Hierfür hat die Koalition Ihnen nun das Energiewendegesetz vorgelegt. Wir haben in den Ausschüssen konstruktiv
darüber gesprochen und diesen Gesetzentwurf sogar einstimmig im Umweltausschuss verabschiedet. Dieser Änderungsantrag, über den Sie gerade gesprochen haben, verehrter Herr Kollege Schäfer, enthält als wesentliche Regelung nur den Hinweis darauf, dass Bundesrecht gilt. Das sollte unschädlich ein und unseren Konsens nicht stören. Hier brauchen Sie also nicht so viel Schaum vor dem Mund zu haben.
Anders sieht es aus mit den Änderungsanträgen, die die Opposition in den letzten Minuten noch nachgeschoben hat. Es sind einfach zwei Paar Schuhe, verehrte Damen und Herren von der Opposition, ob eine Enquete-Kommission eine Empfehlung ausspricht, aus der Kohleverstromung bis 2030 auszusteigen, oder ob ein Parlament dieses gesetzlich normiert.
Herr Kollege Dr. Garmer! Sie sagten gerade, der Passus, den die SPD zur Warmmietenneutralität eingefügt hat, sei unschädlich. Der Senat hat auch gesagt, dass er an dem 280-seitigen BEK, also dem Programm, an keiner Stelle etwas ändern würde. Das heißt, er hat keine Wirkung, da stimme ich Ihnen auch zu. Aber meinen Sie nicht, dass es nötig wäre, der Verdrängung durch Modernisierung durch ein Förderprogramm entgegenzuwirken?
Die Wärmewende ist nicht zum Nulltarif zu haben. Die Regelungen dieses Mietenbündnisses stellen nach unserer Ansicht einen gangbaren Kompromiss dar zwischen den Ansprüchen der Wärmewende auf der einen Seite und den Interessen der Mieter auf der anderen Seite. Ich glaube, diesen Weg sollten wir gehen. Er ist ausverhandelt und er ist gut verhandelt. Diesen Weg wird die Koalition auch gehen.
Um jetzt noch einmal deutlich zu wiederholen, was die gesetzliche Normierung eines Kohleausstiegs angeht: Der Regelungsrahmen für den Klimaschutz im Strombereich ist der europarechtlich normierte Emissionshandel. Der Emissionshandel muss selbstverständlich weiterentwickelt werden. Er kann an der einen oder anderen Stelle
auch noch ambitionierter werden. Er muss geografisch und branchenmäßig weiter ausgedehnt werden. Das ist alles richtig. Es macht aber keinen Sinn, dieses vorhandene rechtliche Instrumentarium durch willkürliche Einzelmaßnahmen zu konterkarieren.
Wir werden bis 2050 – das ist in Deutschland Konsens – aus der Fossilwirtschaft aussteigen. Das wird der Rechtsrahmen auch sicherstellen. In welcher Reihenfolge wir dieses tun, das heißt, welche Technologie zu welchem Zeitpunkt komplett durch Ersatztechnologien ersetzt wird, das wird der Markt sicherstellen. Das kann weder das Abgeordnetenhaus im Detail festlegen noch der Senat noch sonst eine politische Stelle. Das kann nur der Markt, weil nur in den Unternehmen die Folgetechniken entwickelt und wirtschaftlich gemacht und an den Markt gebracht werden.
Auch das Verbot von Stromheizungen ist in diesem Haus nicht konsensfähig. Der Kollege Buchholz hat schon darauf hingewiesen: Es passt einfach nicht mehr in eine Zeit, in der ein Drittel des Stroms bereits aus erneuerbaren Quellen stammt. Konsequenterweise hat der Bundesgesetzgeber dieses Verbot bereits kassiert, und wir werden es heute auch tun.
Auf Basis des heute zu verabschiedenden Energiewendegesetzes wird der Senat dann unverzüglich das Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm vorlegen, sodass nun die konkrete Arbeit beginnen kann. Der Senat wird Farbe bekennen, was die Sanierung der öffentlichen Gebäude betrifft, und entsprechende Sanierungspläne und finanzielle Planungen vorlegen, sodass Sie, verehrte Damen und Herren von der Opposition, anschließend keinen Anlass zur Kritik mehr haben werden. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Kollege Dr. Garmer! – Für die Linksfraktion erteile ich jetzt das Wort dem Kollegen Harald Wolf. – Bitte sehr!
[Joachim Esser (GRÜNE): Das Interesse der CDU an der Energiewende ist überwältigend! Bei der SPD ist es nicht viel besser!]
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieses Gesetz ist ein kleiner Schritt für die Menschheit, aber offensichtlich ein großer Schritt für diese Koalition.
Ich habe schon mehrfach darauf hingewiesen, dass dieses Gesetz wenig ambitioniert ist. Es ist im Wesentlichen
eine Selbstbindung der öffentlichen Verwaltung, und eigentlich hätte man erwarten können, dass auch ohne eine gesetzliche Selbstbindung der Verwaltung vonseiten einer Landesregierung in Sachen Klimaschutz mehr Aktivitäten unternommen werden, als es diese gegenwärtige Koalition getan hat.
Ich will das an einem Beispiel verdeutlichen. Wenn man sich die Studie „Klimaneutrales Berlin“ ansieht, hat man darin die Zielvorgabe, dass wir perspektivisch bis zu 24 Prozent der Dachflächen Berlins für Photovoltaik oder Solarthermie nutzen sollen.
Jetzt gucken wir uns die Realität der letzten fünf Jahre an: Seit 2010 hatten wir 300 Dachsanierungen bei öffentlichen Gebäuden in den Bezirken. Das hätte die Möglichkeit geboten, Dachsanierung mit der Installierung von Photovoltaikanlagen zu verbinden. Was wurde installiert? – Von 2010 bis heute wurden bei 300 Dachsanierungen lediglich elf Solaranlagen installiert. Das ist ein Armutszeugnis.
[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Heiko Herberg (PIRATEN)]
Wenn man sich die Installation von Solaranlagen im Vergleich zur Periode 2006 bis 2011 – das war nach meiner Erinnerung eine andere Regierung – ansieht: Damals hatten wir immerhin 47 Solaranlagen, die installiert worden sind, und von 2011 bis 2015 sind insgesamt sechs Solaranlagen installiert worden. Es ist in dieser Legislaturperiode mit dem Klimaschutz und dem Ausbau erneuerbarer Energien nicht vorangegangen, sondern es ist ein deutlicher Rückschritt zu verzeichnen. Das muss sich dringend ändern.
[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Heiko Herberg (PIRATEN)]
Der Kollege Buchholz, war es, glaube ich, der die Klimaschutzvereinbarung gelobt hat. Ich stelle mal die Frage: Wie viele Klimaschutzvereinbarungen sind denn in dieser Legislaturperiode neu abgeschlossen worden? – Ich beantworte sie: keine einzige. Alle Klimaschutzvereinbarungen im Land Berlin sind in der letzten Legislaturperiode abgeschlossen worden, in dieser keine einzige. Das verweist auf die klima- und energiepolitische Untätigkeit in dieser Legislaturperiode.
Wir erwarten, dass mit dem Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm ein Programm vorgelegt und in dieser Legislaturperiode noch verabschiedet wird, das nicht nur auf dem Papier steht wie so viele andere gute Vorsätze dieses Senats, sondern dass es konkrete Handlungsanweisung ist und dann auch umgesetzt wird. Die Enquete
Kommission hat durchaus Instrumente vorgeschlagen, wie das nachhaltig umgesetzt werden kann, und dafür werden wir in der nächsten Legislaturperiode arbeiten.
Wir haben gemeinsam mit den Grünen drei Änderungsanträge gestellt. Das Thema Kohleausstieg ist schon genannt worden. Ich sage hier noch mal: Wir haben es in der Enquete-Kommission beschlossen – und wenn man sagt, man dürfe das nicht im Gesetz normieren: Natürlich kann man das im Gesetz normieren, denn dieses Gesetz ist an vielen Stellen voll von Sollbestimmungen und „man könnte und man müsste mal“. – Wenn es darum geht, dass man das Signal gibt: Wir wollen bis 2030 aus der Kohle aussteigen –, dann ist das ein klarer Handlungsauftrag an den Senat, und wir wissen, dass durch politisches Handeln zum Beispiel der Bau eines Kohlkraftwerks in Klingenberg verhindert worden ist, und wir wollen, dass der Senat den Auftrag bekommt, sich dafür einzusetzen, dass in Berlin bis 2030 aus der Kohle ausgestiegen wird.
Sie machen einen Rückschritt, indem Sie das Verbot der elektrischen Heizung aufheben. Die sind völlig ineffizient, haben einen Primärenergienutzungsgrad von 40 Prozent, und Nachtspeicher- bzw. Direktheizungen führen dazu, dass die Höchstlast im Winter gesteigert wird und dadurch zusätzliche Speicherkapazitäten notwendig sind. Das ist energie- und klimapolitisch eine unsinnige Regelung. Deshalb wollen wir diese Regelung wieder in das Gesetz aufnehmen.
Zur Neutralität Bruttowarmmiete: Gucken Sie sich doch mal an, was Sie beantragt haben! Das ist noch nicht mal für Wohngebäude spezifiziert. Was ist, wenn in öffentlichen Gebäuden die Bruttowarmmiete steigt? Wollen Sie die dann ausnehmen? Das macht alles keinen Sinn, deshalb haben wir gemeinsam mit den Grünen einen präzisen Änderungsantrag gestellt, denn das Ziel teilen wir, die Verpflichtung, Förderprogramme aufzulegen, mit denen die Bruttowarmmietenneutralität erreicht werden kann, muss in dieses Gesetz.
Da wir aber auch jeden kleinsten Schritt, sei er auch noch so klein, wenn er in die richtige Richtung geht, unterstützen, werden wir diesem Gesetz unsere Zustimmung geben, und es würde uns freuen, wenn die Koalition zu später Einsicht gelangt und unsere guten Änderungsanträge annimmt.
Danke schön, Kollege Wolf! – Pavel Mayer ist als Redner für die Piratenfraktion benannt worden. Ich erteile dem Kollegen das Wort. – Bitte sehr!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kollegen! Werte Gäste! Dafür, dass am Ende diesem Gesetz offenbar alle Fraktionen zustimmen werden, ist hier eine ganze Menge Kritik laut geworden. Da wundert man sich doch ein wenig.
Man könnte jetzt denken: Was lange währt, wird endlich gut –, aber ob es gut wird, muss sich erst noch herausstellen, weil es mehr Rahmen als Inhalt ist. Wir hätten uns gewünscht, dass man im Rahmen dieser fast einjährigen Beratung schon weiter wäre, was das Klimaschutzprogramm und das Ausfüllen dieses Rahmens angeht.
Zu den Änderungsanträgen der Opposition, die erwähnt wurden, möchte ich klarstellen, dass wir nicht mit draufstehen, wobei wir einen dieser drei Änderungsanträge tatsächlich unterstützen, nämlich die Forderung, den Kohleausstieg bis 2030 im Gesetz festzuschreiben. Herr Garmer hatte dazu gesagt, dass das nur der Markt könne, aber ganz im Ernst: Das gesamte Energiesystem ist einer der hochreguliertesten Märkte. Wenn, dann kann man nur in Teilbereichen von Märkten sprechen. Das Ganze orientiert sich natürlich an den Rahmenbedingungen, die die Politik setzt, und man kann die so setzen, dass der Kohleausstieg befördert wird, aber man kann auch sagen: Wir lassen das laufen –, und dann passieren bestimmte Dinge eben nicht. Insofern wäre keine Gefahr darin gewesen, das bis 2030 festzuschreiben. Ich weiß nicht, was Sie bewogen hat, das nicht zu tun, vielleicht sich aus der Verantwortung zu ziehen und zu sagen: Wenn darin steht, dass der Senat etwas dafür machen muss, kostet das Geld. Soll es lieber der Bund machen, dann muss der Bund dafür zahlen. – Ich weiß nicht, was tatsächlich dahintersteckt.
Zum Verbot von Direktheizungen: Das Interessante daran ist, dass es ursprünglich von uns angeregt worden ist, es aus dem Gesetz herauszunehmen. Der Streit an der Stelle ist, ob es schlimm ist, aber elektrische Direktheizungen sind wahrscheinlich die einzigen, die unter bestimmten Bedingungen CO2-neutral funktionieren. Da wir alle auf eine CO2-neutrale Stromversorgung zusteuern, wäre es eigentlich kompletter Quatsch zu sagen, mit der Energie, die dann nachhaltig gewonnen wird, darf jetzt nicht geheizt werden. Insofern erschließt sich das nicht. Und für die Szenarien, wo es jetzt darum geht, tatsächlich bestimmte Energieverschwender zu vermeiden, kann man das durchaus im Rahmen des Klimaschutzprogrammes ein bisschen spezifizierter und durchdachter machen, statt jetzt so ein pauschales Verbot mit reinzunehmen.
Beim Thema warmmietenneutrale Sanierung wäre tatsächlich mehr zu hoffen gewesen. Aber auch bei dem Antrag von Linken und Grünen, der jetzt in letzter Minute reingekommen ist, fragt man sich natürlich: Muss es wirklich sein, dass wir in der Sitzung noch Tischvorlagen dazu kriegen, nachdem wir darüber ein Jahr lang geredet haben?
[Zurufe von den GRÜNEN: Ja! – Zuruf von den PIRATEN: Unerhört! – Joachim Esser (GRÜNE): Die Änderung kam doch erst gestern Nachmittag!]
Gut! – Aber das Hauptproblem, das die Berliner Politik mit dem Energiethema hat, wird auch an diesem Gesetz sichtbar. Ich muss nämlich konstatieren: Wenn es in Schulen reinregnet und der Putz von der Decke fällt, dann treten leider solche langfristigen Ziele wie Klimaschutzpolitik in der Prioritätenliste doch ein bisschen in den Hintergrund. Und das merkt man bedauerlicherweise auch hier. Aber wir werden, wie gesagt, dem Gesetz zustimmen, auch dem Änderungsantrag, den Braunkohleausstieg mit reinzunehmen. Bei den anderen Änderungsanträgen können wir nicht mitgehen. – Vielen Dank!