Protocol of the Session on December 12, 2019

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Und es ist gut so, ja, es ist so sehr gut so, dass es Menschen aus aller Welt zu uns zieht. Sie machen Berlin nämlich zukunftssicher und besser. Wenn wir unsere Kultur, unsere Werte, unsere Art zu leben behalten wollen, dann ist Europa alternativlos.

[Zuruf von der AfD: Glauben Sie das wirklich?]

Europas größte kulturelle Errungenschaft ist ein stabiler Frieden, eine stabile Demokratie und ein respektvoller Umgang miteinander.

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Meine Damen und Herren von der AfD! Sie können nur deshalb so intolerant, europafeindlich und kulturfeindlich herumpöbeln,

[Frank-Christian Hansel (AfD): Es geht um die EU, nicht um Europa!]

weil die kulturell weiterentwickelten Fraktionen so tolerant sind –

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

auch wenn es bei der AfD sehr schwer ist, tolerant zu sein.

Kultur ist der Blutkreislauf unserer Gesellschaft. Sie versorgt das Hirn mit Sauerstoff – je mehr Kultur, desto mehr Hirn. Sollten Sie auch einmal probieren!

[Frank-Christian Hansel (AfD): Wir haben damit kein Problem!]

Kultur ist Berlins beste Botschafterin. Kultur macht unsere Werte, unser europäisches Gesellschaftsmodell weltweit zum Vorbild.

[Zuruf von der AfD: Welche Kultur vertreten Sie denn?]

Dafür arbeite nicht nur ich enthusiastisch. Dieses Parlament lebt Städtepartnerschaften. Dieses Parlament vernetzt Kultur- und Festivalstädte in der ganzen Welt. Aus unserer Stadt und in unsere Stadt kommen globale Kulturbotschafterinnen. Ein aktuelles Beispiel: Mit „Babylon Berlin“ zieht eine Berliner Geschichte, die in Berlin spielt, die von einer Berliner Firma mit Berliner Schauspielerinnen und Schauspielern, von Berliner Filmschaffenden in Berlin gedreht wird in die ganze Welt. Und – wir sind ja heute in der Haushaltsdebatte – sie ist mit Berliner Geld gefördert, sehr erfolgreich gefördert. Die nächste Staffel ist schon vor ihrer Weltpremiere am Montag in über 100 Länder verkauft. X Filme hat letzte Woche 800 000 Euro Förderung zurückgezahlt.

Und der neue Haushalt bringt uns noch viel weiter. Um beim Beispiel „Babylon Berlin“ zu bleiben: Die Teile, die nicht in Berlin gedreht werden können, können jetzt in Berlin erschaffen werden. Wir investieren in die Zukunft. Es macht mich stolz, dass es unserem Parlament in wenigen Monaten gelungen ist, einen Berliner VFX-Fonds zu schaffen,

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

ein neuer Fonds für visuelle Spezialeffekte, für am Computer erzeugte Bilder. In Zukunft kommen mehr Raumschiffe, Drachen und Aliens aus Berlin. In Zukunft können wir unsere Geschichte, unsere Kultur noch besser digitalisieren, erzählen und bewahren. 4 Millionen Euro für die digitale Schlüsselbranche garantieren Absolventinnen und Absolventen unserer Hochschulen und Expertinnen und Experten aus der ganzen Welt hochqualifizierte, zukunftssichere, gut bezahlte Arbeitsplätze in ihrer Sehnsuchtsstadt. Das ist Zukunftspolitik für ein lebenswertes Berlin in einem erfolgreichen Europa. – Danke!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN – Frank-Christian Hansel (AfD): So muss das sein!]

Für den Senat spricht nun Herr Senator Dr. Lederer! – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Berlin ist die Kulturhauptstadt Deutschlands, wenn nicht sogar Europas – da hat Herr Schweikhardt völlig recht. Und der vorliegende Haushalt erlaubt es uns, die Vielfalt und Breite unserer kulturellen Infrastruktur zu erhalten und auch auszubauen. Wir verbessern die Rahmenbedingungen, die es zahlreichen Kunstschaffenden ermöglichen, frei zu arbeiten, ohne materielle Existenzängste zu leben – und beides ist dringend notwendig.

Im Mittelpunkt steht dabei die gleichberechtigte Teilhabe aller am gesellschaftlichen und damit natürlich auch am kulturellen Reichtum. Da haben wir 2018/2019 geliefert, und mit dem Haushalt, der heute von Ihnen beschlossen wird, liefern wir weiter. Wir sind in der Lage, Begonnenes im Sinne der Kunst- und Kulturszene der Stadt und ihrer Bürgerinnen und Bürger konsequent fortzuführen, und wir zeigen, dass wir in der Lage sind, auf neue Herausforderungen zu reagieren und völlig Neues anzupacken.

Erlauben Sie mir, dies kurz an einem Beispiel deutlich zu machen: Ab April gibt es jeden Monat einen Sonntag, an dem die Museen des Landes Berlin – und die Stiftung Preußischer Kulturbesitz macht mit – eintrittsfrei sein

(Notker Schweikhardt)

werden. Gekoppelt wird dies mit Angeboten in den Einrichtungen, Mitmachangeboten, Vermittlungsangeboten.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN der SPD und den GRÜNEN]

Die Kopplung von Eintrittsfreiheit und Angeboten an die Stadtgesellschaft begegnet festgestellten Problemen auf zwei Wegen: Wir senken materielle Hürden, die es faktisch gibt, denn es gibt Menschen, die sich den Eintritt in die Museen schlicht nicht leisten können. Wir senken aber auch immaterielle Hürden, indem wir mit zusätzlichen Angeboten Brücken in unsere Einrichtungen schaffen. Ich bin davon überzeugt, dass es uns nur so gelingt, nicht nur in der Stadt Kunst und Kultur anzubieten, sondern auch für die ganze Stadt. So sehe ich meinen Auftrag, und der vorliegende Haushalt bietet die Chance, ihn Stück für Stück zu verwirklichen.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN der SPD und den GRÜNEN]

Der kulturelle Reichtum ist nichts für eine kleine Gruppe in der Stadt, und je früher Menschen in ihrem Leben mit der Schönheit, der Vielfalt und kreativen Ausdrucksformen in Berührung kommen, desto eher eröffnen sich ihnen neue Welten, die sie dann auch gerne betreten. Unsere Aufgabe ist es, dabei zu helfen. – Herr Juhnke und Herr Kluckert! Den abstrakten Vorwurf, wir würden hier irgendwelche Leute bevorzugen, weise ich strikt zurück. Bei uns entscheiden Jurys darüber, wer die Mittel bekommt, und nicht irgendwelche Politiker, auch wenn Sie sich das vielleicht anders wünschen. Wir werden darauf beharren, dass das durch unabhängige Akteure entschieden wird und dass sich die Politik da raushält.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN der SPD und den GRÜNEN]

Der vorliegende Haushalt stärkt ausdrücklich Kinder-, Jugend- und Puppentheater – das hat etwas mit den Zugänglichkeiten an ästhetischen Ausdrucksformen für junge Menschen zu tun. Wir stärken die Jugendkunstschulen. Wir stärken die Vermittlungsarbeit in den Einrichtungen und noch manches mehr.

Zur Beförderung der Vielfalt in unserer Gesellschaft gehört natürlich auch die Erinnerungsarbeit. Da konnten wir in den vergangenen drei Jahren schon eine Menge leisten, beispielsweise die Überführung der East Side Gallery unter das Dach der Stiftung Berliner Mauer und andere Projekte wie zur Aufarbeitung der NS-Diktatur und der Erforschung der NS-Zwangsarbeit. Hier stellt sich Berlin seiner Verantwortung, und wir suchen auch nach neuen Formen und neuen Wegen bei der Vermittlung. Mit Ihrer Zustimmung zum vorliegenden Haushalt können wir in der Erinnerungskultur ein neues und auch großes Kapitel aufschlagen. – Sabine Bangert ist darauf schon eingegangen. – Mit der Kolonialismusaufarbeitung setzt die Koalition einen weiteren erinnerungspolitischen Schwerpunkt. Wir werden in der Stadtgesellschaft dieses verdrängte Kapitel deutscher Geschichte stärker sichtbar,

stärker transparent und stärker begreifbar machen und es in die gesellschaftliche Auseinandersetzung zurückholen. Ich halte das für zwingend notwendig. – Herr Juhnke, ich freue mich, dass ich mir darin auch mit der Kulturstaatsministerin Grütters einig bin.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Zuruf von Dr. Robbin Juhnke (CDU)]

Ich könnte jetzt noch eine Menge anderer Punkte anführen, die Zugänge für Menschen schaffen, wo vorher keine waren, wo Kultur als Mittel zur Verständigung für uns ein stärkeres Gewicht erhält. Mir sei dabei erlaubt, als einziges Beispiel die Digitalisierung zu nennen, denn da geht es um mehr als Investitionen in technische Ausrüstung. Sie bietet vor allem neue Zugangsmöglichkeiten zu Kunst und Kultur und neue Möglichkeiten künstlerischer Ausdrucksform. Mit diesem Haushalt können wir die Ausstattung und Entwicklung digitaler Strategien und Projekte im Kulturbereich verbessern. Kulturpolitik, wie ich sie verstehe, ist eben nicht nur Förderpolitik, sondern zuallererst Infrastrukturpolitik. – Herr Juhnke, mit der Verstetigung von digiS, mit dem kulturBdigital-Lab und mit mehreren Millionen Euro an Investitionsmitteln für die Digitalisierungsinfrastruktur in den Einrichtungen haben wir dabei mehr geschafft, als all die Jahre vorher passiert ist.

[Beifall bei der LINKEN]

Ein weiteres Instrument der Infrastrukturpolitik ist der Aufbau eines Kulturraumbüros, mit dem uns schneller als bisher die Akquise und Herrichtung von Kulturimmobilien gelingen soll. Ich bin ziemlich zuversichtlich, dass wir die 2 000 Ateliers schaffen. – Herr Kluckert, Sie müssen auch mal erklären, wie einerseits weniger staatliche Einflussnahme, aber mehr Ergebnisse durch die staatliche Einflussnahme erzielt werden sollen. Mir scheint, das ist ein Widerspruch, den Sie nicht auflösen können.

[Beifall bei der LINKEN]

Wir richten die Stiftung Kulturelle Weiterbildung und Kulturberatung neu aus, deren Aufgabe es sein wird, eine professionelle Teilhabeforschung in der Berliner Kulturlandschaft zu etablieren. Das ist bundesweit einmalig und neu. Sie wird die Diversitätsentwicklung und die kulturelle Bildung voranbringen. Frau Bangert hat es völlig richtig gesagt: Da müssen wir investieren. Dafür müssen wir die entsprechenden Grundlagen schaffen. Das wird uns mit diesem Haushalt gelingen.

Das alles ist nur ein kleiner Ausschnitt dessen, was wir geleistet haben und leisten werden. Für die Themen Denkmalschutz, interreligiöser Dialog, die Stärkung jüdischen Lebens und eine offensivere Europapolitik – die wird uns in den Ausschüssen weiter beschäftigen – fehlt mir jetzt schlicht die Zeit. Aber ich denke, es ist eine Grundidee sichtbar, was wir als Koalition im Kulturbereich verfolgen. Ich bin Herrn Jahnke, Frau Kittler und Frau Bangert sehr dankbar dafür, dass Sie die wesent

(Bürgermeister Dr. Klaus Lederer)

lichen Punkte genannt haben. Alle Menschen überall in der Stadt müssen Nutznießerinnen und Nutznießer von Kunst und Kultur sein können. Die Bedingungen, die es vielen Kunstschaffenden ermöglichen, frei zu arbeiten, frei zu sein von Existenzängsten, schaffen wir. Das kann uns gelingen im Interesse der bunten, vielfältigen Kulturlandschaft, die Berlin auszeichnet. – Daher bitte ich Sie um die Zustimmung zum Haushalt.

Abschließend will ich sagen: Vor drei Jahren haben wir uns gemeinsam auf diesen Weg gemacht. Ich bin froh, wie weit wir in dieser Zeit schon gekommen sind. Mein Dank geht an die vielen, die sich beteiligt haben, an das Abgeordnetenhaus, den Kulturausschuss und die Fraktionen für die konstruktive Begleitung. Wir bauen die Infrastruktur; die Kunst machen die Künstlerinnen und Künstler. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir kommen nun zur

lfd. Nr. i):

Einzelplan: 09 Gesundheit, Pflege und Gleichstellung

Ich verknüpfe dies mit der Beratung über die Auflagenbeschlüsse des Hauptausschusses Nummern 54 bis 56 der Drucksache 18/2400.

In der ersten Rederunde beginnt wiederum die Fraktion der SPD. Es hat das Wort Herr Abgeordneter Isenberg. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor drei Jahren ist die Koalition mit dem Versprechen angetreten, eine Klinikoffensive zu starten und weit über dem Bundesdurchschnitt zu investieren. Das haben wir ganz erfolgreich mit diesem Haushalt vorgelegt. Ich möchte daran erinnern: Im Jahr 2018 waren es 140 Millionen Euro, 2019 160 Millionen Euro. Im Jahr 2020 werden es 180 Millionen Euro sein und im Jahr 2021 235 Millionen Euro für die Infrastruktur in unseren Kliniken. Das ist die Klinikoffensive, die wir versprochen haben. Das ist eine Übererfüllung unseres Koalitionsvertrags. Wir liegen weit über dem Bundesdurchschnitt. Wir bewegen ein Programmvolumen, das bundesweit spitze ist. Das sind 170 Prozent im Vergleich zum Status quo vor vier Jahren. Das ist ein super Erfolg.