Protocol of the Session on March 22, 2000

(Beifall bei der SPD – Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Drexler, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Reinhart?

Bitte schön, Herr Reinhart.

(Abg. Oettinger CDU: Dr. Reinhart!)

Herr Kollege Drexler, Sie sprechen von einem Unverständnis bei der Klage gegen die 41 Millionen DM. Gestehen Sie zu, erstens dass Herr Präsident Thierse hierbei von „einmütiger Empfehlung“ gesprochen hat, stattdessen aber Professor Klein öffentlich im Fernsehen erklärt hat, dass erhebliche Rechtsbedenken dagegen bestehen, dass überhaupt diese Festsetzung erfolgt ist, und zweitens, dass es in einem Rechtsstaat selbstverständlich sein muss, dass für den Fall, dass eventuell rechtswidrige Maßnahmen ergehen, dagegen Rechtsmittel einzulegen sind, insbesondere vor dem Hintergrund, wenn ein Herr Bundestagspräsident die Unwahrheit hinsichtlich der Einmütigkeit der Empfehlung sagt?

(Unruhe)

Herr Dr. Reinhart, um das ging es doch gar nicht. Es geht darum, dass Sie kapieren müssen, dass man das als Partei nicht macht. Man macht nicht ein Gesetz und klagt, wenn man bestraft wird, gegen dieses Gesetz, weil die Strafe wehtut. Das kann kein Bürger. Das ist der Fehler.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich sage Ihnen, diese Werteverschiebung, die Sie als konservative Partei gemacht haben, wird uns lange verfolgen. Und ich sage Ihnen auch: Es wird nicht mit einer Regulierung, mit einer Erhöhung der Strafbarkeit bei Gesetzen ausgehebelt werden können, wenn Sie die Werte verschieben. Diese Werteverschiebung werden wir lange erdulden müssen. Fragen Sie doch mal Polizisten. Die Bürger sagen schon jetzt: Warum verfolgen Sie eigentlich nicht CDUPolitiker, sondern mich als Verkehrssünder? So geht es doch schon los! Sie müssen mal sehen, was Sie angestellt haben.

Deswegen sage ich Ihnen auch: Ich glaube, dass Sie noch weit davon entfernt sind, zu kapieren, was Sie gemacht haben.

(Abg. Haas CDU: Wer ist „Sie“?)

Der erste Schritt wäre, die Spenden zurückzuzahlen, Herr Oettinger.

(Abg. Haas CDU: Sagen Sie das auch für die SPD Nordrhein-Westfalen, dass sie das zurückzahlen muss?)

Der zweite wäre, über eine Änderung des Parteiengesetzes dahin gehend zu diskutieren, dass derjenige, der eine Unterschrift unter einem Rechenschaftsbericht leistet, sich strafbar macht, wenn er einen falschen Rechenschaftsbericht abgibt. Das ist die zweite Bedingung, die man machen muss.

In Bezug auf Spenden muss man sich dann darüber unterhalten, ob Spenden von juristischen Personen wirklich ausgeschlossen werden sollen.

Ich sage Ihnen nur eines: Sie haben in diesem Land seit zwei Jahren verhindert, dass diese Spenden bekannt werden, Sie haben seit zwei Jahren verhindert, dass aufgeklärt wird, und der Herr Ministerpräsident hat so schön – ich zitiere – zum Schluss seiner Rede Folgendes formuliert:

Ein jeder kehr’ vor seiner Tür,

(Zurufe von der CDU: Genau!)

und sauber ist das Stadtquartier.

Ich sage hinzu:

Der größte Dreck – da gibts kein’ Zweifel – liegt vor dem Haus von Erwin Teufel.

Vielen Dank.

(Anhaltender lebhafter Beifall und Heiterkeit bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das Wort erteilte ich Herrn Abg. Drautz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Durch den Spendenskandal der CDU hat meines Erachtens die Parteiendemokratie insgesamt Schaden genommen. Ich möchte heute eines klar feststellen: dass die heutige Debatte, die von den Grünen beantragt wurde und die der Öffentlichkeit zugänglich ist, kein zusätzliches Vertrauen in die Parteiendemokratie gebracht hat,

(Beifall bei der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Kuhn Bündnis 90/Die Grünen)

sondern nur wieder gezeigt hat, wie gegenseitig einzelne Schuldzuweisungen stattfinden und wie man gegenseitig Dreck schleudert, aber kein Vertrauen in die Parteiendemokratie erzeugt hat.

Ich möchte, Herr Kuhn, einmal eines klar sagen: Die Diskussion über „landeseigene“ Spenden sehen wir ähnlich. Aber die Diskussion über Spenden insgesamt – Spenden von Firmen, von juristischen Personen und Privatspenden –, die von Ihnen jetzt entfacht wird, ist meines Erachtens eine unehrliche Diskussion. Sie wissen so gut wie ich, dass die Absetzbarkeit der Spenden im Rahmen der Parteienfinanzierung bei den Firmen aufgrund der Konsequenzen aus der Flick-Affäre nicht mehr gewährleistet ist, was ich auch als völlig richtig erachte. Wenn Sie aber jetzt „Keine Spenden mehr von Firmen!“ sagen, gehen Sie ja auf Privatpersonen. Wenn Sie auf Privatpersonen gehen, ist die Diskussion deshalb unehrlich, weil man dann sehen muss, was auch heute schon passiert, nämlich dass Firmen über ihre Führungskräfte dementsprechende Spenden geben. Aus diesem Grund finde ich diese Diskussion insgesamt unehrlich, weil dadurch noch eine Steuerabzugsfähigkeit entsteht. Sie fordern dann mit dieser Diskussion dazu auf, weniger Steuern für den Staat zu bezahlen.

Eines muss also klar sein: Generell finde ich es richtig – hier bin ich mit Herrn Oettinger einig –, dass nach wie vor die Parteien nicht vollständig vom Staat finanziert sein sollten. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass es richtig ist, dass die Parteien die Hälfte der Finanzierung über Mitgliedsbeiträge und Parteispenden aufbringen müssen. Hier muss nur das Gesetz, das da ist, richtig angewandt werden.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Wenn dieses Gesetz angewandt wird, wie man auch andere Gesetze anwendet, und nicht umgangen wird, haben wir eine ganz saubere Lösung in Deutschland. Das Einzige, was ich dabei auch sehe, ist, dass in das Gesetz noch eine Strafbewehrung hineinmuss. Ansonsten haben wir ein sauberes Parteienfinanzierungsgesetz.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Schlierer.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Oettinger sprach vorhin davon, dass er seine Partei nicht in Sippenhaft nehmen lassen wolle. Da kann ich nur eines sagen,

Herr Oettinger: Die Botschaft höre ich jetzt mit großem Interesse, bloß frage ich mich, warum Sie sich früher nicht selbst an diesen Grundsatz gehalten haben.

(Beifall bei den Republikanern)

Meine Partei haben Sie in Sippenhaft nehmen wollen. Ich erinnere mich noch an Aktuelle Debatten in den Jahren 1992 und 1993, wo Sie nichts anderes gemacht haben. Sie müssen sich jetzt an Ihren eigenen, selbst gesetzten Maßstäben messen lassen. Sie kommen nicht daraus heraus, dass Sie einer Partei angehören, und das ist die CDU Deutschlands. An der müssen auch Sie sich messen lassen.

(Beifall bei den Republikanern)

Zweitens: Sie haben gesagt, im Bereich der SWEG sei die Spende auch in Ordnung; die Meinung des Staatsanwalts sei falsch. Dieselbe Argumentation vertrat der Herr Finanzminister. Ich will Ihnen nur Folgendes zur Kenntnis geben: Erstens ist beispielsweise die Meinung dazu in der Bundestagsverwaltung offensichtlich keineswegs so einhellig. Sie werden ja noch sehen, ob es nicht tatsächlich dazu kommt, dass gerade im Zusammenhang mit dieser 35 000DM-Spende auch noch eine entsprechende Prüfung erfolgt. Zum Zweiten, Herr Finanzminister, gibt es natürlich auch andere Positionen, nicht nur die des Oberstaatsanwalts aus Offenburg. Es gibt den Parteienexperten Karl-Heinz Naßmacher, den ich jetzt einmal aus der „Pforzheimer Zeitung“ vom 24. Februar zitieren möchte:

Eigentlich dürfte man gar nicht auf die Idee kommen, solche Spenden für erlaubt zu halten.

Er sagt weiter:

Das ist keine auf dem freien Markt eingeworbene Spende, sondern eine Nutzung von politischen Gestaltungsmöglichkeiten.

Genau das ist der Punkt. Deswegen ist das eben nicht mit irgendeinem anderen privaten Unternehmen vergleichbar. Wir halten deswegen daran fest: Diese 35 000-DM-Spende ist zurückzuzahlen.

Ich will in dem Zusammenhang noch einen weiteren Punkt erwähnen, weil mich das Verhalten der CDU gerade hier doch herausfordert. Herr Kollege Oettinger, es mag ja sein, dass Sie sich jetzt nicht mit dem Verfahren, das Ihre Partei gegen den Rückforderungsbescheid von Herrn Thierse führt, in irgendeiner Weise identifizieren wollen. Aber wir sollten uns doch einmal bewusst machen, wie Ihre Partei hier argumentieren lässt. Da wird von Ihren Anwälten vorgetragen, das von Ihnen 1993 eingebrachte Parteiengesetz – das war der Entwurf von CDU und FDP – sei verfassungswidrig. Sie lassen heute vortragen, Ihr Gesetz sei verfassungswidrig und deswegen dürften Sie nicht an den von Ihnen selbst eingebrachten Veränderungen und Novellierungen des Parteiengesetzes gemessen werden. Ich kann Ihnen an dieser Stelle nur eines sagen: Genau mit dieser Art und Weise untergräbt man jegliches Vertrauen der Bürger in die Demokratie.

(Beifall bei den Republikanern)

Wenn sich eine ehemalige Regierungspartei nicht mehr an ihre eigenen Gesetze gebunden fühlt, was erwarten Sie dann draußen von den Bürgern? Sollen die sich dann noch an Gesetze halten oder nicht?

Ich sage nur eines: Genau diese Vorgehensweise, die wir hier sehen, zeigt, dass Ihnen gar nicht daran gelegen ist, das Vertrauen der Bürger wirklich wieder zurückzugewinnen.

(Beifall bei den Republikanern)

Nun ein Wort zu Ihnen, Herr Kollege Kuhn. Es gibt kein „Parteispendengesetz“. Das scheint mir eine erfahrungsjuristische Überlegung zu sein. Es gibt das Parteiengesetz, und in diesem Parteiengesetz gibt es einen Abschnitt, der sich mit der Parteienfinanzierung beschäftigt.

(Abg. Dr. Birk CDU: Jetzt hat er das auch gelernt!)