Hans-Joachim Berg
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Haben Sie recht herzlichen Dank, Herr Präsident! – Herr Fresdorf! Teilen Sie mit mir die Auffassung, dass Sie gegenüber dem Kollegen Schlüsselburg ein wenig unfair gewesen sind, weil Sie ihm ein Wissen unterstellt haben, das er nicht haben kann, denn Herr Schlüsselburg ist zwar Diplomjurist, aber hat nach Kenntnis aus dem Abgeordnetenhandbuch niemals eine Referendarausbildung absolviert?
Ich danke Ihnen, Herr Kollege, dass Sie mir das nach reiflicher Überlegung einräumen. – Halten Sie es für möglich, dass diese sogenannten Rechtsfehler dadurch entstanden sind, dass es bei der Prüfung der Bürgen weniger um eine Bonitätsprüfung als vielmehr um eine Gesinnungsprüfung ging?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Geschäftsordnungsfragen gehören mit Sicherheit nicht zu den politischen Leidenschaftsthemen der Bürger und zum politischen Pflichtwissen über das Parlament. Ich wage allerdings zu behaupten, dass dies auch für den einen oder anderen Kollegen hier im Hause gelten mag. Zu diesem Befund scheint es mir aber eine deutliche Ausnahme zu geben. Nahezu jeder Bürger auf der Straße kann etwas mit dem Begriff Hammelsprung anfangen. Deshalb begrüßen wir es sehr, dass wir heute über dieses Instrument sichtbarer parlamentarischer Demokratie sprechen.
Es ist völlig unstreitig und selbst zwischen parlamentsrechtlichen Feinschmeckern einhellige Auffassung, dass der Hammelsprung einem einzigen Zweck dient: Durch ihn sollen Unsicherheiten über Mehrheitsverhältnisse im Plenum beseitigt werden. Das können Abstimmungen oder Beschlussfähigkeiten sein. Der Hammelsprung stellt nichts anderes dar, als bestehende Mehrheitsverhältnisse in anderer Form sichtbar zu machen.
Dieser Anforderung wird aber die bisher geübte Praxis nicht gerecht. Der gegenwärtige Hammelsprung wird praktisch wie eine völlig neue und zweite Abstimmung durchgeführt. Dies geschieht fälschlicherweise deshalb so, weil das jetzige Verfahren nicht sicherstellt und wohl auch gerade nicht sicherstellen soll, dass tatsächlich dieselben Abgeordneten durch die jeweiligen Abstimmungstüren gehen, die zuvor im Plenum abgestimmt haben. Ganz im Gegenteil! Von allen Fraktionen wird versucht, den Zeitraum von der Ankündigung des Präsidenten zur Durchführung des Hammelsprungs bis zum Wiedereintritt dazu zu nutzen, dass nun Mitglieder an der Abstimmung teilnehmen, die gerade nicht an der Ursprungsabstimmung teilgenommen haben.
(Karsten Woldeit)
Das entspricht zwar einer uralten Tradition und Praxis, widerspricht aber sehr wohl dem Sinn und Zweck des Hammelsprungs als Überprüfung bereits feststehender Mehrheitsverhältnisse zu einem abgeschlossenen Abstimmungsvorgang. Es ist nicht übertrieben festzustellen, dass dieses Verfahren schlicht geschäftsordnungswidrig ist. Es widerspricht zudem dem Grundsatz der Unverrückbarkeit von Parlamentsbeschlüssen.
Diese Feststellung legt natürlich die Frage nahe, warum ein so falsches Verfahren seit einer Ewigkeit angewendet wird. Darauf gibt es eine sehr plausible und, wie ich meine, auch belastbare Antwort: Bei der Einführung des Hammelsprungs waren die Parlamente schlicht noch voll besetzt. Es gab noch jene Personenidentität zwischen Abstimmenden und Ausgezählten, die im Laufe der parlamentarischen Entwicklung abhandengekommen ist und die wir mit unserem Antrag wiederherstellen wollen.
In den früheren Parlamenten war das heute allseits und zu Recht beklagte Abwesenheitsunwesen noch nicht bekannt. Das muss gar nicht an einer größeren parlamentarischen Leidenschaft der damaligen Kollegen gelegen haben, sondern wird auch sehr praktische Gründe gehabt haben. Unsere damaligen Kollegen verfügten nämlich noch nicht über eigene Büros, in denen sie arbeiten konnten. Wir alle kennen die Bilder von Abgeordneten, die ihre Schreibarbeiten sogar auf den Fensterbänken der Parlamentsgebäude erledigt hatten. Und der Plenarsaal war zum damaligen Zeitpunkt noch das wirkliche Zentrum parlamentarischer Arbeit.
Mit unserem Antrag wollen wir den Hammelsprung endlich wieder zu dem machen, wofür er steht. Er steht im Wesentlichen für die Beseitigung von Unklarheiten über ein bereits feststehendes Mehrheitsverhältnis. Wir schlagen deshalb die denkbar einfachste Lösung vor: Die Stimmauszählung erfolgt nicht erst bei Wiedereintritt in den Plenarsaal, sondern bereits beim Verlassen durch die entsprechenden Abstimmungstüren. Nur damit ist Personenidentität sichergestellt und gewährleistet, dass der Hammelsprung nicht geschäftsordnungswidrig den Charakter einer zweiten Abstimmung erhält.
Egal was Sie heute noch zu unserem Antrag sagen werden, um Sachargumente kann es Ihnen leider nicht mehr gehen.
Denn als wir im Geschäftsordnungsausschuss die Gelegenheit zur sachlichen Auseinandersetzung hatten, haben Sie sich der Diskussion beschämend verweigert.
Hier wäre Sacharbeit Ihre Pflicht gewesen. Ich wiederhole das hier ganz bewusst auch für die Öffentlichkeit und
für das Protokoll: Der Geschäftsordnungsausschuss hat sich der Diskussion zu unserem Geschäftsordnungsantrag schlicht verweigert.
Neben ein paar trockenen Halbsätzen unseres sonst geschätzten Ausschussvorsitzenden hatten die Kollegen kein Wort zur Diskussion beizutragen. Ihr betretenes Schweigen machte mehr als deutlich, dass Sie sich Ihrer argumentativen Dürftigkeit sehr wohl bewusst waren.
Legen Sie Ihre parteipolitischen Scheuklappen ab! Schalten Sie Ihr parlamentsrechtliches Hirn ein! Werfen Sie Ihr Parlamentarierherz über die Hürde und stimmen Sie unserem Antrag zu! – Herzlichen Dank!
Meine Damen und Herren! Ich hätte nicht gedacht, dass ich durch die Beiträge, die ich von den anderen Fraktionen gehört habe, in so deutlicher Art und Weise in meinen eigenen Ausführungen bestätigt werde. Sie haben einen ganz zentralen Punkt schlicht nicht verstanden, oder Sie wollen ihn nicht verstehen
Beim Hammelsprung handelt es sich nicht – –
Darf ich, oder darf ich nicht? – –
Erlauben Sie mir das Wort, Frau Präsidentin? – Beim Hammelsprung handelt es sich nicht um zwei Abstimmungen, sondern das ist die Feststellung der Mehrheitsverhältnisse bei der ersten Abstimmung.
Ich habe 30 Jahre Bundestag auf dem Buckel. Sie dürfen glauben, dass ich eine ganze Menge gelesen habe. – Ich sage das bewusst fürs Protokoll, weil ich weiß, dass in Geschäftsordnungskommentaren unsere Debatte hier aufgegriffen und verfolgt werden wird.
Ja!
Ich bin nicht bereit, in einen Brülldialog einzutreten. Ist das Ihr Parlamentsverständnis? – Ich glaube, ja! Das ist Ihr Parlamentsverständnis.
Geben Sie mir die Möglichkeit: Deswegen ist der Hinweis auf Artikel 38 der Verfassung von Berlin falsch,
weil die Abgeordneten bereits an einer Abstimmung teilgenommen haben. Es geht also nicht um die erstmalige Teilnahme an einer Abstimmung, sondern um die zweite Teilnahme an der gleichen Abstimmung, und das ist geschäftsordnungswidrig, weil das Ergebnis gar nicht anders sein kann. Nach dem Grundsatz der Unverrückbarkeit von Parlamentsbeschlüssen kann das nicht wiederholt werden.
Wenn Sie es nicht verstehen wollen, bin ich dankbar, dass im Protokoll dieses Hohen Hauses dieses völlige Unverständnis der anderen Fraktionen über parlamentsrechtliche Grundsätze nachzulesen ist. – Herzlichen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Senatorin Breitenbach hat erklärt, dass Berliner, die sich gemäß § 68 AufenthG verpflichtet haben, für den Lebensunterhalt von Ausländern zu haften, aus dieser Verpflichtung nicht in Anspruch genommen werden sollen. Ich frage deshalb den Senat: In welchem Umfang wird der Senat künftig mit solchen klientelpopulistischen Maßnahmen auch bei anderen Bürgschaften, zum Beispiel bei Privatkrediten, eintreten und die Bürgen freistellen, die von ihnen übernommenen Verpflichtungen nicht ausfüllen zu müssen?
Vielen Dank, Herr Senator, für die Klarstellung. Dann erlaube ich mir aber die Frage: Ist die Äußerung von Frau
Breitenbach dann offensichtlich von mir falsch verstanden worden, oder liegt die Äußerung von Frau Breitenbach nicht auf der Linie des Senats?
Recht herzlichen Dank, Herr Kollege! – Sie, wie auch Herr Dregger, haben uns unterstellt, wir hätten uns den Pakt gar nicht angeschaut. Das ist natürlich eine kecke Behauptung, die ich zurückweise. Ich kann Ihnen auch gleich beweisen, dass wir in diesen Pakt sehr intensiv reingeschaut haben. Wie erklären Sie sich vor dem Hintergrund, dass Sie und auch andere permanent behaupten, der Pakt sei völlig unverbindlich, dass in dem Text des Paktes etwa 90-mal das Wort „Pflicht“ erscheint, etwa 40-mal das Wort „Gewährleistung“, etwa an 30 Stellen das Wort „Sicherstellung“ und dass darüber hinaus verabredet worden ist, dass ab 2022 die Umsetzung und Durchsetzung dieses Paktes in einem vierjährigen Rhythmus kontrolliert werden soll? – Danke schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zu Beginn meines Beitrages will ich kein Gedicht zitieren, sondern – vielleicht ist es ein ganz guter Anlass – das Grundgesetz:
Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft … benachteiligt oder bevorzugt werden.
Ich will nun nicht behaupten, dass die Autoren des Koalitionsantrages diesen zentralen Satz unseres Grundgesetzes nicht kennen. Sicher ist aber, dass sie diesen Satz als Verfassungsauftrag nicht ernst nehmen. Sicher ist, dass sie weder den staatlichen Institutionen noch den Bürgern unseres Landes zutrauen, Diskriminierung zu erkennen, zu bekämpfen und zu beseitigen.
Schauen wir einmal auf die Fakten. Laut Statistischem Bundesamt leben in Deutschland 539 385 Menschen mit afrikanischer Staatsangehörigkeit, ein Anteil von etwa 0,65 Prozent an der Gesamtbevölkerung. Der Anteil der sogenannten Afrodeutschen in der Berliner Bevölkerung beträgt nach Schätzungen rund 1,9 Prozent.
Angesichts der Zahlen stellt sich die Frage, warum gerade diese Gruppe von Menschen herausgestellt und besonders gefördert werden soll. Und stellt die Nichtförderung von anderen Minderheiten dann nicht eine schwerwiegende
(Dr. Susanne Kitschun)
Diskriminierung dar? Wer ständig neue Vorschriften, Aktionen und Organisationen erfindet, weil er die bestehenden nicht konsequent anwendet, setzt sich dem Verdacht aus, nicht Probleme beseitigen zu wollen, sondern die Diskussion über Probleme als ideologischen Selbstzweck zu betreiben.
Und genau darum handelt es sich bei dem Antrag der Koalition. Anstelle mit Konsequenz gegen alltäglichen Rassismus und Antisemitismus in unserer Stadt vorzugehen, flüchten Sie in neue Programme, Projekte und Partnerschaften.
Ihr Antrag bereitet die Grundlage für weitere selbstreferenzielle Betroffenheitsnetzwerke, die mit Millionen von Euro Steuergeldern Diskriminierung nicht beseitigen, sondern unserem Land eine nahezu groteske Kolonialismusdebatte aufzwingen wollen.
Die politische Linke in Deutschland lässt keine Gelegenheit aus, die Frage nach der deutschen Identität für nahezu unanständig zu halten. Mit umso größerer Besessenheit werden aber die Identitätssuche und Identitätspflege anderer Völker zur Menschheitspflicht verklärt.
Jede Minderheit hat nach Ihrer Lesart ein Anrecht auf Identität. Nur wer Mehrheit ist, hat kein Recht, seine Identität zu leben.
Das ist genau die Situation, die Thilo Sarrazin mit einem Buch „Deutschland schafft sich ab“ so zutreffend und erfolgreich beschrieben hat.
Diese Art von Wiedergutmachungsrassismus wird die AfD-Fraktion nicht unterstützen und Ihren Antrag selbstverständlich ablehnen.
Die Koalition muss sich schon fragen lassen, ob sie mit ihrem Antrag nicht selbst einem ganz massiven Rassismus verfallen ist, denn die ausschließliche Fokussierung auf Benachteiligung von Schwarzen ist auch eine Ausgrenzung. Ihr weißer Blick auf schwarze Probleme offenbart genau die Bevormundung, die Sie angeblich bekämpfen wollen.
Mit welchem Recht versagen Sie den Angehörigen anderer Rassen Ihre politische Fürsorge? Glauben Sie, dass die Leiden von Schwarzen es rechtfertigen,
über die Leiden anderer zu schweigen? Wir sollten uns davor hüten, einen Kampf um die Spitze der weltweiten Opferpyramide zu unterstützen. Rassismus und Diskriminierung sind farbenunabhängig,
und leider ist die Hoffnung von Nelson Mandela auf ein farbenblindes Afrika unerfüllt geblieben. Ja, auch Opfer von Rassismus und Diskriminierung können Täter von Rassismus und Diskriminierung sein. Wir können die Augen nicht vor den millionenfachen Massakern in Ruanda verschließen. Wir können den Rassismus der südafrikanischen Regierung gegenüber weißen Farmern nicht übersehen.
Wir können das Morden von Ausländern gleicher Hautfarbe in Südafrika nicht ausblenden.
Unsere Ablehnung von Rassismus und Diskriminierung erfolgt eben nicht aus Ihrer Perspektive des Wiedergutmachungsrassismus, sondern aus der Überzeugung von der unteilbaren Würde und Eigenverantwortung der Menschen aller Hautfarben. – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Koalition simuliert mit ihrem Antrag für ein Bibliothekskonzept nur ein ernsthaftes Bemühen, die Situation der öffentlichen Bibliotheken in unserer Stadt zu verbessern. Nach ihren eigenen Vorgaben soll diese Simulation auf jeden Fall bis zum 30. Juni nächsten Jahres verlängert werden. Was danach geschehen soll, steht in den Sternen.
Wer wirklich die Bibliotheken in unserer Stadt voranbringen und zukunftsfähig machen will, sollte zunächst den Bericht der Expertenkommission aus dem Jahre 2005 auswerten und erst dann nach neuen Experten rufen. Wem dieser Expertenbericht zu lange zurück liegt, der hätte sich wenigstens mit den offenen Briefen des Arbeitskreises Berliner Stadtbibliotheken von 2017 ernsthaft auseinandersetzen sollen.
Der Kultursenator lobt sich in seiner Antwort vom 6. Juni 2017 an den Arbeitskreis wie folgt – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten:
Mit der „Zukunftsstrategie“ für die Berliner öffentlichen Bibliotheken hat die Kulturverwaltung mit den Bezirken eine vom Senat beschlossene Strategie.
Was ist diese sogenannte Strategie von 2017 wert, wenn die Koalitionsfraktionen ein Jahr später schon wieder eine neue Strategie entwickeln lassen wollen?
Ihr Konzeptantrag ist offenbar nichts weiter als eine Vorlage für weiteres Nichtstun. Anstatt sich als Parlamentarier ernst zu nehmen und dem Senat ernsthafte inhaltliche Hausaufgaben zu diktieren, listen Sie in Ihrem Antrag im Wesentlichen nur eine Reihe organisatorisch-bürokratischer Vorgaben auf.
Dabei haben es unsere öffentlichen Bibliotheken in den Schulen, in den Bezirken, in den wissenschaftlichen Institutionen und in der Landesbibliothek selbst mehr als verdient, endlich eine verbindliche, zukunftsorientierte, technische, finanzielle, personelle und schließlich auch bauliche Perspektive zu erhalten. Denn noch immer gilt: Wo Bücher sind, da ist auch Bildung. Deshalb ist es eine unersetzliche öffentliche Aufgabe, diesen Zugang nicht
nur jedermann niederschwellig zu ermöglichen, sondern zum Lesen geradezu zu verführen.
Dazu leisten Sie leider keinerlei inhaltlichen Beitrag. Ihr ganzer Antrag vermittelt den Eindruck, dass Sie sich hier ein parlamentarisches Fleißkärtchen ausstellen lassen wollen, ohne wirkliche parlamentarische Fleißarbeit geleistet zu haben. Diese dünne parlamentarische Wassersuppe werden wir mit Ihnen nicht gemeinsam auslöffeln. Wir lehnen Ihren Antrag deshalb ab. – Danke!
Ganz herzlichen Dank! – Freut mich, dass ich Ihrer Irritation durch körperliche Anwesenheit entgegenwirken konnte. Übrigens warne ich jemanden davor zu behaupten, ich sei entlassen worden. Das ist eine falsche Tatsachenbehauptung.
Herr Kollege! Können Sie sich vorstellen, dass bei der Suche nach Schwachstellen im Zusammenhang mit den skandalösen Ausbrüchen ein Blick in die erste Reihe der Senatsbank hilfreich wäre?
Herzlichen Dank! Herr Kollege Woldeit! Sie haben in der Schilderung Ihrer direkten und indirekten Gewaltszenarien auch den Begriff „Hausbesuche“ verwendet. Nun kenne ich Hausbesuche von den Zeugen Jehovas oder von Vertretern, die Hausgeräte verkaufen. Können Sie diesem Plenum vielleicht erklären, was „Hausbesuche“ in diesem Zusammenhang, den Sie erwähnt haben, bedeuten? – Danke!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herzlich willkommen zur ersten Debatte über ein Schlossgespenst in diesem hohen Hause. Aufgescheucht hat dieses Schlossgespenst ausgerechnet die Stiftung Zukunft Berlin mit ihrem Versuch, aus den Tiefen uralter Schlossdebatten die Frage der historischen Rekonstruktion neu aufzuwerfen. Bei der bekannten Prioritätensetzung dieses Senates, seien es abstruse Klosettkategorien, die Metropole
der Einwegbecher oder Haftverschonung für Berufsverbrecher, kann es kaum verwundern, dass Kultursenator Lederer sich sogleich an diesem Gespenstertanz beteiligt hat. Die Linke bläst die Sache nun zu einem Nachhutgefecht in einem erfolglosen Kulturkampf auf. Offensichtlich ist ihr der Phantomschmerz über den Verlust von Hammer und Sichel an der Stelle des jetzigen Schlossportals in die Glieder gefahren.
Die linken Kulturkämpfer haben eine Tonlage eingelegt, als ob es darum ginge, dass wiedererstandene Schloss durch einen finsteren Spendencoup plötzlich in einen Kirchenbau umwidmen zu wollen. Was für ein Blödsinn! Deshalb sagen wir: Das Kreuz an dieser Stelle ist kein Zeichen einer christlichen Inbesitznahme, sondern ein historisches Zitat. Durch den Traditionsbruch vom Gottesgnadentum hin zur Volkssouveränität hat das Kuppelkreuz seine damalige Symbolwirkung verloren. Dass die Linke dieses Zitat löschen will, ist genau jene Art von Geschichtsverachtung, die schon immer Gesinnungsdiktaturen ausgezeichnet hat.
Wer den neuen Menschen schaffen möchte, für den sind die Wurzeln der Vergangenheit kein Halt, sondern eine Bedrohung. Niemand wird durch das Kreuz auf der Kuppel gezwungen, Christ zu werden, aber auch das Kreuz und nicht nur das auf der Kuppel, gehört zum Bestandteil unserer Geschichte.
Die CDU versucht mit ihrem Antrag, den Glanz des goldenen Kreuzes auf der Schlosskuppel auf ihr verblassendes C umzulenken.
Das ist ebenso durchsichtig wie vergeblich. Es ist doch reiner Zeitgeistopportunismus, wenn die CDU das Schloss als Produkt der europäischen Kultur darstellt.
Wo ist sie?
Versuchen Sie es mal!
Ganz herzlichen Dank für die Frage! Sie sind für Ihre Frage verantwortlich, und ich bin für meine Antworten verantwortlich, und ich rede über das Kuppelkreuz, das auf die Kuppel gehört. – Herzlichen Dank!
Nein, das Berliner Stadtschloss war über die Jahrhunderte seines Werdens hin das Produkt preußischen Herrschaftswillens und preußisch definierter Architektur und Kunstmeisterschaft. Sehen wir mal hinsichtlich der Meisterschaft über den eingestürzten Münzturm hinweg! Da gibt es nichts zu relativieren und zeitgeistig einzuordnen, wie es die CDU macht. Das Berliner Stadtschloss war das Schloss preußischer Herrscher, und unsere demokratische Republik hat sich dieses Schloss selbstbewusst neu angeeignet, und das ist auch gut so.
Die Union verkennt die Rechtfertigung und den Sinn der beschlossenen und genehmigten historischen Rekonstruktion, wenn sie ihren Antrag mit dem Satz schließt: Auf die Kuppel gehört ein Kreuz. – Nein, auf die Kuppel gehört eben nicht ein Kreuz. Auf die Kuppel gehört das Kreuz, und zwar das Kreuz als Bestandteil der gesamten Fassadenrekonstruktion.
Mit ihrem Antrag scheint die Union der Kritik der Linken recht geben zu wollen, dass das Kreuz an dieser Stelle und in diesem Zusammenhang als christliches Auftrumpfen missverstanden werden soll. Aber genau dieser Bedeutungszusammenhang verbietet sich, wenn man Bundestagsbeschluss und Baugenehmigung ernst nimmt. In beiden kommt das Kuppelkreuz nicht vor. Das muss es auch gar nicht, weil keines der Hunderte von Fassadenelementen tabellarisch erwähnt wird. Gewollt und genehmigt ist die historische Rekonstruktion der Schlosshülle. Das wird auch genauso kommen und wenig Rück
sicht darauf nehmen, ob der eine oder andere sich innen mehr Preußen und außen mehr Palast der Republik gewünscht hätte. Deshalb sollten alle Seiten das Kreuz auf der hohen Kuppel religionspolitisch niedriger hängen.
Die AfD-Fraktion wird sich deshalb dem Antrag der CDU-Fraktion nicht anschließen können. So, wie wir uns durch das Schlossgespenst der Linken nicht aufschrecken lassen, lassen wir uns auch von der durchsichtigen Anbiederei der Union nicht vereinnahmen. Mit unserer Enthaltung unterstreichen wir, worum es ausschließlich und auch völlig ohne Unionsantrag geht: Das Kreuz gehört auf die Kuppel, das Kreuz kommt auf die Kuppel, und das ist gut so. – Herzlichen Dank!
Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass ich entgegen Ihrer Ausführung Folgendes gesagt habe? – Das Berliner Stadtschloss war das Schloss preußischer Herrscher, und unsere demokratische Republik hat sich dieses Schloss selbstbewusst neu angeeignet, und das ist gut so. – Danke schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! ich frage den Senat zu folgendem Sachverhalt: Der Regierende Bürgermeister hat in der Sitzung dieses Abgeordnetenhauses am 24. November letzten Jahres auf die Frage nach seiner Kenntnis von einem staatsanwaltlichen Ermittlungs
(Bürgermeister Dr. Klaus Lederer)
verfahren gegen den Chef der Senatskanzlei, Staatssekretär Böhning, laut Protokoll, Seite 41, geantwortet – ich zitiere –:
Wie der Verfahrensstand bei der Staatsanwaltschaft ist, kann ich nicht beurteilen. Diesen Verfahrensstand kenne ich nicht.
Zitat Ende.
Herr Regierender Bürgermeister! Wann und wie haben der Chef der Senatskanzlei oder der Justizsenator über die Eröffnung des Ermittlungsverfahrens unterrichtet?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wer von Transparenz spricht, meint allzu oft nicht wirkliche Durchschaubarkeit, sondern eher die Möglichkeit, auch dort mitzuentscheiden, wo keine eigene Entscheidungsverantwortung liegt. Die allgegenwärtige Einbeziehung der wie auch immer Betroffenen wirkt zwar transparent, bewirkt aber nicht selten das Gegenteil von Transparenz, nämlich Scheintransparenz. Es ist kein Ausbund von Intransparenz, wenn der kulturelle Akteur an der Spitze sich nicht vorrangig den Akteuren in der Breite vermitteln muss. Die Annahme, einen Auswahlprozess gestalten zu können, der die Mitarbeiter intensiv einbindet und gleichzeitig eine öffentliche Personaldiskussion vermeidet, ist eine Scheinlösung. Wer Spitzenpersonal nicht öffentlich verbrennen möchte, der darf es nicht halböffentlich unter Feuer stellen. Es sollte keine Zumutung für die Akteure sein, von ihnen die Einsicht zu erwarten, dass es Betroffenheit nicht nur auf der Bühne, sondern auch vor der Bühne gibt.
Zu begrüßen ist es, dass in den Ausschussberatungen davon Abstand genommen wurde, Intendantenverträge in allen Einzelheiten offenlegen zu lassen. Die Attraktivität eines Intendantenvertrages macht sich allerdings bei Weitem nicht an der bloßen Gehaltszahlung fest. Wirklich spannend ist es mitunter, wie die zahlreichen Nebenregelungen gestaltet sind. Ich nenne als Beispiel: Welche Präsenzpflichten bestehen? Welche Nebentätigkeiten sind gestattet? Welche Aufgaben dürfen in welchem Umfang und auf wessen Kosten wem übertragen werden?
Alle Forderungen nach Transparenz im hohen Kulturbetrieb müssen sich außerdem einer sehr banalen Erkenntnis beugen. Wer z. B. die Tagebücher von Fritz Raddatz, Thomas Bernhard oder Martin Walser liest, erfährt, dass die schönen Künste dann doch außerordentlich heftig nach dem schnöden Mammon greifen. Wer hier die Büchse der Eitelkeiten öffnet, darf sich nicht wundern, wenn Vertragsverhandlungen zu Transferzockereien entarten.
Die sehr sachliche Diskussion im Kulturausschuss gibt Anlass zur Hoffnung, dass wir als Parlament dem Senat für die weiteren Diskussionen um Spitzenbesetzungen im Kulturbereich wichtige Leitgedanken mit auf den Weg
geben konnten. Meine Fraktion ist der Auffassung, dass es sich der FDP-Antrag mit der Gesamtthematik allerdings doch etwas zu einfach gemacht hat. Für eine Zustimmung haben wir uns mehr erwartet, als nur den Senat aufzufordern, ein Konzept vorzulegen. Die AfD-Fraktion wird sich deshalb der Stimme enthalten. – Ich danke Ihnen!
Herzlichen Dank! – Frau Senatorin! Sie haben jetzt mehrfach das Wort Teileröffnung erwähnt. Welche Konzepte für Teileröffnungen bestehen dann? Geht es darum, dass der Fanshop eröffnet wird, dass die Toiletten eröffnet werden, möglichst gendergerecht, oder welche Teile der Staatsoper sollen eröffnet werden? – Danke schön!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Senat: Welche Rolle spielen die kommerziellen Interessen des Vivantes-Konzerns bei der geplanten Zerstörung des Naturdenkmals Leonorenpark in Lankwitz durch Umwidmung in Bauland?
Ja, auf jeden Fall! – Wenn ich feststelle, dass der Senat mit zwei Mitgliedern im Aufsichtsrat des VivantesKonzerns die kommerziellen Interessen dieses Konzerns über Naturschutz und Lebensqualität vieler Menschen stellt, wie können Sie dem mit Anspruch auf Glaubwürdigkeit entgegnen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie kann man einer im Grunde guten Sache möglichst großen Schaden beifügen? – Indem die falschen Leute zur falschen Zeit die Sache aufgreifen.
Lassen Sie mich zunächst zum falschen Zeitpunkt kommen! Es ist wirklich grotesk, dass diese Koalition ausgerechnet jetzt das augenscheinlich zentrale Thema der Berliner Politik, den bisher von kaum jemandem zur Kenntnis genommen Vertrauensanwalt, als dringlichen Antrag in diese Plenardebatte gedrückt hat. Meine Fraktion hat bewusst darauf verzichtet, die Frage der wirklichen Dringlichkeit dieses Antrags im Sinne von § 59 unserer Geschäftsordnung zu problematisieren. Nein, wir wollen
(Sven Kohlmeier)
schon, dass die Bürger unserer Stadt erfahren, was diese Koalition in der gegenwärtigen Situation unserer Stadt für dringlich hält. Unsere Stadt ist vor keinen vier Wochen Ziel des gewalttätigsten islamisch motivierten Terroranschlags in unserem Lande geworden. Da gab es keine Dringlichkeit mit angemessenen konkreten Sicherheitsvorkehrungen, die zur Sicherheit unserer Bürger beigetragen hätten. Da gab es keine Dringlichkeit mit deutlicher Führung und Richtlinienkompetenz. Dringlich war aber dem Herrn Justizsenator ausgerechnet die Einführung abstruser Klosettkategorien.
Ja, so kann man Prioritäten setzen. Und wir sagen: In den vergangenen Wochen hat diese Koalition so gut wie alle Prioritäten in den Sand gesetzt.
So falsch wie der Zeitpunkt sind die politischen Kräfte, die sich ausgerechnet jetzt des Vertrauensanwaltes bemächtigen wollen. Wahrscheinlich wird es nicht nur mir so gegangen sein, als ich Ihren Antrag zum ersten Mal überflog und die Stichworte „dringlich“ und „Korruptionsbekämpfung“ las. Alle Achtung, konnte man meinen, der Senat schafft es zwar nicht, seinen Stasi-Staatssekretär zu entlassen, aber jetzt machen die wenigstens Schluss mit der Korruptionsaffäre um den Leiter der Senatskanzlei. – Das war offensichtlich zu optimistisch. Aber wir sind dennoch dankbar, dass diese Koalition selbst das Thema Korruptionsbekämpfung aufgreift. Denn Ihre Partei, Herr Regierender Bürgermeister, ist es doch, bei der jedem Berliner Bürger das Stichwort vom roten Filzhaus einfällt.
Herr Regierender Bürgermeister! Wenn Sie das Thema Korruptionsbekämpfung wirklich so ernst meinen würden, wie es der Koalitionsantrag vorspielen will, könnten Sie gleich bei sich in Ihrem Senat damit anfangen.
[Beifall bei der AfD – Vereinzelter Beifall bei der FDP – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Jetzt würde ich mal ganz vorsichtig sein! Werden Sie mal konkret! Sind wir wieder im Postfaktischen? – Zuruf von den Grünen: Unglaublich!]
Sie entsorgen einen Bausenator, dessen Offenheit für Spenden von Bauinvestoren legendär ist, ausgerechnet als Innensenator. Sie halten einen Staatssekretär, dessen Verhältnis zur Korruption Gegenstand staatsanwaltlicher Ermittlungen ist. Dieses Haus wartet im Übrigen immer noch auf die Beantwortung der Frage, wann und wie der Leiter Ihrer Senatskanzlei von den Korruptionsuntersuchungen der Staatsanwaltschaft gegen ihn erfahren hat und wann und wie er seiner Beamtenpflicht nachgekommen ist, den Regierenden Bürgermeister davon zu unterrichten.
Und weil wir gerade bei Ihren Staatssekretären sind: Sie halten einen Staatssekretär, der ein sehr eindeutiges Verhältnis zur Staatssicherheit der DDR hat. Und sie halten eine Staatssekretärin, die ein bedeutend weniger eindeutiges Verhältnis zum Islamismus hat.
Die Einbettung Ihres sogenannten Dringlichkeitsantrags in das allumfassende Fehlstartszenario dieser Koalition ist in allem auch ein Tort, den Sie der Institution des Vertrauensanwalts antun. Die zahlenmäßig sehr spärlichen Erfahrungen des Vertrauensanwalts gaben bisher keinen Anlass, die Aufgabe zu überschätzen. Auch nach unserer Auffassung lohnt es sich, in den Ausschussberatungen über weitere Details – und ich denke hier insbesondere an die breitere Bekanntmachung des Vertrauensanwalts – zu einem Konsens zu kommen. Mit der Institution eines Vertrauensanwalts kann sich meine Fraktion auch deshalb durchaus anfreunden, weil in unseren Landes- und Bundesprogrammen ganz ähnliche Vorstellungen zu einer sauberen öffentlichen Verwaltung beschlossen sind. So fordern wir, die Steuerverschwendung als Straftatbestand zu erfassen und einen unabhängigen Amtsankläger einzuführen.
Besonders aufmerksam hat uns in Ihrem Antrag gemacht, dass Sie die Stelle zügig neu besetzen wollen. Wenn das dann auch noch in einem dringlichen Antrag eingebunden wird, sollten bei allen Bürgern die Alarmglocken läuten. In einer von tiefrotem Filz durchdrungenen Stadt
werden wir als Opposition mit höchster Aufmerksamkeit darauf achten, mit welcher Personalie diese dringliche und zügige Besetzung verbunden wird. Seien Sie sich sicher, dass es Ihnen nicht gelingen wird, unterhalb der Wahrnehmungsschwelle der Öffentlichkeit
irgendwelche bei Senats- oder Bezirksamtsposten zu kurz Gekommenen als Vertrauensanwalt mit einem Trostpflaster zu versorgen! Ich hoffe, dass Sie nicht einmal darüber nachdenken, etwa die wegen ihrer linksextremistischen Unbelehrbarkeit als Stadträtin durchgefallene Parteifreundin als Anwältin für eine saubere Verwaltung wiederaufstehen zu lassen. Auch deshalb wird meine Fraktion mit Überzeugung der Überweisung in den Rechts- und in den Hauptausschuss zustimmen. – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach unserer Geschäftsordnung findet eine Aktuelle Stunde statt, wenn es um ein Thema von allgemeinem Interesse geht. Wie wahr! Es ist von höchstem allgemeinen Interesse, dass die sich bildende rot-rot-grüne Koalition dabei ist, den Amtseid ihrer zukünftigen Senatoren zu verletzen, bevor er auch nur abgelegt worden ist, denn dem Wohle des Volkes, auf das Sie schwören werden, kann es unmöglich dienen, wenn Sie dabei sind, einen rot-rot-grünen Teppich für Berufs- und Gewohnheitsverbrecher in diese Stadt, in diese Gesellschaft auszurollen.
Anders kann die Absicht aus Ihrem Koalitionsvertrag nicht verstanden werden, auf die Inhaftierung von Verurteilten grundsätzlich zu verzichten. Sie haben ja vereinbart: Der Anspruch bleibt; der offene Vollzug ist der Regelvollzug. – Man fragt sich, ob die Koalitionäre die bisherigen bitteren Erfahrungen mit diesem offenen Vollzug bewusst ihrer linken Resozialisierungsromantik geopfert haben.
Erinnert sich noch jemand in diesem Haus an das Jahr 2007, das sogenannte Jahr der offenen Tür in den Berliner Haftanstalten? Damals flohen in den ersten neun Monaten des Jahres 85 Gefangene aus dem offenen Vollzug, und die verantwortliche Justizsenatorin behauptete, dass nur „ungefährliche Straftäter“ geflohen seien. Aber ist das wirklich so? Fliehen immer nur ungefährliche Straftäter aus dem offenen Vollzug?
Die Realität zeigt ein anderes Bild, das ich hier nur in Teilen wiedergebe. Verurteilte Mörder flohen aus dem offenen Vollzug im Mai 2007 der JVA Brandenburg, im Juli 2011 der JVA Torgau, im August 2012 der JVA Wriezen, im Juni 2016 der JVA Euskirchen. Der offene Vollzug bietet nicht nur bereits verurteilten Mördern die Gelegenheit zur Flucht. Ebenso werden Straftäter im offenen Vollzug selbst erst zu Mördern. Ein Mann, der trotz 27 Vorstrafen im offenen Vollzug der JVA Diez war, rammte auf seiner Flucht den Kleinwagen einer 21-jährigen jungen Frau, die später daraufhin starb. Der Mann wurde wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt.
Ich hoffe, dass die nachfolgenden Redner der Koalition nicht auf irgendwelche Rückfalltäter-, Profil- oder sonstige Statistiken verweisen, um die angebliche Irrrelevanz des Themas zu untermauern. Abgesehen davon, dass die Erstellung oder eben gerade die Nichterstellung von Statistiken bereits zum Bestandteil eines gelähmten Rechtsstaates geworden ist, sollte sich auch bei Ihnen eine prozentbasierte Relativiererei von menschlichen Einzelschicksalen verbieten. Jedes einzelne Opfer eines im offenen Vollzug befindlichen Straftäters, jedes einzelne Opfer eines aus dem offenen Vollzug fliehenden Straftäters ist nicht nur ein Tatopfer. Es ist auch das Opfer einer bewusst herbeigeführten Politik. Es ist auch Ihr Opfer! Und deshalb sagt die AfD, der Rechtsstaat braucht vor allem Respekt. Und Respekt bedarf des Willens und der Fähigkeit, den Rechtsstaat auch durchzusetzen. Aber mit Ihrer Koalitionsvereinbarung betreiben Sie keine Durchsetzung des Rechtsstaates; Sie betreiben im Ergebnis eine konsequente Zersetzung des Rechtsstaates.
Ein Rechtsstaat, der sich selbst nicht ernst nimmt, wird von niemandem ernst genommen. Dass Sie Ihre Zersetzung des Strafvollzugs dann auch noch unter der Überschrift „Ein bürgernahes und lebenswertes Berlin“ verpacken, überschreitet die Grenzen zum Zynismus.
Wer wie Sie auf die Inhaftierung von Verurteilten grundsätzlich verzichten will, der betreibt eine ideologisch verblendete und längst als weltfremd erwiesene Resozialisierungsromantik. Dem scheint die Lebensqualität des kriminellen Milieus in dieser Stadt wichtiger zu sein als das der Opfer dieses Milieus. Der betreibt die größte Demotivationskampagne für Polizeibeamte, Staatsanwälte, Richter und Justizvollzugsbeamte.
Aber vielleicht gibt es doch noch Hoffnung auf einen Rechtsstaat, der sich nicht aufgibt und der sich nicht lächerlich macht. Wir alle wissen, dass Koalitionsvereinbarungen weder eins zu eins umgesetzt noch von A bis Z umgesetzt werden. Deshalb wendet sich die AfD-Fraktion ganz bewusst an Sie, Herr Regierender Bürgermeister.
(Präsident Ralf Wieland)
Verzichten Sie darauf, auch in Ihrer Regierungserklärung diesen rot-rot-grünen Teppich für Berufs- und Gewohnheitsverbrecher auszurollen! – Ich danke Ihnen!
Ich habe großes Verständnis für den Kollegen, weil ich auch gleich da sitzen werde, und nicht weiß, auf welchen Knopf ich drücken muss, wenn jemand reden soll. – Herr Regierender Bürgermeister! Wir können die Frage ja viel einfacher stellen. Können Sie es ausschließen, dass Mitglieder des Senats oder Sie selbst unter diesen Bedingungen gegen Geld mit Lobbyisten gesprochen haben?
Nein, nein! – Der Kollege muss auf den richtigen Knopf drücken. Wir haben eine tolle Einweisung gehabt.
Ja! – Weil mir gerade gesagt wurde, ich müsse ins Mikrofon beißen. Das tue ich lieber nicht, sondern ich stelle eine ganz direkte Frage: Herr Regierender Bürgermeister! Auch die Frage nach dem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren lässt sich doch relativ eindeutig beantworten. Hat Herr Böhning als Ihr Staatssekretär und Ihr Mitarbeiter Ihnen eine Meldung über ein anhängendes staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren gemacht? Das hätte er als Beamter nämlich tun müssen, wenn dem so wäre, und diese Frage lässt sich doch relativ eindeutig beantworten.
Ja! – Ich bedanke mich!