Protocol of the Session on May 31, 2018

[Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Sie regieren hier seit Dezember 2016. Seit Dezember 2016 haben Sie alles verhindert und verschoben,

[Sven Heinemann (SPD): Lüge!]

was darauf hindeutet, dass Sie eine weitere Ausschreibung wollen, weil Sie sich in der Koalition nicht einig sind, ob Sie ausschreiben, direkt vergeben oder direkt übernehmen. Das ist das Problem dieser Koalition, und darunter müssen die Berlinerinnen und Berliner jeden Tag leiden, weil sie nämlich zu wenig Fahrzeuge haben, weil die immer noch nicht bestellt sind, weil Sie sich seit anderthalb Jahren streiten, weil Sie sich seit anderthalb

Jahren im Koalitionsausschuss nicht einig sind. Darüber machen Sie sich mal Gedanken!

[Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf von der FDP: Bravo! – Zuruf von Sven Heinemann (SPD)]

Herr Kollege Heinemann! Eine Anmerkung: Der Unterschied zwischen Unwahrheit und Lüge müsste Ihnen bekannt sein.

[Torsten Schneider (SPD): Aber er hat sich korrigiert, er hat Pinocchio gesagt!]

Der Zwischenruf war „Lüge“ auf eine Aussage des Kollegen Friederici. Das rüge ich jetzt, auch wenn sich’s reimt. – Herr Kollege Wolf, bitte schön!

[Torsten Schneider (SPD): Aber er hat doch Pinocchio gesagt!]

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Friederici! Dieser Beitrag war ja wirklich eine Ausgeburt von Geschichtsklitterung. Wenn Sie beklagen, dass die Neufahrzeuge noch nicht da sind, sondern erst 2021 ausgeliefert werden, dann hat das doch ganz wesentlich damit zu tun, dass die Vorgängerregierung der jetzigen Regierung nicht in der Lage war, eine vernünftige Ausschreibung zu machen. Ich erinnere daran.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Sie haben ausgeschrieben. Daraufhin hat die S-Bahn gegen diese Ausschreibung erfolgreich geklagt. Daraufhin mussten die Ausschreibungsbedingungen geändert werden, ein erheblicher Zeitverzug allein dadurch, dass Sie eine Ausschreibung gemacht haben, die von der SBahn erfolgreich beklagt werden konnte – erster Punkt.

Zweiter Punkt: Diese Ausschreibung war obendrein auch noch falsch aufgesetzt. Die Kopplung der Ausschreibungen für Fahrzeuge und Betreiber hat dazu geführt, dass die Fahrzeuge erst bestellt werden konnten, als der Betreiber am Ende der Ausschreibung feststand. Hätten Sie sich entschieden, einen kommunalen Fahrzeugpool aufzubauen, gleich auszuschreiben und nicht abzuwarten, bis ein Betreiber durch eine Ausschreibung festgestellt wird, dann hätten wir nicht diese Zeitverzögerung und die Neufahrzeuge bereits jetzt. Herr Friederici! Es ist absurd, wenn Sie sagen, Sie haben dafür gesorgt, dass ausgeschrieben wird und die Fahrzeuge rechtzeitig bereitgestellt werden. Das Gegenteil ist der Fall.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Deshalb sage ich: Was Sie hier aufgeführt haben, ist eine absolute Geschichtsklitterung und geht am Problem vor

bei. Das ist einfach der Versuch, wahrheitswidrig – ich kenne den Unterschied – hier Behauptungen in den Raum zu stellen und zu meinen, die Bevölkerung glaubt das. Nein, ich erinnere daran, Sie haben damals versagt.

Und deshalb ist es auch richtig, dass wir in den Interimsverträgen und der wettbewerblichen Vergabe danach zulassen, dass Fahrzeuge, die noch nutzbar sind, auch eingesetzt werden können. Es ist doch absurd, aus purer Wettbewerbsideologie zu sagen: Altfahrzeuge, die noch funktionsfähig sind, dürfen nicht eingesetzt werden. – Das verteuert das Ganze doch zulasten des Steuerzahlers, ist nicht sinnvoll, und deshalb werden wir Ihren Vorschlägen auch nicht folgen.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Für die AfD-Fraktion hat jetzt der Kollege Lindemann das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist eigentlich traurig, dass wir heute über die diskriminierungsfreie Vergabe von öffentlichen Aufträgen sprechen müssen.

[Zuruf von Sven Heinemann (SPD)]

Öffentliche Aufträge sind die Vergabe von Steuergeld, das uns anvertraut worden ist, mit dem wir vernünftig umgehen müssen.

[Beifall bei der AfD]

Es sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, dass wir diskriminierungsfrei ausschreiben, um mit dem Geld der Steuerzahler verantwortungsvoll umzugehen.

[Zuruf von Regina Kittler (LINKE)]

Wir haben jetzt über diese Vergabe schon vor ungefähr einem Jahr im Verkehrsausschuss mit Frau Günther gesprochen. Da kam dann raus, dass sie die Altfahrzeuge zugelassen haben, was eine diskriminierungsfreie Vergabe nicht mehr möglich macht, weil Altfahrzeuge in Berlin nur die S-Bahn hat. Kein anderes Eisenbahnunternehmen hat Altfahrzeuge oder Fahrzeuge, die in Berlin auf der S-Bahn funktionieren. Das liegt an dem speziellen Stromsystem, mit dem die Berliner S-Bahn betrieben wird.

Um die Aufträge diskriminierungsfrei zu vergeben, gäbe es zwei Lösungen: Die erste Lösung wäre ein Umbau der S-Bahn mit Strommasten, damit die S-Bahnen mit Pantographen fahren, wie es außer in Hamburg und Berlin in allen Großstädten in Deutschland der Fall ist. Das kostet ungefähr 1 Million Euro pro Kilometer. Das wäre eine Investition von 400 Millionen Euro, um alles umzubauen.

(Oliver Friederici)

Diese Art der Vergabe würde allerdings zur Verteuerung um 25 Millionen Euro pro Jahr führen. Das müsste man wieder reinholen.

Man könnte natürlich sagen, man möchte es nicht umbauen. Dann könnte man die Verträge für eine entsprechend längere Laufzeit ausschreiben. Damit sich die Neuanschaffung von Fahrzeugen amortisiert, bräuchte man mindestens 20 bis 25 Jahre. Man schreibt die Verträge dann natürlich auch nur mit Neufahrzeugen aus. Die Berliner haben ein Recht auf klimatisierte Fahrzeuge. Sie sollen nicht in heißen, stinkenden Fahrzeugen transportiert werden – wenn die alten Fahrzeuge denn überhaupt fahren und nicht auf den Bahnhöfen liegenbleiben. – Nur diese zwei Möglichkeiten funktionieren.

Es wird hier immer wieder von einer dritten Möglichkeit gesprochen, nämlich von der VEB S-Bahn. Von den linken Tagträumern kommt die Idee, die S-Bahn zu übernehmen. Städtische Betriebe neigen immer dazu, Politiker, die nicht mehr gewählt werden, zu versorgen. Wir möchten keine VEB S-Bahn, wo irgendwelche Politiker versorgt werden. Das lehnen wir ab.

[Beifall bei der AfD – Steffen Zillich (LINKE): Sie kennen den Unterschied zwischen städtisch und staatlich?]

Das ist ähnlich.

[Steffen Zillich (LINKE): Und was ist die S-Bahn?]

Die S-Bahn ist eine Aktiengesellschaft. Die S-Bahn gehört der DB, und die ist eine Aktiengesellschaft.

[Steffen Zillich (LINKE): Ach so!]

Jetzt haben wir zwei Anträge von der CDU und der FDP. Die klingen zu Anfang beide erst einmal gut, wobei die CDU natürlich anfängt, über Altfahrzeuge zu reden. Altfahrzeuge sind nie diskriminierungsfrei, denn nur die S-Bahn Berlin hat sie.

[Torsten Schneider (SPD): Sagten Sie schon!]

Die CDU redet auch davon, irgendwelche Verträge wieder anzufechten, womit man immer rechtliche Streitigkeiten, Probleme für die Berliner und einen Stillstand der SBahn riskiert. Das wollen wir auch nicht. Die FDP hat ihren Antrag ein bisschen schlauer ausgearbeitet. Da können wir zustimmen. Ich hoffe, dass sich der Senat einig wird, dass wir in Zukunft die S-Bahnleistungen diskriminierungsfrei ausschreiben, damit wir einen fairen Wettbewerb haben, damit wir die Kosten senken und damit wir auch für die Berlinerinnen und Berliner neue Fahrzeuge zur Verfügung stellen können. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der AfD]

Die SPD-Fraktion hat eine weitere Zwischenintervention angemeldet. – Herr Abgeordneter Heinemann, Sie haben das Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege von der FDP! Ich mache es kurz, denn das war von dem Kollegen Lindemann von der AfD, der Eisenbahner ist, mehr als peinlich. – Es sind bereits Fahrzeuge bestellt worden, natürlich mit Klimaanlage und den neuesten Anforderungen. Die werden im September auf der InnoTrans ausgestellt und ab 2021 eingesetzt. Die Fahrzeuge, über die wir jetzt reden, werden natürlich noch moderner sein. Die werden dann ab 2025 zur Verfügung stehen.

Zu dem, weswegen ich mich eigentlich gemeldet habe: Sie haben tatsächlich vorgeschlagen, das Gleichstromnetz der Berliner S-Bahn auf Oberleitungsbetrieb umzustellen. Haben Sie das Berliner S-Bahnnetz – Sie müssten es als Eisenbahner eigentlich kennen – vor Augen? Ist Ihnen bewusst, wie viele Probleme es mit Lichtraumprofilen geben würde? Gucken Sie sich mal den Nord-Süd-Tunnel an. Da kriegt man keine Oberleitung unter. Das würde Milliarden kosten, und zwar ohne einen Mehrwert. Wir brauchen funktionierende Züge und funktionierende Technik, aber keinen gigantischen Umbau des Berliner Netzes. So etwas ist zuletzt bei den Germaniaplanungen gefordert worden. Das ist absolut fehl am Platz.

[Beifall bei der SPD und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Herr Abgeordneter Lindemann! Sie haben das Wort. – Bitte schön!

Lieber Herr Heinemann! Ich habe gesagt, es gibt zwei Möglichkeiten. Die erste Möglichkeit ist der Umbau der Berliner S-Bahn. Dazu haben wir Anfragen eingereicht und entsprechende Auskünfte von der S-Bahn über die Kosten und Möglichkeiten bekommen. Man hat uns natürlich auch berichtet, dass es z. B. im Nord-Süd-Tunnel Probleme geben könnte und auch, dass kurze Abschnitte teurer sind als 1 Million Euro pro Kilometer. Das ist klar. Darum habe ich auch gesagt, es gibt noch eine zweite Möglichkeit. Diese besteht darin, die Verträge mit einer vernünftigen Vertragslaufzeit – 20, 25 Jahre – auszuschreiben und nicht nur für vier, sechs oder acht Jahre, wie es teilweise geschieht,

[Sven Heinemann (SPD): Machen wir doch nicht!]

damit es sich für einen Betreiber, der Neufahrzeuge anschaffen muss, auch lohnt und er sich bewerben kann. – Danke schön!

[Beifall bei der AfD – Torsten Schneider (SPD): Wir fühlen uns von der Opposition in die Defensive gedrängt! – Georg Pazderski (AfD): Endlich sehen Sie es ein! – Torsten Schneider (SPD): Mir blutet das Herz!]

Meine verehrten Herren! Ich bitte um Ruhe! Wenn Sie Gespräche führen wollen, gehen Sie bitte nach draußen! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt der Abgeordnete Herr Moritz das Wort. – Bitte schön!