Beim Lesen des Antrags habe ich jedoch gedacht: Ist das jetzt ein Missverständnis? – Da steht nämlich, dass die FDP der Meinung sei, die Grundstücke sollten zum einen geeignet sein und zum anderen zum Verkehrswert abgegeben werden. Wenn die FDP über den Verkehrswert redet, ergeben sich natürlich Fragen: Was meint die FDP damit? – Gewöhnlicherweise sagt die FDP immer: Der Verkehrswert ist der Preis, zu dem die Grundstücke normalerweise auf dem Markt gehandelt werden. Das ist die Auffassung der FDP zum Verkehrswert. Der Punkt ist: Zu diesem Wert können die Genossenschaften keine Grundstücke kaufen, da sie den Preis schlicht nicht bezahlen können. Also dachte ich mir: Da hat die FDP doch noch einige Schwierigkeiten, denn da müsste sie sich von ihrer Haltung lösen. Sicherlich ist die Kollegin Meister davor, dass Landesvermögen unter Wert abgegeben wird.
Bei den Genossenschaften muss man sich etwas einfallen lassen, wie es gelingt, dass sie städtische Grundstücke zu einem Preis erwerben können, der nicht den üblichen Verkehrswert darstellt, zu dem sie tatsächlich preiswerten Wohnraum errichten können. Darüber muss man einfach diskutieren, und ich bin gespannt darauf, welche Diskussionsbeiträge und Vorschläge die FDP vorbringen will.
Ich habe schon darüber nachgedacht – da wir überall so wenig Grundstücke haben –, ob die FDP vielleicht auf die
Idee kommt, dass wir Grundstücke auf dem freien Markt erwerben und sie dann verbilligt oder in Erbpacht an die Genossenschaften abgeben. Mal sehen, was die FDP von diesem Gedanken hält.
Die Frage bleibt, liebe FDP, jenseits der Lehre von der freien – und meinetwegen sozialen – Marktwirtschaft: Was können wir für die Genossenschaften tatsächlich tun? Außer, dass wir Grundstücke zum Verkehrswert verkaufen sollen, ist Ihnen noch eingefallen, dass wir das Baulandmodell nicht anwenden sollen. Das Baulandmodell gibt es bei vorhabenbezogenen B-Plänen. Mit vorhabenbezogenen B-Plänen sind die Genossenschaften in aller Regel überfordert, denn sie können nicht auch noch Baurecht durch städtebauliche Planungsinstrumente
schaffen, um danach erst das Baurecht für den Baukörper zu schaffen. Klar, so wird es nicht gehen! Es hat meines Erachtens aber noch niemand gefordert, dass die Genossenschaften die Grundstücksentwicklung übernehmen sollen. Ich glaube: Bei den Forderungen, die Sie hier aufmachen, müssen Sie noch etwas üben und klären, was die eigentlichen Probleme der Genossenschaften bei der Grundstücks- und Bauentwicklung sind.
Die positive Haltung aber, die Sie zu den Genossenschaften haben, begrüße ich. Das reicht aber nicht aus. Der letzte Satz in der Begründung Ihres Antrags lautet, dass wir eine positive Haltung zu den Genossenschaften in der Stadt brauchen. Die positive Haltung haben wir alle, über alle Fraktionen hinweg. Auch die CDU hat sich heute dazu bekannt. Die Frage ist, ob wir genügend Sachverstand haben, um die bauwirtschaftlichen Besonderheiten, die die Genossenschaften an den Tag legen, um dauerhaft preiswerten Wohnraum zur Verfügung stellen zu können, um die ihnen entsprechenden Grundstücke unter den entsprechenden Bedingungen zur Verfügung zu stellen. Da sage ich: Die FDP hat sich ein Stück bewegt. Nur Mut, machen Sie weiter in dieser Richtung! Mit der freien Marktwirtschaft wird es allerdings so nicht funktionieren. – Danke!
Lieber Kollege Nelken! Sie haben das ja geradezu herausgefordert. Sie wissen ganz genau, dass es einen Unterschied zwischen Verkehrswert und Spekulationswert gibt. Die Genossenschaften selber sagen, sie würden zum
Verkehrswert kaufen, und in der Regel werden Grundstücke heute mit einem deutlichen Aufschlag verkauft. Dasselbe haben Sie übrigens bei Ihren Vorkaufsrechten, die Sie wahrnehmen. Sie müssen in Verträge deutlich über dem Verkehrswert einsteigen, wenn Sie Grundstücke kaufen, weil sie eben nicht zum Verkehrswert verkauft werden. Das ist der Unterschied. Der Senat sollte zu den gesetzlich festgelegten Verkehrswerten verkaufen. Das wollen die Genossenschaften ja auch, aber eben nicht zu Spekulationswerten, wie sie mitunter am freien Markt zugrunde gelegt werden.
Zweitens: Zur Idee, teure Grundstücke auf Kosten der Steuerzahler anzukaufen, um sie dann verbilligt weiterzugeben, müssen Sie mir mal erklären, wie das juristisch abgewickelt werden soll. Was soll daran auf Dauer die Perspektive sein, wenn man sagt: Wir lassen
171 Grundstücke bei den städtischen Gesellschaften liegen, die sie nicht nutzen – Kollege Gräff hat darauf hingewiesen –, anstatt sie den Genossenschaften zuzuteilen? Da kann man den Verkehrswert gut zugrunde legen, weil er in diesem Fall klar ermittelbar ist, denn die Städtischen haben auch einen Verkehrswert zugrunde gelegt bekommen – buchhalterisch, nicht fiskalisch –, wo sie entsprechende Leistungen zu erbringen haben. Das kann man entsprechend abwickeln. Das ist auch vernünftig.
Zu der Aussage, wir reden an den Problemen der Genossenschaften vorbei: Die Genossenschaften haben alle die Nase voll. Das haben sie uns erzählt. Bei der Veranstaltung zum Architekturpreis vor zwei Tagen waren alle Genossenschaften da. Wir hatten – wie die CDU – eine eigene Veranstaltung dazu. Da haben die alle gesagt: Wir sind mit diesen Grundstücken nicht zufrieden. Wir werden diese Grundstücke nicht nehmen. Wir fühlen uns vom Senat verschaukelt. Wir empfinden den Genossenschaftsdialog als Farce. – Das müssen Sie doch mal zur Kenntnis nehmen. Nennen Sie doch eine Genossenschaft – gerne auch mehrere – mit Namen und Geschäftsführer, die diese Grundstücke in Anspruch nehmen will, die zufrieden ist! Sie können keine nennen, und genau das ist das Problem. Solange sich Ihre Haltung nicht ändert, werden die Genossenschaften auch nicht bauen. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrter Herr Förster! Wir werden ja dann sehen, ob bzw. welche Genossenschaften Grundstücke in Anspruch nehmen. Ich kann Ihnen das nicht prophezeien. Ich kenne die Grundstücke noch nicht einmal.
Zum Verkehrswert: Ich war etwas überrascht über Ihre Ausführungen. Sie wissen sehr wohl, dass man normalerweise auch in gerichtlichen Auseinandersetzungen sagt: Der Preis, zu dem im Durchschnitt ein vergleichbares Grundstück auf dem Markt gehandelt wird, ist der Verkehrswert. Darüber kann man streiten. Es gibt ja verschiedene Verkehrswertermittlungsverfahren, aber das gängigste ist dieses. Man könnte auch über ein Ertragswertverfahren ansetzen und fragen: Welche Erträge kann ich einnehmen? Da kann man weit schweifen. Aber gerade die FDP und sehr marktliberale Leute betonen immer wieder, dass der Verkehrswert das ist, was der Markt im Augenblick zahlt.
Ich kann mich noch gut erinnern: Vor ungefähr 15 Jahren standen im Untersuchungsausschuss „Bankengesellschaft“ Einkäufer der Bavaria, die hier Grundstücke gekauft und gesagt haben, sie hätten doch den Verkehrswert bezahlt, zu dem, was der Markt verlangt hat, und andere Werte gäbe es nicht. – Darüber können wir gerne ein anderes Mal diskutieren. – Mit dieser Haltung kann keine Genossenschaft etwas anfangen. Da müssen wir über unseren Schatten springen.
Eventuell kann es auch sein, dass es sich für die Stadt rechnet, Grundstücke nach dem heutigen Marktgeschehen zu dem Preis oder auch in Erbpacht abzugeben, auch wenn eine solche Abgabe scheinbar unwirtschaftlich ist, aber wenn Sie das auf 50 oder 100 Jahre rechnen, dann hat die Stadt allemal etwas davon, auf Dauer preiswerten Wohnraum zu haben.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir hörten gerade einen Vortrag, wie man Baurecht und Politik so um die Ecke denken kann, bis es am Ende zur Begründung der Verhinderung dient.
Herr Dr. Nelken! An der Leidenschaft, die der Senat und die Koalitionsparteien an den Tag legen, kann man sehen, dass das, was die FDP hier macht, ganz richtig ist. Sie haben ihr vorgeworfen, sie würde jetzt reihenweise Anträge stellen. Ja, das ist bei Ihnen ganz offensichtlich auch
Ich werde jetzt hier mal eine Chronologie aufmachen: Als wir in dieses Abgeordnetenhaus 2016 eingezogen sind, sprach hier kein Mensch von Baugenossenschaften. Wir haben dann Ende 2017 in den Haushalt eine höhere Summe eingestellt, als die sozialistischen Parteien es sich jemals vorstellen konnten. Ich habe damals gesagt. Es ist schon peinlich, wenn die Genossen die Genossenschaften nicht unterstützen. Das spricht für sich.
Seitdem scheint der eine oder andere aus dem Wachkoma erwacht zu sein und sich doch einmal Gedanken zu machen, ob das eine Lösung wäre. Aber das sind natürlich nur Scheinlösungen, die Sie anbieten. Sie simulieren Kommunikation. Sie simulieren Hilfswillen. In Wirklichkeit tun Sie alles, um es weiter zu verhindern, weil Sie nur eine Form des Bauens wollen, und das ist die im Eigentum des Landes, sprich bei den landeseigenen Gesellschaften. Jede andere soziale Form des Bauens akzeptieren Sie nicht.
Herr Förster von der FDP! Sie sind auf dem richtigen Weg: Die kooperative Baulandentwicklung bei den Genossenschaften wegfallen zu lassen, ist selbstverständlich. Die tun schon alles, um möglichst hochwertigen und bezahlbaren Wohnraum herzustellen. Was will man denen denn da noch aufbürden? Das Modell der Genossenschaften bedeutet natürlich, dass die Genossen füreinander da sind. Da kann man doch nicht sagen: Der eine Genosse zahlt mehr als der andere. – Das sind keine Genossenschaften mehr.
Genossenschaften sind unterstützende Hilfe zur Selbsthilfe und damit die beste Investition überhaupt. Wir wollen ja keine Menschen unterstützen, die eigentlich gar keine Unterstützung brauchen und damit immer mehr Hilfsbedürftigkeit konstruieren, für die wir dann immer mehr Sozialarbeiter und Sozialpädagogen brauchen, damit wir jedem einzelnen Bürger dieser Stadt jemand zur Seite stellen können, der ihn betreut.
Das ist einfach nur Beschäftigungspolitik für Buddies und sonst nichts. Was wir brauchen, ist Hilfe zur Selbsthilfe, und die Genossenschaften sind das Idealmodell, das es in diesem Zusammenhang gibt.
Natürlich ist es auch eine Form von Eigentumsbildung und damit eine Form von Eigentumsverantwortung. Es kostet zwar nicht viel, seinen Einstand in eine Genossenschaft einzubringen, aber letzten Endes fühlt sich der einzelne Bürger verantwortlich. Schauen Sie sich mal die Anlagen der Wohnungsbaugenossenschaften an. Sie werden feststellen: Es gibt einen erheblichen Unterschied zu jeder anderen Form von Wohnungsbaugesellschaft.
Das ist wesentlich gepflegter, weil sich jeder einzelne verantwortlich fühlt. Das ist auch der Grund, warum man die von jeglicher Pflicht entbinden muss. Die leben das Idealbild, das Sie erst noch anstreben.
In diesem Sinn: Es ist völlig klar, dass Genossenschaften mehr und besser gefördert werden müssen. Wir können uns eigentlich in jeder Fragestunde hier in diesem Plenarsaal anschauen, mit welcher Dynamik dieser Senat zur Sache geht. Da schlafen einem die Füße ein.
Wir haben gestern unseren eigenen Antrag eingebracht, den wir leider etwas länger bearbeitet haben, weil wir uns noch viele Gedanken dazu gemacht haben und ich auch die Veranstaltung vorgestern, von der hier schon öfter die Rede war, abwarten wollte. Der geht wesentlich weiter. Herr Förster, Ihr Antrag ist gut und richtig, aber er geht mir nicht weit genug. Und „nicht weit genug gehen“ hatten wir lange genug in dieser Stadt. Wir müssen jetzt hier endlich mal fokussieren und auf den Punkt kommen.
Es muss Schluss sein mit Gelaber. Wir haben auch nicht mehr so viel Zeit, uns zu überlegen, was wir in Zukunft noch alles machen könnten, denn die Zukunft ist schon da. Wir müssen jetzt handeln. Wir können auch nicht in Zukunft nachbessern. Wir müssen jetzt richtig entscheiden. Deswegen müssen wir weiter gehen. – Danke schön!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, Genossenschaften müssen unsere zentralen Partnerinnen und Partner sein, um langfristig leistbaren Wohnraum zu erhalten und auch zu schaffen. Wir wissen alle, sie garantieren niedrige Mieten. Die durchschnittliche Miete von 45 Genossenschaften, die im Genossenschaftsforum organisiert sind, liegt bei 5,30 Euro pro Quadratmeter. Damit liegen die Mieten bei Genossenschaften sogar unterhalb der Mieten der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften.
Die vielen Genossenschaften in Berlin stellen über 194 000 Wohnungen zur Verfügung. Das sind leider nur 12 Prozent des gesamten Mietwohnungsmarktes. Wir als rot-rot-grüne Koalition wollen und müssen den Anteil unbedingt stabil halten bzw. sogar noch erhöhen.