Protocol of the Session on December 12, 2019

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor drei Jahren ist die Koalition mit dem Versprechen angetreten, eine Klinikoffensive zu starten und weit über dem Bundesdurchschnitt zu investieren. Das haben wir ganz erfolgreich mit diesem Haushalt vorgelegt. Ich möchte daran erinnern: Im Jahr 2018 waren es 140 Millionen Euro, 2019 160 Millionen Euro. Im Jahr 2020 werden es 180 Millionen Euro sein und im Jahr 2021 235 Millionen Euro für die Infrastruktur in unseren Kliniken. Das ist die Klinikoffensive, die wir versprochen haben. Das ist eine Übererfüllung unseres Koalitionsvertrags. Wir liegen weit über dem Bundesdurchschnitt. Wir bewegen ein Programmvolumen, das bundesweit spitze ist. Das sind 170 Prozent im Vergleich zum Status quo vor vier Jahren. Das ist ein super Erfolg.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Ich sehe, dass sich die FDP beim Klatschen enthält. Das verstehe ich, denn ich würde bei Ihnen auch nicht klatschen, denn Sie wollen 50 Millionen Euro zusätzlich ausgeben und – ich betone – nur für nichtöffentliche Kliniken. Wir müssen zum Glück hier nicht Ihre Anträge verteidigen. Wir wollen weiterhin einen Trägermix an Krankenhäusern in Berlin haben. Wir wollen eine Infrastruktur, die die kommunalen Unternehmen nicht ausbluten lässt. Wir stehen zu dieser Trägervielfalt, auch indem wir den Krankenhäusern, die unser Geld bekommen, soziale Vorgaben machen. Wir wollen nicht, dass nur in Beton investiert wird. Vielmehr muss in Köpfe investiert werden, und da müssen auch die Beschäftigten bedacht werden.

[Beifall bei der LINKEN]

Im Bereich der Pflege stärken wir die Beratungsinfrastruktur. Die Verbraucherzentrale bekommt 200 000 Euro pro Jahr für die Prüfung des Kleingedruckten,

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

für Pflegeverträge. Sie soll mitmachen in der Beratungsinfrastruktur, die ausgebaut wird.

Wir stärken mit mehreren Millionen die Wohngemeinschaften für Pflegebedürftige. Wir sind dabei, wenn der vorsorgende Hausbesuch eingeführt wird, und wir lassen die Menschen nicht allein, wenn sie Hilfebedarf haben, auch nicht im Krankenfall, und in der Pflege erst recht nicht. Deswegen investieren wir in Pflegewohnungen, in Krankenwohnungen für Obdachlose. Wir stärken die medizinische Versorgung von Menschen, die ohne Versorgung sind, beispielsweise ohne Krankenversicherungsschein.

Und, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, wir stärken den gesundheitlichen Verbraucherschutz auch im Handlungsfeld Prävention und Drogen. Genau deswegen stärken wir die Fachstelle für Suchtprävention in diesem Haushalt.

[Beifall von Ülker Radziwill (SPD)]

Wir öffnen die Drogenkonsumräume länger als bisher, und wir steigen in die Ausfinanzierung des DrugChecking-Projekts ein. Der Antrag für das Modellprojekt für eine kontrollierte Cannabisabgabe an Erwachsene ist vor Kurzem von der Senatsgesundheitsverwaltung gestellt worden. Jetzt kommt es darauf an, dass die Bundesoberbehörde das genehmigt und dass die CDU auch auf Bundesebene ihre Blockadehaltung aufgibt, für eine rationale Präventionspolitik in diesem Bereich.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Darüber hinaus ist uns die Beteiligung der Menschen an der Ausgestaltung des Gesundheitswesens enorm wichtig. Erstmalig fördert die Koalition die Selbsthilfeorganisationen, die Patientenverbände, sodass diese sich mehr als bisher an den Gremien des Gesundheitswesens in Berlin

(Bürgermeister Dr. Klaus Lederer)

beteiligen können und gemeinsam mit der Patientenbeauftragten eine Patientenorientierung der Berliner Strukturen des Gesundheitswesens ausbauen können.

Sie sehen, Berlin bewegt sich nicht nur mit den notwendigen neuen Präventionsmaßnahmen im Haushalt. Nein, Berlin bewegt sich mit dieser Klinikoffensive massiv, bewegt sich mit all den guten Elementen von Rot-RotGrün. Das ist eine gute Zukunft, die wir hier gestalten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Für die Fraktion der CDU hat jetzt das Wort der Abgeordnete Zeelen.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute abschließend den Haushalt der verpassten Möglichkeiten.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Florian Kluckert (FDP)]

Das gilt für Ihre Pläne bei Gesundheit und Pflege genauso wie für alle anderen Bereiche des Haushalts. Keine Berliner Landesregierung hat jemals mehr Geld zur Verfügung gehabt als Sie. Dennoch lassen Sie wichtige Themen dieser Stadt liegen.

[Zuruf von rechts: Pfui!]

Die Krankenhausgesellschaft hat zusammen mit den Krankenhäusern seriös ausgerechnet, dass jährlich 350 Millionen Euro fehlen, um die Krankenhäuser zu sanieren und sie zukunftsfähig zu machen. Die Investitionslücke bleibt weiterhin groß, weil der Stau der letzten Jahre nicht abgebaut wird, und das gefährdet am Ende die Qualität der Versorgung. Deshalb hat die CDU-Fraktion einen Änderungseintrag eingebracht, um die Notaufnahmen dieser Stadt zu verbessern. Hier merken die Menschen im Notfall schnell, dass die Räume nicht ausreichen, Wege und Wartezeiten zu lang sind. Das lehnen Sie ab.

[Beifall bei der CDU]

Die Pflege ist das politische Megathema des Jahrzehnts. Da wir uns dieser Verantwortung bewusst sind, haben wir in der Vergangenheit auch mehreren Vorlagen der Koalition im Ausschuss zugestimmt. Viele Pflegende vermissen vor allem Wertschätzung. Deshalb wollen wir einen Pflegebeauftragten für Berlin. Der Pflegebeauftragte soll den Tausenden von Menschen, die in der Pflege arbeiten, eine starke Stimme geben und diesem Haus regelmäßig Bericht über den Zustand der Pflege in Berlin erstatten. Auch das lehnen Sie ab. Wir wollen eine Pflegekammer in Berlin, damit endlich eine starke Interessenvertretung

den Pflegenden die Durchsetzungskraft gibt, die sie brauchen – analog zu Ärzten und Apothekern. Das lehnen Sie ab. Bei der Pflegekammer geht der Riss mitten durch die Koalition, vor allem aber geht er auch mitten durch die SPD. Frau Senatorin, Sie setzen sich mit Ihrer positiven Haltung zur Pflegekammer noch nicht einmal bei den eigenen Leuten innerhalb der SPD durch.

Der Regierende Bürgermeister hat auf seiner jahrelangen verzweifelten Suche nach einem eigenen inhaltlichen Thema die Gesundheitsstadt Berlin für sich entdeckt und damit die Kolleginnen Pop und Kalayci kurzerhand entmündigt. Was soll man davon halten, dass die Senatorin ihren fraktionsübergreifend geschätzten Staatssekretär Boris Velter erst entlässt und Michael Müller ihn wenige Monate danach zum Koordinator dieser Gesundheitsstadt wieder einsetzt. Das ist eine schallende Ohrfeige, Frau Senatorin.

[Beifall bei der CDU – Oliver Friederici (CDU): So ist es!]

Mitten in die Haushaltsberatung platzt die Nachricht, dass die Vorsitzende der Geschäftsführung von Vivantes, Andrea Grebe, im Juni das Unternehmen verlassen wird. Schon Ende dieses Jahres gehen die Personalchefin und auch die Aufsichtsratschefin. Rums! Das Chaos, dass Sie politisch bei Vivantes in den letzten Monaten angerichtet haben, wird mit Sicherheit auch noch dieses Parlament beschäftigen. Sie gefährden durch ihren permanenten politischen Eingriff in operative Entscheidungen das Unternehmen und schaden damit in erster Linie der Versorgung Berlins. Das werden wir Ihnen als CDU-Fraktion nicht durchgehen lassen.

[Beifall bei der CDU]

Meine Kollegin Katrin Vogel hat sinnvolle Änderungen in den Haushaltsberatungen zur Gleichstellung eingebracht. Unsere Vorschläge für mehr Frauenhäuser und mehr Schutzräume für Frauen, so, wie es die IstanbulKonvention fordert, lehnen Sie ebenfalls ab.

Abschließend möchte ich zum Haushalt noch eines anmerken. Herr Isenberg, Sie haben es gerade wunderbar als Steilvorlage gegeben: Die Linkskoalition fördert Drug-Checking und will mehr Drogenkonsumräume. Wir wollen mehr Hausärzte in Neukölln und mehr Kinderärzte in Lichtenberg. Das ist der Unterschied, wenn man Gesundheitspolitik für das eigene Klientel macht und nicht für alle Berlinerinnen und Berliner. – Herzlichen Dank!

Für die Fraktion Die Linke hat jetzt das Wort der Abgeordnete Dr. Albers.

(Thomas Isenberg)

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen, meine Herren! Vielen Dank, Herr Zeelen! Drei Minuten, drei Anmerkungen. Erstens: wir erinnern uns alle noch an die historische Seite 66 des CDU-Wahlprogramms von 2011. Die CDU ist die einzige Partei, die ein ausfinanziertes Konzept für Charité und Vivantes vorlegt.

[Beifall bei der CDU – Torsten Schneider (SPD): Voodoo!]

Das haben Sie uns in der letzten Legislaturperiode verheimlicht, und es ist auch bei diesen Haushaltsberatungen Ihr Geheimnis geblieben. Zur Krankenhausfinanzierung in Ihrem heutigen Änderungsantrag findet sich eine einzige Position.

Wir haben als Koalition eine Trendwende versprochen, wohl wissend, dass wir nun nicht jede Forderung der Krankenhäuser gleich eins zu eins werden umsetzen können. Wir haben jedoch Schluss gemacht mit der Mär von den Eigenmitteln. Die DRGs kennen keine Eigenmittel. Eigenmittel sind zweckentfremdete Patientengelder. In dieser Konsequenz bedeuten 10 Millionen Euro mehr an Investitionsmitteln für die Häuser 200 Arbeitsplätze mehr in der Pflege. Dementsprechend haben wir die Investitionsvolumina deutlich erhöht.

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Bettina Jarasch (GRÜNE)]

Zweitens, das leidige Thema Schlaganfallmobil. Herr Goiny hat in der ihm eigenen nonchalanten Ignoranz dazu unbedingt etwas sagen müssen. Gern. Die Koalitionsmehrheit im Innenausschuss hatte beschlossen, dieses Modell für Berlin nicht weiterzuführen. Unterstützt wurde sie dabei von der Berliner Feuerwehr und den Berliner Krankenkassen. Das sind alles keine Hasardeure, Herr Goiny. Weder wäre dadurch die Charité-Studie abgebrochen worden – die ist nämlich ihrem Design entsprechend bereits zum 24. Oktober 2019 geplant ausgelaufen. Sie hätten sich mindestens anschauen sollen, was da läuft, bevor Sie uns Wissenschaftsfeindlichkeit unterstellen –, noch wurden dadurch Tausende von Menschenleben gefährdet, Herr Dregger. So ein Blödsinn. Die Gefährdung tausender von Menschenleben haben Sie in Kauf genommen, als Sie unter der Verantwortung Ihres Innensenators Henkel die Hilfsfristen in Berlin in der letzten Legislaturperiode im Widerspruch zu Ihrem eigenen Gesetzentwurf, Drucksache 16/2968, von acht auf zehn Minuten verlängert haben. Sie bräuchten zusätzlich zwei Minuten Bearbeitungszeit, war die fatale Begründung. Das erklären Sie einmal dem Infarktpatienten vor Ort.

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Bettina Jarasch (GRÜNE) und Thomas Isenberg (SPD)]

Ziel unserer Koalition ist es, jeden Patienten berlinweit im Notfall innerhalb von acht Minuten in eine Klinik einzuliefern. Deswegen bleibt der Ansatz der Koalitions

fraktionen im Innenausschuss richtig und wird spätestens 2021 wieder auf die Tagesordnung gesetzt.

Zu den Fakten: 2018 wurden in Berlin 13 439 Schlaganfälle registriert. Die Schlaganfallmobile kamen in 2 705 Fällen zum Einsatz. Insgesamt wurden in den STEMOs 2018 296 Lysen durchgeführt, mit anderen Worten, nur bei 2,2 Prozent aller Schlaganfallpatienten konnte das STEMO sinnvoll eingesetzt werden. 97,8 Prozent der Schlaganfallpatienten in Berlin wurden nicht mit dem STEMO versorgt. Durch nichts ist belegt, dass diese 13 143 Patienten schlechter versorgt gewesen wären.

Drittens, die Pflegekammer, Herr Zeelen, das musste ja kommen: Gehen Sie da um Gottes willen nicht einer Handvoll von Funktionären auf den Leim. Dieser Riss geht auch durch Ihre Partei. In Niedersachsen war die CDU strikt gegen die Kammer. Trotzdem hat man sie eingerichtet. Nun, nachdem die ersten Beitragsbescheide verschickt wurden, kam es zum Tsunami der Entrüstung. Mit 50 947 Unterschriften innerhalb von drei Monaten fordern die Pflegenden dort die Abschaffung ihrer Kammer. Die Proteste sind so nachhaltig, dass die Landesregierung gerade beschließen musste, diese Kammer, der jede Akzeptanz fehlt, auf Dauer beitragsfrei zu stellen, um sie mit 6 Millionen Euro jährlich aus Steuermitteln dauerhaft künstlich am Leben zu erhalten. Die Beschäftigten in den Krankenhäusern und Pflegeheimen haben andere Probleme. Lassen Sie uns die lösen. Wir sind dabei. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Für die Fraktion der AfD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Mohr. – Bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Werte Gäste auf der Zuschauertribüne! Es liegt in der Natur der Sache, dass der Senat und die ihn tragenden Parteien den neuen Haushaltsplan natürlich begrüßen. Diesbezüglich haben wir eben schon einige Ausführungen hören dürfen. Wir als AfD-Fraktion haben uns in den vergangenen Monaten intensiv mit dem Haushaltsentwurf und hier dem Einzelplan 09 für die Themenbereiche Gesundheit, Pflege und Gleichstellung auseinandergesetzt. Wir haben dutzende Berichtsaufträge ausgelöst. Wir haben Änderungsanträge eingebracht und, wie nicht anders zu erwarten war, wurden alle unsere Vorschläge abgelehnt.

Deshalb möchte ich als gesundheitspolitischer Sprecher meiner Fraktion heute in der Generalaussprache zum Haushaltsplan die Gelegenheit nutzen, um Wasser in den Wein des Senats zu kippen. Denn aus unserer Sicht

besteht überhaupt kein Grund für irgendwelche Lobhudeleien.

[Beifall bei der AfD]