(Zuruf: Der will sich für die Krise entschuldigen! – Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Kurzintervention! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Keine Zwischenfrage! Kurz- intervention! – Gegenruf des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Zum ersten Mal!)
Herr Kretschmann, ich verweise auf die Ausführungen im Finanzausschuss. In aller Kürze: Es ist immer so gewesen, dass der Bund und die Länder verfassungsrechtlich in Beziehung zueinander stehen und dass das
Land deshalb selbstverständlich gegenüber dem Bund für die Verpflichtungen der Kommunen haften muss. Das ist nichts Neues. Das war schon immer so.
Die Alternative wäre gewesen, dass auf Bundesebene die grundgesetzlichen Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden, dass der Bund in Zukunft direkt mit den Kommunen Finanzbeziehungen eingehen kann.
Dieses Schlupfloch haben wir mit Ihrer Zustimmung mit der Föderalismusreform I gestopft. Wenn Sie das haben wollen, dann sagen Sie das. Was Sie hier aufführen, ist eine byzantinische Debatte,
die mit der Substanz des Problems gar nichts zu tun hat. Die Kommunen sind von rechtlichen Risiken nicht betroffen. Der Bund und das Land unterhalten Beziehungen zueinander. Die Kommunen sind außen vor. Das Land muss mit seinen Kommunen die „Zusätzlichkeit“ regeln. Daher gibt es hier keine Probleme, wie Sie sie hier aufbauschen.
Was an meinen Darlegungen, Herr Kollege Schmid, byzantinisch sein soll, weiß ich nicht. Der Weihrauchschwenker sind, glaube ich, Sie.
(Heiterkeit bei den Grünen und der FDP/DVP – Bei- fall bei Abgeordneten der Grünen – Zuruf des Abg. Dr. Nils Schmid SPD)
Sie haben nämlich einfach Ausflüchte in verfassungsrechtliche Grundsatzfragen unternommen. Das Gesetz muss so gestaltet werden, dass diese Risiken überhaupt nicht erst entstehen. So einfach ist das.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Abg. Theresia Bauer GRÜNE: Genau das! – Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Die Alternative ist eine Grund- gesetzänderung!)
Herr Finanzminister Stächele, deswegen muss Ihnen morgen bei der Besprechung der Finanzminister und dann im Bundesrat eine verlässliche und praktikable Regelung gelingen, die dieses „Zusätzlichkeitskriterium“ auf das Wesentliche reduziert, nämlich erstens dadurch, dass hierfür im Gesetz ein Zeitraum festgelegt wird, und zweitens dadurch, dass nur Maßnahmen gefördert werden können, die außerhalb eines schon beschlossenen Haushalts liegen. Alles andere ist absolut kontraproduktiv und muss weg.
Wenn das nicht gelingt, dürfen Sie dem nicht zustimmen. Das sind unabsehbare Risiken, auf die wir uns sonst einlassen sollen. Dann müssen Sie den Vermittlungsausschuss anrufen und zusehen, dass Sie das wegbekommen. Aber so dürfen Sie diesem Gesetz auf keinen Fall zustimmen.
Denn es geht hier nicht um Petitessen, um Kleinigkeiten, Herr Kollege Schmid. Es geht hier um 1,2 Milliarden €, und die Gefahr, dass wir diesen Betrag oder erhebliche Teile davon nachher zurückzahlen müssen, darf nicht bestehen.
Der zweite Knackpunkt betrifft die energetische Sanierung. Wir wissen alle: Die Mittel des Bundes können nur dadurch der Bildung zugutekommen, dass z. B. die Sanierung – im Wesentlichen die energetische Sanierung – von Schulgebäuden gefördert wird. Das ist eine große Chance, denn unsere Kinder sitzen häufig genug in zugigen Schulen und Kindergärten, und unsere Kommunen haben hohe Energierechnun gen. 499 Millionen € sind in diesem Topf vorgesehen. Im Entwurf des neuen Haushalts wurden diese Mittel ohne jede Qualifizierung veranschlagt. Da steht kein Wort mehr über die Vergabe der Bundesmittel insbesondere für energetische Sanierungen.
Wir wollen, dass Sie ernsthaft die Chance ergreifen, die diese halbe Milliarde Euro bieten. Wir wollen, dass dieses Geld tatsächlich für den energetischen Wandel in die Kommunen fließt. Wir verlangen deswegen, dass Sie die Erläuterungen zum Haushalt präzisieren, zum einen dahin gehend, dass ein Verwendungsnachweis für den Einsatz der Mittel gefordert wird, und zum anderen, dass solche Generalsanierungen auf einem energetisch hohen Standard stattfinden müssen. Das ist, glaube ich, das Mindeste, was wir hier verlangen müssen.
Ich denke, mit diesen von uns vorgeschlagenen Änderungen zur „Zusätzlichkeit“ und zur energetischen Sanierung ziehen wir die notwendigen haushaltspolitischen und energiepolitischen Standards in dieses Programm ein, sodass wir es seriös verantworten können. Darum geht es.
Ich sage aber noch einmal, Herr Kollege Mappus: Wir sollten mit einem solchen Konjunkturpaket nicht falsche Erwartungen wecken. Die Krise – das können Sie überhaupt nicht bestreiten – betrifft im Kern die Automobilindustrie, die Zulieferer, den Maschinenbau und alles, was da mit dranhängt. Das Konjunkturprogramm geht zunächst einmal nicht in diesen Bereich, sondern es geht im Kern in die Bauwirtschaft. Also darf man jetzt nicht glauben, dass dieses sogenannte Konjunkturpaket – das ist auch schon vom Volumen her gar nicht möglich – tatsächlich im Kern dort wirkt, wo es wirklich brennt: in der Exportwirtschaft, einerseits Automobile, andererseits Investitionsgüter. Dem kann man mit diesem Programm nicht einfach beikommen. Man kann damit höchstens erreichen, dass sich die Krise nicht auch auf die Bereiche der Bauwirtschaft und des Handwerks ausweitet.
Aus dieser Krise kommen wir nur heraus, wenn das Vertrauen in die Finanzmärkte, das Vertrauen unter den Banken wiederhergestellt wird; denn das fehlende Vertrauen ist immer noch der Brandherd der Krise und nicht die Frage, ob man energetisch saniert oder nicht.
Die energetische Sanierung von Gebäuden ist natürlich richtig. Darum stimmen wir ja auch diesem Teil des Konjunkturpakets zu, weil es richtige Signale für die Zukunft setzt, z. B. gegen die ökologische Krise im Zusammenhang mit dem Klimawandel. Da ist das ein richtiges Signal. Wir schaffen Vertrauen, indem wir in die energetische Sanierung, in Bildung und in Infrastrukturbereiche investieren. Deswegen stehen wir dazu und werden dem auch – trotz Bedenken bei einzelnen Punkten – zustimmen. Aber davor, die Erwartung zu wecken, wir könnten damit die Krise wirklich beheben, kann ich nur warnen.
Herr Kollege Mappus, ich finde es schon etwas merkwürdig: Sie preisen jetzt hier die Nullnettoneuverschuldung in BadenWürttemberg und kritisieren die massive Neuverschuldung des Bundes. Aber Sie sollten ja wirklich gemerkt haben, dass wir hier 1,2 Milliarden € auf Kosten des Bundes in den Kommunen und im Land investieren.
(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das ist aber ein Bundesthema, kein Landesthema! Das wird im Bun- destag und im Bundesrat beraten! – Zuruf des Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU)
(Abg. Stefan Mappus CDU: Wir wollen jetzt Ihre Aussage nicht intellektuell bewerten! Das, was Sie jetzt gerade darstellen, passt auch nicht ganz! – Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Das eine hat mit dem an- deren nichts zu tun!)
Das Geld des Bundes gern zu nehmen und zugleich die Höchstverschuldung des Bundes anzugreifen, das ist nicht ehrlich.
Deswegen, Kollege Schmiedel, möchte ich Sie bezüglich Ihrer Forderung „Klotzen statt kleckern“ doch daran erinnern: Das alles findet mit einer enormen Neuverschuldung statt.
Das alles ist schuldenfinanziert. Deswegen kann man das durchaus skeptisch sehen. Bei diesen hohen Ausgaben ist finanzpolitische Seriosität gefragt. Es kann nicht darum gehen, das Geld einfach nur auf Teufel komm raus hinauszuschmeißen, wie Sie das jetzt machen wollen.
(Beifall bei den Grünen – Abg. Claus Schmiedel SPD: Investieren, Herr Kollege, nicht hinausschmei- ßen! Sie haben doch gerade selbst gesagt, dass dann investiert wird! Dummes Zeug!)