Protocol of the Session on April 30, 2020

Deswegen gibt es eine andere Nachfrage: Wie sieht der Senat die Chance, das Sporttreiben in kleineren Gruppen mit künftigen Verordnungen wieder möglich zu machen?

Herr Senator, bitte schön!

Ich hatte gestern ein Treffen mit Vertretern des Sports. Da waren der Präsident des Landessportbundes und auch Vertreter großer Sportvereine bei mir. Die wollen natürlich eine Perspektive haben. Individualsport ist zulässig und selbstverständlich, Gesundheitserhaltung ist erforderlich, aber all die großen Sportvereine brauchen eine Perspektive. Für eine Perspektive braucht man aber eine gesicherte Datengrundlage. Natürlich beraten wir immer jeweils die Situation: Was ist möglich an Lockerungen, was ist verantwortbar an Lockerungen, ohne dass die Zahl der Infektionen und die Geschwindigkeit der Infektionen in einer Art und Weise zunehmen, dass wir das vonseiten des Gesundheitssystems nicht mehr bewältigen können?

Vor dem Hintergrund muss man sagen, dass wir in der vergangenen Woche mit der Entscheidung vom 21. April – es ist schon mehr als eine Woche, anderthalb Wochen her – verschiedene Lockerungen beschlossen haben. Da die Inkubationszeit bei Corona aber mindestens 14 Tage beträgt, werden wir die Auswirkungen der Lockerungsentscheidung vom 21. April erst um den 6. Mai herum und später sehen. Wir sind gut beraten, auf gesicherter Datengrundlage – gesichert ist die Datengrundlage natürlich nicht, weil die Lage volatil ist –, uns Schritt für Schritt vorzutasten. Dass dazu eben nicht nur die

(Senator Andreas Geisel)

Wirtschaft gehört und die Wiederherstellung der Grundrechte ganz selbstverständlich, sondern auch die Frage, dass Sportvereine wieder als Sportvereine – sicherlich unter entsprechenden Infektionsschutzrestriktionen wie Abstandhalten etc. – wieder Sport treiben wollen, das kann ich gut verstehen. Das heißt, diese Frage müssen wir immer mitdiskutieren, haben wir im Hinterkopf, haben wir gestern auch besprochen, aber ich kann Ihnen gegenwärtig noch kein Datum nennen. Ich kann Ihnen aber versichern, dass wir natürlich wissen, dass wir den Sportvereinen diese Möglichkeiten wieder einräumen müssen.

Die zweite Nachfrage geht an Herrn Abgeordneten Schneider. – Sie haben das Wort, bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Wie sieht denn der Senat die sogenannten Geisterspiele der Fußballbundesliga vor dem Hintergrund der Tatsache, dass ich gehört habe, dass da trotz etwaiger positiver Testergebnisse die ganze Mannschaft nicht in Quarantäne muss, also anders als wir momentan bei unserem medizinischen Personal und bei der Feuerwehr steuern?

Herr Senator, bitte schön!

Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Dazu ist keine Entscheidung getroffen worden. Ich kann Ihnen deshalb nur meine Position darstellen.

[Torsten Schneider (SPD): Dann haben wir uns ja schon ausgetauscht, Andreas!]

Es ist dazu keine Entscheidung getroffen. – Ich sage Ihnen aber ganz deutlich: Dass dann Spieler nicht in Quarantäne müssen, sofern sie infiziert sind, das sehe ich nicht. Das ist das Risiko von solchen Geisterspielen. Ich glaube, im Bereich Fußball muss die DFL dazu eine Entscheidung treffen, wird sie auch treffen. Da die Fußballvereine der 1. Bundesliga, Hertha und Union, darauf angewiesen sind, die entsprechenden Gelder aus Fernsehübertragungen zu erhalten, kann ich mir vorstellen, dass es dort ein Interesse gibt, solche Geisterspiele stattfinden zu lassen, unter den entsprechenden Infektionsschutzregelungen und entsprechender Quarantäne. Das ist das Risiko, das sie eingehen müssen.

Bei Sportarten wie Basketball, Handball oder Volleyball, die solche Fernsehgelder nicht erhalten, kann ich mir solche Geisterspiele ehrlich gesagt nur schwer vorstellen, weil die dann volle Kosten hätten, aber keine Einnahmen.

Das ist das Risiko der Sportvereine, über das ich vorhin bei der Beantwortung der Frage gesprochen habe.

Dass es dort zeitnah eine Regelung geben wird, glaube ich schon, denn auch die Fußballliga muss für sich eine Entscheidung treffen, wie der Ligabetrieb in Zukunft weitergeht. Wenn das unter Infektionsschutzregelungen möglich ist, würde ich dem jedenfalls nicht im Weg stehen.

Vielen Dank!

Die nächste Frage geht an die Fraktion der CDU. Herr Abgeordneter Wansner, Sie haben das Wort. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! – Ich frage den Senat: Wie bereitet sich die Polizei auf die mutmaßlich bevorstehenden revolutionären 1.-Mai-Demonstrationen und andere Versammlungen am 1. Mai in Berlin vor, insbesondere unter Geltung der Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus, und wie wird vor diesem Hintergrund mit dem sogenannten Vermummungsverbot und den Regelungen zur Anmeldung einer Versammlung unter freiem Himmel und entsprechenden Verstößen dagegen umgegangen?

[Torsten Schneider (SPD): Das ist aber Dialektik!]

Auf diese kurze Frage antwortet Senator Geisel. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Abgeordneter Wansner! Keine Polizei in Deutschland hat mehr Erfahrungen mit Demonstrationen als die Berliner Polizei. Es finden normalerweise über 5 000 Demonstrationen im Jahr statt. Aber klar ist, der 1. Mai morgen steht unter dem Zeichen des Infektionsschutzes, es ist kein normaler 1. Mai. Die Herausforderungen haben Sie gerade schon richtig beschrieben. Wie das mit Mundnasenschutz wird, wird dann die Praxis morgen zeigen, so will ich es einmal sagen.

Aber klar ist auch, die Berliner Polizei wird mit Augenmaß, wird verhältnismäßig vorgehen, aber sie wird auch konsequent vorgehen, weil der Infektionsschutz durchgesetzt werden muss. Wir haben gute Erfahrungen mit der Deeskalation in den vergangenen Jahren gemacht. Aber klar ist auch, dass morgen etwas über 20 Demonstrati

(Senator Andreas Geisel)

onen, Versammlungen, muss man sagen, genehmigt stattfinden werden. Wir werden sie selbstverständlich stattfinden lassen. Beispielsweise eine des DGB am Brandenburger Tor mit 20 Personen, weitere Versammlungen werden stattfinden. Bei nicht genehmigten Demonstrationen wird die Polizei aber darauf dringen, diese Ansammlungen möglichst schnell aufzulösen.

Welche Herausforderung das bedeutet, zeigen die sogenannten Hygienedemos der vergangenen Wochenenden. Da versammeln sich die Menschen aus unterschiedlichsten politischen Spektren, von Aluhutträgern über Rechtsextremisten bis zu linksautonomen Verschwörungstheoretikern. Wenn wir zu lange warten, solche Ansammlungen aufzulösen, haben wir große Infektionsrisiken, weil aus diesen Menschenansammlungen Infektionsrisiken entstehen. Das ist die Herausforderung, vor der die Polizei morgen steht.

Wir sind personell gut ausgestattet, mit etwa 5 000 Polizistinnen und Polizisten. Es sind insgesamt 35 Einheiten, fünf Einheiten weniger als im vergangenen Jahr. Personell ist die Polizei morgen wirklich gut aufgestellt. Wir haben diese Erklärungen von linksautonomen Extremisten zur Kenntnis genommen und können nur sagen: Wir sind vorbereitet.

Herr Wansner, Ihre Nachfrage – bitte!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Herr Innensenator! Dass die Berliner Polizei immer gute Arbeit geleistet hat am 1. Mai, das ist, glaube ich, in diesem Raum unstrittig. Es war immer eine sehr, sehr gute Arbeit.

Deshalb meine Frage: Viele der Planungen für den 1. Mai laufen ja in der Rigaer Straße zusammen. Da wir jetzt einen Ansprechpartner haben, der als mehr oder weniger Eigentümer der Rigaer Straße dasteht, frage ich, ob Sie in Kürze mit diesem Eigentümer Verhandlungen aufnehmen werden,

[Zuruf von Sven Kohlmeier (SPD)]

um dieses Haus in der Rigaer Straße einer vernünftigen Planung zuzuführen.

Herr Senator, bitte schön!

Der Finanzsenator meldet sich. – Dass der Eigentümer der Rigaer Straße 94 die Demonstration zum 1. Mai organisiert, wäre mir neu. Ich kenne den aber auch nicht.

Gemeldet hat sich ein Rechtsanwalt der Briefkastenfirma, die im britischen Durham residiert, und hat angeboten, über die Eigentumsverhältnisse dieses Hauses zu sprechen. Deswegen meldet sich der Finanzsenator, weil er für solche Verhandlungen zuständig ist. Aber ich glaube, unstrittig wird hier im Haus auch sein, dass das Land Berlin nur mit jemandem Verhandlungen führen und Ankäufe tätigen kann, wenn es weiß, wer das ist. Er wird sich also offenbaren müssen. Ich bitte um Verständnis, das Land Berlin muss legal handeln.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Die zweite Nachfrage geht an Herrn Abgeordneten Kohlmeier. – Bitte schön!

Danke schön, Frau Präsidentin! – Herr Senator! Teilen Sie meine Auffassung, dass im Land Berlin das Versammlungsrecht perspektivisch oder kurzfristig insofern wiederhergestellt werden muss, dass eine Versammlung von mehr Personen als es gerade durch die Eindämmungsverordnung vorgeschrieben ist, ermöglicht wird, zum Beispiel mit entsprechendem Abstandsgebot; wenn man eine politische Veranstaltung wie zum Beispiel den CSD nimmt,

[Paul Fresdorf (FDP):Da geht doch keiner mehr hin!]

bei dem die Teilnehmer ja in zwei oder drei Meter Abstand auf der Straße des 17. Juni mit Plakaten demonstrieren könnten?

Herr Senator, bitte schön!

Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Kohlmeier! Ja, ich teile diese Auffassung. Aber wenn Sie von mir Daten verlangen, will ich Ihnen sagen: Am 4. Mai lassen wir schon deutlich mehr Versammlungsrecht zu, geben diesem Grundrecht deutlich mehr Raum als es gegenwärtig der Fall ist. Was den CSD betrifft oder noch größere Veranstaltungen, gilt das Gleiche, wie ich vorhin Herrn Buchner für Sportveranstaltungen gesagt habe. Wir werden das von den Infektionszahlen und der Infektionsgeschwindigkeit, oder was auch immer dann die Beurteilungsgrundlage ist, abhängig machen müssen.

Die Einschränkung dieser Grundrechte ist erheblich. Die Einschränkung der Versammlungsfreiheit bedeutet aber nicht, dass die Meinungsfreiheit in unserem Land ein

(Senator Andreas Geisel)

geschränkt ist. Mit dieser Einschränkung der Grundrechte können wir immer nur befristet umgehen und müssen es immer wieder überprüfen. Ich kann Ihnen sagen, sobald diese Möglichkeit besteht, an dieser Stelle Grundrechte wieder herzustellen und möglichst umfassend wieder herzustellen, werden wir diese Möglichkeit selbstverständlich nutzen.

Vielen Dank, Herr Senator! Dann geht die nächste Frage an die Fraktion Die Linke und die Abgeordnete Kittler. – Bitte schön!

Vielen Dank! – Ich frage den Senat: Wenn jetzt die Notbetreuung in den Kitas und in den Schulen ausgeweitet wird und immer mehr Schülerinnen und Schüler in den Schulen unterrichtet und betreut werden, wird es dann regelhaft Testungen auf Coronainfektionen dort geben?

Frau Kalayci, bitte schön!

Sehr geehrte Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir starten in Kitas und Schulen auch mit Testungen, um auch einfach zu sehen, wo wir stehen. Das machen wir gemeinsam mit der Charité. Wenn es ausgewertet wird, ist genau die Frage richtig, ob man das dort machen kann, wo die Einhaltung von Abstandsregelungen schwer möglich sind, zum Beispiel im Bereich Kita. In Schulen haben wir einen Hygieneplan, da kann man sich das gut vorstellen, dass Abstandsregelungen eingehalten werden, aber in einer Kita ist es natürlich schwieriger. Deswegen machen wir jetzt Testungen gemeinsam mit der Charité in Kitas und Schulen, auch mit der Zielsetzung, für die Kitas regelhaft so etwas einzuführen.

Dann geht die erste Nachfrage an die Kollegin Kittler. – Bitte schön!

Vielen Dank! – Welche autonomen Entscheidungen sind den Schulleitungen noch möglich, wenn die Festlegung des Senats bezüglich der Aufnahme weiterer Jahrgänge personell und räumlich aufgrund des geltenden Gesundheitsschutzes nicht möglich sind?

Frau Scheeres, bitte schön!