Protocol of the Session on April 26, 2018

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der heute von der CDU-Fraktion vorgelegte Antrag geht auf eine seit Langem gewachsene Idee zur Stärkung der parlamentarischen Kontrollbefugnisse im Bereich des Verfassungsschutzausschusses zurück. Schon in der letzten Wahlperiode gab es entsprechende Überlegungen, auch in anderen Bundesländern und auf Bundesebene. Das Bedürfnis der Stärkung der parlamentarischen Kontrolle war mit der stetig anwachsenden Bedeutung des Berliner Nachrichtendienstes entstanden. Der Verfassungsschutz nimmt eine immer wichtigere Rolle im Sicherheitsgefüge ein. Zunehmend steht unser gesamtes Staatswesen vor der Herausforderung, sich extremistischen Gefahren entgegenzustellen, sich davor zu schützen. Die Zahl der Gegner unserer freiheitlich-demo– kratischen Grundordnung wächst stetig an. Es entfaltet sich ein immer stärker ansteigendes Bedrohungspotenzial. All das bleibt nicht ohne Folgen. Wir leben in einer wehrhaften Demokratie, wir stellen uns dem entgegen. Sofern die Strafverfolgungsbehörden hier nicht zuständig sind, soweit wir uns im Vorfeld bewegen, ist der Verfassungsschutz zuständig, und der wird in der Folge auch stetig gestärkt. Aufgrund des stetig steigenden Bedrohungspotenzials haben wir bereits in der letzten Wahlperiode eine Verstärkung um 45,5 Stellen in diesem Bereich erreichen können. Das war eine Vergrößerung des Personalkörpers der Abteilung II um ein Viertel. Das war vor allem dem Bewusstsein geschuldet, dass wir aufgrund des hohen islamistischen Extremismuspotenzials hier einiges machen müssen.

Der Kurs wird auch vom rot-rot-grünen Senat – das finde ich bemerkenswert, aber das begrüße ich – fortgesetzt. Wir haben hier in den letzten Haushaltsberatungen eine Stellenverstärkung um weitere 10 Stellen gehabt. Wir hätten uns da viel mehr vorstellen können, aber immerhin, das war ein richtiger und wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Wir alle wissen, wenn wir uns hier ehrlich machen, dabei wird es nicht bleiben. Wir werden weiter in diese Richtung gehen und werden weiter die Sicherheitsbehörden auch im Bereich der Nachrichtendienste ausbauen.

Bei aller Berechtigung dieses Ausbaus, zu dem ich uneingeschränkt stehe, muss man sich aber auch vor Augen führen, dass das den Rechtsstaat fordert. Der Rechtsstaat muss den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel gerade im Vorfeld dauerhaft rechtfertigen. Und über diese Rechtfertigung wacht das Parlament, wacht der Verfas

sungsschutzausschuss. Die Erfahrung in der Praxis zeigt, dass diese Überwachungsaufgabe keine einfache Aufgabe ist. Wir haben zwar Sonderbefugnisse im Verfassungsschutzausschuss, wir stehen aber – das haben wir gemein mit allen anderen Ausschüssen – mit unserem kleinen Personalkörper vergleichsweise größeren Verwaltungseinheiten gegenüber. Das liegt in der Natur der Sache. Bei ehrlicher Betrachtung haben wir noch ein weiteres Erfordernis, nämlich wir stehen Geheimhaltungsbedürfnissen gegenüber. Wir müssen einerseits die Dinge genau betrachten, erkennen, auf der anderen Seite gibt es dieses Bedürfnis. Und wenn wir ehrlich sind, ist das kein geringes Problem, dass wir als Parlament nicht immer in der Lage sind, uns anvertraute Geheimnisse entsprechend zu verwalten, damit entsprechend umzugehen.

Diese beiden Herausforderungen löst der vorliegende Antrag ein bisschen, das ist ein Schritt in die richtige Richtung, und zwar durch die Schaffung eines neuen Instruments, des parlamentarischen Beauftragten. Der Ausschuss soll bei Bedarf einen Beauftragten mit Einzeluntersuchungen beauftragen können. Das kann das jetzige Gesetz eigentlich auch schon, wir haben das nur nicht gelebt. Es gibt da eine Vertrauensperson, die bisher noch nie eingesetzt wurde, und – das ist neu – der Beauftragte soll einen Dauerauftrag bekommen. Er soll eine regelmäßige Kontrolltätigkeit gegenüber dem Verfassungsschutz entfalten – auf die Dauer der Wahlperiode. Der parlamentarische Beauftragte steht für diese Aufgaben einerseits mit seinen zeitlichen Sonderressourcen zur Verfügung, über die wir als Parlamentarier nicht verfügen. Auf der anderen Seite ist er ganz nah an der Behörde dran, er ist dort in der Praxis präsent und kann daher den Geheimhaltungserfordernissen in anderer Weise Rechnung tragen, als wir das als Parlament können.

Die Idee ist nicht ganz neu, der Bund hat es bereits gemacht, ist einen Schritt in diese Richtung gegangen. In der Beratung sollten wir auf diese Erfahrungen zurückgreifen. Wir sollten uns damit beschäftigen. Der Antrag der CDU-Fraktion ist auch als Aufschlag zu einer Debatte gedacht. Ich bin da ganz offen, vielleicht hat jemand ja noch weitere Ideen zur Stärkung unserer Kontrollbefugnisse. Das ist ein gemeinsames Interesse. Denn als Parlamentarier ist meine Haltung völlig klar: Bei aller berechtigten Stärkung der Nachrichtendienste – wir werden da noch mehr tun müssen, das wissen wir alle; wir werden da auch noch mehr tun – ist es auch wichtig, dass das Parlament mit seiner Kontrollmöglichkeit dabei Schritt hält. Dem möchte der Antrag Rechnung tragen. Ich würde mich freuen, wenn wir dann am Ende zu einer guten Lösung kämen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Danke schön! – Für die SPD-Fraktion Herr Kollege Schreiber.

(Präsident Ralf Wieland)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der Kollege Lenz hat mit seiner Fraktion den Gesetzesentwurf eingebracht zum Artikel 36, den er schon richtig zitiert hat. Da geht es im Kern um das Thema der Vertrauensperson. Das soll umbenannt werden in „parlamentarischer Beauftragter“. Der kleine Hinweis sei mir gestattet: Das Instrument ist in der Tat nicht neu, das steht schon im Gesetz. Es ist nur nicht mit Leben erfüllt worden. Von daher ist es eine Sache einer Debatte, die wir schon in der vergangenen Wahlperiode hatten. Ich möchte gern darauf hinweisen, dass die CDU im letzten Quartal hier einen einzelnen Antrag eingebracht hat zu einem anderen Thema. Damals habe ich schon gesagt, dass es doch recht klug wäre, dieses sozusagen komplett zu tun, also Gesetzesänderung einmal zu machen, einmal anzupacken und dann durch verschiedenste Bereiche anstatt Dinge zusammenzupuzzeln oder zusammenzuschustern.

Auf der anderen Seite muss ich sagen, Herr Kollege Lenz, ich glaube, so ein bisschen erkennt man das. Ich habe hier mal was vorbereitet. Sie sehen hier Ihren Antrag; das Rote ist das, was wir damals in der Koalition unter SPD/CDU in der Synopse hatten. Sie sehen, das ist eine ganze Menge. Dann kommt ein bisschen was Grünes, das ist das, was Sie eingefügt haben und als neu verkaufen, und dann noch ein bisschen Begründung. Der Begründungstext ist übrigens aus dem Jahr 2015. Das ist nicht schlimm. Das zeigt aber nur, dass wir damals schon zu Recht viel miteinander diskutiert und divertiert haben, dass wir aber leider zu keinem Ergebnis gekommen sind. Deswegen wollte ich das hier gern noch mal deutlich machen, dass nicht der falsche Eindruck entsteht, dass hier etwas ganz Neues auf den Tisch kommt, sondern wir in der Tat – das will ich auch gegenüber dem Kollegen Lux und anderen sagen – sehr wohl Sprecherrunden zu dieser Thematik hatten und auch gute Ideen, gute Ansätze. Ich finde, das wäre auch ein gutes Instrument, um gerade mit den demokratischen Fraktionen im Verfassungsschutzausschuss hier zusammen gemeinsam etwas auf den Weg zu bringen. Die Koalition hat sich darauf verständigt, auch in der Koalitionsvereinbarung, auch das Verfassungsschutzgesetz anzufassen, anzupacken. Das werden wir natürlich auch tun. Von daher freuen wir uns auf die Debatte, die wir nach der Sommerpause führen werden.

Und zum Schluss zum Änderungsantrag der AfDFraktion, Kollege Gläser wird ja noch mal sprechen: Ich finde, wer schon im Begründungstext das Wort „der Landesgeheimdienst“ verwendet, obwohl es eigentlich ein Nachrichtendienst ist, der zeigt letzten Endes sein individuelles politisches, beschränktes Weltbild. Von daher, glaube ich, ist es nicht ganz so akzeptabel, was Sie da auf den Tisch gelegt haben. Wir werden uns sachlich und faktisch mit den Themen frühestens nach der Sommerpause befassen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Für die AfD-Fraktion hat der Kollege Gläser das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Berliner Landesamt für Verfassungsschutz ist zu verdeckter staatlicher Überwachung der Berliner befugt, was einen heimlichen Eingriff in die Grundrechte der Bürger bis in die Intimsphäre bedeutet. Er blickt auf eine traurige Geschichte von Gesetzesbrüchen zurück. Und auch nach der Reform ist er durch illegale Aktenschredderung aufgefallen.

Es gibt dennoch jetzt mehr Geld, mehr Aufgaben, mehr Befugnisse für den Verfassungsschutz, und die parlamentarische Kontrolle hinkt hinterher. Dieses Manko gilt es auszugleichen, und deswegen ist der Antrag der CDU im Prinzip richtig. Wenn sogar die Union sagt, dass die Kontrolle der Geheimdienste optimiert werden muss, dann muss da ganz schön die Hütte brennen. Sie beantragt, dem Ausschuss für Verfassungsschutz einen Beauftragten zur Seite zu stellen, der sich in Vollzeit der Kontrolle des Geheimdienstes widmet, eine Aufgabe, die keines der Mitglieder dort aus eigener Kraft so in diesem Umfang leisten kann.

Auf Bundesebene wurde dieser gleiche Mangel bereits erkannt und durch einen ständigen Bevollmächtigten des parlamentarischen Kontrollgremiums behoben. Unser Änderungsantrag, den Sie bitte zur Kenntnis nehmen, hat das Ziel, die Erfahrung mit dem ständigen Bevollmächtigten auf Bundesebene zu berücksichtigen und zu korrigieren. So wurde zum einen – ich rede jetzt von dem Bevollmächtigten auf Bundesebene – ein Ministerialbeamter eingesetzt, der möglicherweise befangen sein könnte. Das ist ungünstig. Zum anderen haben die einzelnen Fraktionen, insbesondere jene der Opposition, keinen Einfluss auf den Bevollmächtigten. Er verdrängt vielmehr mit seinem Stab und seinen Mitarbeitern die Arbeit und die pluralistische Kontrolle durch die einzelnen Fraktionen. Damit bewirkt er genau das Gegenteil von dem, was eigentlich beabsichtigt war oder zumindest sein sollte. Da aus Kostengründen nicht jeder Fraktion ein eigener Bevollmächtigter zugestanden werden kann, schlagen wir ein Rotationsprinzip vor, nach dem jede Fraktion für einen bestimmten Zeitraum einen Bevollmächtigten stellen kann. Unserer Auffassung nach muss es sich dabei nicht um einen Juristen handeln, sondern es könnte auch ein investigativer Journalist sein oder ein Computerexperte oder ein Datenschutzexperte. Deswegen bitte ich um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der AfD]

Für die Fraktion Die Linke hat der Kollege Schrader das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will zu Anfang eine grundsätzliche Frage stellen: Sind Geheimdienste überhaupt demokratisch kontrollierbar? – Ich muss sagen, dass ich, je länger ich dem Ausschuss für Verfassungsschutz hier in diesem Haus angehöre, desto öfter auch die Grenzen dieser Kontrolle zu spüren bekomme.

[Ronald Gläser (AfD): Dann stimmen Sie mit ja!]

Denn das Allermeiste, was der Verfassungsschutz tut, bleibt uns ja verborgen. Das liegt einfach in Natur der Sache von Geheimdiensten. Und über das Wenige, das wir wissen, dürfen wir dann oft auch nicht sprechen. Deshalb finde ich, dass es eine wirklich effektive Kontrolle des Verfassungsschutzes eigentlich gar nicht geben kann, und das ist ein Grund dafür, warum wir ihn abschaffen wollen. Solange es ihn aber gibt – und es gibt ihn ja noch; keine Angst, Herr Lenz! –, sollten wir natürlich alles versuchen, um die Kontrolle so weit, wie es irgend geht, zu verbessern.

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Benedikt Lux (GRÜNE)]

Da muss ich in die Richtung der CDU sagen: Neu ist der Vorschlag nicht, den Sie uns unterbreiten – das wurde auch schon gesagt –, aber das ist immerhin seit Langem der erste konstruktive Beitrag von Ihnen zum Thema Verfassungsschutz. Das freut mich. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Lachen bei der FDP]

Worum geht es? – Ein parlamentarischer Beauftragter soll quasi als verlängerter Arm des Ausschusses den Verfassungsschutz kontrollieren. Das hört sich jetzt erst mal gut an, aber ich sage auch: Man kann so etwas machen, aber dann richtig. So, wie Sie es konstruiert haben, ist es eher ein stumpfes Schwert, liebe CDU. Ich möchte nämlich vor zwei Dingen warnen: Erstens darf der parlamentarische Beauftragte kein alleiniges Instrument der Regierungsmehrheit sein. Nach Ihrem Antrag soll er ja mit Zweidrittelmehrheit gewählt werden. Das ist erst mal richtig. Aber warum soll bei besonderen Einzelfällen – also gerade bei brisanten Dingen, wie wir sie in der Vergangenheit hatten, z. B. Aktenschreddereien – die Regierungsmehrheit allein über eine Untersuchung entscheiden. Ich finde, hier sollte auch die Opposition mitmischen können.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und der AfD]

Zweitens: Geheime Kontrolle ist keine Kontrolle. Sie muss, soweit es irgend geht, öffentlich sein. Deshalb verstehe ich nicht, warum der Beauftragte dann dem Ausschuss über die Ergebnisse seiner Untersuchungen nur in geheimer Sitzung berichten soll. Wir haben im Ausschuss das Prinzip: Im Grundsatz wird öffentlich beraten, und im Einzelfall kann die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden. Dieses Prinzip sollten wir nicht umkehren, denn sonst laufen wir am Ende Gefahr, dass wir hinterher eine schlechtere und keine bessere Kontrolle haben, und das wollen wir natürlich nicht.

Das ist meine Kritik, aber ich erkenne an, liebe CDU, dass wir hier eine Diskussionsgrundlage haben, und daran können wir weiter gemeinsam arbeiten. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der CDU]

Nun hat Kollege Lenz das Wort für eine Zwischenbemerkung. – Bitte schön!

Vielen Dank! – Ich wollte zwei Sachen zu den Vorrednern sagen, damit das jetzt nicht falsch verstanden wird, weil da auch Missverständnisse gepflegt werden. Das, was die AfD in ihrem Änderungsantrag beabsichtigt, ist überhaupt nicht das, was mir vorschwebt – überhaupt nicht!

[Ronald Gläser (AfD): Das dachte ich mir schon!]

Es wundert mich auch nicht, weil Sie ja im Grunde den Verfassungsschutz immer nur schwächen und kaputt machen wollen, weil er Sie stört. Wir wollen natürlich nicht, dass hier jeder mal ein halbes Jahr einen Störenfried in der Behörde installiert. Wir wollen die Behörde ja funktionsfähig haben und sie stärken. Wir wollen eine Person, so wie der Bundestag das auch konstruiert hat, die sozusagen Mittler ist zwischen der Verwaltung, der Abteilung II und uns als Parlament und die dann andere Möglichkeiten hat als wir – zum einen, was die zeitlichen Ressourcen angeht, und zum anderen auch, was die Geheimhaltungserfordernisse angeht. Da kann sie einfach anders Gewähr tragen, als wir das als Parlament können. Das ist einfach eine Erfahrung.

Kollege Schrader hat gesagt, dass es nach unserem Vorschlag Einzelaufträge sozusagen nur mit Mehrheit der Regierenden gibt. So ist es aber nicht konstruiert. Wir arbeiten ja mit einem höheren Quorum, und vor allem gibt es einen entscheidenden Unterschied. Das ist neu. Das andere ist ja nie gelungen. Die Vertrauensperson konnten wir ja nie mit Leben füllen. Das ist uns nicht gelungen. Was aber gehen muss, und dazu würde uns der Gesetzesantrag auch verpflichten: Wir müssten zu Beginn der Wahlperiode einen Dauerauftrag auslösen, und im

Rahmen dieses Dauerauftrags würde der parlamentarische Beauftragte natürlich auch die Einhaltung rechtlicher Vorschriften dauerhaft kontrollieren, und oft ist es ja auch so – das kennen wir aus dem Gerichtswesen –, dass allein die Tatsache, dass man weiß, dass jemand drüberguckt, schon eine ganze Menge verändert – im Bewusstsein. Das ist das Ziel, und das ist die Konstruktion. Das ist etwas anderes, und es war mir wichtig, diese Korrektur gleich anzubringen, damit die Debatte nicht auf eine falsche Schiene gerät. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Herr Schrader hat jetzt das Wort zur Erwiderung. – Bitte!

[Zuruf von Holger Krestel (FDP) – Heiterkeit]

Herr Lenz! Jetzt habe ich Sie mal gelobt, und dann kommen wir vielleicht auch zusammen, aber Sie beschweren sich trotzdem noch. Ich möchte aber, damit wir nicht Missverständnisse produzieren, noch einmal darauf eingehen. Ich fand Ihren Antrag für Ihre Verhältnisse schon sehr mutig. Wenn wir so etwas in dieser Richtung machen, hört man aus der CDU immer gleich: Großes Misstrauensvotum gegen unseren Verfassungsschutz! Was fällt Ihnen ein, ihn zu beschmutzen? – Oder so etwas in der Art. – Deswegen bin ich erst mal froh, dass wir da ein bisschen in die gleiche Richtung gehen wollen.

Was meine Kritik an einer Einzeluntersuchung mit Regierungsmehrheit angeht: Das steht so im Text Ihres Antrags. Sie unterscheiden zwischen dem Dauerauftrag und dem einzelnen Auftrag. Der Dauerauftrag ist verbunden mit der Wahl – Zweitdrittelmehrheit. Da gebe ich Ihnen recht. Dann kontrolliert er über einen längeren Zeitraum den Verfassungsschutz. Aber wenn jetzt mal ein einzelner Vorfall passiert – es werden also z. B. Akten geschreddert, es wird irgendwas vertuscht, es werden unrechtmäßig Menschen beobachtet oder so etwas – und dann vielleicht mal eine Minderheit in diesem Haus der Meinung ist, dass diese Person da mal dahintergehen sollte, dann hat sie nicht die Möglichkeit, das im Einzelfall auszulösen. Das kann dann wiederum nur die Regierungsmehrheit machen. Aber diese Möglichkeit für die Minderheit würde die Kontrolle des Verfassungsschutzes effektiv stärken, während das bei der Regelung, wie Sie sie vorsehen, nicht so richtig der Fall ist.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Herr Krestel, jetzt haben Sie das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der hier vorliegende Antrag der CDU ist erst einmal gut gemeint, er wirft aber doch die eine oder andere Frage auf. Wir haben hier alle in der breiten Mehrheit des Hauses Vertrauen in die Arbeit des Berliner Verfassungsschutzes. Wenn wir nun hier diesen zusätzlichen parlamentarischen Beauftragten installieren wollen, müssen wir uns doch erst einmal die Frage stellen – denn das ist ja dann noch eine Stufe höher –, wieso es in der bisherigen Fassung des entsprechenden Paragrafen des Gesetzes nicht gelungen ist, diesen Vertrauensmann zu installieren. Wenn wir das jetzt schon nicht geschafft haben, wird es bei dieser höher angesiedelten Position wohl noch schwieriger werden.

Ich frage mich auch, ob Sie die Funktionalität dieser einzelnen Person nicht zu hoch bewerten in dem Sinne, dass sich der deutsche Beamte und natürlich – so meine ich doch – insbesondere der Beamte, der die Verfassung schützen soll, an die bestehenden Gesetze und seinen Auftrag genau hält. Wenn aber jemand mal vorsätzlich oder fahrlässig dort Fehler oder Fehlgriffe begehen sollte, müssen wir im Ausschuss und auch in der Öffentlichkeit alle hinterher sein, diese Dinge möglichst schnell zu klären. Dieser einzelne Beauftragte wird dort also diese großen Ergebnisse meines Erachtens nicht bringen.

[Beifall bei der FDP]

Das wirft, wie ich schon sagte, einige Fragen auf. Ich freue mich also auf die Beratung im Ausschuss. Ich vermute schon mal – um an Herrn Dr. Efler anzuknüpfen –: Dieses Gesetzesvorhaben wird das Parlament wohl nicht so verlassen, wie es hineingekommen ist.

[Beifall bei der FDP]

Originell ist jedoch der Änderungsantrag der AfD. Durch die dort geforderte Rotation von sage und schreibe sechs Monaten durch die Fraktionen wird die Funktionalität dieses neuen Transparenzkontrolleurs mindestens auf null gebracht – eigentlich unter null, weil jetzt zusätzliche Verfassungsschutzkräfte ständig mit der Ausbildung und der Einweisung der nächsten Neubeauftragten beschäftigt sind. Das ist natürlich die ideale Methode, den Verfassungsschutz ein bisschen zu beschränken. Er bildet jetzt lieber Kontrolleure aus, anstatt nach Verfassungsfeinden zu suchen. Insofern können Sie sich vielleicht mal absprechen, Herr Kollege Schrader und Herr Kollege Gläser! Sie möchten ja den Verfassungsschutz immer ein bisschen eingrenzen.

[Zuruf von Anne Helm (LINKE)]