Protocol of the Session on February 23, 2012

[Zuruf von der CDU: Äh!]

Ich finde das sehr gut, wenn Sie meine „Ähs“ wiederholen. Das gibt der ganzen Performance etwas mehr Auftrieb. Ich habe noch 2 Minuten und 30 Sekunden Redezeit, durchaus also Zeit, um das hier weiterzuführen.

[Zuruf von Dr. Manuel Heide (CDU) – Zurufe von der SPD]

Das bin ich überhaupt nicht gewohnt, dass Sie so unflätig sind. – Es wird also bei der Musikschule gekürzt. Folge: Verlust bei Produktmengen bei Veranstaltungen, Verlust Einnahmen Mietinstrumente und weniger Ersatz von Instrumenten. Das heißt, die Stadt Berlin gibt im Moment viel Geld für solche Beton- und Prestigeprojekte aus, um sich da irgendwie als Kulturhauptstadt von was auch immer zu gerieren, aber in den Bezirken wird an der Substanz gespart. Ich frage Sie: Weshalb sollen Leute von Pankow nach Tempelhof fahren, in eine tolle Landesbibliothek, wenn sie im eigenen Bezirk gar nicht mehr gelernt haben, wie man eine Bibliothek benutzt, weil es keine mehr gibt?

[Beifall bei den PIRATEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN Das habe ich bei den Bibliotheken vergessen: Es sind auch Ehrenamtsbibliotheken von der Schließung bedroht. Wir haben vorhin über den Mindestlohn und Selbstaus- beutung gesprochen. In diesen Ehrenamtbibliotheken ist man ganz vorn an der Spitze der Leistungsgesellschaft. Die arbeiten nämlich ehrenamtlich, selbstausbeuterisch, und brauchen Geld nur, um Miete zu bezahlen, Heizung, das, was unter „Gas, Wasser, Scheiße“ firmiert. Da spart man auch. Wo ist jetzt der Schuldige? – In der BVV – das ist inte- ressant – sagt man: Der Senat ist schuld. Es ist ein Skan- dal, dass wir für 270 Millionen Euro diese Bibliothek bekommen und hier schließen. – Wir werden wahrschein- lich sagen: Ja, da hätten die Bezirke irgendwie ihre Fi- nanzen anders regeln müssen, das ist deren Problem. Am Ende hatten wieder alle recht. Das ist großartig. Irgend- wann haben wir dann diesen Klotz von Landes- und Zent- ralbibliothek – auch großartig. Das können wir in alle Reiseführer packen. Die Kultur in den Bezirken – mit Sicherheit nicht nur in Pankow – geht kaputt. Vielen lieben Dank hierfür. – Einen schönen Tag noch! [Beifall bei den PIRATEN]

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. – Ich lasse nun abstimmen und zwar zunächst über den Antrag der Fraktion der SPD. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen. – Gegenstimmen? – Das sind die drei Oppositionsfraktionen. Damit hat das Thema der SPD-Fraktion eine Mehrheit gefunden. Enthaltungen? – Gibt es keine. Somit rufe ich das Thema „BVG muss ihrer Verantwortung gerecht werden: Berlin braucht einen funktionierenden ÖPNV“ für die Aktuelle Stunde unter dem Tagesordnungspunkt 3 auf. Die anderen Anträge haben damit ihre Erledigung gefunden.

Ich möchte auf die Ihnen vorliegende Konsensliste sowie auf das Verzeichnis der Dringlichkeiten hinweisen. Ich gehe davon aus, dass allen eingegangenen Vorgängen die dringliche Behandlung zugebilligt wird. Sollte dies im Einzelfall nicht Ihre Zustimmung finden, bitte ich um entsprechende Mitteilung.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 1:

Mündliche Anfragen

gemäß § 51 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin

Das Wort zur ersten Mündlichen Anfrage hat die Abgeordnete Ülker Radziwill von der SPD-Fraktion zum Thema

Volksverhetzender Drohbrief an Sehitlik-Moschee

Bitte schön, Frau Kollegin!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! – Ich frage den Senat:

1. Ist dem Senat bekannt, welche anderen Einrichtungen von Muslimen oder Einwanderern neben der SehitlikMoschee aktuell Drohbriefe erhalten haben, und wie ernst müssen die Drohungen nach Einschätzung des Senats genommen werden?

2. Ergreift der Senat besondere Maßnahmen zum Schutz dieser Einrichtungen, und wie schätzt der Senat die aktuelle Gefahrenlage durch rechtsextremistische Täter in Berlin ein?

Vielen Dank! – Es antwortet Herr Senator Henkel. – Bitte schön!

Frau Kollegin Radziwill! Ich beantworte Ihre Frage zu 1: Neben der Sehitlik-Moschee zeigte auch die TürkischIslamische Gemeinde Tegel den Eingang eines entsprechenden Schreibens an. Bei beiden Moscheen handelt es sich um Gemeinden der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion e.V., kurz DITIB. Es liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich um denselben Versender handelt. Ob weitere Einrichtungen das Schreiben erhalten haben, kann ich Ihnen derzeit noch nicht sagen. Die Ermittlungen laufen noch. Gegenwärtig wird geprüft, wie hoch die Gefährdungslage insgesamt ist.

Ich habe dem Vorsitzenden der Sehitlik-Moschee sowohl telefonisch als auch in einem Schreiben unmittelbar nach Bekanntwerden zugesichert, dass wir uns für eine vollständige Aufklärung des Falls einsetzen.

Zu 2: Laut Schreiben werden konkrete gefährdende Ereignisse ab August 2012 angekündigt. Gegenwärtig prüft meine Behörde entsprechende Maßnahmen zum Schutz der betreffenden Einrichtungen. Klar ist, dass von gewalttätigen Rechtsextremisten natürlich eine Gefahr ausgehen kann, auch müssen einzelne Aktionen von Einzeltätern bzw. Kleingruppen aus dem rechten Spektrum bei der Gesamtbetrachtung berücksichtigt werden. Die Bandbreite der bisher in Berlin festgestellten fremdenfeindlichen Taten reicht von Beleidigungen, Körperverletzungen, in Einzelfällen Brandstiftung bis hin zu Tötungsdelikten. Ich hoffe und wünsche mir sehr, dass sich die angeschriebenen Gemeinden durch solche Drohbriefe nicht einschüchtern lassen. Ich habe jedenfalls in meinem Schreiben und Telefonat deutlich gemacht, dass ich mich als Berliner Innensenator dafür einsetzen werde, dass Berlin eine tolerante Stadt bleibt und dass für Fremdenfeindlichkeit und Extremismus in unserer Stadt kein Platz ist.

[Beifall bei der CDU, der SPD und den PIRATEN]

Vielen Dank! – Hat die Fragestellerin eine Nachfrage? – Bitte schön, Frau Kollegin!

Vielen Dank, Herr Henkel, für die Beantwortung! – Ich möchte gern wissen, wie ernst Sie diese Drohbriefe nehmen und nach welchen Delikten konkret ermittelt wird.

Bitte schön, Herr Senator Henkel!

Wir nehmen – das konnten Sie der Antwort bereits entnehmen – diese Briefe und deren Inhalt sehr ernst. Deshalb prüfen wir mit aller Ernsthaftigkeit entsprechende Maßnahmen zum Schutz. Gegenwärtig laufen bei meinem LKA 5/31 drei Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Volksverhetzung.

Vielen Dank! – Als Nächster der Kollege Lux!

Danke schön, Herr Präsident! – Vielen Dank, Herr Innensenator, dass Sie uns hier erklären, dass Ihre Behörde ihrem gesetzlichen Auftrag nachkommt. Ich frage Sie: Tun Sie zusätzlich etwas, um seitens der islamischen Gemeinden Vertrauen zurückzugewinnen? Tun Sie mehr, als nur Ihrem gesetzlichen Auftrag nachzukommen? Wie machen Sie das, zum Beispiel erinnernd an ein paar gute Aktionen Ihres Vorgängers die Gemeinden zu besuchen, ins Freitagsgebet zu gehen? Haben Sie Ähnliches vor?

Bitte schön, Herr Senator!

Ich habe in der Beantwortung der Kollegin Radziwill deutlich gemacht, dass ich mich unmittelbar nach Bekanntwerden des Schreibens sowohl telefonisch in Verbindung gesetzt als auch einen Brief geschrieben habe. Wir sind in diesem Gespräch selbstverständlich übereingekommen, dass wir den Dialog aufrechterhalten werden. Dieser Dialog beginnt übrigens nicht erst jetzt, ich habe ihn auch in meiner anderen Funktion bereits aufrechterhalten. Es wird eine Fortsetzung geben. Das ergab dieses Gespräch. Insofern werden wir auch zeitnah zu einem weiteren Gespräch zusammenkommen. So war es vereinbart. Mehr möchte ich gerne aus diesem persönlichen Gespräch – Ihr Einverständnis vorausgesetzt – nicht preisgeben. Das betrifft im Übrigen auch das, was Sie polizeiliche Pflichtaufgaben nennen. Wenn ich sage, dass wir im Augenblick Maßnahmen entsprechender Art prü

(Bürgermeister Frank Henkel)

fen, dann fände ich es jedenfalls gut, wenn wir diese nicht hier auf dem offenen Markt diskutieren würden.

Vielen Dank!

Dann kommen wir zur Frage des Dr. Heide:

Welchen Beitrag leistet die Humboldt-Box zur Rekonstruktion der historischen Fassade?

Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Wie bewertet der Senat den offensichtlichen Erfolg der Humboldt-Box vor dem Hintergrund der noch zu generierenden Spenden für die Errichtung der historischen Fassade des Humboldt-Forums?

2. Inwieweit gibt es bereits einen konkreten Bauablaufplan für die Realisierung des Humboldt-Forums, und welche konkreten Schritte sind noch in diesem Jahr geplant?

Bitte schön, Herr Senator Müller, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Heide! Der Senat bewertet den Erfolg der Humboldt-Box natürlich positiv. Das ist eine schöne Entwicklung, die wir da erleben können. Ich glaube, der zweihundertfünfzigtausendste Besucher konnte jetzt begrüßt werden in der Humboldt-Box. Und das Spendenaufkommen wächst kontinuierlich. Nach Aussagen des Fördervereins sind im Jahr 2011 Spenden in Höhe von insgesamt 3,6 Millionen Euro eingegangen. Das ist noch mal eine Steigerung von rund 40 Prozent im Verhältnis zum Vorjahr. Insgesamt soll es jetzt rund 18 Millionen Euro Spendeneingang für das Humboldtforum geben. Zu dieser positiven Entwicklung hat sicherlich die Humboldt-Box mit beigetragen. Ich gehe davon aus, wenn wir erst mal mit dem Bau beginnen, wenn auf dem Humboldtforum etwas sichtbar ist, wird das noch mal zusätzlich das Spendensammeln und hoffentlich auch die Spendenfreudigkeit anregen.

Zu Ihrer zweiten Frage zum Zeitplan kann ich sagen, dass an diesem Dienstag der Senat den Bebauungsplan für das Humboldtforum beschlossen hat. Er liegt jetzt hier im Parlament zur Beratung. Ich hoffe sehr, dass es relativ zügig zu einem entsprechenden Beschluss im Abgeordnetenhaus kommt, so, dass wir Mitte dieses Jahres mit den

vorbereitenden Baumaßnahmen beginnen können. Dann würde es Mitte nächsten Jahres die Grundsteinlegung geben, und der Rohbau könnte beginnen. Die Baufertigstellung ist für Anfang 2018 geplant. Im Jahr darauf wäre dann die Eröffnung, die wir alle miteinander hoffentlich feiern können.

Vielen Dank, Herr Senator! – Zur Nachfrage Kollege Heide – bitte schön!

Der Tagespresse war heute zu entnehmen, dass offensichtlich hinsichtlich der Grundstücksüberlassung noch ein Vertrag bzw. die Unterschrift des Landes Berlin fehlt, da dort die Nutzungsbindung noch einmal konkret festgeschrieben werden soll. Ich frage in Anbetracht der Tatsache, dass es wohl eine Vereinbarung zwischen dem Bundesbauministerium und der Senatskanzlei gibt, die bindend ist, und zweitens diese Nutzungsregelung auch in der Satzung verbindlich festgeschrieben ist und diese nur im Einverständnis mit dem Land Berlin geändert werden kann, weshalb man diese Formalie jetzt noch braucht. Wann kann mit dem Abschluss dieses Vertrages, der für den Baubeginn erforderlich ist, gerechnet werden?

Bitte schön, Herr Senator!

Herr Abgeordneter Heide! Es ist nicht direkt meine Zuständigkeit. Insofern kann ich nur sagen, dass ich davon ausgehe und entsprechende Hinweise habe, dass wir in den nächsten Tagen mit den Unterschriften rechnen können, sodass dann diese Grundstücksfrage geklärt ist. Es waren noch haushaltstechnische Fragen zwischen der Stiftung und der Finanzverwaltung zu klären.

Vielen Dank! – Zu einer weiteren Nachfrage hat Frau Matuschek das Wort.

Vielen Dank! – Herr Senator! Die Humboldt-Box bringt nicht nur öffentliche Resonanz, sondern kostet auch etwas. Deswegen frage ich Sie: Welche Kosten entstehen eigentlich durch diese Humboldt-Box oder den Verein, bzw. welcher Vertrag liegt dem Ganzen zugrunde? Ist der Senat bereit, den Vertrag mit den Betreibern der Humboldt-Box zu veröffentlichen?

Bitte schön, Herr Senator!

Meines Wissens ist das ganze Engagement rund um die Humboldt-Box ein vollständig privates, sodass das Land Berlin an dieser Stelle mit dem Grundstück mit der Box mit dem Betrieb gar nicht gefordert ist. Ich begrüße das sehr, weil es erstens noch einmal Öffentlichkeit schafft und aufmerksam macht auf die – wie ich finde – wichtige Weiterentwicklung in der historischen Mitte Berlins. Und wir haben – ich habe es gerade dargestellt – darüber hinaus noch einen erheblichen Spendeneingang zu verzeichnen. Also meines Wissens ist das Land Berlin hier finanziell nicht engagiert.