frage des gesunden Menschenverstands, zu erkennen, dass bestimmte Dinge nicht zusammenpassen. Wenn man ein solches Paket, eine solche Summe für einen Zeitraum bis zum Jahr 2020 reserviert und gleichzeitig in dieser für die staatlichen Haushalte schwierigen Wirtschaftslage nach der Bundestagswahl Steuerleichterungen in Aussicht stellt, dann passt das nicht zusammen. Da muss man nicht lange nachdenken. Da muss man nur eins und eins zusammenzählen.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Was passt da nicht zusammen?)

Sie lesen vielleicht ab und an die FAZ. Die normalerweise gut informierte Redakteurin der FAZ, Heike Schmoll, hat das ganz einfach – –

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Theresia, bemüh dich nicht, der versteht das nicht!)

Dann sage ich es für die anderen. – Frau Schmoll hat es ganz einfach auf den Punkt gebracht. Ich will Ihnen das ganz kurz zitieren. Sie sagt zum Thema Hochschulpakt II, dass die verheißenen Steuersenkungen und die beschlossenen Investitionen in Forschung und Wissenschaft nicht zu vereinbaren seien. Das werde allerdings erst nach der Bundestagswahl gesagt werden. Dann zeige sich die wahre Prioritätensetzung. Recht hat sie. Ich erwarte, dass Kollege Schüle mit dem Stolz, mit dem er heute den Hochschulpakt II vorgestellt hat,

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Überzeugt, nicht stolz!)

mit dafür einstehen wird, dass dieser Pakt nach der Bundestagswahl auch tatsächlich kommt, dass die Kofinanzierung, die dafür im Land nötig ist, aufgebracht wird und dass Sie alle miteinander dafür sorgen, dass die CDU vor der Bundestagswahl nicht falsche Wahlversprechungen in Bezug auf Steuersenkungen macht, die sie hinterher nicht halten kann.

Vielen Dank.

(Beifall der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE und Dr. Klaus Schüle CDU – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Wir gucken schon danach, dass die Versprechungen eingehalten werden!)

Für die Fraktion der FDP/DVP darf ich Herrn Abg. Bachmann das Wort erteilen.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ganz bewusst möchte ich am Tag des Bildungsstreiks mit einem Zitat von Adam Smith beginnen:

Die Wissenschaft ist das Gegengift der Verführung und des Aberglaubens.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Sehr gut!)

Dieses Gegengift brauchen wir heute mehr denn je. Wir wollen die Debatte von heute Morgen nicht wiederholen, aber wenn wir uns vorstellen, was da alles los ist – Banküberfall als Veranstaltungstipp, Vergesellschaftung des Kapitals usw. –, dann brauchen wir die Geschichtswissenschaft, aus der man noch lernen kann, was damals in einem geteilten Deutschland Sache war, auch hier in Stuttgart mehr denn je.

Kollege Schüle hat zum Hochschulpakt 2020 eigentlich alles Positive gesagt. Das macht es mir etwas schwer. Ich könnte das alles noch einmal erzählen, aber im Großen und Ganzen haben wir das Wesentliche bereits gehört.

Etwas verwundert hat mich, dass Kollege Prewo heute so etwas wie Kritik geübt hat. Ich dachte, Sie machen das miteinander, weil Sie derzeit – jedenfalls bis September – an der Bundesregierung beteiligt sind.

(Abg. Dr. Rainer Prewo SPD: Leider sind wir nicht an der Landesregierung beteiligt!)

Man kommt aus dem Staunen und Wundern nicht heraus, lieber Kollege Prewo. Sie waren, wie immer, an irgendwelchen Dingen unbeteiligt. Kommen wir deshalb – das haben Sie ja angesprochen – zur Landespolitik.

Da ist es so, dass Baden-Württemberg wie kein anderes Land in Wissenschaft und Forschung investiert.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU)

Der Anteil der Ausgaben für Forschung und Entwicklung beläuft sich auf 4,2 % des Bruttoinlandsprodukts. Dies ist ein unübertroffener europäischer Spitzenwert, denn der Durchschnitt in Europa liegt – Sie wissen es alle – bei 1,8 %. Baden-Württemberg liegt mit diesem Satz vor jedem anderen Bundesland und vor jeder anderen Region in Europa.

Allein die Ausgaben des Landes für die Hochschulen belaufen sich auf rund 2,5 Milliarden €, und dies sogar ohne die Hochschulmedizin, Kollege Prewo.

Weitere 600 Millionen € erhalten unsere erfolgreichen badenwürttembergischen Hochschulen aus der Exzellenzinitiative. Auch das will ich nicht wiederholen; alle wissen es. Wir lagen bei der Exzellenzinitiative weit an der Spitze. Wir begrüßen es sehr, dass die Exzellenzinitiative verlängert wird. Wir sind auch zuversichtlich, dass unsere Hochschulen in der zweiten Runde ähnlich hervorragend abschneiden werden und ähnlich viele Mittel nach Baden-Württemberg holen werden.

Ein weiterer Meilenstein ist das Studienplatzausbauprogramm 2012. Bis zum Zieljahr, dem doppelten Abiturjahrgang, werden 16 000 neue Studienanfängerplätze geschaffen. Das

schlägt mit 150 Millionen € jährlich zusätzlich zu Buche. Auch dies haben wir in diesem Hause schon oft genug entsprechend gewürdigt, wie sich das gehört.

Last, but not least eines der wichtigsten Dinge: Wir haben mit dem Hochschulpakt im Land den Hochschulen über den nächs ten Wahltermin hinaus bis 2014 Planungssicherheit gegeben. Das ist ein ungeheuer wertvolles Gut für unsere Hochschulen. Dazu kommen die Bundeszuschüsse, die jetzt beschlossen wurden. Das sind weitere 500 Millionen € bis 2015. Kollege Löffler hat es heute Morgen erwähnt: Mit einem Anteil von 11 % am Haushalt liegen wir beim Wissenschaftsetat bundesweit an der Spitze.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Dr. Klaus Schüle CDU)

Es ist deshalb nicht einzusehen, dass wir uns ständig Kritik anhören müssen. Ich sage heute, weil das mit Blick auf den Bildungsstreik etwas leichter ist: Man kann uns nicht vorwerfen, wir würden kein Geld für die Bildung, sondern nur Geld für die Banken geben. In Baden-Württemberg, Kollege Prewo – Sie sind Wirtschaftspolitiker –, geben wir Geld für die Bildung und für die Banken. Wir wissen nämlich, dass unser Land ohne eine hervorragende Schul- und Hochschulbildung seine Spitzenstellung nicht halten kann. Aber ohne ein solides System der Mittelstandsfinanzierung, das wir bei unserer Struktur mehr als jedes andere Land brauchen, können wir eben auch nicht bestehen. Dank der soliden Finanzpolitik der Landesregierung ist bei uns genügend Geld für Bildung, für Banken und für viele andere Zwecke vorhanden.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, letztlich können wir als Parlament nur den notwendigen finanziellen und normativen Rahmen zur Verfügung stellen. Forschen müssen die Forscher dann selbst. Je weniger wir sie durch Regelungen, Papierkram und Sitzungen von den Labors fernhalten, umso besser sind die Ergebnisse.

Wir als Liberale treten deshalb stets für mehr Freiheit für die Forscher ein. Denn je mehr Freiheiten sie an unseren Universitäten erhalten, umso eher können sie ihrem Wissensdurst nachgehen. Justus von Liebig hat ihn einmal wie folgt beschrieben: „Die Wissenschaft fängt eigentlich erst da an, interessant zu werden, wo sie aufhört.“

Wir Liberalen werden deshalb in dem Kampf für die Freiheit von Forschung und Lehre nicht nachlassen und ihn fortführen und unsere erfolgreiche Politik hier in Baden-Württemberg gemeinsam mit unserem Koalitionspartner fortsetzen. Wir danken dem Wissenschaftsministerium und Professor Frankenberg dafür, dass wir im europaweiten Vergleich so hervorragend dastehen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Wissenschaftsminister Professor Dr. Frankenberg das Wort.

(Zuruf des Abg. Dr. Klaus Schüle CDU)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bevor ich zu den Pakten komme, möchte ich zu Zahlen kommen. Es ist richtig gesagt worden, dass der Anteil der Ausgaben für Forschung und Entwicklung am Bruttoinlandsprodukt in Baden-Württemberg bei 4,2 % liegt. Es ist auch richtig gesagt worden, dass 80 % davon aus der Wirtschaft kommen. Das zeigt die Forschungsstärke der Unternehmen im Land. Diese forschungsstarken Unternehmen brauchen gute Hochschulen, brauchen gute Forschung, gute Absolventen und gute außeruniversitäre Einrichtungen.

Aber 20 % von 4,2 % sind 0,84 % –