Sie beweisen es einmal mehr, dass Sie null Geschichtskenntnis haben, dass Sie nicht differenzieren können,
und offensichtlich den wirklichen Antisemitismus in seiner gesamten Breite überhaupt nicht erkennen. Sie sollten doch genau wissen, wo der Antisemitismus hier in Berlin hauptsächlich herkommt.
Und in einer Rede heute wurde es auch angesprochen. Ich sage Ihnen noch eines, Herr Saleh, Sie können noch so viel schimpfen, die Menschen draußen wissen ganz genau, wer sich auf ihre Seite stellt, auch die jüdischen Mitbürger wissen ganz genau, wer sich auf ihre Seite stellt. Ich habe mit einigen gesprochen.
Und wissen Sie, es gibt einfach gar nicht viel mehr dazu zu sagen. Schämen Sie sich für das, was Sie gesagt haben, und schämen Sie sich weiterhin für Ihren Rattenvergleich, Herr Saleh!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Berlinerinnen und Berliner! Liebe Gäste, vor allem die jungen Gäste, die wahrscheinlich die Zukunft von Berlin sind und sich diese Debatte hier anhören! Und ich bin mir nicht sicher, was ihr darüber denkt.
In zwei Wochen wird die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus ihren Bericht zu antisemitischen Vorfällen im Jahr 2018 vorlegen. Ich kann die Ergebnisse jetzt noch nicht vorausnehmen, aber in den vergangenen Jahren mussten wir einen besorgniserregenden Anstieg antisemitischer Vorfälle zur Kenntnis nehmen, und die kamen aus diversen Phänomenbereichen. Aus den Berichten konnten wir ablesen, auf welche vielfältige Art und Weise sich Antisemitismus Bahn bricht. Es geht von geraunten Gerüchten hinter vorgehaltener Hand bis zu Gürtelschlägen auf offener Straße.
Ebenso vielfältig ist auch die Art, wie Antisemitismus begründet wird, religiös, geschichtsrevisionistisch, israelbezogen, verschwörungsideologisch oder völkisch. Und manchmal kommt sogar alles zusammen. Entsprechend mannigfaltig müssen wir auch diesem entgegentreten. Wir brauchen umfassende Konzepte, die sowohl Erforschung und Analyse, Bildung und Prävention, aber auch Intervention und natürlich die Hilfe für Betroffene miteinander verzahnen, denn die klarsten Erkenntnisse helfen uns nicht weiter, wenn wir sie nicht auch nutzen.
Diesem Anspruch wird das ressortübergreifende Landeskonzept zur Weiterentwicklung der Antisemitismusprävention gerecht. In der Erarbeitung des Konzeptes waren unsere Partnerinnen und Partner der Zivilgesellschaft eingebunden. Auf die möchte ich nachher noch mal gesondert eingehen. Auch die Fraktionen, die letztes Jahr den Antrag gestellt haben, wurden regelmäßig in Fachgesprächen über die Umsetzung des Beschlusses informiert. Ich glaube, Herr Rissmann hatte in meiner letzten Rede einen Zuruf gehabt, ich habe das erst im Plenarprotokoll nachgelesen: Ja, selbstverständlich war auch die CDUFraktion hier eingebunden.
Herr Pazderski! Dass Ihre Fraktion dort nicht eingebunden war, war die richtige Entscheidung. Das war eine bewusste Entscheidung. Und wir haben heute auch gesehen, warum es die richtige Entscheidung war.
[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Zurufe von Frank-Christian Hansel (AfD) und Gunnar Lindemann (AfD)]
Die AfD setzt sich immer wieder selbst mit den Opfern von Antisemitismus gleich. Das ist missbräuchlich, und das wissen auch diejenigen, die sich in dieser Stadt Antisemitismus entgegenstellen, und deswegen arbeiten diese nicht mit Ihnen zusammen.
Eines der zentralen Anliegen war ja die Einsetzung einer hauptamtlichen Ansprechperson, und diese wird in Zukunft die Präventionsnetzwerke koordinieren. Zudem soll sie künftig auch jährlich Daten und Erkenntnisse zu antisemitischen Vorfällen aus verschiedenen Erfassungsquellen zusammenführen. Wir erhoffen uns daraus ein umfassenderes, aufschlussreicheres Lagebild, denn die Zahlen und die Blickwinkel von beispielsweise RIAS und der Polizei unterscheiden sich ja schon sehr erheblich. Nicht jeder antisemitische Übergriff ist tatsächlich auch eine Straftat, und nicht jedes Opfer einer Straftat geht auch zur Polizei.
Eine der tragenden Säulen des Landeskonzeptes ist natürlich die Bildung, denn hier wurden uns in letzter Zeit immer wieder große Nachbesserungsbedarfe angezeigt. Das fängt bei den Lehrinhalten und der Vermittlung von Gedenkkultur an. In den nächsten Jahren wird es leider kaum noch Zeitzeuginnen und Zeitzeugen geben, die ihre Geschichten erzählen könnten. Es ist unsere Pflicht, ihr Andenken zu wahren und uns entschieden gegen diese gegenwärtigen Entwicklungen zu stellen, insbesondere auch Rufen nach einer Kehrtwende in der Gedenkkultur. Dass eine postmigrantische Gesellschaft andere Zugänge zur Geschichte hat, muss hierbei berücksichtigt werden, vor allem vor dem Hintergrund, dass einige polternd immer wieder von Schuldkult schwadronieren und so das Andenken der Opfer der Shoah verächtlich machen, zeigt, wie wichtig eine lebendige Gedenkkultur ist.
Aber es wird auch immer noch viel zu wenig vermittelt, dass der Antisemitismus 1945 keinesfalls verschwunden ist, nein, er hat sich in der Mitte der Gesellschaft eingenistet und es sich dort bequem gemacht.
Zudem müssen wir erfahren, dass jüdische Kultur lebendig ist. Das müssen wir erfahrbar machen. Berlin hatte schon immer eine starke jüdische Gemeinde. Und glücklicherweise wächst diese inzwischen wieder. Berlin ist auch schon immer jüdisch gewesen. An dieser Stelle übernimmt die Kulturverwaltung auch Verantwortung, durch die Förderung jüdischen Lebens in Berlin und durch den interreligiösen Dialog, sowohl einen muslimisch-jüdischen Dialog als auch einen christlich-jüdischen Dialog.
Frau Kollegin! Ich darf Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage des fraktionslosen Abgeordneten Wild zulassen.
Nein, danke! – Berlin wird mit einem antisemitischen Verein nicht zusammenarbeiten und ihn auch nicht fördern. Deshalb wird der Senat in der Kulturförderung einen Passus in Zuwendungsbescheide einfügen, demzufolge die Zuwendung unter der Bedingung gewährt wird, dass es im Rahmen der Mittelverwendung zu keiner Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, ethnischer Herkunft, rassistischen oder antisemitischen Zuschreibungen, Nationalität, Religion, Weltanschauung oder Behinderung kommt.
Ich gebe Frau Seibeld durchaus recht: Ich finde, hier könnten die anderen Senatsverwaltungen ruhig mal von der Kulturverwaltung abschreiben. Vielleicht können wir das ja im Zuge der Beratungen noch nachbessern. Es ist ein überfälliger Schritt; ich finde, wir können ihn auch ausweiten.
Am Ende sind es aber unsere zivilgesellschaftlichen Partner, die dieses Konzept mit ihrer täglichen Arbeit umsetzen. An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bedanken, im Besonderen bei der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus, dem Anne-Frank-Zentrum, der Amadeu-Antonio-Stiftung – –
[Gunnar Lindemann (AfD): Oh Gott! – Carsten Ubbelohde (AfD): Ach du lieber Himmel! – Kurt Wansner (CDU): Um Gottes willen!]