Protocol of the Session on May 31, 2018

Meine verehrten Herren! Ich bitte um Ruhe! Wenn Sie Gespräche führen wollen, gehen Sie bitte nach draußen! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt der Abgeordnete Herr Moritz das Wort. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich gehe in erster Linie auf den Antrag der FDP ein. Sie kritisiert zum einen in ihrem Antrag, dass die Vergabe der Wettbewerbsverträge für die S-Bahnleistungen der Netze Stadtbahn und Nord-Süd auch mit Gebrauchtfahrzeugen möglich sein soll. Zum anderen gibt es Vorschläge für die Folgeverträge. Die S-Bahnbaureihe 481/482 hat momentan die Mitte ihres Lebens erreicht. Das sind 16 Jahre. Die Züge können 30 Jahre fahren. Das haben die technischen Analysen ergeben. Diese Baureihe kann bis 2028, 2033 funktionieren. Bei dieser Konstellation wäre es doch unsinnig und unwirtschaftlich für die Wettbewerbsverträge, die ab 2023 beginnen sollen, neue Fahrzeuge vorzuschreiben. Es würde auch nicht gelingen, dann neue Fahrzeuge zu haben, weil für die Ausschreibung, Herstellung und Entwicklung der Züge sieben Jahre einzurechnen sind. Bis 2023 sind es aber nur noch fünf Jahre.

Das von der FDP gewünschte Vorgehen würde auch geradezu in die nächste S-Bahnkrise führen, weil die Fahrzeuge nicht vorhanden sind. Neue Interimsverträge, Wettbewerb oder wirtschaftliche Vorteile erzielen Sie damit ganz sicher nicht, sondern zusätzliche Interimsverträge würden das eher noch verteuern.

[Sven Heinemann (SPD): Sehr richtig!]

Die jetzige Ausschreibung ist der einzig mögliche Weg. Die Laufzeit der Verträge ist so gestaltet, das parallel Neufahrzeuge entwickelt und am Ende der Laufzeit der Verträge zur Verfügung stehen können. Es gibt auch keine Wiedereinsetzungsgarantie für die Baureihe 481 bei diesen Wettbewerbsverträgen. Um das Dilemma der Lebensdauer der Züge – 30 Jahre – und der maximal möglichen Verkehrsverträge von 15 Jahren aufzulösen, würde in den Folgeverträgen sicherlich die Wiedereinsetzungsgarantie für die Gebrauchtfahrzeuge aufgenommen, so dass im Anschlussvertrag mit den gleichen Fahrzeugen weitergefahren werden kann.

Allerdings sollten wir auch aus der S-Bahnkrise Lehren gezogen haben. Wir brauchen mehr Steuerungsmöglichkeiten für die Qualität des S-Bahnverkehrs. Von daher ist im Koalitionsvertrag von Rot-Rot-Grün vereinbart worden, einen eigenen Fahrzeugpool anzulegen.

Die Markterkundung ist angesprochen worden. Die läuft zurzeit noch. Da werden verschiedene Modelle untersucht, und wir werden entscheiden, welche Variante die günstigste für das Land Berlin ist. Klar ist: Wir brauchen mehr Verkehrsleistung bei der S-Bahn. Dazu brauchen wir mehr Züge. Auch das ist in der künftigen Bestellung schon angedacht. Wir müssen das Netz ausbauen – dazu gibt es auch diese Vereinbarung i2030. Ich denke, unter diesen Bedingungen sind wir auch im Zeitplan, und wir werden entscheiden, was die richtige Lösung ist.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herrn Schmidt?

Ja – bitte schön!

Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Vielen Dank, Herr Moritz! Sie haben jetzt eben gesagt, dass Sie erst einmal die Markterkundung abwarten und dann die verschiedenen Modelle bewerten wollen. Der Kollege Heinemann hat sich sehr stark auf: Wir wollen alles in einer Hand und einen landeseigenen Fahrzeugpool. – festgelegt. Wie wollen Sie denn diese beiden Stellungnahmen innerhalb der Koalition zusammenbringen?

Ganz einfach: Wir werden miteinander reden, und dann werden wir die beste Lösung finden. Die Markterkundung ist jetzt fast zu Ende. Wir werden sie dann zur Auswertung geben, und über die Ergebnisse werden wir uns unterhalten. Dann werden wir eine Entscheidung treffen. Für diese Entscheidung oder für den weiteren Weg hilft Ihr Antrag nicht, weil er nicht gangbar ist bzw. wir in der anderen Hälfte schon lange auf dem Weg sind. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN]

(Gunnar Lindemann)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen nun zu den Abstimmungen. Zu dem Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/0574 empfehlen die Ausschüsse mehrheitlich – gegen die CDU bei Enthaltung der AfD und der FDP – die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich nun um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der CDU. Wer ist gegen diesen Antrag? – Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich der Stimme? – Die FDP und die AfD! Damit ist der Antrag abgelehnt.

Zu dem Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/0585 empfehlen die Ausschüsse mehrheitlich – gegen AfD und FDP bei Enthaltung der CDU – die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich nun um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen FDP und AfD. Wer ist gegen diesen Antrag? – Das sind die drei Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich der Stimme? – Das ist die CDU-Fraktion. Damit ist auch dieser Antrag abgelehnt.

Tagesordnungspunkt 8 steht auf der Konsensliste.

Ich komme nun zu

lfd. Nr. 9:

Verkehrsfluss des Individualverkehres verbessern (II) – Bauen mit Bonus

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Wohnen vom 25. April 2018 und Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 9. Mai 2018 Drucksache 18/1049

zum Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/0020

In der Beratung beginnt die Fraktion der CDU, und hier hat der Abgeordnete Herr Friederici das Wort. – Bitte!

[Torsten Schneider (SPD): Hoffentlich hat er genug Atem!]

Frau Präsidentin! Auch zu später Stunde legt Ihnen die CDU-Fraktion des Abgeordnetenhauses wieder einen wunderbaren Antrag vor,

[Lachen bei der SPD]

mit dem wir der Koalition einige Instrumente an die Hand geben, mit der sie es vielleicht schafft, den Stau, die ewigen Dauerbaustellen und auch das Verkehrsproblem ein Stück weit zu lösen.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Herr Schneider! Ich komme darauf zurück, was Sie mir eben zugerufen haben: Natürlich habe ich noch Luft! – Wir wollen, dass in dieser Stadt die diversen Baustellen auf öffentlichen Straßen schneller fertiggestellt werden, Baustellen dank des vielen Geldes, das wir jetzt verstärkt durch Steuereinnahmen haben, und des SIWA- und SIWANA-Programmes, das wir in der CDU-SPD-Koalition gestartet haben, was Sie glücklicherweise als Koalition fortsetzen. Und wir wollen, dass das auch honoriert wird.

Wir wollen, dass Firmen, die schneller fertig werden, mehr Geld bekommen, und Firmen, die lange brauchen – aus welchen Gründen auch immer –, eine Pönale bekommen und das Land Berlin, d. h. die Bezirke dann auch die Möglichkeit haben, dieses zu reglementieren. Das wird in sehr vielen Städten in Deutschland gemacht. Es ist in vielen Landkreisen bereits probates Mittel. Es sorgt dafür, dass weniger Lärm, weniger Abgase, weniger Stress im Straßenverkehr ist, und es sorgt auch für weniger Unfälle. Das erleben Sie, wie ich sagte, in vielen Regionen Deutschlands, aber nicht in Berlin. Und diesen Umstand wollen wir auflösen.

Wir wollen das Leistungsprinzip auch beim Straßenbau einführen. Ich habe den Verdacht, dass diese Linkskoalition das nicht möchte. Bei Ihrer Gleichmacherei, die Sie normalerweise bei Ihrem politischen Tagesgeschäft an den Tag legen, ist es Ihnen auch völlig egal, ob etwas schnell oder langsam geht. Da wir durch den Länderfinanzausgleich 3,6 Milliarden Euro pro Jahr kriegen, bedeutet das ja, hier braucht sich auf dieser linken Seite keiner anzustrengen. Wir sehen das anders. Es kann nicht sein, wenn ich ein beredtes Beispiel aus meinem Bezirk nennen darf – Steglitz-Zehlendorf: Hildburghauser Straße –, dass an 300 Metern seit zwei Jahren gebaut wird. Es kann nicht sein, dass in der Invalidenstraße an einem wichtigen Kreuzungspunkt sechs Jahre gebaut wurde.

Alles das muss nicht sein, und deswegen wollen wir eine Bonus-Malus-Regelung, deswegen legen wir heute diesen Antrag vor. Wir wollen Verwaltungshandeln stimulieren, und wir wollen den politisch Regierenden, aber auch den regierenden Parlamentsfraktionen deutlich machen, dass wir grundsätzlich eine andere Auffassung haben. Das Leistungsprinzip muss auch im Straßenbau gelten. Wir wollen, dass hier schnell gebaut wird, weil wir in der Tat auch wollen, dass es im Rahmen dieses Bonus-MalusSystems schneller geht, damit wir weniger Unfälle haben und damit wir unsere Straßen für unsere Stadt sicherer machen können.

Wir haben es an einem eindrucksvollen Beispiel bereits erlebt; das war im Jahre 2012 bei der Avus-Sanierung. Da hatte es komischerweise alles schneller geklappt. Die Autobahn wurde plötzlich schneller fertig. Und wenn Sie das auf einige Abschnitte der Stadtautobahn erweitern möchten, in den Zweitausenderjahren:

[Harald Moritz (GRÜNE): Rudolf-Wissell-Brücke!]

Das gab es auch schon mal vereinzelt unter der Rot-RotKoalition.

[Harald Moritz (GRÜNE): Grün!]

Da hat es dieses Bonus-Malus-System gegeben, mit einem Zweischichtsystem bei Bauarbeiten – das ist auch wichtig, denn den direkten Anwohnern von Straßen ist nicht geholfen, wenn sie zwei, drei Jahre im Stau stehen. Wenn man das vielleicht im Zweischichtsystem schneller machen könnte, wenn man den Baufirmen sagt: Wenn ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt eher fertig seid, bekommt ihr mehr Geld: Marktwirtschaftlich gedacht ist jedes Unternehmen damit einverstanden, und es haben auch immer mehr Landkreise, Städte und Kommunen in Deutschland eingeführt.

Sie in Berlin wollen es nicht. Ich hatte schon gesagt, woran es liegt. Und das ist der Grundfehler dieser rot-rotgrünen Landesregierung und der Koalition, die sie stützt: dieses System der Gleichmacherei. Wir verteilen alles schön gleich, weil wir uns sicher sind, das wird schon. Das sehen wir völlig anders. Ich bin mir sicher, einige in der Opposition und außerhalb der Opposition sehen es auch so. Deswegen würde ich Sie bitten, doch noch einmal in sich zu gehen und zu überlegen, ob nicht das Leistungsprinzip bei sachgerechtem, qualitativ anspruchsvollem Straßenbau, was schneller fertig wird, auch endlich einmal in Berlin Einzug hält: für weniger Staub, für weniger Umweltbelastung und natürlich für weniger Unfälle.

Darum bitte ich Sie, an die Regierungskoalition gerichtet, für die CDU-Fraktion um Unterstützung. Diese Bitte darf ich Ihnen noch auf den Weg geben. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Für die SPD-Fraktion hat jetzt das Wort der Abgeordnete Schopf. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Kollege Friederici! Wir haben über das Thema schon einmal im November 2016 beraten, damals noch in Verbindung mit der Debatte über die Arbeit der Verkehrslenkung Berlin. Unsere ablehnende Haltung zu Ihrem Antrag hat sich bis heute nicht verändert. Sie haben sich schon damals vor Ihrer Verantwortung als Teil der Landesregierung gedrückt, und auch heute verschlafen Sie offenbar die Debatten im Verkehrsausschuss.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Dennoch freut es uns, dass die CDU das Anreizsystem durch Bauen mit Bonus, welches bei den AvusBaumaßnahmen unter dem ehemaligen Verkehrssenator Michael Müller angewandt wurde, befürwortet. Gleichwohl: Mit dem Abkupfern von guten Ideen der SPD machen Sie es sich leider zu einfach. Die Verdichtung des Individualverkehrs macht sich vor allem in den kleineren Straßen des Innenstadtbereiches bemerkbar. Sie wissen ganz genau, dass Rund-um-die-Uhr-Baumaßnahmen und Nachtarbeit hier zu einer schwer erträglichen Situation für Anwohnerinnen und Anwohner führen. Sie kennen ebenso die Vorgaben der Bundes- und Landesemissionsschutzgesetze. Kleine Straßen Berlins würden zu einer Dauerbaustelle werden, die Lärmbelastung steigt unter dem Verkehrsfluss bzw. der Verkehr kommt dann erst recht zum Erliegen. Das kann doch nicht ernsthaft in Ihrem Interesse sein.

Und, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU: Seien Sie sich gewiss, dass die Verwaltung ein grundsätzliches Interesse an einem schnellen Baubeginn und zügigen Ablauf von Tiefbaumaßnahmen hat. Umfangreiche und detaillierte Ablaufplanungen ermöglichen schon heute eine enge Terminplanung.

In das Instandhaltungsmanagement für Straßen und Brücken wird investiert. Aber es handelt sich eben um komplexe Baumaßnahmen, die im öffentlichen Raum stattfinden. Hierbei ist unter anderem die Optimierung der Schnittstellen zwischen Leitungsunternehmen und den Bezirken sowie eine gute Planung, Koordinierung und Kontrolle von Relevanz.

Des Weiteren spielt die Vertragsgestaltung eine zentrale Rolle. Ein reines Bonus-Malus-System greift zu kurz und ergibt im Einzelfall lediglich bei alleinigen Baumaßnahmen des Landes oder des Bundes Sinn.

Ebenfalls werde ich nicht müde zu betonen, dass wir für die Verdichtung des Innenstadtverkehrs eine andere, ganzheitliche und nachhaltige Lösung suchen. Hierbei setzen wir in erster Linie auf die Stärkung des ÖPNV. Wir wollen zwar auch einen fließenden Verkehr, aber eben einen fließenden Verkehr durch einen gezielten Ausbau von Straßenbahn, S-Bahn, Radverkehr und Fußverkehr. Lassen Sie uns diesen Fokus beibehalten und die hierfür notwendigen Maßnahmen so schnell wie möglich fertigstellen! Dann reduzieren sich auch sukzessive die Baustellen und Engpässe in unserer Stadt. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Die CDU-Fraktion hat eine Zwischenbemerkung angemeldet. – Herr Friederici, Sie haben das Wort, bitte schön!

(Oliver Friederici)