Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Heinemann! Sie sind ja nun schon ein paar Jahre im Parlament,
aber eine Parlamentsrede damit zu beginnen, Dienstleister des Landes Berlins erst einmal zu beschimpfen – nämlich die S-Bahn und die Deutsche Bahn –
und ihnen zu sagen, sie machten schlechte Arbeit, das geht gegen die Mitarbeiter und das Unternehmen, und das finde ich nicht in Ordnung. Das sage ich Ihnen mal ganz deutlich.
Und da Sie, Herr Heinemann, sich nicht zusammenreißen können und dazwischenbrüllen, sekundiert von Ihrem
parlamentarischen Geschäftsführer Torsten Schneider, kann ich Ihnen sagen: Getretene Hunde bellen! – Ganz einfach.
[Lachen von Torsten Schneider (SPD) – Torsten Schneider (SPD): Trotzdem ist der doppelte Genitiv falsch!]
Es wäre vielleicht ganz wichtig, sich nicht um die Berliner S-Bahn, sondern um den Zustand dieser Koalition zu sorgen.
Diese Koalition, angeführt von einem Regierenden Bürgermeister, der sein Heil in der Rettung seines Wahlergebnisses beim Landesparteitag in zwei Tagen sieht und sich bundespolitisch einen Namen damit machen möchte,
dass er das solidarische Grundeinkommen, das sonst kein Sozialdemokrat gut findet, als Plazet nach vorne stellt,
sollte sich vielleicht einmal um einen stabilen S-Bahntakt und um die Zukunft der S-Bahnnetze kümmern. Da sage ich Ihnen ganz deutlich: Dass die arme Frau Senatorin Günther mit ihrem Staatssekretär Kirchner momentan ein Markterkundungsverfahren durchführt, deckt eine Problemlage dieser Koalition auf. Alle drei Koalitionsfraktionen, wie sie hier sitzen, haben unterschiedliche Auffassungen dazu, wie das zweite und dritte Teilnetz in Berlin künftig betrieben und vergeben werden soll oder ob überhaupt eine Ausschreibung gemacht werden soll. Das ist das Kernproblem dieser Koalition,
und das erinnert uns haarscharf an die Jahre 2001 bis 2011, wo es die rot-rote Koalition verbockt hat, eine Ausschreibung zu machen. Die Fahrzeugkrise, Sie sprachen es völlig richtig an, Herr Heinemann, die war nicht 2008, die hat am 6. Januar 2009 begonnen. Sehen Sie es mir nach, aber zu dem Thema bin ich schon ein bisschen länger dabei. Diese Fahrzeugkrise, die wir seit 2009 bis heute haben, ist ein Ergebnis der Nichtentscheidungsfähigkeit der rot-roten Koalition bis 2011. Es war die Koalition aus CDU und SPD, die ein diskriminierungsfreies Ausschreibungsverfahren mit dem Ergebnis gezeitigt hat, dass in wenigen Jahren neue Fahrzeuge kommen. Das ist die Leistung vor allen Dingen der Union gewesen, nicht die der Sozialdemokraten.
Nein, keine Zwischenfragen! – Stabiler Zeittakt, 30 Prozent mehr Fahrzeuge und eine diskriminierungsfreie Ausschreibung sind das Ziel, das CDU und FDP in ihren fast gleichlautenden Anträgen vorlegen. Ihnen fällt immer nur ein, Nein zu sagen, weil Sie nämlich nicht sagen können, was Sie wollen. Sie wissen nicht, wie Sie das zweite und dritte Teilnetz künftig betreiben wollen.
Sie wollen es am liebsten über eine Direktvergabe machen. Die Linkspartei will es über eine Verstaatlichung machen. Da haben Sie aber mit einem Spieler nicht gerechnet – das ist die Deutsche Bahn. Die denkt überhaupt nicht daran, Ihnen die S-Bahn abzugeben, zu verkaufen oder Ähnliches. Die richten sich danach, was der Markt will. Und die wollen Wettbewerb. Die Deutsche Bahn wie auch viele andere haben auch erklärt, sie wollen eine diskriminierungsfreie Ausschreibung. Man kann sich jetzt darüber streiten, ob man das alles aufteilt in Betrieb, Fahrzeuge und auch das Personal, finde ich vielleicht nicht so gut, wir sollten es in einer Hand haben und vor allen Dingen als Einheitsnetz der S-Bahn. Aber wir müssen eine diskriminierungsfreie Ausschreibung für das zweite und dritte Teilnetz haben. Nichts anderes sagt dieser Antrag. Nichts anderes wollen übrigens auch die Berlinerinnen und Berliner. Wenn Sie an die S-Bahnkrise 2009, 2010, 2011 denken, da hatten wir starke Winter und damals große Probleme bei der technischen Ausrüstung der Fahrzeuge und der Ersatzteilversorgung. Die Mitarbeiter waren zu jeder Zeit sehr willig. Das waren die großen Probleme der damaligen Zeit.
Heute sind es die Probleme, die wir für neue Fahrzeuge lösen müssen. Ich habe von dieser Koalition noch nichts gehört hinsichtlich eines neuen Betriebs des zweiten, dritten Teilnetzes, ob Sie mehr Fahrzeuge wollen, ob Sie neue Strecken wollen. Ich darf nur mal daran erinnern, mein Kollege Danny Freymark hat unlängst einen Antrag über die Wiederinbetriebnahme der S 75eingebracht, und wir haben ihn auch in diesem Parlament schon abgestimmt. Da haben Sie als Sozialdemokraten zuvorderst dagegen gestimmt, dass die S 75 wieder fährt, mit dem fadenscheinigen Argument, es gebe nicht genug Fahrzeuge.
Also ist doch die Konsequenz, dass wir endlich mit dem Ausschreibungsverfahren beginnen. Das Markterkundungsverfahren ist doch nur eine offizielle Begründung, dass Sie sich in der Koalition nicht einig werden. Mit diesem Antrag legen CDU und FDP ein Konzept vor, wie wir dieses S-Bahnnetz 2 und 3 hier künftig mit mehr Fahrzeugen, mehr Personal und mehr Werkstattsicherheit ausgestalten wollen. Das ist ein Konzept für Berlin und den stabilen S-Bahnbetrieb in den nächsten 20 Jahren.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann nicht erkennen, dass sich die Koalition streitet. Sie sind vielleicht nicht mit dem einverstanden, was wir machen, aber das ist dann Ihr Problem.
Sie regen sich auf, wir sind da ganz entspannt. Aber deswegen habe ich mich nicht gemeldet, sondern ich will Ihnen mal eines sagen: Wenn Sie sich hier heute hinstellen und die DB Netz verteidigen, dass das eine Kritik wäre, die unerhört wäre, dann müssen Sie Autofahrer sein und fahren nie S-Bahn. Es vergeht zurzeit kein Tag, wo nicht entweder Weichen oder Signale ausfallen. Und das ist nicht das Problem der S-Bahn Berlin, sondern das ist das Problem der DB Netz. Wir wissen alle, dass hier in das Netz zu wenig investiert wurde. Und wir wissen alle, dass auch die Signaltechnik von Siemens nicht funktioniert. Auch der Konzern Siemens hat eine immer längere Liste, was er in Berlin abzuarbeiten hat, ob das beim BER oder bei der S-Bahn ist.
Das Thema Wettbewerb ist überhaupt nicht strittig. Wir wissen alle, wie die EU-Vorgaben sind. Natürlich wird auch ausgeschrieben, wenn wir es nicht selbst machen. Auch dagegen ist nichts zu sagen, es selbst zu machen, denn schließlich betreibt das Land Berlin mit der BVG das größte Verkehrsunternehmen in Deutschland. Deswegen kann Berlin auch eine S-Bahn betreiben, wenn es das will, aber das ist noch gar nicht entschieden.
Natürlich haben wir gesagt, dass wir angesichts der wachsenden Stadt mehr Fahrzeuge wollen. Das stimmt auch nicht, was Sie hier gesagt haben, das hätten wir nicht gesagt. Wir wollen mindestens 600 Fahrzeuge für die Ausschreibung ab 2025 bestellen. Das sind über 100 mehr als jetzt. Und auch sonst, sage ich mal, haben wir bei den letzten Haushaltsberatungen viel auf den Weg gebracht, was auch für die S-Bahn wichtig ist, und das war mit Ihnen vorher leider nicht möglich. – Vielen Dank!
Herr Friederici! Sie wünschen mit Sicherheit zu erwidern. Dann haben Sie jetzt das Wort – bis zu drei Minuten.
Das reicht gerade so. Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Heinemann! Das war wirklich wieder eine wunderbare Steilvorlage. Sie haben in Ihrem ersten Satz nicht die DB Netz AG erwähnt, sondern die S-Bahn und die Deutsche Bahn. Das ist etwas anderes als die DB Netz AG.
Die DB Netz AG – da haben Sie recht – ist ihren durchaus notwendigen Verpflichtungen in Berlin nicht nachgekommen, das Netz, die Bahnhöfe und die Infrastruktur aufrechtzuerhalten. Davon haben Sie aber nicht in Ihrem ersten Satz gesprochen. Sie haben in Bausch und Bogen die S-Bahn und die Deutsche Bahn genannt, die ihrer Verantwortung nicht nachkämen.
Das habe ich kritisiert, denn das ist ein Anschlag auf die Mitarbeiter der S-Bahn und der Deutschen Bahn,
Und dann darf ich Ihnen noch mal ganz deutlich sagen: Wir sind 2016 aus dieser Koalition von CDU und SPD gegangen. Wir haben für die zweite und dritte Ausschreibung alles vorbereitet.