Protocol of the Session on October 8, 2015

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau BurkertEulitz! Für den Senat hat sowohl die Gewährleistung des Rechtsanspruchs auf einen Kitaplatz als auch die Qualität in unseren Kindertagesstätten hohe Priorität. Für die Gewährleistung des Rechtsanspruches müssen wir in der wachsenden Stadt sehr viel Geld einsetzen, und Sie wissen aus den Haushaltsberatungen, dass wir hier die investiven Anstrengungen zum jetzt laufenden Haushalt verdoppelt haben. Wir haben dennoch für die Qualität, weil sie uns so wichtig ist, eine Priorität gesetzt und dort einen Einstieg gefunden, dass wir insbesondere für Kinder, die aus sozial belasteten Quartieren kommen, in den Kindertageseinrichtungen einen zusätzlichen Personalaufwuchs gewährleisten werden, und zwar im Jahr 2016 mit einer halben Stelle zusätzlich – das heißt, für eine Kindergruppe ist rechnerisch ein halbes Kind weniger zu betreuen –, und im Jahr 2017 wird das auf eine rechnerisch Dreiviertelstelle angehoben. In diesem Sinne werden wir im kommenden Haushalt für 13 000 Kinder, gerade bei den Null- bis Dreijährigen, die Qualität anheben, Schritt für Schritt und stufenweise. Wir sind da gar nicht auseinander. Natürlich ist die Qualitätsverbesserung ein wichtiger Punkt, und der Fachkraft-Kind-Schlüssel spielt dabei eine

(Senator Mario Czaja)

entscheidende Rolle. Das wird der Senat jetzt sofort und auf lange Sicht stufenweise berücksichtigen.

[Beifall von Joschka Langenbrinck (SPD) und Roman Simon (CDU)]

Danke schön! – Für eine Nachfrage – Frau Kollegin Burkert-Eulitz, bitte sehr!

Dann frage ich jetzt noch mal ganz konkret, was alle Berliner Eltern mit kleinen Kindern interessiert oder die, die mal Eltern werden wollen: Wann werden Sie denn Ihre Tippelschritte beenden, und in welchem Jahr werden Sie den Betreuungsschlüssel für alle Berliner Kinder unter drei Jahren auf ein Verhältnis von eins zu vier verbessern?

Bitte schön, Frau Staatssekretärin!

Angesichts zweistelliger Millionenbeträge weiß ich nicht genau, welche Auffassung Sie haben, was Tippelschritte und was große Schritte sind, aber selbstverständlich werden wir einen Stufenplan weiter im Auge behalten. Wir diskutieren gerade den kommenden Doppelhaushalt, und wie wir hier in vielen Diskussionen erleben, sind auch dort noch große Anstrengungen zu erledigen, um die wachsende Stadt und um die ankommenden Flüchtlinge wirklich mit einer guten Versorgung in unsere Infrastruktur integrieren zu können. Insofern werden wir uns auch hier der Realität stellen und genau dort die Finanzmittel entsprechend der Bedarfe einsetzen.

Vielen Dank! – Für eine weitere Nachfrage hat jetzt die Kollegin Gebel von Bündnis 90/Die Grünen das Wort. – Bitte sehr!

Das ist eine ganz kurze Nachfrage: Können Sie ein konkretes Datum nennen, bis wann Sie den avisierten Betreuungsschlüssel, der auch von der Bertelsmann-Stiftung empfohlen wird, erreichen?

Frau Staatssekretärin Klebba, bitte!

Wie bereits dargelegt, erfordern die Realitäten immer wieder Anpassungen. Sie wissen auch: Vor einem halben Jahr haben wir uns die Situation, wie sie heute ist, nicht vorstellen können. Deswegen wird der Senat dann, wenn die Notwendigkeit besteht, entsprechend der Gegebenheiten entscheiden.

Danke schön!

Für die Linksfraktion hat jetzt die Kollegin Bluhm das Wort zur ersten Frage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat: Was wird der Senat angesichts der akuten Unterbringungsnotlage tun, um den für November angekündigten Abriss von Wohnungen in der Wilhelmstraße zu stoppen?

Herr Senator Geisel, bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Bluhm! Der Sachverhalt der Wohnungen in der Wilhelmstraße ist mehrfach hier im Parlament besprochen worden und war auch Gegenstand Kleiner Anfragen. Sie kennen die Rechtslage. Die hat der Senat an mehreren Stellen geschildert. Es gibt für die Mieterinnen und Mieter dort einen Sozialplan. Die weit überwiegende Mehrheit der Mieterinnen und Mieter hat diesem Sozialplan und den angebotenen Ersatzwohnungen zugestimmt.

Dass ein Abriss in der Wilhelmstraße nicht die Zustimmung des Senats findet, ist Ihnen ebenfalls bekannt. Auch das habe ich mehrfach geschildert. Aber rechtliche Möglichkeiten, diesen Abriss zu verhindern, sieht der Senat gegenwärtig nicht.

Eine Nachfrage Frau Kollegin Bluhm? – Bitte schön!

So weit, so schlecht, Herr Senator! Was tun Sie denn für die übrigen Wohnungen in der Wilhelmstraße, um diese vor Abriss zu schützen und die langjährige Zweckentfremdung dort endlich zu beenden?

(Staatssekretärin Sigrid Klebba)

Herr Senator Geisel!

Frau Bluhm! Konkrete Anlässe, dort weitere Häuser von Abriss bedroht zu sehen, hat der Senat gegenwärtig nicht. Wir beobachten das sehr genau. Es ist aber, wie Sie wissen, in der Zuständigkeit des Bezirksamtes Mitte, genauso wie das Haus in der Wilhelmstraße, das Sie angesprochen haben. Deswegen wissen Sie, dass die Möglichkeiten des Senats bei konkreten Häusern in der Wilhelmstraße sehr begrenzt sind. Wenn es entwicklungsrechtliche Fragen betrifft, ist der Senat sehr wohl im Boot. Wir beobachten die Situation sehr genau.

Danke schön! – Für eine weitere Nachfrage – Frau Kollegin Matuschek!

Angesichts der Flüchtlingssituation hat der Senat durchaus bewiesen, dass er auch zu drastischen Maßnahmen fähig ist, nämlich der Beschlagnahme eines Bankgebäudes. Die Frage ist: Hat der Senat geprüft, auch vorhandene Wohnungen für den dringenden Bedarf der Unterkunft von Flüchtlingen zu beschlagnahmen?

[Torsten Schneider (SPD): Sicherstellen, nicht beschlagnahmen!]

Herr Senator Czaja antwortet. – Bitte schön!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete Matuschek! Die Sicherstellung von Wohnraum oder Unterbringungsmöglichkeiten für die Verhinderung von Obdachlosigkeit und den Schutz von Leib und Leben muss einem klaren Regularium nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz unterliegen. Bei dieser Prüfung und der Güterabwägung sind zunächst alle öffentlichen Objekte zu prüfen, bevor von privaten Eigentümern Wohnungen oder deren privates Eigentum in irgendeiner Form für die Unterbringung sichergestellt werden. Wir haben dies gemacht – und zwar immer im Einvernehmen mit den privaten Nutzern –, indem Absichtserklärungen bzw. Entschädigungsregelungen getroffen wurden. Es wurde also ein ASOG-Bescheid auch einem privaten Eigentümer übergeben, im gleichen Atemzug aber auch eine Vereinbarung getroffen, um den Klageweg auszuschließen, weil ja dann auch droht, dass man die Unterkunft verliert.

Die Diskussion im öffentlichen Raum, dass privates Wohneigentum genutzt werden kann, spiegelt sich in der Rechtslage nicht wider. Wenn Sie einen ASOG-Bescheid gegen einen privaten Eigentümer vornehmen wollen, müssen zunächst alle öffentlichen Objekte genutzt werden – jede Turnhalle und jede Schule, jeder nichtgenutzte U-Bahnhof und jeder in Berlin vorhandene Bunker. Wenn Sie dies alles genutzt haben, können Sie auch in die Frage von öffentlichem Wohnraum einsteigen. Aber Sie sehen allein an dieser Abwägung, dass das illusorisch ist, und wir hoffen, dass man in eine solche Situation natürlich nie kommt.

Herr Senator! Können wir es etwas schneller machen, weil wir noch eine Frage haben? Wir hatten uns im Ältestenrat dahin gehend verständigt, dass die Antworten so sind, dass die Fragesteller noch drankommen.

Ich habe den Eindruck, dass Frau Matuschek das Interesse hat, den Sachverhalt – –

[Zuruf von Jutta Matuschek (LINKE)]

Frau Matuschek! Ich habe die Frage zugelassen, obwohl sie nicht im engeren Verhältnis zur Wilhelmstraße steht.

Nein! Die Frage, die immer wieder gestellt wird, ist, warum eine leer stehende Wohnung, die nicht genutzt wird, nicht beschlagnahmt wird, um Flüchtlinge dort unterzubringen, und stattdessen eine Turnhalle oder eine andere Einrichtung genutzt wird. Der Grund dafür ist, dass das Land zunächst alle landeseigenen Immobilien, die ihm zur Verfügung stehen, prüfen muss, um sie für eine Unterbringung zu ermöglichen, und danach im Abwägungsverfahren auch in privates Eigentum eingreifen darf. Aber dieser Abwägungsvorgang ist ein schwieriger und macht es nicht einfach möglich, diese Maßnahme zu ergreifen.

Danke schön, Herr Senator Czaja! Das war jetzt nicht nur wegen Ihres Wortbeitrags, sondern insgesamt haben wir uns im Ältestenrat dahin gehend verständigt, dass auch die Antworten kurz sein sollten. Es wollen nämlich alle Fragesteller zu Wort kommen, und wir haben ein Zeitkontingent.

Wie ich es auch beim letzten Mal beim Kollegen Lux zugelassen habe, lasse ich jetzt die Frage der Piraten auch noch zu und erteile jetzt dem Kollegen Spies das Wort. – Bitte sehr! – Und danach ist die Fragestunde für heute erledigt.

Danke, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Preise steigen in diesem Jahr gewaltig. – Wovon rede ich? – Von der BVG, von der Monatskarte: seit 1997 eine Erhöhung um 70 Prozent auf 81 Euro. Jetzt müsste das Sozialticket, das Berlin-Ticket S ab nächstem Jahr 40,50 Euro kosten.

Kommen Sie zur Frage, bitte?

Ich frage den Senat: Ist das richtig?

Es antwortet Herr Senator Geisel.

[Zurufe]

Sozialticket ist Czaja? – Ist auch Herr Geisel! Gut, der Senat hat sich geeinigt – Herr Geisel ist zuständig. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Spies! Die Entscheidung trifft ja nicht der Senat von Berlin, sondern der Aufsichtsrat des VBB.

[Zurufe von der LINKEN]

Ich versuche, zu antworten! – Wie Sie wissen, ist diese Entscheidung in der vorvergangenen Woche im Aufsichtsrat des VBB getroffen worden. Wir hatten ja dazu in der vergangenen Woche hier schon mal eine Fragestunde, und ich habe dargestellt, welche zusätzlichen Anforderungen auf die BVG im Zusammenhang mit der wachsenden Stadt und zunehmendem Verkehr zukommen: Wir müssen neue Züge bestellen; wir müssen die Fahrzeuge vergrößern. Auch das Thema des Gehalts der BVG-Mitarbeiter spielt eine Rolle. All das zusammen macht ein entsprechendes Tarifgefüge aus und hat auch Einfluss auf die Fahrpreise. Das trifft alle Menschen in unserer Stadt, also auch die Nutzerinnen und Nutzer von Sozialtickets. – Sie kennen die Entscheidung: Sie ist so im Aufsichtsrat des VBB getroffen worden, und ich habe dem jetzt im Moment nichts hinzuzufügen.

Eine Nachfrage, Herr Kollege Spies?

Wird das Berlin-Ticket S dann am 1. Januar 2016 40,50 Euro kosten? Es gibt eine Rahmenvereinbarung, dass das Sozialticket eben 50 Prozent des Verkaufspreises der Umweltkarte betragen soll.

Herr Senator Czaja – bitte sehr!

Herr Präsident! Die Situation beim Sozialticket ist die, dass die Senatsstadtentwicklungsverwaltung diese Fragestellung im VBB-Verbund verhandelt bzw. mit der BVG einen Preis verabredet, der für das Sozialticket erforderlich ist, und die Wirtschaftsverwaltung, die für die BVG auch eine Mitverantwortung hat, hat, glaube ich, in ihrem Haushaltsplan die Mittel, die an die BVG für das Sozialticket ausgereicht werden.

[Steffen Zillich (LINKE): Da hat er recht!]

Insofern ist das nicht im Verantwortungsbereich der Sozialverwaltung. Ich weiß, dass das ziemlich obskur klingt, es wahrscheinlich auch ist. Dafür gibt es auch gute Gründe, warum das so ist. Diese Frage, die Sie eben angesprochen haben, müsste jetzt im Rahmen der weiteren Gespräche mit der BVG und auch im Rahmen der Haushaltsberatungen geklärt werden. Das ist ja auch eine Ausgabe aus dem Landeshaushalt, die damit verbunden ist. Dabei müsste auch berücksichtigt werden, was Senator Geisel angesprochen hat: dass die Gebühren für den öffentlichen Personennahverkehr auch mit einem besseren Angebot für alle teurer geworden sind – für jene mit einem kleinen Einkommen genauso wie für jene mit einem größeren Einkommen – und dass in den Regelsätzen für Sozialhilfe oder die Grundsicherung beispielsweise Bestandteile für den öffentlichen Personennahverkehr enthalten sind, die auch angewachsen sind. Insofern wären beide Fragen dabei zu berücksichtigen, und man kann das im Rahmen der Haushaltsdebatte sicherlich diskutieren.