Protocol of the Session on March 7, 2019

schussberatungen mit den zuständigen Senatsverwaltungen die Gelegenheit wahrnehmen, uns von diesen erläutern zu lassen, wie sie gedenken, unseren Beschluss gegen jeden Antisemitismus umzusetzen – und dass wir im Zweifel dort auch Verbesserungsvorschläge vorlegen. Da haben Sie selbstverständlich auch weiterhin meine volle Unterstützung. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Die Fraktion der CDU hat eine Kurzintervention angemeldet. – Frau Seibeld, bitte! Sie haben das Wort.

Liebe Frau Kollegin Helm! Ich werde es nie verstehen – oder Sie werden es nie verstehen; da bin ich mir noch nicht ganz so sicher: Wen stelle ich denn unter Generalverdacht? – Ich halte es für nahezu ausgeschlossen, dass in diesem Land tatsächlich freie Träger Bedenken haben, sich zum Existenzrecht Israels zu bekennen.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Stefan Förster (FDP) und von Sibylle Meister (FDP)]

Und wenn es solche gibt, dann bekommen sie verdammt noch mal kein Geld von diesem Staat, weil es falsch ist, weil es mit unserer Vergangenheit nicht in Einklang zu bringen ist. Da wird niemand unter Generalverdacht gestellt. Es ist eine Selbstverständlichkeit, die man noch einmal bekundet – nicht mehr und nicht weniger.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Frau Helm! Sie können erwidern. Bitte schön!

Danke, Frau Präsidentin! – Frau Kollegin! Ja, das sind die Sachen, bei denen ich davon ausgehe, dass wir da in den Ausschüssen noch Klärungen erreichen werden. Aber, ich glaube, auch Sie haben mich falsch verstanden. Das Problem ist doch, dass das Abfordern eines solchen Bekenntnisses möglicherweise genau das ist, was BDSKampagnen mobilisiert und dafür sorgt, dass Künstlerinnen und Künstler unter Druck gesetzt werden, eben so etwas nicht zu unterschreiben, obwohl es eine Selbstverständlichkeit ist, zu der wir uns bekennen und wo wir gerne Künstlerinnen und Künstler unterstützen, diesem auch zu begegnen. Das, finde ich, muss der Schritt sein.

Wir haben doch bereits beschlossen, dass wir uns einig sind, dass keine Gelder gegeben werden für BDS

Kampagnen oder ihre Alliierten, dass wir nicht wollen, dass Gelder in diese Kampagnen hineinfließen. Dafür werden wir auch sorgen. Sehr gerne auch durch eine Verankerung, die das garantiert. Ich gehe davon aus, dass Sie das auch so sehen, weil Sie diesen Antrag an den Verfassungsschutzausschuss überwiesen haben wollten, dass Sie auch den Geheimdienst in diese Bewertung von irgendwelchen Projekten mit einbeziehen wollen. Das ist eben genau der Punkt, wo es nach meinem Empfinden kritisch wird. Das ist auch genau der Punkt, warum Partnerinnen und Partner, die wir haben, die sehr wohl bei der Bekämpfung von Antisemitismus, bei der Beratung von Opfern von Antisemitismus an unserer Seite sind, das auch nicht für ein geeignetes Instrument halten. Ich bin sehr dafür, dass wir diejenigen, die das betreffen würde, und die Opfer- und Betroffenenverbände zu dieser Sache noch einmal anhören, denn die haben meiner Meinung nach ihre Meinung dazu schon deutlich bekundet.

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Benedikt Lux (GRÜNE)]

Für die Fraktion der FDP hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Förster. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat, es ist erstaunlich, dass wir heute überhaupt über dieses Thema reden müssen. Erstaunlich schon allein deshalb, weil parteiübergreifende Resolutionen gegen Antisemitismus, für das Existenz- und Selbstbestimmungsrecht Israels hier im Haus stets auf übergroße Mehrheiten gestoßen sind. Umso ärgerlicher ist das, was die Kollegin Seibeld schon so deutlich in ihrer Einleitung beschrieben hat: Es ist in dieser Stadt möglich, von Zuwendungsempfängern ein Bekenntnis gegen Rechtsextremismus abzuverlangen – was auch völlig richtig ist –, aber bei anderen gegen die freiheitlichdemokratische Grundordnung gerichteten Bestrebungen wird offenbar mit zweierlei Maß gemessen.

[Beifall bei der FDP, der CDU und der AfD]

Neben der Frage des klassischen Linksextremismus, die bei dieser Debatte nicht im Mittelpunkt stehen kann, sind antisemitische Ausfälle so ziemlich das Widerlichste, was man auch und gerade vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte öffentlich äußern kann. Wer dies tut, sollte in unserem Gemeinwesen keinen Platz haben und erst recht keine öffentlichen Räume nutzen dürfen oder eine staatliche Förderung bekommen.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Martin Trefzer (AfD)]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Seibeld?

Bitte, Frau Seibeld!

Herr Kollege! Sehen Sie es nicht auch so, dass es bedauerlich ist, dass nicht nur die zuständige Staatssekretärin, sondern auch noch der Regierende Bürgermeister nicht mehr anwesend sind?

In der Tat, das finde ich bedauerlich! Man hätte eigentlich erwarten können, dass der Regierende Bürgermeister bei diesem Thema die ganze Zeit anwesend ist und gerade Staatssekretärin Chebli, die in der Vergangenheit auch mit missverständlichen Äußerungen hervorgetreten ist, der Debatte beiwohnt. Ja, ich bedaure das auch.

[Beifall bei der FDP und der CDU – Beifall von Frank Scheermesser (AfD)]

Insofern sollte es eigentlich Grundkonsens sein, was die Kollegin Seibeld hier vorgeschlagen hat. Ich unterstelle einmal, dass der übergroße Teil dieses Hauses dieses teilt. Dann ist es aber umso verwunderlicher, warum sich die Verwaltung auf Landes- und Bezirksebene so schwer damit tut, hier endlich klare Vorgaben zu machen und denjenigen, wie der BDS-Bewegung, die Israel das Existenzrecht absprechen und gegen Jüdinnen und Juden in widerwärtiger Art hetzen, das Handwerk zu legen.

Ich kann im Übrigen hier auch keine Mobilisierungstendenzen erkennen, wenn man das hineinschreibt, denn dann dürfte man auch keine Rechtsextremismusklausel haben, denn die dürfte dann ja auch zu Mobilisierungseffekten führen. Von der Seite kann ich das Pferd nicht aufzäumen. Wenn ich etwas nicht will, muss ich es ganz klar und deutlich benennen.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Beifall von Tommy Tabor (AfD)]

In Zeiten, in denen eine israelfeindliche Haltung wieder salonfähig zu werden scheint, ist es umso wichtiger, dass der Staat Haltung zeigt und deutlich macht, dass es keinen einzigen Cent an Steuergeldern für derartige Bewegungen und Organisationen gibt. Auch Salafisten, Islamisten und Leuten, die verfassungsfeindliche Bestrebungen hegen, sollte im Land Berlin konsequent der Stuhl vor die Tür gestellt werden.

(Anne Helm)

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Frank-Christian Hansel (AfD): Bravo!]

Die von Kollegin Seibeld genannten Beispiele sind erschütternd genug und Beleg dafür, dass die bisherige Förderpraxis nicht immun gegen derartige Vorfälle ist, auch wenn es Ausnahmen sind. Aber hier sollte umgehend gegengesteuert werden.

[Beifall von Anne Helm (LINKE)]

Es geht nicht um künstlerische Freiheit, um das Aushalten von anderen Meinungen, was in einer pluralen Gesellschaft selbstverständlich sein sollte. Es geht hier um die Grundfesten unserer Demokratie, die viel aushält, aber sich nicht alles gefallen lassen kann und darf.

Ein lascher Umgang mit dieser Thematik bietet Nachahmern und Trittbrettfahrern Gelegenheit, unter dem Deckmantel vermeintlicher Informationsveranstaltungen Räume zu nutzen oder sich scheinbar harmlose Projekte finanzieren zu lassen, die am Ende auch von antisemitischen Tendenzen durchsetzt sind. Es geht darum, den Feinden der Demokratie wehrhaft zu begegnen. Wer die Hand aufhält und vom Staat Geld haben will, von dem darf man nicht nur erwarten, dass er sich grundgesetzkonform verhält, man sollte es auch einfordern und vertraglich absichern.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU und der AfD]

Auch wenn es bisher nur Einzelfälle sind, jeder ist einer zu viel. Der sinnvolle und richtige CDU-Antrag sollte deshalb nicht monatelang im Ausschuss versauern, sondern möglichst bald parteiübergreifend beschlossen werden. Dies wäre ein starkes Signal nach außen und würde die Bemühungen dieses Hauses, Antisemitismus zu ächten und zu bekämpfen, erneut eindrucksvoll unterstreichen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Jarasch. – Bitte schön!

Sehr geehrte Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Berlin verurteilt jede Form des Antisemitismus aufs Schärfste. Dieses Bekenntnis schließt ausdrücklich den sekundären und den israelbezogenen Antisemitismus mit ein.

So haben wir es beschlossen im Antrag „Gegen jeden Antisemitismus“ am 31. Mai letzten Jahres. Dieser Antrag war damals eine gemeinsame Anstrengung, das Ergebnis intensiver Gespräche und Vorarbeiten insbesonde

re mit der jüdischen Community. Es war ein guter Tag für Berlin, als wir ihn beschlossen haben. Gut war auch das gemeinsame Zeichen aller Fraktionen – außer der AfD – verbunden mit dem gemeinsamen Ziel, den Kampf gegen Antisemitismus nicht zu instrumentalisieren

[Frank-Christian Hansel (AfD): Was erzählen Sie denn da? Wir haben den mit abgestimmt! Wir wollten ein Zeichen setzen!]

und nicht zuzulassen, dass dieser Kampf dafür benutzt wird, die Gesellschaft zu spalten.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Sie reden wieder Unsinn! – Katina Schubert (LINKE): Sie sind Unsinn!]

Ich rede gerade gar nicht mit Ihnen, Herr Hansel!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Meine Herren! Ich bitte, die Zwischenrufe in der Lautstärke zu unterlassen!

Und wo ist Frau Seibeld, wenn es um Ihren Antrag geht, darf ich einmal fragen?

[Benedikt Lux (GRÜNE): Frau Seibeld hört gar nicht zu! Sie telefoniert draußen!]

Ich sehe Frau Seibeld nicht. – Ganz da hinten. Frau Seibeld! Mit diesem Antrag kündigen Sie den Konsens auf. Dazu passt, Herr Dregger, ganz gut Ihre Kritik an der Wirtschaftssenatorin Pop, weil sie gerade durch ihre Absage des Besuchs der ITB-Messe ein klares Zeichen gegen Antisemitismus in Malaysia gesetzt hat.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Burkard Dregger (CDU): Die Haltung muss die Senatorin einnehmen!]