[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Burkard Dregger (CDU): Die Haltung muss die Senatorin einnehmen!]
Wenn es vermeintlich um wirtschaftliche Interessen geht oder wenn Sie einfach eine Option auf Wadenbeißerei haben, dann plötzlich ist die klare Haltung kein Thema mehr.
Ich komme zurück zum Antrag. Um gegen – ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis – „Hetze unter dem Deckmantel staatlicher Förderung vorzugehen“ –, will die CDU erreichen, dass die Empfänger öffentlicher Fördergelder künftig sich in einer schriftlicher Erklärung auch zum Existenzrecht Israels bekennen.
Gleichzeitig aber wünscht sich die CDU im Antrag mehr Arbeit im Bereich Extremismusprävention. Jetzt wird es richtig absurd – Herr Förster, ich bin gespannt, ob Sie die Beispiele danach immer noch für gut gewählt halten –: Als Beispiel wird die Zusammenarbeit des Vereins
Violence Prevention Network mit DITIB unter anderem im Bereich der Gefangenenseelsorge genannt. Meine Damen und Herren! Diese Zusammenarbeit gibt es nicht. Es gibt DITIB-Vertreter im Beirat für Gefangenenseelsorge, und es gibt DITIB-Imame in der Gefängnisseelsorge. Jeder einzelne von ihnen wird persönlich von Polizei und vom Verfassungsschutz überprüft, bevor er tätig werden kann. Die Seelsorge selbst ist verfassungsrechtlich geboten und deshalb schon von CDU-Justizsenator Thomas Heilmann in dieser Form eingerichtet worden. Das Violence Prevention Network aber betreibt keine Seelsorge und kooperiert dazu auch nicht mit der DITIB. Das VPN macht Deradikalisierungs- und Extremismusprävention in Gefängnissen und bewegt sich insofern höchstens an denselben Orten wie die muslimischen Seelsorger. Offenbar genügt dieser Zusammenhang der CDU schon, um eine Art Kontaktschuld zu konstruieren.
Damit kommen wir zum perfiden Kern Ihres Antrags. Wie soll eigentlich ein Verein wie VPN Deradikalisierungsarbeit und Extremismusprävention, wie von Ihnen gefordert, leisten, wenn schon der Kontakt zu Jugendlichen und Erwachsenen mit extremistischen Einstellungen ihn verdächtig macht? Genau von diesem Kontakt lebt nun einmal diese sehr mühsame und anstrengende Arbeit, die uns bitter nottut.
Das Beispiel VPN als Beleg für Ihren Antrag ist aber nicht nur unglücklich gewählt, es entlarvt den eigentlichen ideologischen Kern Ihres Antrags. Das hat die Debatte über die Extremismusklausel hier auch schon gezeigt. Sie zielen ganz offenbar darauf ab, nach der – Zitat Burkard Dregger – „Asylwirtschaft“ jetzt auch die engagierte Zivilgesellschaft insgesamt verdächtig zu machen. Fällt Ihnen für die Profilierung wirklich nichts Besseres ein als die gescheiterten Versuche der auch ansonsten eher glücklosen Ex-Familienministerin Kristina Schröder in Sachen Extremismusklausel? Diese Klausel wird inzwischen nicht mehr angewandt – nicht nur, weil Frau Schwesig und Herr de Maizière sie gekippt haben, sondern auch, weil die Verwaltungsgerichte eingeschritten sind. Das ist vielleicht für Sie eine traurige Geschichte. Ich kann Sie trösten. Es gibt nämlich ein Happy End, zumindest für alle, denen an vernünftigen Lösungen in Sachen Kampf gegen Antisemitismus gelegen ist. In dem künftigen Landeskonzept zur Weiterentwicklung der Antisemitismusprävention, von dem ich allerdings auch erwarte, dass es nächste Woche endlich durch den Senat geht, heißt es:
Berlin erteilt allen antisemitischen Boykottkampagnen ein klare Absage. Organisationen, Vereinen und Personen, die die Existenz Israels als jüdischen Staat delegitimieren oder anderweitig antisemitisch agieren, werden … keine Räumlichkeiten oder Flächen zur Verfügung gestellt und erhalten auch keine Zuwendungen oder Zuschüsse des Landes.
einen Passus in Zuwendungsbescheide einfügen, demzufolge … die Zuwendung nur unter der Bedingung gewährt wird, dass es im Rahmen der Mittelverwendung zu keiner antisemitischen oder sonstigen Diskriminierung kommt.
Dieses letzte Kapitel, Frau Seibeld, hätten Sie eigentlich schon kennen können. Schließlich ging die Geschichte im Bund genauso aus. Mittlerweile wird eben nur noch in Zuwendungsbescheiden geregelt, dass keine Steuergelder an extremistische Organisationen oder Personen gehen dürfen.
Das hätten Sie auch gleich so vorschlagen können. Oder Sie hätten schlicht abwarten können, wie der erste Umsetzungsbericht zu unserem interfraktionellen Antrag ausfällt und welche Maßnahmen im Landeskonzept festgeschrieben werden. Aber Sie konnten der Versuchung zu zündeln offenbar nicht widerstehen. – Vielen Dank!
Die Fraktion der AfD hat eine Kurzintervention angemeldet. – Herr Hansel, bitte, Sie haben das Wort!
Liebe Frau Kollegin Jarasch! Was Sie hier veranstalten, ist an Perfidie nicht zu überbieten. Wir haben diesem Antrag einstimmig zugestimmt, und zwar alle. Was wir uns erlaubt haben in diesem Kontext, war, einen kleinen Änderungsantrag zu machen, den leider die Mehrheit des Hauses nicht mitgetragen hat. Ich lese den mal ganz kurz vor, weil wir heute Morgen auch in der Fragestunde das Thema hatten. Der muslimische Antisemitismus wurde vom Justizsenator noch nicht einmal angesprochen, als es um die Zunahme antisemitischer Straftaten ging. Die Oberstaatsanwältin hat in der „Welt“ ein Interview gegeben, in dem sie gesagt hat: Es gibt einen wachsenden muslimischen Antisemitismus in dieser Stadt. – Ich lese mal kurz – mit Erlaubnis der Präsidentin – unseren Änderungsantrag vor, weil es wichtig ist:
Bislang ging Antisemitismus meist von Neonazis und törichten, einfältigen Menschen vom rechtsextremistischen Rand sowie unter dem Deckmantel des Antizionismus und der maßlosen Kritik an Israel von Linksextremisten aus. Uns erfüllt mit großer Besorgnis, dass heute der Antisemitismus in Deutschland in wachsendem Ausmaß
auch von muslimischen Migranten praktiziert wird. Diese stammen vielfach aus Regionen, in denen der Hass auf Israel und die Juden insgesamt den Menschen bereits als Kindern eingehämmert wird. Ihrem Hass mit aller Entschiedenheit entgegenzuwirken, ist eine neue Herausforderung, die über die klassischen staatlich geförderten Programme zur Bekämpfung von Antisemitismus hinausgeht und neue Antworten erforderlich macht.
Das hätte das ganze Haus positiv abstimmen müssen. Das ist nämlich der Unterschied zwischen uns. Aber wir haben das gesamte Thema natürlich mitgetragen, weil keiner diesen Konsens für Israel und sein Existenzrecht aufbrechen wird. – Auch Sie nicht, Frau Jarasch, indem Sie wieder dumme Hetze betreiben gegen die AfD.
Bevor Frau Jarasch die Möglichkeit der Erwiderung bekommt, weise ich den Ausdruck Hetze in diesem Haus zurück.
Der interfraktionell beschlossene und erarbeitete Antrag, Herr Hansel, hat ausdrücklich – das habe ich vorhin auch zitiert – alle Formen des Antisemitismus – auch den linken und israelbezogenen – ausdrücklich geächtet.
Deswegen brauchen wir von Ihnen keine Spezifizierung und keine Nachhilfe. Sie durften zwar mit abstimmen, warum Sie ihn aber nicht miterarbeitet haben, liegt
daran, dass die törichten Menschen, die Sie eben zitiert haben, in Ihrer eigenen Partei sind, nämlich in der Vogelschiss-der-deutschen-Geschichte-Partei.
[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Frank-Christian Hansel (AfD): Das ist doch dummes Zeug!]
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir haben jetzt die Situation, dass die antragstellende Fraktion die sofortige Abstimmung beantragt hat. Aber zuvor gab es den Antrag auf Überweisung. Entsprechend der Geschäftsordnung stelle ich zunächst die Frage, wer dem Antrag auf Überweisung zustimmen will. – Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt gegen die Überweisung? – Das sind alle anderen Fraktionen und die beiden fraktionslosen Abgeordneten. Damit wird der Antrag in folgende Ausschüsse überwiesen: zunächst federführend an den Ausschuss für Kulturelle Angelegenheiten und mitberatend an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie, an den Ausschuss für Integration, Arbeit und Soziales, an den Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Geschäftsordnung, Verbraucherschutz, Antidiskriminierung sowie an den Ausschuss für Verfassungsschutz. So wird verfahren.
Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/1678
In der Beratung beginnt die Fraktion Die Linke. Das Wort hat Frau Abgeordnete Schubert. – Ich bitte darum, die Gespräche hier im Saal zu beenden und draußen fortzuführen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dass hier ein bisschen Aufregung herrscht, kann ich nachvollziehen. Die Ausführungen von Herrn Förster, Frau Chebli oder sonst jemandem nicht ausreichend Engagement gegen Antisemitismus zu unterstellen, ist unsäglich, und das weise ich für diesen Senat und diese Koalition auch zurück.
Integrationslotsinnen und -lotsen und die Stadtteilmütter vollbringen einen wichtigen Dienst für unsere Stadt und für diese Gesellschaft und das oft für wenig Geld. Dafür gebührt ihnen unser Dank – ich hoffe auch der Dank des ganzen Hauses.