Protocol of the Session on June 17, 2009

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Dr. Schüle das Wort.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Sehr guter Mann! Den Namen muss man sich merken!)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! In Zeiten der Wirtschafts- und Finanzkrise dürfen wir nicht ängstlich handeln, sondern müssen mit Mut und Augenmaß alles dafür tun, gestärkt aus dieser Krise herauszukommen.

Investitionen in Bildung, Investitionen in Forschung, in junge Köpfe, in die Innovationskraft unseres Landes gehören an die erste Stelle, um die Zukunft unseres Landes nachhaltig zu sichern.

Deshalb ist es ein großer Erfolg, dass Bund und Länder sich vor wenigen Tagen, am 4. Juni, auf drei Sonderprogramme zur Stärkung von Bildung und Forschung in Deutschland bis zum Jahr 2019 geeinigt haben, konkret auf die Fortführung der Exzellenzinitiative, auf den Pakt für Forschung und Innovation und auf den Hochschulpakt II. Das bedeutet 18 Milliarden € zusätzlich für Bildung und Wissenschaft bis zum Jahr 2019.

Monatelang haben die Wissenschaftsminister mit den Finanzministern, insbesondere mit dem Bundesfinanzminister, verhandelt und gerungen. Am Ende waren auch die Ministerpräsidenten und die Kanzlerin beteiligt. Einer, der von Anfang an als Verhandlungsführer der A-Länder maßgeblichen Anteil am Zustandekommen dieser drei Vereinbarungen hatte, ist unser Minister Professor Frankenberg, dem ich hier namens der CDU-Fraktion sehr herzlich danke.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Wer ner Pfisterer CDU: Sehr gut! Das hat er verdient!)

Mit den drei vereinbarten Sonderprogrammen ist ein wahrer finanzieller Kraftakt verbunden; das wissen wir. Aber dieser Kraftakt ist notwendig, damit wir national, aber auch bei uns in Baden-Württemberg in Wissenschaft und Forschung weiter vorankommen. Besonders freuen kann uns, dass diese drei Sonderprogramme speziell unser Land zusätzlich stärken.

Erstens: Stichwort Exzellenzinitiative. Die Spitzenforschung an den Universitäten, an den Hochschulen erhält mit der Exzellenzinitiative II – Fortsetzung bis 2017 – eine verlässliche Perspektive. Von 2013 bis 2017 wird sie mit einem Fördervolumen von 2,7 Milliarden € fortgeführt. Davon trägt der Bund 75 % und das Land 25 %. Unsere Hochschulen haben schon im jetzt abgelaufenen Wettbewerb, also in der jetzigen Periode, unglaublich von diesem Programm profitiert. Von den neun Eliteuniversitäten in Deutschland sind vier Universitäten in Baden-Württemberg. Wir haben überproportional Mittel in unser Land geholt.

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Deswegen hatten wir auch ein besonderes Interesse an der Fortführung dieses Programms. Der Rahmen wurde erweitert. Wir haben zum nächsten Entscheidungszeitpunkt, wahrscheinlich Sommer 2012, die Möglichkeit, dass noch zusätzliche Universitäten aus Baden-Württemberg aufgenommen werden.

Ein entscheidender Erfolg in diesem Zusammenhang ist, dass die Kriterien der Exzellenzinitiative nicht aufgeweicht wurden. Da gab es Tendenzen im Sinne eines „regionalpoliti schen“ Ausgleichs in Deutschland. Die Qualitätskriterien sind erhalten geblieben. Damit ist das ein Erfolg für uns in BadenWürttemberg, für unsere Universitäten, die damit sehr, sehr gute Chancen haben.

(Beifall bei der CDU)

Zweiter Punkt: der Pakt für Forschung und Innovation, das zweite Sonderprogramm. Dieser Pakt versetzt unsere Wissenschaftsorganisation in Deutschland und insbesondere in Baden-Württemberg in die Lage, strategisch, langfristig und erfolgreich weiterzuarbeiten. Im Sommer 2008 – wir erinnern uns – haben sich die Wissenschaftsminister auf die Inhalte geeinigt. Jetzt ging es um die finanziellen Rahmenbedingungen. Vereinbart sind 5 % kontinuierliche Steigerung und zusätzliche Mittel für Neugründungen und Änderungen, um auch bei steigenden Kosten eine dynamische Weiterentwicklung zu garantieren. Einbezogen sind die Fraunhofer-, die Helmholtz-, die Max-Planck-Institute, die Leibniz-Gesellschaft und die Deutsche Forschungsgemeinschaft. Wer sich in der Wissenschaftslandschaft auskennt, weiß, dass wir – in Abweichung vom Königsteiner Schlüssel – relativ gesehen mehr Forschungsinstitute in Baden-Württemberg haben. Das heißt, wir werden als Baden-Württemberger von diesem gemeinsam vereinbarten Programm überdurchschnittlich profitieren. Das ist gut für Baden-Württemberg.

Dritter Punkt: Hochschulpakt II. Wir haben die Periode von 2015 bis 2020 bereits vereinbart. Jetzt wurde mit dem Hochschulpakt II bereits für die Jahre 2020 bis 2025 Stabilität gegeben. Wir werden die geburtenstarken Jahrgänge in Deutschland damit bewältigen können. Wir wollen zusätzlich 275 000 Studienanfängern einen hochwertigen Studienplatz anbieten.

Man kann hinzufügen, dass dieses Programm uns in BadenWürttemberg nicht überrascht hat, sondern eigentlich zu dem hinzugekommen ist, was wir mit dem Hochschulausbauprogramm 2012 schon begonnen haben. Wir hatten ja schon 2006 begonnen, zusätzliche Plätze aufzubauen. Das läuft planmäßig. Wir haben jetzt 8 500 von den 16 000 vorgesehenen Plätzen eingerichtet. Wenn man das pro Jahr hochrechnet, werden wir am Ende 80 000 zusätzlichen Studienanwärtern die Möglichkeit geben, in Baden-Württemberg ein gutes Angebot wahrzunehmen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese drei Program me stärken uns in Baden-Württemberg und stärken uns auch national in einer schwierigen Zeit.

Abschließend: Bei allen Zahlen, die wichtig sind, auch den Haushaltszahlen, gibt es eine Zahl, die uns besonders freuen kann und die auch am verlässlichsten deutlich macht, dass die Studierenden – die Basis – mit unseren Universitäten zufrieden sind. Denn im Vergleich zum Vorjahr haben wir eine Steigerung der Studienanfängerzahl an unseren Universitäten um 10 %. Diese Entwicklung steht im Gegensatz zu dem, was früher immer wieder behauptet wurde. Das heißt, die Abstimmung mit den Füßen stärkt die Universitäten auch in der Umsetzung von Bachelor und Master, auch wenn es noch Umsetzungsherausforderungen gibt, Frau Kollegin Bauer. Ich glaube, dass dies einfach ein objektiver Maßstab ist, der zeigt, dass wir in Baden-Württemberg auf einem guten Weg sind.

Mit der Vereinbarung vom 4. Juni wird der Standort BadenWürttemberg gestärkt. Unsere Aufgabe wird es sein, die vereinbarten Schwerpunkte in den kommenden Haushalten zu verankern. Das meiste ist in der mittelfristigen Finanzplanung schon enthalten. Es gibt nur wenige Posten, die wir noch zusätzlich stemmen müssen. Das werden wir gemeinsam tun. Die CDU-Fraktion ist dazu bereit, weil wir der Überzeugung

sind, dass Baden-Württemberg mit Forschung, Bildung und Innovation weiter vorankommt.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Dr. Prewo das Wort.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! In unserem Land wird wirklich viel geforscht. Wir haben aber auch schon historisch beste Voraussetzungen dafür. Deswegen ist es gut, dass wir uns hier einmal über die Forschungspolitik unterhalten. Wir hatten in unserer Historie in früheren Jahren, Jahrzehnten und Jahrhunderten sehr viele Talente, Tüftler und Erfinder. Wir haben aber vor allem eine Industrie, die ganz stark von der Ingenieurkunst getrieben ist, und wir haben sehr gute Unis, Fachhochschulen und Berufsakademien.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP/ DVP)

Bitte, Beifall. – Das wollen wir eingangs ganz klar feststellen.

Wir brauchen aber wegen unserer industriellen Wirtschaftsstruktur, die die Grundlage unseres Wohlstands bildet – und zwar viel mehr als in allen anderen Bundesländern –, auch beim Forschungsaufwand Spitzenwerte.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen muss der Spitzenwert, den das Land Baden-Würt temberg für Forschung ausgibt, nicht bejubelt werden, sondern das muss der selbstverständliche Maßstab sein.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: So ist es!)

Das gilt nicht für ein Land wie Rheinland-Pfalz, das vielleicht im Weinbau spitze sein muss, oder für Schleswig-Holstein, wo dies beim Tourismus der Fall sein muss. Für uns gilt: Auf dem Gebiet der Forschung müssen wir spitze sein. Wenn wir auch nur ein Jota davon abgehen, machen wir etwas falsch.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

Wenn wir uns darüber einig sind, dann haben wir einiges zu klären. Die Regierung sonnt sich nämlich in alten Zuständen und ruht sich darauf aus.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Macht kei- ner!)

Es heißt, wir geben 4,2 % des Bruttoinlandsprodukts für Forschung aus. Pfeifendeckel: 0,3 % geben wir für Forschung aus. Über 80 % der Forschung bezahlt nämlich direkt die Wirtschaft, die darauf angewiesen ist.

(Abg. Werner Pfisterer CDU: Und wo steht der Bund, wo stehen andere Länder?)

Moment! Das kommt gleich, Herr Kollege. Geduld, Geduld!

Der Mittelstand – übrigens mittlerweile stark konzentriert auf die fünf bis sieben größten Unternehmen – entwickelt sich rückwärts, was die Forschungsausgaben angeht. Das hat die IHK gerade nachgewiesen. Den größten Teil des Restes nach diesen 80 %, Herr Kollege Pfisterer, bezahlt der Bund.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: So ist es!)

Zu den Ländern komme ich gleich.

(Abg. Werner Pfisterer CDU: Der Bund gibt 2,8 %!)

Der kleinste Teil des Kuchens stammt noch vom Land selbst – so ist es inzwischen –, und das Land ist der Träger der Universitäten und Fachhochschulen. 0,3 % – die ganze Zahl ist schön, aber 90 % der Forschungsförderung laufen ohne uns.

Anderer Vergleich: Bundesländer. Die anderen Bundesländer, die im Schnitt viel weniger von wissenschaftlicher Forschung abhängig sind und keine so großen Traditionen zu verteidigen haben wie Baden-Württemberg, bringen im Vergleich zu Baden-Württemberg durchschnittlich – mit Unterschieden – 0,35 % ihres Bruttoinlandsprodukts auf.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Mehr als Baden-Würt temberg! Das ist eine Schande für das Land! – Wi- derspruch bei der FDP/DVP)

So sieht es für Baden-Württemberg als Land aus. Wir liegen mit unseren Ausgaben gerade noch auf einem schlappen Mittelplatz oder sogar knapp unter dem Länderdurchschnitt. Der Bund leistet bei uns deutlich mehr als in anderen Ländern – das hat Herr Kollege Schüle auch schon gesagt –,

(Abg. Werner Pfisterer CDU: Weil es hier in Baden- Württemberg gut angelegt ist!)

denn er ist mit 50 % an den Max-Planck-Instituten beteiligt, zu 90 % finanziert er die Fraunhofer-Institute bei uns – das ist sehr viel –, und zu 90 % finanziert er die Helmholtz-Institute, wovon die zwei größten in Baden-Württemberg sind, nämlich das Institut in Karlsruhe und das Heidelberger Krebsforschungszentrum.

Ich will Ihnen noch ein Beispiel nennen: Die Universität Stuttgart – Herr Kollege Dr. Schüle, Sie haben angesprochen, was wir für die Hochschulen ausgeben – hat einen Gesamtetat von etwas unter 400 Millionen € – einen Gesamtetat mit allem Drum und Dran wie Personalkosten einschließlich Drittmitteln – bei 19 000 Studierenden. Im Vergleich dazu: Die ETH Zürich, die eine ähnliche Entwicklungsgeschichte und Gründungsgeschichte hat – die Uni Stuttgart war vorher ja auch eine Technische Universität und Hochschule –, hat einen Etat von 740 Millionen € bei 13 000 Studierenden. Auf einen Professor in Zürich kommen 37 Studenten, auf einen Professor in Stuttgart kommen 75 Studierende. So sieht es bei uns an den Hochschulen aus.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: So sieht es aus! – Zu- ruf des Abg. Gustav-Adolf Haas SPD – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Die Züricher zahlen höhere Studi- engebühren!)

Die Forschung und die Hochschulpolitik in Baden-Württemberg sind eine Baustelle, und zwar eine, die wir rasch und

gründlich angehen müssen. Dazu gäbe es noch vieles zu sagen. Vielleicht können wir uns heute noch darüber austauschen.