Protocol of the Session on October 2, 2008

Zweite Bemerkung: In der Modellphase haben wir zum einen den Orientierungsplan zur Erprobung freigegeben – mit einer wissenschaftlichen Begleitung. Das wissen Sie, Frau Wonnay. Daneben haben wir uns mit der kommunalen Seite darauf verständigt, eine Fortbildungsoffensive im Umfang von 20 Millionen € in die Wege zu leiten. Diese Mittel reichen, um den Bedarf vor Ort in der Modellphase zu decken.

Ich habe bewusst davon gesprochen, dass wir die Erzieherinnenausbildung weiterentwickeln, um den neuen Erfordernissen des Orientierungsplans gerecht zu werden. Wir tun in diesem Bereich also einiges.

Damit ist auch klar: Was die Gruppengrößen und die Ausstattung der Kindergärten betrifft, gibt es immer wieder Gesprächsrunden und auch Verhandlungen zwischen der kommunalen Seite und dem Land. Sicher werden wir auch dazu irgendwann wieder konkrete Gespräche führen. Aber die Ergebnisse zeigen uns eindeutig – da bin ich bei internationalen Vergleichsstudien gegenüber anderen Bundesländern zunächst einmal sehr zurückhaltend –, dass wir in Baden-Württemberg tatsächlich auf einem sehr guten Weg sind.

Damit wäre ich mit meinen Ausführungen auch am Ende. Vielen Dank fürs Zuhören.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Noch einmal sehr anschaulich dargelegt! – Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Sehr gut! Bravo!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Mentrup.

(Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: Machen wir ei- ne zweite Runde?)

Keine Angst, ich habe nur noch wenige Minuten.

Sie haben noch zwei Minuten und 43 Sekunden, Herr Abg. Dr. Mentrup.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Man könnte aber auch ein bisschen Rücksicht darauf nehmen, wie lange die Re- gierung geredet hat! – Gegenruf des Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: So lang war das nicht! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Da sind ja auch Zwi- schenfragen gestellt worden!)

Ich sage ja: wenige Minuten.

Wir sind uns, glaube ich, einig, dass alle drei Elemente des Dreiklangs – Ausbau der Quantität, Ausbau der Qualität und Beitragsfreiheit – ihr Gewicht haben. Ich habe jetzt kein Argument gegen die Beitragsfreiheit gehört, und aus verschiedenen CDU-Kreisen könnte ich Ihnen jetzt Menschen zitieren, die die Beitragsfreiheit für etwas Erstrebenswertes halten.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Deswegen sind wir eine Volkspartei!)

Interessant ist auch, dass der letzte Kurs der Führungsakademie in seinem Abschlussbericht über die Frage, wie BadenWürttemberg 2020 aussehen wird, ganz klar ausführt, dass wir eine quantitative und eine qualitative Verbesserung in diesem Bereich brauchen, aber auch eine Beitragsfreiheit.

Jetzt gibt es hier unterschiedliche Einschätzungen. Ich teile die Einschätzung der Kollegin Lösch, dass die Qualität noch nicht sichergestellt ist. Hier verweist sie auf den Gemeindetag und den Städtetag, die sagen: „Es fehlen uns zwei- bis dreistellige Millionenbeträge.“ Insofern kann ich nicht nachvollziehen, dass Sie, Frau Krueger, oder auch Sie, Herr Staatssekretär, es hier so darstellen, als sei das Ziel schon erreicht.

(Beifall der Abg. Bärbl Mielich GRÜNE – Abg. Die- ter Kleinmann FDP/DVP: Da hat er recht!)

Worum ich Sie aber bitte, ist, dass wir jetzt aufhören – das sage ich zu den Grünen –, die drei Ziele dieses Dreiklangs gegeneinander auszuspielen; denn sie sind alle drei wichtig. Es geht hier auch nicht nur um Qualität, es geht auch um Sozialpolitik.

(Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: Es geht um Pri- orität!)

Sie scheinen die Menschen im Land draußen nicht zu kennen, die Schwierigkeiten haben, die Beiträge für die Kindertagesstätte aufzubringen.

(Beifall bei der SPD)

Natürlich sind all diese Menschen zunächst einmal froh, dass die Qualität stimmt. Manche sind schon froh, dass die Quantität stimmt. Aber das bedeutet doch nicht, dass die automatisch immer locker diese Beiträge über den Tisch schieben können, sondern die haben zum Teil ganz schön daran zu knapsen.

Deswegen ist es richtig, dass wir jetzt nicht diese Eltern vertrösten und sagen: „Wir glauben nicht, dass wir 250 Millionen € in diesem Landeshaushalt darstellen können, und deswegen fangen wir jetzt einmal mit der Qualität an.“ Von ihr sagt uns aber eine Seite, sie sei schon erreicht. Da kommen wir schon nicht zusammen. Ich denke, wenn wir es mit dem „Kinderland“ ernst meinen, wenn wir die Vorreiterrolle Baden-Württembergs auch im sozialpolitischen, familienpolitischen und kinderpolitischen Bereich wollen, dann müssen wir ernsthafte Antworten auf alle drei Herausforderungen geben. Die Beratung des nächsten Landeshaushalts könnte der richtige Zeitpunkt sein, um uns hier fraktionsübergreifend zu verständigen und das einzuführen.

Eine letzte Bemerkung: Mit dem ersten Kindergartenjahr anzufangen wäre pädagogisch richtig, wenn es nur darum ginge, die Besucherquote zu erfüllen oder zu erhöhen; da gebe ich Ihnen recht. Aber alle anderen Bundesländer, die das fachlich zum Teil ja genauso sehen, fangen trotzdem mit dem dritten Kindergartenjahr an. Ich halte es auch bei der Umsetzung vor Ort für legitim, zu sagen: Ich kann nicht Eltern, die ein vierjähriges Kind haben, erleben lassen, dass andere Eltern für ihre dreijährigen Kinder nichts bezahlen. Ein Jahr später bezahlen die Eltern der drei- und der vierjährigen Kinder nichts, und für den Fünfjährigen muss immer noch etwas bezahlt werden. Das heißt, ich habe eine Elterngeneration, die fast drei Jahre lang erlebt, dass andere Eltern für den Kindergartenbesuch ihrer Kinder nichts bezahlen müssen. Fange ich stattdessen mit dem dritten Jahr an und mache das rückwärtig, dann habe ich diese Auswirkung so nicht. Daher ist es ein Akzeptanzthema, warum wir, wenn wir gestaffelt einsteigen, mit dem dritten Kindergartenjahr beginnen müssen.

Es geht – das sage ich noch einmal abschließend – vor allem auch darum, zu unterstreichen: Der Bildungsauftrag in der Kindertagesstätte ist Landesaufgabe. Dazu haben wir uns mit dem Orientierungsplan verpflichtet. Dann müssen wir das aber auch finanzieren. Der Bildungsort Kindergarten muss für alle Familien und für alle Kinder erreichbar sein. Wir müssen die Verantwortung dafür übernehmen. Dazu gehört die Beitragsfreiheit genauso wie der Ausbau der Quantität und der Qualität.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, in der Ersten Beratung des Gesetzentwurfs liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf zur weiteren Beratung an den Schulausschuss

(Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: Ja!)

und federführend an den Finanzausschuss zu überweisen.

(Abg. Andrea Krueger CDU: So machen wir es!)

Sie sind damit einverstanden. Es ist so beschlossen.

Punkt 9 der Tagesordnung ist damit erledigt.

Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung des Polizeigesetzes – Drucksache 14/3165

Das Präsidium hat Folgendes festgelegt: Zunächst erfolgt die Begründung des Gesetzentwurfs durch die Regierung, danach eine Aussprache mit einer Redezeit von fünf Minuten je Fraktion, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.

Das Wort erteile ich Herrn Minister Rech für die Regierung.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße ausdrücklich, dass wir die Novellierung des Polizeigesetzes heute miteinander beraten. Wir hatten ausführliche, intensive, gute Vorgespräche und Verhandlungen zu vielen Themen. Ich will drei Schwerpunkte herausgreifen.

Erstens: Wir reagieren auf das Kommunikationsverhalten und die vielfältige Nutzung moderner Kommunikationsmittel insbesondere in den Kriminalitätsbereichen Terrorismus und organisierte Kriminalität.

Zweitens: Wir ermöglichen den modernen Einsatz neuer Fahndungstechniken.

Und drittens: Wir passen die bestehenden Regelungen an die Vorgaben der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an.

Zu Punkt 1: Terrorismusbekämpfung. Über die aktuelle Bedrohungssituation, meine Damen und Herren, muss ich, glaube ich, heute nicht viele Worte verlieren. Die zurückliegenden Wochen und Monate haben gezeigt, dass es auch in unserem Land anschlagsbereite Islamisten gibt. Wir müssen deswegen auf die Bedrohungslage gesetzgeberisch reagieren.

Terroristische Anschläge – das wissen wir – richten sich nach wie vor bevorzugt gegen sogenannte weiche Ziele, um eine größtmögliche Anzahl von Opfern zu erreichen. Größere Menschenansammlungen sind deswegen besonders gefährdet. Daher setzen wir auf einen verstärkten Einsatz von Videokameras als Teil eines umfassenden Schutzkonzepts – nicht als Allheilmittel und nicht als alleiniges Mittel. Wir werden die Videoüberwachung nur dort einsetzen, wo dies aufgrund einer aktuellen Gefährdungslage notwendig und angezeigt ist.

Jetzt kommt der Satz, den Sie hören wollen – darauf haben Sie auch ein Anrecht, und dazu stehe ich –, und der heißt: Eine flächendeckende Videoüberwachung wird nicht erfolgen.

(Abg. Thomas Blenke CDU: So ist es!)

Ich sage dies ausdrücklich, um mit dieser Mär ein für allemal aufzuräumen.

Im islamistischen Bereich, meine Damen und Herren, be obachten wir eine intensive Kommunikationstätigkeit innerhalb Deutschlands, aber auch in den Nahen und Mittleren Osten. Gewaltbereite Islamisten schotten sich extrem ab; dies wissen wir. Die Gefahren, die von ihnen ausgehen, lassen sich deshalb mit den vorhandenen Instrumenten nicht ausreichend aufklären. Ohne Zugriff auf Kommunikationsdaten kann die

Polizei ihren verfassungsrechtlichen Schutzauftrag nicht erfüllen. Deshalb brauchen wir die Telekommunikationsüberwachung. Für Zwecke der Strafverfolgung ist diese ja bereits zulässig. Unsere Erkenntnisse zeigen, dass dieses Instrument auch im präventiven Bereich nachweislich erforderlich ist. Es hat sich im repressiven Bereich bereits bewährt, und wir brauchen es im präventiven Bereich ebenso. In bestimmten Kriminalitätsbereichen wie Terrorismus, organisierte Kriminalität und schwere Bandenkriminalität muss die Polizei häufig schon im Vorfeld tätig sein.

Wir haben uns jetzt – das entnehmen Sie dem Gesetzentwurf – auf die Verkehrsdatenerhebung konzentriert. Diese Daten, meine Damen und Herren, geben beispielsweise Auskunft darüber, wer mit wem wann und wo kommuniziert hat. Damit können wir vor allem Personenbeziehungen und kriminelle Strukturen aufklären. Die Verkehrsdatenerhebung kann aber auch wertvolle Hinweise zur Ortung beispielsweise Suizidgefährdeter, zur Aufklärung von Vermisstenfällen oder zur Befreiung von Entführungsopfern liefern. Eine Überwachung von Kommunikationsinhalten sieht der Gesetzentwurf dagegen nicht vor.

Bei den von mir erwähnten Suizidlagen findet sich beispielsweise bei der betreffenden Person zu Hause ein Abschiedsbrief, und man weiß nicht, wo die Person sich aufhält. In diesem Fall ist die Ortung des Handys dieser Person möglicherweise lebensrettend.

Wir haben die neuen Befugnisse im Telekommunikationsbereich zeitlich bis Ende 2012 befristet. Im Rahmen der dann vorgesehenen Evaluierung werden wir sehr sorgfältig prüfen, in welche Richtung diese Regelungen verbessert oder weiterentwickelt werden müssen. Von meiner Seite – ich kündige dies schon jetzt an – wird die Evaluation auch die Notwendigkeit des präventiven Zugriffs auf Kommunikationsdaten zum Inhalt haben – die Prüfung, wie gesagt.

Jetzt zu den neuen Fahndungstechniken. Wenn die Polizei Gefahren und Kriminalität effektiv bekämpfen will, dann muss sie auch moderne Technik und moderne Kommunikationssys teme einsetzen; das ist völlig klar.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es!)