Protocol of the Session on June 22, 2017

Herzlichen Dank! Herr Kollege Woldeit! Sie haben in der Schilderung Ihrer direkten und indirekten Gewaltszenarien auch den Begriff „Hausbesuche“ verwendet. Nun kenne ich Hausbesuche von den Zeugen Jehovas oder von Vertretern, die Hausgeräte verkaufen. Können Sie diesem Plenum vielleicht erklären, was „Hausbesuche“ in diesem Zusammenhang, den Sie erwähnt haben, bedeuten? – Danke!

Mitunter ist es schon eine Krux. Ich glaube, der Staatsschutz erzählte mir letztens, dass ich neben Frau von Storch die zweitmeistgenannte Person der AfD auf Indymediaseiten bin. Da muss man aber schauen, da gibt es immer wieder Bekennerschreiben. Mitunter, das bedauere ich, nutzt man die Termini von Linksextremen, die das verharmlosend als „Hausbesuche“ bezeichnen. Es ist natürlich ein Einbruch in die Privatsphäre, es ist ein Einbruch mit Sachbeschädigung und Ähnliches, „Hausbesuche“ verniedlichend, wenn immer ich von Linksextremisten zu Hause besucht werde. Die Zeugen Jehovas würde ich gerne einladen auf eine Tasse Kaffee. Diese Menschen, weil sie feige sind, geben mir nicht einmal die

Chance auf eine Tasse Kaffee, weil sie immer weg sind, wenn ich dann komme. Aber dafür besucht mich dann die Polizei abends.

[Beifall von Thorsten Weiß (AfD)]

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Schlüsselburg?

Auch gerne.

Vielen Dank, Herr Kollege! Ich würde vor dem Hintergrund Ihrer Ausführungen gerade gerne von Ihnen wissen erstens, inwieweit Sie zur Kenntnis nehmen, dass die von Ihnen genannte Gegendemonstration in Lichtenberg keine der linksautonomen Szene war, sondern vom Lichtenberger Bündnis für Demokratie und Toleranz, an der demokratische Parteien und zivilgesellschaftliche Akteure teilgenommen haben. Zweitens würde ich von Ihnen gerne wissen, wie Sie es bewerten, dass in Ihrer Fraktion jemand von der Identitären Bewegung beschäftigt wird.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Mindestens einer hat einen Polizisten umgefahren!]

Sehr gerne! – Wenn es eine Demonstration war, die von einem Bündnis von Demokratie- und Toleranzfreunden ausgerichtet wurde, dann finde ich es schon bemerkenswert, dass ein Abgeordneter dieses Hauses mit den Worten begrüßt wird: „Du Schwein! Du bekommst den nächsten Hausbesuch!“, „Freu dich darauf, dass du das nächste Mal wieder Kacke im Briefkasten bekommst!“ – Ich glaube, da sollten wir genau schauen, wer in diesem Bündnis wirklich die Fäden zieht, Herr Schlüsselburg.

[Beifall bei der AfD]

Auch nehme ich sehr gerne Bezug auf den Vorwurf, wir hätten hier ein Mitglied der Identitären Bewegung. Ich glaube, die Identitäre Bewegung hat gar keine Mitgliedschaft. Ich kenne mich da wirklich zu wenig aus.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Ph!]

Ist auch Sache des Landesverbandes, nicht der Fraktion. Der Bundesvorstand hat einen ganz klaren Abgrenzungsbeschluss zur IB.

[Beifall bei der AfD – Hakan Taş (LINKE): Sie haben einen Mitarbeiter der IB! – Benedikt Lux (GRÜNE): Schreiben Sie mal darüber eine Resolution! – Stefan Franz Kerker (AfD): Sie haben Stasi-Mitarbeiter!]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt der Abgeordnete Herr Lux das Wort. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kurz zur Sache: Dieses Haus verurteilt linksextreme Gewalt. Das ist eine Selbstverständlichkeit, und das muss man heute nicht noch einmal beschließen.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Das haben wir getan. Ich erinnere mich daran, als das Auto des Kollegen Dr. Juhnke vor einigen Jahren beschädigt worden ist, da haben wir hier alle gestanden und vereint gegen linksextreme Gewalt geredet. Und ich sage es auch nur, weil die FDP in diesem Parlament neu ist – und die AfD auch – und es vielleicht nicht mitbekommen hat, mitbekommen will, aber sie können ein Plenarprotokoll aus jedem Jahr hier sehen und zitieren. Und Sie werden sehen, in jedem Jahr haben wir als Haus geschlossen linksextreme Gewalt verurteilt.

[Georg Pazderski (AfD): Sie sollen etwas dagegen tun, nicht verurteilen!]

Wir haben sie nicht nur verurteilt, sondern wir haben auch, wie Herr Kollege Schrader das, wie ich finde, sehr differenziert und gut gemacht hat, die Ursachen angeschaut.

Natürlich haben wir als linke Regierung ein Problem damit, wenn Straftäter, Gewalttäter kommen, die sich dann ein linkes Gewand anziehen. Natürlich müssen wir in einer besonderen Form damit umgehen. Natürlich haben wir eine besondere Verantwortung, das Gleiche gilt übrigens auch für Sie, aber Sie nehmen diese Verantwortung überhaupt nicht wahr. Ihre komischen Unvereinbarkeitsschlüsse mit IB, das ist doch alles geheuchelt und gelogen.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Ist es nicht, Herr Kollege! Vergessen Sie das!]

Da hätten Sie erst einmal zu Ihrer eigenen Verantwortung hier stehen können. Diese Chance haben Sie vertan. Wir im Gegenteil beschäftigen uns mit dieser linken Gewalt, und zwar sehr differenziert, sehr tief.

[Georg Pazderski (AfD): Sie laufen mit!]

Ich kann Ihnen hier nur sagen: Linke Gewalt ist ein Dauerproblem in Berlin. Es ist in der Tat, wie Herr Wansner gesagt hat, ein tagtägliches Problem. Deswegen verstehe ich auch die Intention einer auf heute und jetzt gerichteten Resolution nicht. Man könnte sie im Prinzip täglich verfassen. Wir beschäftigen uns mit den Umständen

(Karsten Woldeit)

linksextremer Gewalt. Man muss klar sagen, die Massenmobilisierung gelingt ihnen in Berlin nicht, der 1. Mai war friedlicher denn je,

[Lachen von Georg Pazderski (AfD)]

übrigens ein Erfolg von linken Parteien, die einen Deeskalationskurs fahren, ein Erfolg von linken Parteien, die den Dialog suchen,

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

ein Erfolg von denjenigen in der Polizei, in der Zivilgesellschaft, die gezielt Gewalttäter herausgreifen, aber die anderen in Ruhe lassen. Das ist auch ein Erfolg einer rotrot-grünen Regierung.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Buchholz?

[Zuruf: Welcher?]

Christian Buchholz! – Herr Lux! Eine kurze Frage: Wenn Sie hier in diesem Raum Zwischenrufe tätigen im Sinne, dass Bundestagskandidaten der AfD besser in Haft zu nehmen seien, inwiefern könnten sich da linke Gewalttäter ermuntert fühlen, handgreiflich vorzugehen gegen Auftritte dieser Bundestagskandidaten?

Vielen Dank, dass Sie mir Gelegenheit dazu geben, das zu kommentieren. Das ist eigentlich kalter Kaffee,

[Zuruf von der AfD: Nein!]

aber ich habe mit meinem Zwischenruf, man müsste Ihren Bundestagskandidaten einsperren, darauf angespielt, dass eben jener Bundestagskandidat in einer Debatte gesagt hat, man müsste bei jugendlichen Straftätern sofort Untersuchungshaft verhängen im Sinne eines Erziehungseffekts. Ich habe dann reingerufen, das war etwas scherzhaft gemeint, insofern mein Fehler, weil man Scherze in der Politik nicht versteht, und Sie schon gar nicht, habe darauf angespielt, dass diese Person an sich aus Rechtsstaatsverständnis,

[Georg Pazderski (AfD): Zeigen Sie doch Rückgrat!]

aus dem Verständnis von Gewaltenteilung, unabhängiger Justiz eigentlich kein geeigneter Bundestagskandidat ist und dass man ihn zumindest im übertragenen Sinne, das meine ich heute auch noch, ausdrücklich im übertragenen Sinne, für diese Gesinnung einsperren müsste. Vielen Dank für Ihre Zwischenfrage!

Ich führe dann mal weiter fort: Wir müssen uns heute, wenn wir einen aktuellen Aufhänger haben, auch anschauen, was eigentlich aktuell die Herausforderung bei der Bekämpfung linker Gewalt ist. Ich bin schon sehr erstaunt, dass ich von keinem, der hier für eine Resolution agitiert hat – man müsste sich jetzt gegen linke Gewalt bekennen –, das Stichwort G20 gehört habe. Keiner hat die aktuellen Anforderungen und Anlässe genannt, die die linksextreme Szene als Mobilisierung nutzt, und bei keinem ist ein Wort der Solidarität mit den Berliner Polizistinnen und Polizisten gefallen, die wahrscheinlich mit 3 000 Leuten nach Hamburg fahren werden, um dort einen Globalisierungsgipfel schützen zu müssen, und die natürlich von Linksextremisten und von Linken, die es gern sein wollen, gewalttätig angegriffen werden. Dazu haben Sie sich überhaupt nicht verhalten, und das zeigt auch, wie egal Ihnen das Thema ist, weil Sie sich nicht in der Sache damit auseinandersetzen. Ihnen ist das nur als Vorhalt recht, um eine linke Regierung zu diffamieren, und zwar schlimmer, als wir es je erwartet hätten.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Sebastian Czaja (FDP): Die Ereignisse in der Rigaer Straße und die brennenden Autos scheinen Ihnen egal zu sein!]

Man kann ja durchaus konstatieren, dass linke Gewalt anders geworden ist. Sie hat fremdenfeindliche, sehr menschenverachtende, heimtückische Umstände, und das ist natürlich stark zu verurteilen. Das ist nicht in Ordnung, dass Menschen nur deshalb, weil sie für den Staat arbeiten, angegriffen werden, dass es mittlerweile zum versuchten Totschlag usw. kommt oder dass Leute Hubschrauberpiloten mit einem Laserpointer angreifen und damit üble Schäden verursachen könnten. Das ist überhaupt nicht in Ordnung, und deshalb ist es umso wichtiger, dass wir besonnen, konsequent und rechtsstaatlich mit allen zulässigen Mitteln diese Straftäter ermitteln. Aber wir haben bis heute sehr wenige Straftäter beweissicher ermittelt, und deswegen ist es doch gerade nicht gut, wenn man ein großes Bohei macht – großes Voodoo, Voodoo –, aber es noch nicht einmal schafft, mit den Sicherheitsbehörden, die besser werden müssen, erfolgreich linke Gewalt zu verfolgen. Da erwarte ich auch von Ihnen, hierzu gute Vorschläge zu liefern, bevor Sie die Backen so weit aufblasen.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Herr Wansner! Ich war im Innenausschuss dabei, und ich habe Ihnen zugehört. Ihr erster Satz war: Es gab wieder Gewalt in der Rigaer Straße. – Okay! Übrigens: Da ist der Kollege von Ihnen, der irgendetwas mit Ausräuchern gesagt hat – vor zwei Wochen –, und da sind Sie, der dann gesagt hat: Die Gewalt ist noch schlimmer geworden. – Da stellt sich die Frage: Wie gehen Sie denn jetzt weiter vor? Wie beurteilen Sie denn diese neue Form der Gewalt, wenn Sie vor zwei Wochen schon in meinen Augen verbal das Krasseste gesagt haben, was überhaupt so geht? Sie haben ja überhaupt keine Eskalationsstufe mehr, und damit machen Sie den gleichen Fehler, den

Herr Henkel auch gemacht hat. Sie schlagen wild um sich und verurteilen das Ganze.

Ihr zweiter Satz im Ausschuss war, uns zu unterstellen, wir würden irgendwie mit Gewalt sympathisieren. Da muss ich Sie schon fragen: Wie irre, wie perfide, wie verlogen sind Sie eigentlich, uns zu unterstellen, dass wir Gewalt gegen die Bevölkerung, dass wir Gewalt gegen die Einrichtungen des Staates oder dass wir Gewalt gegen die S-Bahn fahrenden Menschen in dieser Stadt irgendwie gut finden können – mit einer Überschrift, es gebe parlamentarischen Rückhalt für diese linke extreme Gewalt? So wollen Sie mit uns noch eine ernsthafte Diskussion führen? Sehr geehrter Herr Kollege! Das können Sie doch nicht erwarten.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Das ist eine Unverschämtheit. Ich erinnere mich noch daran:

Herr Lux! Kommen Sie bitte zum Ende!

[Beifall von Sebastian Czaja (FDP)]