Protocol of the Session on January 30, 2020

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zu dem Gesetzesantrag wird die Überweisung an den Hauptausschuss empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht; dann verfahren wir so.

Tagesordnungspunkt 13 war die Priorität der Fraktion Die Linke unter der laufenden Nummer 4.3.

Ich rufe nun auf

lfd. Nr. 14:

Keine staatliche Förderung für Hetzer: Klares Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung und zum Existenzrecht Israels in den Förderanträgen des Landes Berlin verankern!

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Kulturelle Angelegenheiten vom 6. Januar 2020 Drucksache 18/2396

zum Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/1693

In der Beratung beginnt die Fraktion der CDU. – Frau Kollegin Seibeld, Sie haben das Wort!

(Hendrikje Klein)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Selten, wirklich ganz selten steht man hier vorne und vertritt einen Antrag, bei dem es eigentlich selbstverständlich wäre, dass alle hier im Haus vertretenen Fraktionen zustimmen.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Worum geht es? – Wer eine staatliche Förderung erhält, der soll sich schriftlich und verbindlich zu drei Punkten bekennen: der freiheitlich demokratischen Grundordnung,

[Zuruf von der CDU]

einer den Zielen des Grundgesetzes entsprechenden Arbeit und dem Existenzrecht des Staates Israel.

[Beifall bei der CDU]

Ich vermute und hoffe, es gibt in diesem Raum niemanden, der diesen drei Punkten für sich selbst nicht zustimmen könnte. Und doch trauen wir uns nicht – anders kann man es leider nicht nennen –, ein solches Bekenntnis bei der Vergabe von staatlichen Zuwendungen abzufragen. Warum eigentlich nicht? – Es muss doch selbstverständlich sein, dass derjenige, der Geld von diesem Staat entgegennimmt, sich auch zu den Zielen unseres Landes bekennt.

[Beifall bei der CDU]

Und wenn er sich nicht zu den Zielen unseres Landes bekennen kann, dann ist es schlimm genug. Jedenfalls muss er dann aber seine Finanzierung anderweitig gewährleisten. Weder in der Extremismusprävention noch in der Jugend- und Familienarbeit noch in der politischen Bildungsarbeit und vielen anderen Bereichen darf es hier ein Vertun geben. Wer die Abgabe eines solchen Bekenntnisses als eine Vorverurteilung – wie die Koalitionsfraktionen es gerne sehen – empfindet, der hat nicht verstanden, in welcher Gefahr sich unsere Werte und unsere Demokratie derzeit befinden.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Marcel Luthe (FDP)]

Ein Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung, zu unserem Grundgesetz und dem Existenzrecht Israels ist keine Zumutung; es ist eine Selbstverständlichkeit.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der AfD und der FDP]

Es fördert und festigt unseren Staat und unsere Werte und macht deutlich, worauf die Bundesrepublik Deutschland aufgebaut ist. In Zeiten leider immer weiter zunehmender antisemitischer Übergriffe, sogar und gerade am 27. Januar, wie wir es gerade erleben konnten, können Zeichen und Symbole nicht die Probleme lösen. Aber sie machen ein Selbstverständnis unseres Staates deutlich; sogar von uns allen muss dieses Zeichen ausgehen.

Wer nun meint, hinter diesem Minimalkonsens könne man sich nicht versammeln, der muss sich fragen lassen, auf welchem Konsens unsere Gesellschaft künftig agieren will. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Für die SPD spricht Herr Abgeordneter Jahnke. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU legt hier einen Antrag vor, der die Vergabe von staatlichen Fördermitteln unter anderem im Kulturbereich an das Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung und auch an die ausdrückliche Anerkennung des Existenzrechts Israels binden will. – Wir lehnen dies ab, weil Kulturschaffende und andere Zuwendungsempfänger unter Generalverdacht gestellt werden und eine solche Klausel nicht geeignet wäre, den gewünschten Zweck überhaupt zu erzielen. Selbstverständlich sollen weder Antisemiten noch andere Extremisten Geld vom Staat erhalten. Doch die von der CDU vorgeschlagene Klausel ist nicht geeignet, dies zu erreichen.

Nehmen wir den Fall, den die CDU in der Begründung ihres Antrags selbst exemplarisch anführt.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, keine Zwischenfragen! – Das Berliner Popkulturfestival sah sich in den Jahren 2017 und 2018 mit einer international agierenden Boykottbewegung konfrontiert, die für das Absagen prominenter Künstler sorgte. Dahinter stand tatsächlich eine anti-israelische Kampagne, initiiert von der international operierenden israelfeindlichen BDS-Bewegung, deren Ziel die wirtschaftliche, politische und kulturelle Isolierung Israels ist. Die BDSKampagne hat in der arabischen Welt besonders großen Einfluss; Künstler und Künstlerinnen, die dem BoykottAufruf nicht folgen, müssen damit rechnen, in ihren Heimatländern Probleme zu bekommen. Aber auch in England und den USA finden sich Unterstützer der global aktiven BDS-Bewegung.

Doch weshalb wurde das Berliner Popkulturfestival überhaupt boykottiert? – Die israelische Botschaft hatte das Festival mit 1 200 Euro Reisekostenzuschüssen unterstützt und wurde daher als Unterstützer auf der Homepage des Festivals genannt. Die bloße Nennung Israels reichte der Boykottbewegung aus, um die Künstlerinnen und Künstler von der Teilnahme abzuhalten. Doch Fes

tivalleiterin Katja Lucker ließ sich davon nicht beeindrucken und erklärte im Deutschlandfunk: Natürlich machen wir weiter was mit Israel!

[Beifall bei der SPD – Beifall von Holger Krestel (FDP)]

Jetzt erklären Sie uns mal, werte CDU, wie eine erweiterte Demokratieklausel den Boykott des Festivals hätte verhindern können, zumal noch vor dem Hintergrund, dass die geförderten Veranstalter keineswegs eingeknickt sind! Oder hätte das Festival auf die finanzielle Förderung durch die israelische Botschaft verzichten sollen, damit jene Künstler dann doch auf der Bühne stehen, die sich durch ihre Absage ja bereits als israelfeindlich bekannt haben? Steckt hinter Ihrem kruden Antrag nicht eher der Versuch, über die drohende Versagung von Förderung oder deren Rückforderung staatliche Geförderte dazu zu bringen, ihrerseits bestimmte Gruppen von vorneherein auszugrenzen? – Das hätte zur Folge, dass Dialog, Kunst, Kultur und auch Extremismusprävention weniger gefördert als vielmehr unterworfen würden.

Diesen Versuch hat die schwarz-gelbe Bundesregierung bereits 2010 unternommen und eine sehr umstrittene Demokratieklausel eingeführt, die nicht nur das Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung von den Geförderten verlangte, sondern auch, dass sie – ich zitiere –

… dafür Sorge zu tragen haben, dass die als Partner ausgewählten Organisationen, Referenten etc. sich ebenfalls den Zielen des Grundgesetzes verpflichten.

Das war im Grunde genommen eine Aufforderung zur Gesinnungsprüfung und gegebenenfalls Ausforschung aller beteiligten Dritten.

Das kann nicht die Aufgabe von Kulturschaffenden sein und auch nicht die von Gefängnisseelsorge oder Extremismusprävention.

[Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Die SPD-Fraktion lehnt den Antrag daher ab. – Ich danke für die Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Für die AfD-Fraktion hat jetzt das Wort Herr Abgeordneter Trefzer.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kein Land Europas hat nach der Staatsgründung Israels 1948 die

Feinde des jüdischen Volks, die Feinde Israels so massiv unterstützt wie die ehemalige DDR, und in kaum einem Land Europas war der Antizionismus und der israelbezogene Antisemitismus so weit verbreitet wie in der DDR – einem Staat, der sich übrigens „antifaschistisch“ nannte.

So wurde von Ost-Berlin aus nicht nur permanent gegen Israel gehetzt. Die DDR war auch ein Rückzugsort für anti-israelische Terroristen jeglicher Couleur, ob links oder rechts. Selbst Abu Nidal, einer der gefährlichsten Israel-Hasser, der Dutzende Anschläge in unzähligen Ländern verübt hat, ging in Ost-Berlin ein und aus. – Ich will jetzt nicht erörtern, inwieweit dieser Nährboden noch fruchtbar ist; dafür fehlt die Zeit. Aber eines ist klar: Vor dem Hintergrund dieser großen historischen Bürde ist es für uns eine pure Selbstverständlichkeit, dass nicht erneut antizionistische Propaganda aus öffentlichen Zuwendungen finanziert werden darf.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Beim besten Willen, Herr Jahnke: Wer ein Problem mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung, mit dem Existenzrecht Israels hat, soll nicht auch noch öffentliche Zuwendung bekommen können.

[Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Deswegen halten wir den vorliegenden Antrag für eine pure Selbstverständlichkeit.

Wie notwendig dieser Antrag ist, haben leider allzu viele Beispiele aus den vergangenen Jahren gezeigt, die ich jetzt gerne aufführen würde.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Luthe?

Luthe? – Ja!