Protocol of the Session on October 2, 2008

Hier spricht einer, der selbst schon ein Erbe gemacht hat.

(Oh-Rufe – Beifall des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Dabei war sogar ein kleines Betriebsvermögen.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Über dem Freibetrag oder unter dem Freibetrag?)

Mir war in diesem Moment bewusst, dass ich dieses Geschenk nicht selbst erarbeitet habe.

(Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Ich zahle Steuern für das, was ich sauer erarbeite und verdiene, und zwar zu Recht. Aber für das, was ich geschenkt bekommen habe, soll ich der Allgemeinheit nichts zurückerstatten? Das kann wirklich kein Mensch verstehen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Nur darum geht es.

Jetzt haben Sie ja die Katze aus dem Sack gelassen. Warum soll jemand, der Millionen erbt, ohne dass er dafür etwas getan hat, keinen Cent für die Allgemeinheit, zur Bestreitung der öffentlichen Ausgaben, zur Erfüllung der öffentlichen Aufgaben, für die wir hier in diesem Haus geradestehen müssen, geben? In der Tagesordnung heißt es doch – das ist aber ein Etikettenschwindel –: „Keine Erbschaftsteuerreform gegen die Familienbetriebe!“ Sie haben klar ausgeführt: Sie möchten das Gesetz zu Fall bringen, damit ab dem 1. Januar 2009 überhaupt keine Erbschaftsteuer mehr erhoben werden kann.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Das ist der Sinn, doch geschrieben haben Sie hier etwas anderes.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Dr. Prewo, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Kluck?

Selbstverständlich, gern. Aber bitte auch ohne Anrechnung auf die Redezeit, wenn es geht.

Herr Kollege Dr. Prewo, habe ich Sie recht verstanden, dass Ihre Vorfahren, die Ihnen etwas vererbt haben, dieses Geld nie versteuert haben, dass sie das praktisch am Finanzamt und am Fiskus vorbeigeschleust haben?

(Heiterkeit)

Oder haben Ihre Vorfahren, was ich annehme, alles, was sie verdient haben und was sie nicht ausgegeben, sondern angelegt haben, damit Sie und Ihre Kinder und Enkel davon profitieren, schon x-mal versteuert?

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Offensichtlich!)

Lieber Herr Kollege Kluck, die haben ihr Einkommen immer ehrlich und redlich versteuert.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Die meisten! Die meisten auf jeden Fall!)

In diesem Fall, in dem man ein Erbe geschenkt bekommt, geht es aber nicht um die Steuern, die die Vorfahren gezahlt haben. Es geht um ein Geschenk, das der Erbe bekommt, und der hat dafür keine Steuern gezahlt.

(Beifall bei der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Sehr richtig!)

Das ist das alte Märchen, das sei alles schon versteuertes Geld. Herr Kollege Kluck, wenn Sie – –

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Ich empfinde das nicht als Geschenk! Das ist Besitz meiner Familie! Da wird doch nichts geschenkt! – Gegenruf von der SPD)

Es wird doch individuell besteuert. Herr Kollege Dr. Noll, Herr Kollege Kluck, wenn Sie in einen Laden gehen und sich eine Hose kaufen, dann haben Sie das Geld, das Sie dafür ausgeben, doch wohl vorher auch schon versteuert.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Wer weiß!)

Trotzdem zahlen Sie 19 % Mehrwertsteuer, wenn Sie die Hose kaufen.

(Beifall bei der SPD)

Also, wenn Sie erben, dann fließt Ihnen eine außerordentliche Einkunft zu, und die haben Sie gefälligst zu versteuern.

(Beifall bei der SPD – Lachen bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Wir reden nach dem, was Kollege Dr. Wetzel gesagt hat, über die Erbschaftsteuer grundsätzlich, also über Geldvermögen, Wertpapiere, großen Immobilienbesitz, Kunstschätze, Juwelen usw. Das wollen Sie alles freistellen.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Darum geht es doch gar nicht!)

Wir sollen künftig ganze Dynastien von steuerfreien Erben bekommen, weil da nichts mehr für die Allgemeinheit kommen soll. Also, diesen Vorhang vor dem Thema, Herr Kollege Wetzel und Herr Kluck, wollen wir doch einmal wegziehen.

Wenn wir das klargestellt haben, komme ich dazu, was Sie gesagt haben: Betriebsvermögen. Oh ja, darüber sollten wir uns wirklich den Kopf zerbrechen. Darüber müssen wir uns den Kopf zerbrechen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Prima! Sehr gut! Guten Morgen!)

Dann müssen wir aber ein Erbschaftsteuergesetz machen, das genau dem gerecht wird.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Das macht die Große Koalition nicht!)

Ich sage Ihnen: Wenn jemand ein Betriebsvermögen von 5 Mil lionen € vererbt und das in der Familie bleibt und zum Teil an den Ehegatten und zum Teil an die Kinder geht, dann fällt nach dem jetzigen Modell null Erbschaftsteuer an. Null!

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Gott sei Dank! – Gegenruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD: Warum jammern Sie dann dauernd?)

Denken Sie erstens einmal an die Abschmelzung um 85 %, wenn man dieses Modell nimmt. Wenn man dann noch den Rest nimmt, die Freibeträge und die Versorgungsfreibeträge für die Hinterbliebenen, dann kommen Sie auf null.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Das kann null sein!)

Wenn das in der Familie bleibt – der Ehegattenanteil, der Kinderanteil –, dann ist da keiner – –

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Ja eben! – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: 15 % werden doch sofort fäl- lig! Das ist doch viel mehr als bisher! – Gegenruf von der SPD: Blödsinn! – Zurufe von der CDU – Unru- he)

Rechnen Sie sich das aus.

(Anhaltende Unruhe)

Nein. Herr Kollege Dr. Noll, ich kann Ihnen das nachher gern vorrechnen.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Das haben Ihnen gestern die Freiberufler vorgerechnet! – Abg. Wolf- gang Drexler SPD zur FDP/DVP: Sie können Herrn Dr. Prewo ja einmal in Ihre Fraktion einladen! – Wei- tere Zurufe)

Gern! – Herr Dr. Noll, was ich gerade gesagt habe, steht nachher im Protokoll. Dann können wir es in Ruhe nachprüfen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Sehr gut!)

Wir wollen aber noch ein paar andere Dinge ansprechen, nämlich z. B. die Frage, was das alles mit Marktwirtschaft zu tun hat.