Protocol of the Session on September 13, 2018

Herr Evers! Sie wünschen bestimmt, eine Nachfrage zu stellen? – Bitte schön, dann haben Sie das Wort.

Vielen Dank! – Vielleicht fühlen Sie sich schon als Regierender Bürgermeister angesprochen. Das spräche ja auch Bände. – Aber die Frage ist, wie der Senat gedenkt – und das ist, glaube ich, die alles entscheidende Frage –, das schon durch die Missachtung des Tegel-Volksentscheids erschütterte Vertrauen der Berlinerinnen und Berliner in die direkte Demokratie angesichts eines solchen, nun wirklich als zweifelhaft zu bezeichnenden und auch als solches empfundenen Vorgehens jemals zurückzugewinnen?

Bitte schön, Herr Geisel!

Sehr geehrter Herr Evers! Zunächst einmal: Zum Volksbegehren Tegel hat es eine Debatte im Abgeordnetenhaus und eine entsprechende Beschlussfassung des Abge

ordnetenhauses gegeben, die ich Sie bitte, nicht zu ignorieren. Was das Vertrauen der Bevölkerung in verfassungsgemäßes Handeln des Senats und des Abgeordnetenhauses erschüttern würde, wäre, wenn wir im Senat eine Vorlage zur Abstimmung beschließen würden und dann der Bevölkerung zur Abstimmung geben, die nach meiner Überzeugung verfassungswidrige Elemente enthält.

Ich sage einfach die Beispiele dazu: die Frage, dass dort von intelligenter Videoüberwachung gesprochen wird, obwohl es dafür weder die technischen Möglichkeiten noch die gesetzlichen Voraussetzungen gibt, dass Unterschriften gesammelt wurden, die nahelegen, dass nicht nur eine Überwachung von Bildern, sondern auch von Gesagtem, von Tonaufnahmen ermöglicht wird, dass die Überschrift dieses Volksbegehrens heißt „für mehr Datenschutz“. Das ist ganz offensichtlich irreführend, weil an keiner Stelle in dem Begehren selbst von zusätzlichem Datenschutz die Rede ist. – All das sind Punkte – ich könnte das jetzt noch fortsetzen –, die nach meiner Überzeugung mit der Verfassung nicht in Einklang stehen.

[Zuruf von Burkard Dregger (CDU)]

Und unabhängig von der Frage des Anliegens, an kriminalitätsbelasteten Orten für mehr Sicherheit zu sorgen – auch da gibt es eine Diskussion –, ist das, was uns als Gesetzestext, als Vorschlag vorgelegt worden ist, nach meiner Überzeugung – ich wiederhole es – verfassungswidrig.

[Heiko Melzer (CDU): Sie reden sich um Kopf und Kragen!]

Und deswegen ist es nur recht und billig und rechtsstaatlich, das vom Verfassungsgericht überprüfen zu lassen.

[Heiko Melzer (CDU): Kein einziges Argument zu Ihrer Verfassungswidrigkeit, haben Sie genannt, kein einziges! – Torsten Schneider (SPD): Denken Sie an die Gewaltenteilung! Das muss das Verfassungsgericht überprüfen!]

Herr Evers! Wünschen Sie noch eine zweite Nachfrage zu stellen? Sie müssen nicht!

Ich habe jetzt Elemente des Gesetzentwurfs verstanden, aber keine Begründung Ihrer Verfassungswidrigkeit, das würde mich schon interessieren. Im Übrigen, geben Sie mir vielleicht in einer Nebenfrage auch noch die Gelegenheit nachzuhaken, wann denn mit dem von Ihnen angekündigten Gesetzentwurf für stationäre Videoaufklärung in Berlin zu rechnen ist.

Bitte schön, Herr Senator Geisel!

Sehr geehrter Herr Evers! Ich habe ja schon gesagt, dass sich diese Vorlage an den Senat im Moment im Mitzeichnungsverfahren befindet. Ich bitte Sie jetzt einfach um Verständnis, dass ich, bevor der Senat sich damit nicht befasst und einen entsprechenden Beschluss gefasst hat, das jetzt hier nicht weiter im Detail erörtere. Ich sage Ihnen aber: Im Abstimmungsgesetz zu direkter Demokratie ist eindeutig vermerkt, dass es, wenn der Senat Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit eines Begehrens hat, dann dem Verfassungsgericht vorzulegen ist. Diesem Vorschlag folge ich. Ich hoffe, dass der Senat diesem Vorschlag auch folgt.

[Heiko Melzer (CDU): Was ist mit Ihrer Vorlage? Kommt die gar nicht mehr?]

Vielen Dank! – Für die Zuschauer erlaube ich mir noch den Hinweis: Die mündlichen Fragen werden an den Senat gestellt. Er entscheidet in seiner Zuständigkeit, wer antwortet.

Für Die Linke hat jetzt Herr Dr. Albers das Wort. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Der Innensenator hat einen Fonds eingerichtet zur Entschädigung von Polizisten, die durch ihre Arbeit am Schießstand krank geworden sind. Einer dieser Polizisten ist jetzt leider verstorben, bevor ihm die bewilligten 50 000 Euro ausgezahlt werden konnten. Ich frage den Senator, ob das Geld den Angehörigen ausgezahlt wird. – Vielen Dank!

Für den Senat antwortet Senator Geisel. – Bitte schön, Sie haben das Wort!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die gesundheitliche Situation von Schießtrainern der Berliner Polizei wird seit vielen Jahren öffentlich diskutiert. Ich gehe davon aus, dass Sie den Sachverhalt kennen. Um eine medizinische Klärung herbeizuführen, die Frage zu beantworten, ob eine Kausalität zwischen dem Einatmen von Pulverdämpfen und den zum Teil schweren Erkrankungen von Schießtrainern besteht, hat die Innenbehörde eine Studie bei der Berliner Charité in Auftrag

(Senator Andreas Geisel)

gegeben. Ich gehe davon aus, dass wir Ende dieses, Anfang nächsten Monats das Ergebnis dieser Studie vorgestellt bekommen. Die Charité macht aber schon seit geraumer Zeit deutlich, dass sich durch die Untersuchungsergebnisse wahrscheinlich keine Kausalität bei den Erkrankungen herstellen lässt.

Das macht es schwer, weil mögliche Klagen auf Gesundheitsschädigungen eigentlich nur auf der Basis eines solchen Beweises möglich sind, wenn man das entsprechend herstellen will, Schuldige finden oder Schadenersatzleistungen zahlen will.

Wir haben die Situation, dass wir unterschiedliche Krankheitsbilder bei den Schießtrainern haben, darunter auch einige sehr schwere Erkrankungen. In der Tat sind inzwischen leider einige Schießtrainer verstorben – auch der eben von Ihnen angesprochene Schießtrainer. Ich nutze an dieser Stelle die Gelegenheit, meinem tiefen Bedauern darüber Ausdruck zu verleihen und den Angehörigen mein Mitgefühl auszusprechen.

Der Entschädigungsfonds, den die Koalition auf den Weg gebracht hat, soll es ermöglichen, die erkrankten Personen jetzt nicht jahrelang in Klageverfahren mit ungewissem Ausgang zu schicken, sondern an dieser Stelle schnell zu handeln. Deswegen haben wir einen solchen Fonds eingerichtet und eine Kommission berufen, die Entschädigungen möglicherweise bewerten und dann auch befürworten soll. Diese Kommission hat im Fall des gerade verstorbenen Schießtrainers in der Tat eine Entschädigung in Höhe von 50 000 Euro empfohlen. Im Moment befindet es sich in der Prüfung in der Innenverwaltung, ob diese Entschädigung dann an die Angehörigen ausgezahlt werden kann.

[Holger Krestel (FDP): Zynismus!]

Die juristische Überprüfung ist noch nicht abgeschlossen, aber ich sage hier deutlich, dass ich ein großes Interesse daran habe und es auch als anständig empfinden würde, die Auszahlung dieser Entschädigungssumme auch an die Angehörigen des verstorbenen Schießtrainers möglich zu machen, weil wir zeitlich einfach im Verzug waren und weil es notwendig war, eine schnelle Entscheidung zu treffen. Also ich beantworte Ihre Frage mit einem Ja.

Herr Albers! Haben Sie eine weitere Nachfrage? – Dann jetzt zur Nachfrage Herr Krestel.

Herr Senator! Ich muss Sie jetzt hier wirklich einmal fragen, wie pietätvoll Sie es eigentlich finden, dass Sie jetzt, nachdem die Prüfung der Zahlung für diesen Beamten, die positiv ausgegangen ist, was er selbst nicht mehr erleben darf, erneut prüfen müssen, ob diese Zahlung hier an die Witwe geleistet wird. Es ist ja wohl ein selbstver

ständlicher Grundsatz, dass die Witwe nicht nur diesen Anspruch geerbt hat. Die Familie hat diesen ganzen Schaden, hat das ganze Leiden miterleben müssen. Das ist doch wirklich – entschuldigen Sie bitte! – die Pervertierung von Bürokratie, jetzt einen Prüfvorgang einzuleiten. Da muss man doch mal einfach zahlen und kondolieren und nicht wieder die Akten von links nach rechts drehen.

[Beifall bei der AfD]

Herr Senator, bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Abgeordnete! Herr Krestel! Ich verstehe Ihre Nachfrage in der moralischen Bewertung. Aber da Sie den Sachverhalt und die Familienverhältnisse nicht genau kennen, hat die Nachfrage nicht unbedingt eine sachliche Grundlage.

Ich habe hier deutlich zum Ausdruck gebracht, dass wir Entschädigungen leisten werden, auf freiwilliger Grundlage, so wie es von der Koalition beschlossen worden ist. Ich gehe auch davon aus, dass die Zahlung an die Angehörigen erfolgen wird. Im Moment sind wir einfach noch bei der Feststellung der familiären Verhältnisse und der Beantwortung der Frage, an wen eine solche Auszahlung erfolgt. Mehr habe ich nicht gesagt und mehr kann ich aus Datenschutzgründen auch nicht sagen.

[Holger Krestel (FDP): Das ist jetzt aber eine andere Antwort als eben!]

Eine zweite Nachfrage steht jetzt Herrn Luthe zu. – Bitte schön!

Herzlichen Dank! – Herr Senator! Sie hatten angeführt, dass es sich um eine Entschädigungsleistung in Höhe von 50 000 Euro handeln soll. Sie hatten einmal vorgestellt, dass dieser freiwillige – so nennen Sie es – Fonds einen Betragsrahmen zwischen 2 000 und 80 000 Euro hat. Jetzt ist der Beamte verstorben. In welchen Fällen würden Sie denn den Rahmen von 80 000 Euro als ausgeschöpft ansehen, ungeachtet dessen, dass ich 50 000 Euro für ein Menschenleben als sehr ungeeignet erachte, wo sehen Sie da die Grenze? Wer soll 80 000 Euro bekommen, wenn ein Toter 50 000 Euro bekommt?

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Unfassbar!]

(Senator Andreas Geisel)

Herr Senator – bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Luthe! Sie wissen, dass wir eine unabhängige Kommission beauftragt haben, eine solche Bewertung vorzunehmen, eine unabhängige Kommission, die einen entsprechenden beruflichen Erfahrungshintergrund hat, um solche Fälle medizinisch wie auch rechtlich bewerten zu können. Wir halten uns an die Empfehlungen dieser Kommission. So will ich es auch künftig halten.

Vielen Dank!

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Herr Altug das Wort. – Bitte schön, Herr Angeordneter!

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich frage den Senat: Welche Maßnahmen hat der Senat für die Bewässerung der Straßenbäume und Grünanlagen während der Hitzeperiode in diesem Sommer in Berlin eingeleitet?

Für den Senat hat jetzt Frau Senatorin Günther das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Altug! In der Tat war es einer der heißesten Sommer, wenn nicht der heißeste Sommer, den wir je gesehen haben seit der Wetteraufzeichnung. Ich glaube, allen ist klargeworden, dass wir etwas verändern müssen. Es war nicht nur der Mensch unter Stress, sondern auch die Tiere und vor allem die Vegetation waren es. Deshalb haben wir sogenannte Notfallmaßnahmen eingeleitet. Wir haben den Bezirken im Juli 2018 600 000 Euro zur Verfügung gestellt, damit sie wässern können. Als die Trockenperiode auch über einen längeren Zeitraum nicht beendet war, es immer noch nicht geregnet hat, haben wir noch einmal Geld nachgeschossen. Insgesamt wurden in diesem Jahr, in dieser Trockenperiode 900 000 Euro kurzfristig zur Verfügung gestellt.

Die Bezirke haben die Wässerung dann in Eigenregie übernommen. Auch die Bürgerinnen und Bürger haben sich beteiligt, auch die Berliner Stadtreinigungsbetriebe, das THW, sowie die Berliner Wasserbetriebe haben tat

kräftig mitgeholfen, damit das Schlimmste abgewendet werden konnte. Trotzdem – heute ist es auch wieder zu lesen – haben viele Bäume diese Trockenperiode nicht überlebt. Insoweit steht für die nächsten Jahre noch eine große Aufgabe vor uns. Angesichts der 433 000 Straßenbäume müssen wir jetzt natürlich auch überlegen, wie wir für die Zukunft aufgestellt sind.

Herr Dr. Altug! Haben Sie eine Nachfrage? – Bitte!

Welches Vorgehen bereitet der Senat für künftige Hitzeperioden vor, lautet meine Nachfrage. – Danke schön!