Protocol of the Session on November 15, 2018

möchte ich den Senat fragen, welche rechtlichen Prüfungen er denn mittlerweile veranlasst hat – das hatte Frau Scheeres angekündigt – und inwiefern sich der Rechnungshof damit beschäftigen wird.

Bitte schön, Frau Senatorin!

Ich gehe davon aus, dass sich der Rechnungshof damit beschäftigen wird, so, wie auch in anderen Bundesländern.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Das war doch keine Antwort auf die Frage!]

Jetzt kommen wir zur FDP-Fraktion. – Frau Dr. JasperWinter, bitte schön, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Vor dem Hintergrund, dass im Standesamt Mitte seit einigen Monaten online überhaupt gar kein Termin für die Anmeldung zur Eheschließung zur Verfügung gestellt wird und dass auch in anderen Standesämtern allenfalls nur nach vielen Wochen ein Termin erhältlich ist, frage ich den Senat: Akzeptiert der Senat diese Situation, unter der Menschen Termine für ihre Eheschließung noch nicht einmal anmelden können? Was wird der Senat bis wann denn nun tatsächlich tun, um diese inakzeptable Situation zu ändern, Prozesse effizienter und digitaler aufzustellen, mindestens aber wieder für Online-Termine zu sorgen?

Herr Senator Geisel, bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Nein, selbstverständlich akzeptiert der Senat diese Situation in den Standesämtern nicht. Sie ist herbeigeführt durch einen besonderen Personalengpass und eine besonders starke Nachfragesituation insbesondere in den Bezirken Mitte und Pankow. Wir arbeiten mit den Berliner Bezirken, die dafür zuständig sind, seit geraumer Zeit an der Verbesserung der Situation. Insbesondere muss hier für eine personelle Verstärkung gesorgt werden. Demzufolge haben wir bereits im vergangenen Jahr den einen Lehrgang, den es bundesweit im Moment zur Ausbildung von Standesbeamten gibt, ersetzt durch einen weiteren Lehrgang an der Berliner Verwaltungsakademie. Wir haben dort zukünftige Standesbeamtinnen und -beamte ausgebildet und für personelle Verstärkung gesorgt. Diese ausgebildeten neuen Standesbeamten sind inzwischen in den Standesämtern der Bezirke eingetroffen und werden dort gegenwärtig eingearbeitet. Wir gehen davon aus, dass die Situation sich in absehbarer Zeit verbessert.

Gegenwärtig ist es noch so, dass es vorrangig ist, beispielsweise Geburtsurkunden und Sterbeurkunden auszustellen, was auch durch Standesämter realisiert werden muss, weil da die Dringlichkeit noch größer ist.

[Michael Dietmann (CDU): Sterben geht vor Heiraten!]

Ich kann Ihnen aber versichern, dass wir uns mit den Bezirksbürgermeistern und Bezirksstadträten, die jeweils für die Standesämter zuständig sind, in engem Austausch befinden und inzwischen schon einige Verbesserungen eingetroffen sind. Wie gesagt, ich gehe davon aus, dass wir Ende dieses Jahres, Anfang nächsten Jahres die Situation in den Berliner Standesämtern wieder so hergestellt haben, dass wir zumindest akzeptable Bearbeitungszeiten bekommen.

Vielen Dank! – Dann hat die Kollegin Dr. Jasper-Winter das Wort zu einer Nachfrage.

Mich macht das misstrauisch, da die Personalsituation auch laut Organisationsuntersuchung, die schon seit Juni 2018 öffentlich ist, nicht das einzige Problem ist, sondern die Prozesse nicht effizient und digital gestaltet sind. Insofern frage ich mich schon: Was heißt denn „in absehbarer Zeit“, wenn das Standesamt Mitte sagt, dass Geburtsurkunden und Sterbeurkunden vorrangig sind und Anmeldungen zur Eheschließung irgendwann, aber nicht jetzt erfolgen können? Wie wollen Sie das den Leuten bis wann erklären? Wie lang sind die Fristen? Was machen die Menschen, die vielleicht aus steuerlichen Gründen bis Ende des Jahres heiraten wollen?

[Zurufe von den Grünen: Steuerliche Gründe? – Heiterkeit und Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Herr Senator!

[Regierender Bürgermeister Michael Müller: Sag mal was Romantisches!]

Meine Damen und Herren! Das passiert natürlich alles aus Liebe.

[Heiterkeit – Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Aber nichtsdestotrotz ist das eine ernste Situation. Ich will das an keiner Stelle beschönigen. Wir haben in der Tat die Situation, dass der Senat keinen unmittelbaren Zugriff auf die Berliner Bezirksämter hat und dass diese

Aufgabe von den Bezirksämtern wahrgenommen werden und dort auch eine entsprechende Prioritätensetzung vorgenommen werden muss. Wir sind aber eine einheitliche Verwaltung, und deshalb bemühen wir uns selbstverständlich gemeinsam mit den Bezirken, dort zu Lösungen zu kommen und auch die Fachverfahren zu verbessern. Es ist völlig unstrittig, dass das eine Aufgabe ist, die deutlich umfassender ist, als allein eine personelle Verstärkung vorzunehmen.

Um allerdings schnell zu Ergebnissen zu kommen, ist diese personelle Verstärkung unabdingbar. Ich wiederhole noch einmal: Die personelle Verstärkung ist bereits vor Ort eingetroffen. Dafür haben wir gesorgt. Die Einarbeitung findet statt, sodass ich davon ausgehe, dass die Engpässe – ich sagte das – bis Ende des Jahres, Anfang nächsten Jahres beseitigt sein werden.

Dass wir in den Standesämtern danach noch die Arbeitsabläufe reorganisieren müssen, ist auch klar. Beispielsweise müsste geklärt werden, wer für welche Aufgaben in den Standesämtern zuständig ist, ob wirklich jede Aufgabe von Standesbeamten wahrgenommen werden muss oder ob dort auch die Möglichkeit besteht, einzelne Aufgaben von Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeitern zu übernehmen. Sie wissen das schon von der Organisationsuntersuchung. Das ist gerade in der Wortmeldung zum Ausdruck gebracht worden, deswegen ist Ihnen der Sachverhalt da nicht fremd.

Ich muss aber auch noch einmal betonen, dass die Aufgaben in den Standesämtern durchaus komplexer geworden sind. Allein schon bei der Terminvergabe ist festzustellen, ob überhaupt die Berechtigung zur Heirat besteht, und da wir eine Stadt sind, in der Menschen aus, ich glaube, 180 Nationen dieser Welt leben, und auch solche Fälle immer wieder vorkommen, dass Menschen aus unterschiedlichen Herkunftsländern in unserer Stadt heiraten, sind schon allein die Terminprüfungen nicht so einfach, wie es vielleicht das Wort selber darstellt. Das heißt, dort müssen sorgfältige Prüfungen stattfinden, und diese Organisationsuntersuchung hat, wie Sie wissen, bereits stattgefunden. – Ich sage noch einmal: Die Bezirksämter sind dort auf dem Weg, ihre Arbeitsqualität deutlich zu verbessern. Termine – da bitte ich um Verständnis – kann ich für die einzelnen Bezirksämter nicht nennen, da das von Bezirksamt zu Bezirksamt unterschiedlich ist und sich dort auch unterschiedliche Situationen darstellen. Der von Ihnen geschilderte Fall in Mitte ist besonders gravierend, weil das Bezirksamt besonders stark belastet ist. Andere Bezirke sind dort weniger stark belastet.

Vielen Dank! – Dann gibt es eine zweite Nachfrage des Kollegen Lenz. – Bitte schön!

(Senator Andreas Geisel)

Vielen Dank! – Uns ist bewusst, Herr Senator Geisel, dass es nicht ganz einfach ist, das mit den Bezirken zu regeln, aber noch einmal: Sie haben gesagt, in absehbarer Zeit, und haben gesagt, wahrscheinlich Ende des Jahres, Anfang nächsten Jahres. Können Sie heute wirklich kein Datum nennen? Das wäre schon ganz interessant, weil dann auch wichtig ist, wenn dieses Datum wieder einmal nicht eingehalten wird, was das für Konsequenzen hat.

Herr Senator!

Sehr geehrter Herr Lenz! Da auch Sie die Zuständigkeiten im Land Berlin kennen, wissen Sie, dass ich innerhalb der Zuständigkeiten der einzelnen Bezirksämter keine Daten nennen kann, weil es von Bezirk zu Bezirk unterschiedlich ist, und sie sind in der alleinigen Verantwortung der dortigen Bezirksstadträte bzw. Bezirksbürgermeister. Das ist die Verfassungslage, die wir haben.

[Kurt Wansner (CDU): Können wir Ihnen dabei helfen?]

Vielen Dank! – Danach hat die Runde nach der Stärke der Fraktionen ihre Beendigung gefunden. Nun können wir die weiteren Meldungen im freien Zugriff berücksichtigen. Ich werde diese Runde mit einem Gongzeichen eröffnen. Schon mit dem Ertönen des Gongs haben Sie die Möglichkeit, sich durch Ihre Ruftaste anzumelden. Alle vorher eingegangenen Meldungen werden hier nicht erfasst und nicht berücksichtigt.

[Gongzeichen]

Ich gehe davon aus, dass alle Fragestellerinnen und Fragesteller die Möglichkeit hatten, sich anzumelden und beende die Anmeldung.

[Gongzeichen]

Dann verlese ich die ersten zehn Namen: Es beginnt der Abgeordnete Hansel, dann der Abgeordnete Vallendar, gefolgt von der Kollegin Dr. Kahlefeld, dem Herrn Ubbelohde, Herrn Lenz, dem Kollegen Standfuß, Herrn Krestel, Herrn Abgeordneten Wild, Herrn Swyter und dem Kollegen Wansner. – Die Liste der Wortmeldungen, die ich soeben verlesen habe, bleibt erhalten, auch wenn Ihre Mikrofone diese Anmeldung nicht mehr darstellen. Sie können sich also jederzeit wieder zu Wort melden, wenn Sie aus der Beantwortung des Senats Nachfragen haben. – Dann beginnen wir mit dem Abgeordneten Hansel.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Das Scheitern des Projekts zur Deradikalisierung an der Sehitlik-Moschee ist nach Ansicht aller Betroffenen und Beobachter – –

[Regina Kittler (LINKE): Wovon redet der Mann? – Sabine Bangert (GRÜNE): Frage! – Zuruf von Steffen Zillich (LINKE)]

Ach, wissen Sie, machen Sie sich doch jetzt nicht lächerlich! Es gibt immer einen Einleitungssatz, dass man die Frage aus dem Kontext versteht. Darf ich Sie jetzt noch einmal stellen, meine Herren und Damen?

Sie dürfen eine Frage stellen.

Danke! – Dann fange ich noch einmal an. Das Scheitern des Projekts zur Deradikalisierung an der SehitlikMoschee ist nach Ansicht aller Betroffenen und Beobachter die Folge des zunehmend radikalisierenden Einflusses der türkischen Religionsbehörde DITIB an der Moschee, die früher als liberal und offen galt. Ich frage den Senat: Welche Schlussfolgerungen zieht der Senat aus dem Scheitern des Projekts, insbesondere im Hinblick auf seine nach wie vor praktizierte Zusammenarbeit mit der DITIB?

Herr Senator Geisel!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Abgeordneter Hansel! Dem Senat ist im Moment nichts von einem Scheitern dieses Deradikalisierungsprojektes bekannt. Wir gehen dem nach.

Eine Nachfrage des Abgeordneten Hansel – bitte schön!

Danke sehr! – Inwiefern teilt der Senat die Ansicht der Kollegin Jarasch, dass die staatliche türkische Religionsbehörde wegen ihrer Nähe zum De-facto-Diktator Erdoğan kein Partner bei derartigen und ähnlichen Projekten sein sollte?

Herr Senator Lederer!

Wir schätzen das Wirken der DITIB kritisch ein, und wir arbeiten auch nicht über das Maß hinaus mit Institutionen und Einrichtungen zusammen, die in irgendeiner Weise mit DITIB im Kontext stehen, das uns die Religionsfreiheit und die Weltanschauungsfreiheit in dieser Stadt auferlegt – beispielweise im Bereich der Justizverwaltung bei der Gefängnisseelsorge. Alles das, was zwangsläufig geboten ist, was Ausdruck der Religionsfreiheit und Weltanschauungsfreiheit ist, das nehmen wir wahr und ermöglichen wir, ansonsten gibt es eine solche Zusammenarbeit nicht.

Vielen Dank!

Eine weitere Nachfrage gibt es nicht. Dann hat der Abgeordnete Vallendar die Möglichkeit zur nächsten Anfrage.

Nach Angaben des Justizsenators werden derzeit in Berlin 1 633 Personen mit Haftbefehl gesucht. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums belief sich die Zahl der nicht vollstreckbaren Haftbefehle in Berlin per 31. März dieses Jahres aber auf 8 585, darunter allein 3 151 Personen, die wegen religiös motivierter Straftaten gesucht werden.

[Frank Zimmermann (SPD): Darf er eine Rede halten?]

Ich frage den Senat:

[Steffen Zillich (LINKE): Wie viele Verbrecher waren darunter?]