Protocol of the Session on April 23, 2009

Letzter Punkt, den ich noch ansprechen möchte. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, meine Damen und Herren, dass es zusätzliche Bedrohungen für den Ausbildungsmarkt gibt. Ich hoffe, dass es in Baden-Württemberg nicht zu Insolvenzen kommen wird, aber ich kann es auch nicht ausschließen. Was bedeutet dies, wenn es in einem Betrieb, der in die Insolvenz geht, Auszubildende gibt? Ein Auszubildender darf nicht auf der Straße stehen, sondern muss selbstverständlich von einem anderen Betrieb übernommen werden. Deshalb stellt das Land Geld zur Verfügung, damit diese Übernahme möglich ist und diese jungen Leute nicht vor dem Nichts stehen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Zweiter Punkt. Ich will, dass in der Zukunft noch mehr Betriebe ausbilden, insbesondere die kleineren Betriebe. Aber das heißt natürlich, dass nicht jeder Ausbildungsbetrieb, insbesondere nicht jeder kleine Ausbildungsbetrieb, über die gesamte Palette der Ausbildungsinhalte verfügen kann. Deshalb gibt es eine Verbundausbildung, bei der ich große mit kleinen Betrieben zusammenbringe. Das ist mit Managementkosten verbunden, und das Ziel muss sein, dass auf diese Art und Weise auch kleinere Betriebe im Verbund mit größeren Betrieben Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen können.

(Beifall der Abg. Dr. Birgit Arnold FDP/DVP)

Als dritten Punkt noch etwas, was noch gar keine Rolle gespielt hat. Mich ärgert es maßlos, dass z. B. das Thema „Internationale Ausbildung“ in Deutschland offensichtlich ausschließlich eine akademische Veranstaltung ist. Wir haben die Situation, dass inzwischen 13 % der Studierenden aus BadenWürttemberg während ihres Studiums einmal ein Auslandssemester absolvieren. Bei den jungen Leuten in der dualen Ausbildung sind es nur 1 %.

Deshalb werde ich Mittel zur Verfügung stellen – in diesem Fall ESF-Mittel –, um zu erreichen, dass möglichst viele junge Leute in der dualen Ausbildung ebenso wie die akademische Jugend die Möglichkeit haben, einen Teil ihrer Ausbildung im Ausland zu verbringen.

Die Internationalisierung der Ausbildung ist ein weiterer Qualitätsfortschritt für unser Land. Dies alles werden wir auf den Weg bringen. Wenn Sie das alles zusammenfassen und einen Strich darunter ziehen, dann werden Sie am Ende dieser Aktuellen Debatte sagen: Es ist wieder einmal die klassische Aufgabenteilung zwischen Opposition und Regierung: Die Opposition schwätzt bloß, und die Regierung arbeitet.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, die Aktuelle Debatte unter Punkt 1 der Tagesordnung ist damit beendet.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

a) Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des

Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum – Versuche und Anbauflächen mit gentechnisch veränderten Pflanzen im Anbaujahr 2008 – Drucksache 14/2483

b) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des

Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum – Kosten der Gentechnikforschung und -anwendung für die öffentliche Hand im Land Baden-Württemberg – Drucksache 14/2208

c) Antrag der Fraktion der FDP/DVP und Stellungnahme

des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum – Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen in Baden-Württemberg – Drucksache 14/4122 (geänderte Fassung)

d) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des

Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum – Grüne Gentechnik aus Baden-Württemberg verbannen – Drucksache 14/4210

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung zu Buchstabe a fünf Minuten, für die Begründung zu den Buchstaben b und d fünf Minuten, für die Begründung zu Buchstabe c fünf Minuten und in der Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kretschmann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bundespräsident Köhler hat vor wenigen Tagen auf der Industriemesse in Hannover gesagt – ich zitiere –:

Wir brauchen einen ökologischen Umbau der Weltwirtschaft...

Damit ist das, was wir Grünen seit 30 Jahren fordern, in der Mitte der Gesellschaft angekommen.

Er hat weiter gesagt:

Innovation und Qualität sind die Schlüssel für die notwendige nachhaltige Umstellung unseres Wirtschaftens.

Wenn dies nicht bei der Landwirtschaft gilt, die direkt mit der Natur arbeitet, wo soll es dann gelten? Bislang wurden alle Anträge vonseiten der Grünen für einen Stopp der Freisetzung gentechnisch veränderter Lebewesen im Freiland und gegen die Einfuhr von gentechnisch verändertem Mais auf allen Ebenen von der Union abgelehnt, und zwar selbst dann noch, als Frankreich, Österreich, Ungarn und Griechenland schon ein Verbot dieser gentechnisch veränderten Maissorte beschlossen hatten.

Noch vor wenigen Wochen sagte Landwirtschaftsminister Hauk: „Wir brauchen Gentechnikforschung im Freiland.“ Jetzt sind durch die CSU-Landwirtschaftsministerin Aigner klare Entscheidungen getroffen worden. Sie hat inzwischen – wir können es heute der Presse entnehmen – sogar Sortenwertprüfungen des Bundessortenamts gestoppt.

(Abg. Günther-Martin Pauli CDU: Gute Frau!)

Damit ist es klar verboten, den Genmais MON 810 im Freiland anzupflanzen –

(Beifall bei den Grünen – Abg. Theresia Bauer GRÜNE: Gute Ministerin!)

ein großer Erfolg für die Umweltbewegung, ein großer Erfolg für die Landwirte und für die Verbraucher.

Jetzt stellt sich die Frage: Wo steht die CDU Baden-Württemberg

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: In der Mitte!)

mit Oettinger, Schavan und Hauk?

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Schavan?)

Wo steht die CDU Baden-Württemberg? Wir können jedenfalls nur Orientierungslosigkeit feststellen. Weder folgen Sie Herrn Bundespräsident Köhler noch dem Vorsitzenden der Jungen Union, Bilger, der gesagt hat, wir müssten uns an die Spitze der Gentechnikgegner setzen. Wohin wollen Sie, Herr Oettinger und Herr Hauk? Wohin geht mit Ihnen die Reise der Landwirtschaft in Baden-Württemberg? Das ist auch nach zwei Jahren noch nicht erkennbar.

(Beifall bei den Grünen und der Abg. Sabine Fohler SPD)

Der Landwirtschaftsminister sagt, Verbraucher und Landwirtschaft sollten auch in Zukunft eine echte Wahlfreiheit zwischen gentechnisch veränderten Lebensmitteln und gentechnisch nicht veränderten Produkten haben. Das sind unhaltbare, unsinnige Sprüche. Denn die Wahlfreiheit des einen ist das Ende der Wahlfreiheit des anderen.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: So ist es!)

Um das zu erkennen, braucht man eigentlich nur gesunden Menschenverstand. Man muss nur wissen, dass man weder Wind verhindern noch die Bienen anbinden kann und dass deswegen in einer kleinräumigen Landwirtschaft, wie sie in Baden-Württemberg noch besteht, eine Koexistenz zwischen gentechnikfreier Landwirtschaft und Landwirtschaft mit Einsatz von Gentechnik nicht möglich ist.

(Beifall bei den Grünen)

Die Landesregierung muss sich entscheiden.

Ich stelle Ihnen drei Fragen. Erstens: Wo ist Ihre Wertebasis in der Landwirtschaft? Zweitens: Was ist Ihr Leitbild für die Landwirtschaft und den ländlichen Raum? Drittens: Was sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für eine Perspektive für die bäuerliche Landwirtschaft in Baden-Württemberg, für die Verbraucher und für den ländlichen Raum?

(Beifall bei den Grünen)

Erstens, zur Wertebasis: Ich muss die CDU fragen, die sich in ihrer Politik auf das christliche Menschenbild beruft: Was heißt für Sie Bewahrung der Schöpfung? Wie weit darf der Mensch manipulativ in die Schöpfung eingreifen? Schöpfung heißt ja, dass das etwas ist, was jedenfalls nicht wir Menschen gemacht haben, sondern vorfinden, und wir Christen sind der Überzeugung, dass es Gottes Schöpfung ist. In der Schrift steht das schöne Bild vom Bewahren und Bebauen.

(Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: Bebauen und Be- wahren heißt es!)

Ich frage: Was ist Ihre Wertebasis? Was heißt das ganz konkret? Wollen Sie den Weg gehen, dass wir patentierte Lebewesen haben, und zwar beim Saatgut und jetzt sogar bei Tieren wie beim Schwein? Der bayerische Umweltminister Söder hat sich sofort an die Spitze der Bewegung in Bayern gegen die Patentierung von Tieren gestellt; aus dem Hause Oettinger und Hauk hat man nichts gehört.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Theresia Bauer GRÜNE: So ist es!)

Wollen Sie diesen Weg gehen? Überlegen Sie sich einmal, was es für die Zukunft heißt, wenn wir weiterhin auf breiter Front Lebewesen patentieren, was nur Großkonzernen zugutekommt. Ist das Ihre Perspektive?

Zweitens: Was ist Ihr Leitbild? In der Krise heißt es doch klar: Nur durch Innovation und Qualität kommen wir weiter. Klasse statt Masse. Das ist das Erfolgsrezept der Wirtschaft in Baden-Württemberg. Herr Hauk, wollen Sie ernsthaft Milchpulver nach China verkaufen?