Was wir nicht verstehen, ist, dass Sie auf diesem Angebot den Deckel draufhalten, dass Sie Eltern, die ihre Kinder von der mittleren Reife zur Hochschulreife bringen wollen, zwingen, auf teure Privatschulangebote auszuweichen; denn Sie verweigern die Angebote an den öffentlichen beruflichen Schulen in Baden-Württemberg.
(Beifall bei der SPD und der Abg. Theresia Bauer GRÜNE – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wo, bit- te? Was wird verweigert? Wer verweigert was?)
Wir haben jetzt abgefragt, wie es um das Angebot der sozialpädagogischen Gymnasien steht. Vor fünf Jahren gab es etwa gleich viel Angebote. Schon das ist ein Skandal,
wenn die Zahl der öffentlichen Angebote und der privaten Angebote gleich hoch ist. Vor fünf Jahren gab es etwa 400 Plätze für Schülerinnen und Schüler der Oberstufe an den sozialpädagogischen Gymnasien dieses Landes.
Fünf Jahre später gibt es 80 zusätzliche Angebote an öffentlichen Schulen und 650 an privaten. Das beweist doch – allein für diesen Schulzweig, aber das gilt für alle –, dass Sie den Eltern das Bildungsangebot verweigern und Geld weg sparen, das die Eltern dann aus ihrem privaten Portemonnaie für oft zweifelhafte Angebote auf den Tisch legen müssen.
(Beifall bei der SPD und der Abg. Theresia Bauer GRÜNE – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Mit je- dem Abschluss kann man da hingehen! Zwölf sind letztens neu ausgewiesen worden!)
Noch ein Letztes: Sie haben das letzte Mal gesagt: Da wehrt sich jemand, wenn man Stellen durch Geld ersetzt. Sie haben den Hochschulpakt gemacht. Sie haben gesagt: „1 500 Stellen fallen in den Hochschulen weg. Ihr bekommt aber Studiengebühren, und dann könnt ihr das Personal selbst einstellen, selbst entscheiden und seid autonomer.“
Was passiert jetzt? Hochschule Heilbronn: ein Viertel der Studiengebühren weg, 1 Million € von 4 Millionen €. Hochschule Esslingen: ein Viertel der Studiengebühren weg. Wir beklagen nicht, dass es diese Regelung gibt – wir haben da zugestimmt –, aber wir verstehen nicht, dass Sie das auf dem Rücken der Hochschulen machen und denen nicht ersetzen,
was sie jetzt einbüßen. Sie haben ihnen erst die Stellen genommen, haben ihnen Geld versprochen, aber jetzt geht ein Stück weit Geld weg. Was bedeutet das? Das bedeutet, dass das Lernangebot sinkt. Das bedeutet, dass die Unterstützung an den Hochschulen sinkt. Das bedeutet, dass Studentinnen und Studenten wieder länger studieren müssen, weil sie gar nicht mehr die anständigen Angebote vorfinden. Auch diese Operation geht wiederum zulasten der Eltern, weil Eltern wieder länger mit für ihre Kinder aufkommen müssen, weil diese ihr Studium nicht in der angemessenen Zeit durchführen können. Das ist Ihre Politik: Einsparungen im Bildungsbereich, die jeweils ganz direkt im Portemonnaie der Eltern zu spüren sind.
Deshalb lehnen wir das ab und fordern Sie auf: Erstatten Sie den Hochschulen das, was sie jetzt durch die Korrektur bei den Studiengebühren verlieren!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe bereits in der letzten Woche auf die erheblichen Risiken für den Landeshaushalt und auf die gigantischen Deckungslücken in der mittelfristigen Finanzplanung hingewiesen, für die Sie überhaupt keine Gegenfinanzierung haben: Deckungslücken in einer Größenordnung von 4,5 Milliarden € bis 2012 – bei der noch günstigen Steuerschätzung vom November 2008.
Zweitens: Die Pensionslasten werden enorm ansteigen. Meine Fraktion hätte noch einmal 50 Millionen € in den Pensionsfonds übertragen.
Stuttgart 21 birgt ständig steigende Kostenrisiken, und Sie bleiben der Bevölkerung die Aussage schuldig, wie Sie dazu stehen. Das fehlt bisher.
Wenn Sie sich tatsächlich für eine Kapitalspritze in der Größenordnung von 2 Milliarden € für die LBBW entscheiden, dann ist es mit der Nettonull in Baden-Württemberg ohnehin vorbei.
Jetzt gibt es nach dem derzeitigen Stand der Förderbedingungen des Konjunkturpakets II ein neues, erhebliches Risiko für uns und die kommunalen Haushalte, das uns die bekannten Mehrheiten im Bund beschert haben. Denn verborgen vor den Augen der Öffentlichkeit – weil das in Gesetzestexten und Verwaltungsvereinbarungen versteckt ist –
tut sich für die Haushalte von Land und Kommunen ein enor mes Risiko auf. Es geht nämlich um die Förderbedingung der
„Zusätzlichkeit“. Die „Zusätzlichkeit“ soll für die gesamten Leistungen aus dem Investitionsprogramm des Bundes an die Länder und Kommunen gelten, also für 1,2 Milliarden €, über die wir heute mit abstimmen.
Nach dem Stand des Gesetzestextes bzw. der Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern und nach den schwarzroten Mehrheitsbeschlüssen im Haushaltsausschuss des Bundestags sieht die Lage so aus: Über die Laufzeit des Programms von 2009 bis 2011 sollen die Kommunen nur dann förderfähig sein, wenn deren Investitionen in der Summe das Niveau von 2006 bis 2008 übersteigen – ich wiederhole: übersteigen.
Das hat zwei Haken. Zum einen war der Zeitraum von 2006 bis 2008 bekanntlich der Zeitraum eines Steuereinnahmebooms. Wie sollen wir jetzt zusätzlich – „zusätzlich“ heißt ja: im Gesamtpaket – diese Investitionen aus der Hochkonjunkturphase toppen – in einer Phase, in der wir eine Konjunkturkrise haben und mit Einbrüchen bei den Steuereinnahmen rechnen müssen? Wie soll das denn gelingen? Das ist doch völlig ausgeschlossen. Wenn es so wäre, dass wir zwischen 2009 und 2011 die Investitionen der Hochkonjunkturphase von 2006 bis 2008 in der Gesamtheit toppen könnten, hätten wir doch überhaupt keine Krise!
Der zweite Haken: In der Gleichung des Bundes werden die Investitionsmittel von Kommunen und Land zusammengerechnet. Aber ich bitte Sie: Wer soll das denn sicherstellen? Entscheidungen sind dann ja nicht nur auf den Einzelfall bezogen. Da ist natürlich das „Zusätzlichkeitskriterium“ richtig. Es kann gefördert werden, was nach einem abgeschlossenen, rechtskräftig beschlossenen Haushalt zusätzlich investiert wird. Das ist richtig. Aber was die Gesamtsumme aller Anträge angeht, kann doch weder die einzelne Kommune wissen, ob sie das erfüllt, noch kann das Land wissen, ob mit der Summe der Investitionen des Landes und der Kommunen dieses Gesamtinvestitionskriterium erfüllt wird. Das heißt, dass man dies überhaupt nur im Nachhinein feststellen kann.
Was das bedeuten kann, ist ganz klar. Es kann nämlich sein, dass man hinterher feststellt, dass dieses Kriterium gar nicht erfüllt ist. Dann muss das Land bzw. müssen die Kommunen diese Mittel in mehrstelliger Millionenhöhe – wenn es schlecht kommt, sind es bis zu 1 Milliarde € – an den Bund zurückzahlen. Meine Damen und Herren, es kann doch wohl nicht wahr sein,
(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Aber das ist doch eine Regelung des Bundestags und nicht des Landtags! Darüber muss man im Bundestag reden! – Gegenruf der Abg. Theresia Bauer GRÜNE)
dass wir hier einen Haushalt beschließen, bei dem niemand sagen kann, wie die Geschäftsgrundlage aussieht. Das ist doch geradezu absurd.
(Beifall des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP – Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Sie haben keine Ah- nung!)
(Beifall bei den Grünen – Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Das ist verfassungsrechtlich doch schon jetzt so!)
Sie wollen einfach davon ablenken, dass Ihr Finanzminister und Ihre Koalitionäre im Haushaltsausschuss ein hundsmiserables Gesetz gemacht haben.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Der Deutsche Bundes- tag hat das beschlossen! – Gegenruf der Abg. There- sia Bauer GRÜNE)
Anstatt das jetzt zu ändern, bringen Sie den Antrag ein, dass wir sozusagen die Kostenrisiken dieser schlechten Gesetzgebungstätigkeit in einer Höhe von bis zu 1,2 Milliarden € tragen sollen.
(Beifall bei den Grünen und der FDP/DVP sowie des Abg. Ulrich Lusche CDU – Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Das Land haftet immer gegenüber dem Bund! Das wissen Sie genauso gut wie ich!)
Herr Kollege Schmid, Sie haben im Finanzausschuss gesagt: Das werden wir dann schon irgendwie regeln.