Protocol of the Session on June 4, 2008

Was die Gestaltung der Gebühren angeht, möchte ich darauf hinweisen, dass entsprechend der Regelung im Bundesgesetz grundsätzlich kostendeckende Gebühren zu erheben sind und die unteren Verwaltungsbehörden, also die Landratsämter und die Gemeinden, die Gebühren nach dem Landesgebührengesetz in eigener Zuständigkeit festsetzen. Wir hoffen sehr, dass diese möglichst einheitlich festgelegt werden, damit der Zugang zur Information jedem Bürger möglich ist und der dafür zu entrichtende Betrag auch möglichst gleich ist.

Zum zweiten Bereich des Tagesordnungspunkts, zur Nährwertkennzeichnung: Klar ist: Wir alle sind Verbraucher, und deshalb, meine Damen und Herren, gilt fraktionsübergreifend für uns alle:

Erstens: Wir wollen als Verbraucher über das, was wir kaufen wollen, gut informiert sein.

Zweitens: Wir wollen unsere Kaufentscheidung eigenständig und selbstbewusst treffen.

Und drittens: Wir dürfen nicht zulassen, dass Produzenten oder Händler uns etwas vormachen oder uns wichtige Informationen vorenthalten.

Fazit: Information und Transparenz sind und bleiben die Grundlage für eine bewusste eigenverantwortliche Kaufentscheidung. Dazu trägt auch eine informative und gut sichtbare Nährwertkennzeichnung bei. Dabei muss die Nährwertkennzeichnung verständlich und vergleichbar sein. Deswegen müssen Bezugsgrößen klar definiert sein; standardisierte Bezugsgrößen wie beispielsweise 100 g oder 100 ml sind dabei sinnvoll. Dann sind auch Vergleiche möglich.

Zur besseren Orientierung und Bewertung des Inhalts trägt eine farbliche Unterlegung der Nährwerte bei. Unser Verbraucherschutzminister Peter Hauk hat sich um diese Fragen schon lange bemüht und schon in seiner Zeit als Vorsitzender der Verbraucherschutzkommission konkrete Vorschläge dazu gemacht. Es freut uns sehr, dass jetzt auch der Bund in die Spur kommt und auch andere Bundesländer aktiv werden.

Im Klartext: Wir wollen eine verpflichtende Nährwertkennzeichnung, die sich auf feste Mengeneinheiten bezieht und farblich unterlegt ist. Wir wollen dies bei der anstehenden Novelle des EU-Rechts zur Nährwertkennzeichnung eingebracht haben. Denn wichtig ist, dass EU-weit gekennzeichnet wird; denn Lebensmittel machen an den Grenzen nicht halt.

Eines möchte ich zum Schluss noch sagen: Machen wir uns nichts vor, für die Vermeidung von Übergewicht und Fehler

nährung wird jede Art von Nährwertkennzeichnung allenfalls eine Hilfestellung bei der Bewertung der Lebensmittel sein. Man muss auch wissen, wie man seine Nahrung zusammenstellt und wie insgesamt zu einer ausgewogenen und gesunden Ernährung beigetragen werden kann. Daher sind Verbraucherbildung und Ernährungsinformation ungeheuer wichtig, und es ist gut, dass das Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum auf diesem Gebiet seit Jahren viel Arbeit leistet und auch gerade in den Schulen viele Informationen anbietet.

Ihnen, liebe Frau Gurr-Hirsch, herzlichen Dank für Ihre sehr erfolgreiche Arbeit, die Sie draußen leisten.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Ich denke, das hat einen Beifall verdient.

Klar ist auch: Gesunde Ernährung allein führt noch nicht zum Ziel. Wir müssen uns auch weiter aktiv bewegen. Das heißt, wir müssen auch ein gesundes Maß an Sport treiben. Dazu fordere ich Sie auf. Wenn wir das alle zusammen tun, werden wir auch Vorbild im Land sein.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Kipfer für die Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es heute wieder einmal mit der grundsätzlichen Diskussion zu tun, welchen Stellenwert die Information der Verbraucher in unserem Wirtschaftssystem hat. Ich stelle immer wieder fest, dass es da einen Unterschied zwischen konservativen Politikern und uns gibt,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja, hoffentlich!)

denjenigen nämlich, die meinen, es gebe am Markt ein Gleichgewicht zwischen Anbietern und Verbrauchern. Da macht auch unser Verbraucherschutzminister keine Ausnahme. Ein Gleichgewicht am Markt zwischen Anbieter und Verbraucher gibt es nach Auffassung der Sozialdemokraten nicht, weil immer die Gefahr besteht, dass Verbraucher irregeleitet, geneppt oder verführt werden. Grundsätzlich muss deshalb der Staat dafür Sorge tragen, dass die Verbraucher – im Zweifelsfall auch gegen die Interessen der Anbieter – möglichst umfassend informiert werden; denn der Verbraucher hat ein Grundrecht auf Schutz seiner Gesundheit und ein Recht auf Schutz vor wirtschaftlichem Schaden.

So war es ein Fortschritt, als das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch mit seinem § 40 verabschiedet wurde, wonach es neuerdings eine Sollbestimmung für die Behörden gibt, die Öffentlichkeit von sich aus bei hinreichendem Verdacht zu informieren, zwar nach Abwägung und Anhörung der Anbieter, aber immerhin und auch unter Nennung der Bezeichnung des Produkts und des Herstellers.

Auffällig ist, dass in neuerer Zeit eine solche Nennung in Baden-Württemberg nicht stattgefunden hat. Da hat eben doch

der Birkel-Skandal vor zwanzig Jahren seine tiefen Furchen gegraben. Das bestätigen auch die Fachleute in dieser Fachszene. So war es ein Fortschritt, aber leider kein ganz großer Wurf, dass überhaupt das Verbraucherinformationsgesetz entwickelt und nach langem Stolpern auch endlich in Kraft gesetzt werden konnte.

Bei der Beratung dieses Gesetzes hat sich unser sogenannter Verbraucherschutzminister ganz besonders hervorgetan. Er hat nämlich nicht nur gewollt, dass die Verbraucher ein Informationsrecht haben, sondern auch, dass die Anbieter über Namen und Anschrift derer, die um Information nachsuchen, informiert werden. Das ist ein merkwürdiges Verständnis, Herr Minister, von Verbraucherschutz. Es hätte eine fatal abschreckende Wirkung für Verbraucher gehabt, wenn diese Ihre Forderung Wirklichkeit geworden wäre und in das Gesetz Eingang gefunden hätte.

Jetzt geht es darum, wie dieses Verbraucherinformationsgesetz in der Praxis umgesetzt wird und welche Wirkung es zeigt. Wir stimmen dem Gesetz trotz Bedenken zu und werden mit großem Interesse verfolgen, wie bereitwillig und vor allem zu welchen Kosten die auskunftspflichtigen Behörden diesen Rechtsanspruch auf Information umsetzen werden.

Um Informationen geht es schließlich auch bei der Kennzeichnung von Lebensmitteln. Schließlich sind 37 Millionen Erwachsene und zwei Millionen Kinder in Deutschland – so heißt es jedenfalls – übergewichtig. Ich stimme Frau Kollegin Brunnemer zu, dass diese Kennzeichnung kein Mittel, aber immerhin einer der vielen Wege ist, hier etwas zu verbessern.

Die Ernährungswirtschaft zeigt sich leutselig und nimmt von sich aus schon freiwillige Kennzeichnungen vor. Auf der Basis des Tagesbedarfs einer erwachsenen Person von 2 000 Kilokalorien gibt sie an, wie viel Prozent des so definierten Tagesbedarfs eines bestimmten Nährwerts bezogen auf eine bestimmte Menge in dem Produkt zu finden sind. Diese Kennzeichnung, die die EU – Herr Seehofer und bisher auch unser Minister Hauk – durchsetzen will, erweckt den Eindruck, als basierte sie auf wissenschaftlicher Empfehlung. Tatsächlich ist dies eine Entscheidung der Lebensmittelindustrie.

(Beifall des Abg. Reinhold Pix GRÜNE)

Lesen Sie dazu einmal, meine Damen und Herren, die vernichtende Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Danach trifft der angenommene Tagesbedarf von 2 000 Kilokalorien nur für junge weibliche Erwachsene zu. Für ältere Menschen ist er deutlich zu hoch angesetzt. Vom Bedarf für Kinder ist ohnehin keine Rede. Dieser sogenannte GDA-Wert ist also eher eine Irreführung, als dass er Wahrheit und Klarheit einführt.

Eine Nährwertkennzeichnung muss unmittelbar verständlich auf einen Blick zu erfassen und zu bewerten sein, und zwar in wenigen Sekunden. Das trifft auf die sogenannte Ampelkennzeichnung zu. In Großbritannien ist diese auf freiwilliger Basis eingeführt worden, und das hat sogar dazu geführt, dass sich einige Hersteller veranlasst sahen, die Zusammensetzung ihrer Produkte so zu verändern, dass weniger rot und mehr grün und gelb auf der Verpackung aufgetaucht sind. Die se Entwicklung nützt sogar Verbrauchern, die auf keinerlei Kennzeichnung achten.

Die Landesregierung setzt nun, so sagt sie, auf den informierten Verbraucher und will die Einführung dieser von der anbietenden Wirtschaft favorisierten Kennzeichnung durch eine Medienaufklärungskampagne unterstützen. Ich denke, da könnte sie genauso gut den Verbrauchern einen Rechenschieber schenken und sie lehren, mit diesem Rechenschieber umzugehen.

(Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP – Glo- cke der Präsidentin)

Frau Abgeordnete, ich darf Sie bitten, zum Ende zu kommen.

Nun haben wir dankenswerterweise – ich komme gleich zum Schluss, Frau Präsidentin – den Änderungsantrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP zu unseren Anträgen auf dem Tisch liegen. Wir begrüßen diesen Änderungsantrag; denn darin wird erkennbar, dass Sie sozusagen einen Kompromiss machen wollen zwischen der bisher favorisierten Nährwertkennzeichnung und dem Ampelsystem. Dem können wir zustimmen, wenn die Nährwertkennzeichnung einheitliche Bezugsgrößen hat – davon gehe ich aus; das steht aber in Ihrem Antrag so nicht drin.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Doch! Das steht doch unter Ziffer 3!)

Ich bin sehr gespannt, ob es unserem Minister gelingen wird, dieses auf europäischer Ebene und vor allem bei Herrn Seehofer durchzusetzen, der diese Regelung bisher immer nur freiwillig haben will.

(Glocke der Präsidentin)

Frau Abgeordnete, bitte kommen Sie zum Schluss.

Wir wollen – und Sie offenbar jetzt auch –, dass dies verbindlich vorgeschrieben wird.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Pix für die Fraktion GRÜNE.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei einem Tagesordnungspunkt innerhalb von fünf Minuten zu zwei verschiedenen Anträgen und einem Gesetzentwurf reden zu sollen, sprengt sogar meine Möglichkeiten. Deswegen haben wir vor Eintritt in die Tagesordnung beantragt, den Tagesordnungspunkt 6 b abzusetzen. Ganz unverständlicherweise hat die CDU-Fraktion dagegen gestimmt.

(Abg. Elke Brunnemer CDU: Warum habt ihr das nicht im Präsidium beantragt?)

Nachdem ich lange hin und her überlegt hatte, wurde mir klar, worum es da letztendlich geht. Mein Kollege Walter hat bei der Suche nach dem eigentlichen Anstoß, warum Verbraucher information heutzutage so schwierig zu gestalten ist, eine Lei

che aus dem Keller der CDU geborgen. Man wollte offensichtlich vermeiden, sie nochmals einer Autopsie zuzuführen.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Wir haben keine Lei- chen im Keller! So etwas machen wir nicht!)

Anscheinend meidet die CDU-Fraktion jeglichen Verwesungsgeruch. Deswegen war es der CDU nicht möglich, dem Antrag zur Geschäftsordnung zuzustimmen, um noch einmal ausführlich über diese Altlast zu debattieren. Ich bedaure das sehr. Ich finde es schade, dass man diese Chance hat verstreichen lassen.

(Abg. Winfried Scheuermann CDU: Wir wissen gar nicht, was er meint!)

Das illustriert einmal mehr, sehr geehrter Herr Minister Hauk, dass Ihre Wertigkeiten und Ihre Arbeit seltsam und nicht praxisnah sind. Aber darauf werde ich morgen in der Aktuellen Debatte noch einmal eingehen.

Heute gilt es, sich die knappe Redezeit einzuteilen. Deswegen möchte ich auf die von mir in der ersten Lesung und bei den Ausschussberatungen bereits vorgebrachten Argumente zum Themenbereich des Verbraucherinformationsgesetzes nicht weiter eingehen und nochmals auf unseren Änderungsantrag – vorhin wurde vergessen, ihn aufzurufen – verweisen.