Moment! Jetzt doch noch einmal eine volkswirtschaftliche Betrachtung. Sie sagen laufend, zur Zahlung der Beamtenpensionen seien keine Rücklagen geschaffen. Das ist richtig. Zur Begleichung der Verpflichtungen aus der Rentenversicherung sind aber auch keine Rücklagen geschaffen worden.
Das heißt, wir haben den gleichen Effekt: Wir haben in jedem Fall ein Umlageverfahren. Die laufenden Pensionen müssen immer aus den laufenden Steuereinnahmen finanziert werden, und die laufenden Renten müssen aus den laufenden Zahlungen an die Rentenversicherung finanziert werden, wobei hier inzwischen auch schon ein Anteil von über 35 % aus Steuern hineinfließt. Insofern ist dieses Argument, glaube ich, nur noch zum Teil richtig.
Darüber, dass man genauer ausweisen sollte, welche Verpflichtungen das Land in der Zukunft hat, sind wir uns einig. Ich habe in der Länderfinanzministerkonferenz den Antrag gestellt, finanzmathematisch auszurechnen – so wie die Bürgschaften in den Bilanzen unter dem Strich ausgewiesen werden –, was es eigentlich bedeutet, dass wir diese Pensionszahlungen leisten müssen. Leider habe ich dafür bisher keine Zustimmung gefunden. Wir überlegen uns, ob wir dies allein für Baden-Württemberg ausrechnen. Aber dann würde uns das wahrscheinlich bei jeder Gelegenheit vorgehalten, einfach weil die anderen keinen entsprechenden Ausweis vornehmen. Dennoch bin ich der Meinung: Man sollte das Ganze ausrechnen, denn es ist keine Frage, dass wir uns auf der einen Seite über das Maß der öffentlichen Verschuldung erregen, dass auf der anderen Seite die Verpflichtungen durch Pensionen und Leistungen zur Rentenversicherung ein Mehrfaches dessen betragen, was die reine Staatsverschuldung ausmacht.
Hier sind noch eine ganze Reihe von Einzelmaßnahmen aufgezählt worden – Hartz zum Beispiel. Der Staatssekretär im Finanzministerium hat gesagt, alle Länder außer Nordrhein-Westfalen würden genauso verfahren wie wir. Nordrhein-Westfalen geht in der Tat etwas anders vor; dieses Land holt das Geld aber auch bei den Kommunen. Wir geben es netto an die Kommunen, während Nordrhein-Westfalen es brutto an sie gibt – Sie können mich beim Wort nehmen und nachfragen – und es anschließend über den kommunalen Finanzausgleich wieder einsammelt. Alle verhalten sich gleich. Im Übrigen ist Herr Clement im damaligen Vermittlungsverfahren – das erkennen sogar der Ge
(Abg. Heike Dederer GRÜNE: Da ist aber die Fra- ge, wie man es netto ausrechnet! – Abg. Schmiedel SPD: Man kann auch beim Netto bescheißen!)
Ich muss Ihnen, liebe Frau Dederer, sagen: Das, was Sie sagen, stimmt nicht. Das Gegenteil ist der Fall. Wir wissen in der Zwischenzeit, dass die Bruttoentlastung keine 133 Millionen € ausmacht, sondern wesentlich weniger. Wir dürften also den Kommunen eigentlich nur weniger überreichen. Sie wissen doch genau, wo die Belastungen von 99 Millionen € herkommen.
Die kommen aus genau dem gleichen Zusammenhang. Die östlichen Länder – zugegebenermaßen die A- und B-Länder –, die in einer anderen Situation sind als wir, haben dem Vermittlungsverfahren nur unter der Voraussetzung zugestimmt, dass sie 1 Milliarde € mehr von der Umsatzsteuer bekommen. Unser Teil an dieser Milliarde sind eben die 99 Millionen €. Also genau in diesem Zusammenhang haben wir hier die Minderung bekommen. Ich muss Ihnen sagen: Sie haben Recht, die Zahlen stimmen nicht; in Wirklichkeit werden wir viel weniger entlastet. Spätestens im Februar wird das Innenministerium in der Lage sein, uns diese Zahlen genauer mitzuteilen.
Meine Damen und Herren, ich will jetzt nicht mehr auf Einzelheiten eingehen, weil wir ja noch zwei weitere Diskussionen haben werden. Ich muss einfach feststellen: Ich habe leider von den beiden Oppositionsreden heute nichts mitnehmen können.
Ich habe sehr gut zugehört. Ich habe heute nichts mitnehmen können. Es tut mir Leid. Aber ich hoffe, dass die Abgeordneten der Opposition in den Ausschüssen noch mit ihren genialen Vorschlägen kommen werden. Jeder Vorschlag, der dem Land weiterhilft und realisierbar ist, wird zumindest von mir mit Freude aufgenommen.
Herr Finanzminister, Sie haben wieder genau das Gleiche gemacht: Sie haben dem Parlament nicht erzählt, wie Sie von dieser hohen Verschuldung kurz-, mittel- oder langfristig herunterkommen wollen. Kein Wort da
zu. Gleichzeitig haben Sie alle Strukturüberlegungen abgelehnt: Das mit der LBBW geht nicht. Sie könnten aber auch auf einen Anteil von 25,1 % heruntergehen und 2 oder 2,5 Milliarden € erwirtschaften. Selbst darüber denken Sie nicht einmal nach. Über den „Staatsanzeiger“ sagen Sie gar nichts.
Wenn es bei Rothaus um die Arbeitsplätze geht, könnten Sie das machen, was Sie in den Achtzigerjahren auch gemacht haben, nämlich Rothaus der L-Bank zu verkaufen. So etwas haben Sie ja früher auch schon gemacht. Aber das machen Sie auch nicht. Warum nicht? Zu den Flughäfen haben Sie überhaupt nichts gesagt. Sie wollen offensichtlich nicht an die Privatisierung heran. Damit haben Sie sich selber überhaupt den Weg versperrt, mittelfristig diese hohe Verschuldung des Landes, die uns mit den Zinsen auffressen wird, abzubauen. Das kann ich nur zur Kenntnis nehmen.
Zweitens: Zum Pensionsfonds sagen Sie einfach, die Belastung werde zwar von 2,3 auf 7,4 Milliarden € steigen. So lange dauert das gar nicht mehr. Das ist in 15 Jahren so. Da gehen Sie davon aus, dass das Land mit weniger Beschäftigten trotz des demografischen Faktors so viel erwirtschaften wird, dass Sie eine Verdreifachung der Pensionslast im Haushalt bewältigen können, sage ich einmal. Das ist eine tolle Annahme, die aber durch nichts begründet ist, wenn man die ganzen Szenarien in unserer Beschäftigtensituation heranzieht.
Jetzt will ich noch etwas zur Frage des Länderfinanzausgleichs sagen. Wenn ich richtig informiert bin, ist der Länderfinanzausgleich vor zwei Jahren verändert worden, und Herr Ministerpräsident Teufel hat seine Unterschrift darunter gesetzt. Wir haben immer dazu aufgefordert, zu klagen. Wir haben dauernd gesagt: Klagt, klagt. Dann wurde alles Mögliche gemacht. Dann hat man sich geeinigt. Das Bundesverfassungsgericht hat zur Änderung aufgefordert. Dann kam vor zwei Jahren eine Einigung zustande.
Wenn Sie jetzt wieder sagen, der Länderfinanzausgleich müsse neu verhandelt werden, dann machen Sie es doch. Aber davon den großen Milliardensegen zu erwarten ist nicht angebracht. Ich glaube nicht, dass da eine solche Entlastung stattfinden wird. Wir werden vielleicht ein bisschen hinkriegen. Aber da 11 von 16 Ländern Nehmerländer sind, können Sie sich ausrechnen, wie stark der Drang ist, eine Veränderung hinzubekommen. Das ist nur ein Wolkenkuckucksheim. Ich höre es von der FDP/DVP und von Herrn Pfister. Aber es bringt uns nicht weiter, der Bevölkerung immer zu erzählen, man warte auf eine Änderung des Länderfinanzausgleichs.
Ich habe nichts von NSI gehört. Herr Finanzminister, wenn man so in den Schulden drinsteckt, hätte man von Ihnen wenigstens etwas zu NSI hören können. Auch dazu haben
vielleicht sogar 500 Millionen € waren, werden wir noch sehen, weil sich dies ja der Rechnungshof jetzt vornehmen und das untersuchen wird.
Wenn ein Gastwissenschaftler aus den USA nach Konstanz kommt und dort zwischen Weihnachten und Neujahr in die Bibliothek will oder sonst etwas machen will, was in anderen Ländern üblich ist, hängt in Konstanz ein Schild: „Geschlossen“, und zwar deswegen, weil die Universität das Geld für Heizung, Lüftung und Licht nicht hat und einfach die Universität zumachen muss. Ich spreche hier nicht über eine Universität irgendwo in einem dritten Land, ich spreche über Universitäten in Baden-Württemberg – um das einmal deutlich zu sagen –, und Sie stellen sich hier hin und sagen: Wir sind ganz toll aufgestellt.
Der Rechnungshof hat festgestellt, dass der Forschungsund Lehrbetrieb an manchen Universitäten nur noch mit baulichen Notmaßnahmen weitergeführt werden kann; bei manchen Gebäuden sei ein Zustand erreicht, der eine Schließung notwendig machen würde. Das ist der bauliche Zustand. Wenn ich sehe, dass wir allein einen Grundsanierungsbedarf von 2,4 Milliarden € haben – Grundsanierung, nicht die Kür –, dann muss ich Ihnen einfach sagen: Sie haben halt in guten Zeiten, als das Geld da war, es nicht in die Grundsanierung gesteckt. Die Landesstiftung ist dafür auch eine Fehlkonstruktion, weil sie nur neue Maßnahmen durchführen und das Geld nicht zur Substanzerhaltung verwenden kann. Insofern zeigt sich wieder, dass diese Landesstiftung eine Fehlkonstruktion war. Ich wollte Ihnen nur sagen: Ruhen Sie sich da nicht aus, denn Sie haben da erhebliche Fehler gemacht.
Heute war auch überhaupt noch nicht der Tag, Herr Finanzminister, um unser Konzept vorzulegen. Wir haben über Ihr Konzept gesprochen. Es ist ja schön, dass Sie wenigstens bei dem einen oder anderen Gag aufgewacht sind und mir zugehört haben.
Vorgeschlagen wird, die beiden Gesetzentwürfe an den Finanzausschuss zu überweisen. – Sie stimmen der Überweisung zu.
Meine Damen und Herren, wir setzen die unterbrochene Sitzung fort. Ich darf Sie bitten, die Plätze einzunehmen und die Türen zu schließen.
Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung des Landtagswahlgesetzes – Drucksache 13/3680