Protocol of the Session on March 23, 2017

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Dann kann ich mir es natürlich nicht ersparen, Sie daran zu erinnern, wie Sie hier das sogenannte Sicherheitspaket beim letzten Doppelhaushalt abgefeiert haben, das angeblich 50 Millionen Euro beinhaltete – bei einem Haushaltsvolumen von 26 Milliarden Euro –, wobei es tatsächlich nur 30 Millionen Euro waren. Wir haben jetzt also mehr als doppelt so viel in einem Nachtragshaushaltsvolumen von unter 500 Millionen Euro und in einem SIWA-Volumen von 1 Milliarde Euro bereitgestellt und fast zweieinhalbmal so viel, wie Sie tatsächlich da abgefeiert haben.

Aber Ihnen ist es ja auch nicht gelungen, dieses sogenannte Sicherheitspaket auch nur ansatzweise umzusetzen. Da sind wir bei einem Faktor drei. Also Sie brauchen uns von Sicherheitspolitik nichts mehr zu erzählen. Da haben Sie verspielt. Bei dieser Koalition und bei diesem Innensenator sind die Sicherheitslage und die Sicherheitspolitik in Berlin in guten Händen.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Ein zweiter wichtiger Aspekt ist das Thema Schule. Wir haben es heute schon diskutiert. Wenn Sie sich das in Zahlen ansehen, ist das ein noch viel höherer Betrag. Zu den anderen Teilaspekten werden sich die Kollegen sicherlich noch einlassen. Wir können jetzt sagen, dass wir erstmalig eine handfeste Perspektive für diese große Zielgruppe von Bürgerinnen und Bürgern, Eltern und Beschäftigten in den Bezirken haben, wenn Senat, Parlament und Bezirke gemeinsam in der gleichen Weise in der Umsetzungsthematik bis zur Sommerpause bis zu den

(Marcel Luthe)

Haushaltsberatungen substanziell vorankommen, wie es die Koalition verabredet hat. Wir können also feststellen, dass der Aufschlag vorhanden ist. Das Kapital steht zur Verfügung. Wir sind sehr zuversichtlich, in diesem wichtigen Infrastrukturprojekt und einem der wichtigsten Projekte der Koalition auch substanziell voranzukommen.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Warum erwähne ich das ausdrücklich? – Ich erwähne es, weil wir auch Zeitungen lesen. Wir haben wahrgenommen, dass das von der Opposition attackiert wird. Das ist natürlich absurd. Sie haben im Hauptausschuss allein die Analyse unter Beschuss genommen und sind damit grandios gescheitert. Das will ich nicht ausführen. Lesen Sie das Wortprotokoll. Das war schon abenteuerlich.

Ein letzter und sehr wichtiger Aspekt, der an die gesamte Opposition adressiert ist: Ihre zentrale Kritik an dieser Koalition war, dass wir nicht mehr konsolidieren und nicht mehr Schulden tilgen, jedenfalls nicht in dem Umfang, wie es verschiedentlich beantragt wurde. Keiner von Ihren Fraktionen hat die Phrase substanziell werden lassen.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Als wir die Nachbestückungsliste SIWA und den Nachtragshaushalt fachlich besprochen haben, haben Sie alle miteinander diverse Änderungsanträge eingereicht, wie Sie dieses Geld, das Sie eigentlich in die Tilgung stecken wollten, anders verausgaben. Damit haben Sie sich selbst und ein strategisches Argument vollständig desavouiert, dass ich dazu nur „herzlichen Glückwunsch“ sagen kann, dass Sie nicht an der Regierung sind, sondern wir.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die CDU-Fraktion hat der Kollege Goiny das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist üblich, dass man mit dem Instrument des Nachtragshaushalts versucht, eigene Akzente zu setzen, wenn eine neue Regierung ins Amt kommt. Sie waren und sind in der glücklichen Situation, nicht nur über einen sehr hohen Jahresüberschuss aus dem Jahr 2016 zu verfügen, den Sie für gestaltende Politik verwenden könnten, sondern auch noch darüber hinaus mit dem SIWA-Gesetz, mit dem SIWANA-Gesetz, wie Sie es jetzt geändert haben, ein operatives Instrument in der Hand zu haben, mit dem Sie auch kurzfristig gestalten können.

Es gibt durchaus, um mit dem Positiven anzufangen, einige Bereiche, die in der Kontinuität der erfolgreichen Haushalts- und Finanzpolitik der letzten Wahlperiode stehen. Das sind genau auch die Bereiche, die Sie jetzt auch weiterhin als Erfolg Ihrer Politik zu verkaufen versuchen. In Wahrheit ist das aber eine erfolgreiche Haushaltspolitik, die wir seit fünf Jahren nicht nur eingefordert, sondern umgesetzt und auch mit Ihnen zusammen gemacht haben, Herr Kollege Schneider. Ihre neue Koalition hat daran relativ wenig Anteil. Dass Sie jetzt Politik gestalten können, ist nicht Erfolg der rot-rot-grünen Regierung, sondern der Erfolg von fünf Jahren Regierungsarbeit in Berlin unter der Beteiligung der Union.

[Beifall bei der CDU – Zurufe von den GRÜNEN]

Wovon Sie sich in der Tat verabschiedet haben, ist ein nennenswerter Beitrag zur Schuldentilgung. Das wollen Sie politisch auch nicht. Dazu kann man von Ihrer Seite auch stehen. Wir halten das für falsch. Wir haben es geschafft, in den letzten fünf Jahren fast 5 Milliarden Euro zu tilgen. Das wird für das Land Berlin bei veränderter finanzpolitischer Situation in der Welt noch einmal sehr hilfreich sein. Die Probleme, die Sie haben, die vorhandenen Gelder für Investitionen einzusetzen, liegen nicht an dem Problem, dass dafür heute kein Geld zur Verfügung stünde, sondern liegen in operativen Prozessen, der Frage von Planungen, von operativen Möglichkeiten, die Gelder auszugeben, bei der Vergabe bis hin zu der ganz praktischen Umsetzung. Dazu hatten wir gerade neulich im Hauptausschuss wieder ein schönes Beispiel von der Bildungsverwaltung, die uns einen Gebäudescan für die Schulraumsanierung wunderbar vorgetragen hat. Bei näherer Betrachtung stellte sich heraus, dass das auch wieder eine reine Rechengröße war, die konkret überhaupt keine praktische Verwendung hat, jedenfalls nicht aus Sicht einer seriösen Haushaltspolitik, weil von den dort aufgeführten Schulsanierungsmaßnahmen die Zahlen an keiner Stelle Bestand haben werden. Deswegen ist es im Grunde genommen Augenwischerei, was Sie hier machen. Im Bereich Schulraumsanierung haben Sie Geld, aber kein Konzept zur zügigen Umsetzung des dringend notwendigen Investitionsbedarfs.

Herr Kollege Schneider! Wir haben der Übertragung des Jahresüberschusses in das SIWA-Vermögen widersprochen. Sie haben uns hier vorgeworfen, wir hätten hier keinen operativen Widerstand zu Ihrer verfehlten Haushaltspolitik geleistet. Wir haben dem widersprochen. Sie haben uns überstimmt. Das ist kein Wunder. Die Koalition hat eine Mehrheit in diesem Haus. Aber wir wollten das nicht. Dann war die zweite Frage, wenn es jetzt so ist, wie wir damit umgehen. Dazu haben wir Ihnen auch einige Dinge aufgezeigt, die Sie aus unserer Sicht auch falsch machen. Sie investieren Geld in eine Stadtwerkskonstruktion, die so hier in Berlin gar nicht funktionieren kann. Wir haben dagegen in der Vergangenheit zum Beispiel beim Thema Wasserbetriebe gesagt, dass wir bei Privatisierungen mitgehen. Es gibt in Deutschland viele

(Torsten Schneider)

Beispiele, bei denen erfolgreiche Stadtwerke unter Unionsführung funktionieren. Aber keiner von den CDUOberbürgermeistern, die irgendwo in Deutschland ein Stadtwerk haben, macht es so schlecht wie Sie. Deswegen lassen wir uns dafür nicht in Haftung nehmen.

Man muss darüber hinaus auch sagen, wenn Sie die Beiträge zur inneren Sicherheit hier als eigenen Erfolg loben: Ja, wir hätten auch in der Vergangenheit mehr in innere Sicherheit investiert. Wir haben uns auf bestimmte Punkte mit Ihnen verständigt. Auch das ist Kontinuität unserer erfolgreichen Arbeit, weil Sie jetzt nämlich einfach in eigener Verantwortung die Augen nicht vor der Realität verschließen können. Insofern ist es auch Etikettenschwindel, wenn Sie das jetzt als einen großen Erfolg Ihrer Politik verkaufen.

[Beifall bei der CDU]

Wir haben darüber hinaus auch versucht deutlich zu machen, dass Ihre Verkehrspolitik etwas ist, was wirklich mehr als rückwärtsgewandt ist. Das fängt beim Flughafen an, geht über in die ideologische Fahrradpolitik. Jetzt wollen Sie in der Schönhauser Allee die Straßenbahn noch in den Stau mit den Autos stellen. Das wird bei Ihnen auch immer schlimmer. Wir brauchen nach Ihren Vorstellungen jetzt eine eigene Betriebs GmbH, die Fahrradstraßen baut. Wahrscheinlich gibt es demnächst noch eine eigene Fußweg GmbH, die Gehwege repariert. Auch das zeugt davon, dass Sie hier konzeptionslos vorgehen und dass es verantwortungsloser Umgang mit Steuergeldern ist. Deswegen haben wir in einer Reihe von Änderungsanträgen, die wir heute auch noch einmal zur Abstimmung stellen, versucht, dagegenzuhalten.

Dass Sie mit Ihrer Politik sogar die Finanzverwaltung – letzter Satz, Frau Präsidentin! – durcheinanderbringen, hat der erste Entwurf Ihres Änderungsantrags gezeigt, wo sogar die Finanzverwaltung mit den Nullen und Beträgen durcheinandergekommen ist und plötzlich in einer Vorlage aufschrieb, dass hier nach der Beschlussempfehlung des Hauptausschusses 13 Milliarden Euro als Zuschüsse für Fraktionen und parlamentarische Gruppen zur Verfügung gestellt werden sollen. An der Stelle hat man einfach einmal drei Nullen angehängt. Sie sollten schnellstens Ihre Politik ändern, sonst stiften Sie bei der Finanzverwaltung noch mehr Chaos und Unruhe. Das kann die Stadt nicht gebrauchen. Deswegen taugt Ihr Nachtragshaushalt nichts.

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank! – Für die Linksfraktion hat der Kollege Zillich das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Na ja, Fehler passieren. Wir können sie uns jetzt gegenseitig vorhalten. Ich erinnere mich an Gesetzentwürfe aus CDU-Häusern, bei denen es um die Beamtenbesoldung ging. Bei denen musste man Ihnen auch erst im Ausschuss nachhelfen. Das ist aber nicht der Punkt der politischen Auseinandersetzung, die wir hier führen müssen.

Zusammen mit dem Nachtragshaushalt und der Entscheidung über die Verwendung der Jahresüberschüsse aus dem Jahr 2016 legen wir die Grundlage für die versprochene Investitionsoffensive in dieser Stadt. Ich will es im Einzelnen einmal nacheinander sagen: 270 Millionen Euro in Schulsanierung und Schulausbau, 100 Millionen Euro in Kitaausbau, 35 Millionen Euro in zusätzliche Investitionen in den Hochschulbereich, 100 Millionen Euro Eigenkapitalzuführung in ein handlungsfähiges Stadtwerk, 100 Millionen Euro Eigenkapitalzuführung an die Wohnungsbaugesellschaften für Ankäufe und für eine Stabilisierung der Mieten, über 50 Millionen Euro für energetische Modernisierungen von Wohnungen, 60 Millionen Euro für den Ausbau der Radweginfrastruktur, 60 Millionen Euro für den Ausbau der Sportinfrastruktur, über 100 Millionen Euro für die Sicherheitsinfrastruktur und Polizeiausrüstungen, 100 Millionen Euro für IT-Infrastruktur. Das sind beeindruckende Summen. Ja, das ist eine klare Schwerpunktsetzung für Investitionen in die Infrastruktur in dieser Stadt.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Ihr zentraler Angriffspunkt ist zu sagen, dass es keine verantwortungsvolle Haushaltspolitik ist. Man solle viel mehr Geld in die Schuldentilgung stecken. Abermals: Wenn man Überschüsse hat, muss man sich entscheiden. Sowohl Schuldentilgung als auch Investitionen sind eine gute Sache. Man kann nur nicht beides machen. Man muss sich entscheiden. Wir haben uns sehr bewusst angesichts der Situation in der Stadt, angesichts einer wachsenden Stadt und auch angesichts des enormen Sanierungsstaus für eine Schwerpunktsetzung bei Investitionen zum Wohle der Menschen entschieden. Das können Sie uns vorwerfen. Wir vertreten das offensiv, weil es nämlich nötig ist.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Und Sie sind ja dann auch nicht ganz konsequent, der Kollege Schneider hat es angedeutet. Sie haben jetzt abermals einen Änderungsantrag vorgelegt, wo Sie ganz kleinteilig Sachen umschieben.

[Heiko Melzer (CDU): Na, dann los!]

Darüber kann man im Einzelnen reden, Kolleginnen und Kollegen von der CDU. Aber wenn Ihr Hauptangriffspunkt gegenüber diesem Nachtragshaushalt in irgendeiner Form ernst gemeint wäre, dann hätten Sie doch durch

(Christian Goiny)

diesen Änderungsantrag den geplanten Jahresüberschuss erhöht. Dann hätten Sie doch radikal Ausgaben gesenkt, damit am Ende mehr getilgt werden kann.

[Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Warum beantragen Sie das denn nicht? Das zeigt doch, dass die Tilgung aus Ihrer Sicht zwar abstrakt eine gute Sache ist, Sie aber konkret, wenn es darum geht, dafür Maßnahmen nicht umzusetzen, vor der Konsequenz zurückschrecken. Das verstehe ich im Übrigen.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Im Übrigen ist es natürlich richtig, dass wir vor der riesigen Herausforderung stehen, dieses Geld nicht nur zur Verfügung zu stellen, sondern diese Investitionen tatsächlich auch stattfinden zu lassen in Schulen, in Kitas, in Infrastruktur, in vielem anderen mehr. Das ist eine riesige Herausforderung. Da geht es um Strukturveränderung. Da geht es um die Leistungsfähigkeit im öffentlichen Dienst. Deswegen ist uns auch in diesem Nachtragshaushalt die Angleichung der Beamtenbesoldung ein solch wichtiges Signal, weil wir vernünftige öffentliche Strukturen und dabei auch die Wertschätzung gegenüber den Bediensteten brauchen. Deswegen die Besoldungsanpassung!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Aber natürlich ist diese Umsetzungsherausforderung eine, wo wir nicht akzeptieren werden, dass man sich hinter Zuständigkeiten versteckt, sondern hier gibt es die Verantwortung zur Umsetzung, hier gibt es die Verantwortung zur Strukturentscheidung. Wir werden gemeinsam mit dem Senat dafür sorgen, dass die auch tatsächlich stattfindet.

Mit der Kostensenkung beim Sozialticket S wird ein wichtiger Schritt für mehr Teilhabe armer Menschen in diesem Nachtragshaushalt unternommen. Mit den Mitteln für Tarifsteigerung bei freien Trägern wird ein Signal für die Stärkung der sozialen Infrastruktur gesendet. Die Koalition setzt mit diesem Nachtragshaushalt Prioritäten für Investitionen, für eine funktionierende öffentliche Verwaltung und für soziale Teilhabe. Wer meint, das sei Klientelpolitik, der soll das meinen; wir sind überzeugt, dass das die richtigen Weichenstellungen für die Menschen in dieser Stadt sind.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die AfD-Fraktion hat Frau Dr. Brinker das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! An den vorliegenden Nachtragshaushalt wurde zwar der Anspruch gestellt, mit den Berliner Landesfinanzen investiv und nachhaltig umzugehen, allerdings konnte die Regierungskoalition hier den eigenen Ansprüchen nicht gerecht werden. Warum ist das so? Als AfDFraktion mussten wir in den ersten Monaten unserer Arbeit bereits vieles mit größter Verwunderung zur Kenntnis nehmen. Ein paar Beispiele dazu:

Erstens: Daten und Fakten zur ordentlichen und vernünftigen Bewertung der vorgelegten Zahlen sind oftmals erst auf intensive Nachfrage zu erhalten.

Zweitens: Informationen werden zuerst über die Presse lanciert, und kurz vor oder sogar erst nach den parlamentarischen Abstimmungen werden dem Hauptausschuss Details offenbart, die sich häufig ganz anders präsentieren als die vorher lancierten Botschaften. So geschehen beim Jahresabschluss bei den Flüchtlingskosten, beim SIWANA, beim Schulsanierungsbedarf so wie jetzt beim Nachtragshaushalt.

Drittens: Mit den Instrumenten inneres Darlehen und SIWANA ist bereits jetzt ein Mechanismus zur Umgehung der Schuldenbremse 2020 installiert worden. Durch die bisherige rückständige Planung, Kontrolle und Rechnungslegung der Haushaltsbelange besteht darüber hinaus weitestgehende Intransparenz über den wahren Zustand der öffentlichen Finanzwirtschaft in Berlin.