Vielen Dank, Herr Präsident! – Es ist schon wieder Oktober. So frage ich den Senat: Hält der Senat ausreichende Angebote im Rahmen der Kältehilfe für wohnungslose Menschen bereit?
Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Ja, wir sind – wie jedes Jahr – in der Vorbereitung, die Kältehilfesaison in Berlin gut zu bewältigen. Die Berliner Kältehilfe ist ein in Deutschland einmaliges Angebot, das wir seit 1995 in Berlin als Sonderprogramm haben, welches über die Bezirke organisiert und dann über einen Zuwendungsempfänger, den wir aus den Senatsmitteln fördern, zentral gebündelt und verwaltet wird.
Wir haben im letzten Jahr im Durchschnitt etwa 450 Notschlafplätze pro Nacht benötigt. In der Spitze waren es bis zu 500. Wir hatten damals einen Bedarf von 600 Plätzen gesehen, die wir in Berlin benötigen, die auch über die Senatsfinanzverwaltung über die Basiskorrektur mit den Bezirken ausfinanziert gewesen wäre.
Unser Ziel ist es in diesem Jahr – weil wir davon ausgehen, dass mehr Plätze für die Kältehilfe notwendig sind –, mindestens 700 Plätze ab Beginn der Kältehilfesaison zur Verfügung zu stellen. Es ist bis jetzt gelungen, bereits etwa 400 Plätze mit den Bezirken zu sichern. Wir sind dabei, weitere Kapazitäten mit den Bezirken zu besprechen. Ich habe gestern beispielsweise mit den Maltesern, die ich in der Messehalle besucht habe und die auch Angebote in der Kältehilfe unterstützen würden, über eine zusätzliche Kapazität von gut 200 Plätzen gesprochen, die sie uns angeboten haben. Dabei ist es besonders wichtig, Angebote in der Innenstadt zu haben, also Charlottenburg-Wilmersdorf, in Mitte, in FriedrichshainKreuzberg, weil Wohnungslose, die in die Kältehilfe gehen, ungern an die Stadtgrenzen gehen und sich auch ungern an die Stadtgrenzen bringen lassen.
Wir sind dicht dabei, in Charlottenburg-Wilmersdorf ein zusätzliches Angebot von 200 Plätzen für die Kältehilfe in einer ehemaligen Pflegeeinrichtung zu bekommen, die im Übrigen auch für Frauen zur Verfügung stehen würde, die in besonderem Maß im Rahmen der Kältehilfe schutzbedürftig sind. Wir wollten immer dafür Sorge
Die Nachfrage wurde zum Teil fast schon mit beantwortet. – Es ist damit zu rechnen, dass wir auch eine deutlich gestiegene Anzahl wohnungsloser Frauen, zum Teil auch mit Kindern, haben. Wie weit sind Sie darauf vorbereitet, oder wie gehen Sie damit um?
Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Kinder gehören nicht in Kältehilfeeinrichtungen, und zwar vom ersten Tag an nicht, sondern sofort in die Jugendhilfe. Wir tun alles, damit dies auch gelingt.
Aber es gibt leider immer wieder die Situation, dass spätabends oder mitten in der Nacht eine Familie oder eine Frau mit Kindern in einer Kältehilfeeinrichtung ankommt. Für eine solche Situation muss man sich – für diese eine Nacht – vorbereiten. Dafür wäre eine solche spezielle Unterkunft von Bedeutung, dass man diese hat, um dann schnell – eben auch am nächsten Tag – die notwendigen Schritte zu tun, aber von der ersten Minute an besonderen Schutz zu geben.
Wir wissen, dass die Zahl derer, die in der Kältehilfe sind, mit Sicherheit zunehmen wird, weil die Zahl der Wohnungslosen gestiegen ist. Zwei Drittel des Angebots in der Kältehilfe werden vor allem für osteuropäische Wohnungslose benötigt, die über unterschiedliche Wege nach Berlin kommen – Armutswanderungen, niedrige Beschäftigungsverhältnisse und vieles andere, was es dort an besonderen einzelnen Schicksalen gibt –, die keine eigene Unterkunft, keine eigene Bleibe haben und in der kalten Jahreszeit dann eine solche Kältehilfeeinrichtung nutzen.
Insofern: Wir sind auf diese beiden Dinge vorbereitet und haben auch am Runden Tisch für Flüchtlinge bzw. in den großen Lagebesprechungen dieses Thema zum regelmäßigen Tagesordnungspunkt auch mit den Wohlfahrtsverbänden gemacht, weil wir auch unterschiedliche Gruppen von Hilfebedürftigen in Berlin nicht gegeneinander ausspielen, sondern deutlich machen wollen, dass das Angebot für alle Gruppen gewährleistet sein muss.
Vielen Dank! – Für eine weitere Nachfrage hat das Wort jetzt die Kollegin Burkert-Eulitz – Bitte schön!
Sehr geehrter Herr Czaja! Sie wissen sicherlich, dass die Jugendhilfe auf jeden Fall nicht für wohnungslose Familien und Kinder zuständig ist und das in Ihre Zuständigkeit fällt. Deswegen frage ich Sie: Ist Ihnen bekannt, dass allein in Neukölln 1 000 Kinder wohnungslos sind, und wie garantieren Sie, dass in diesem Winter für Familien mit Kindern entsprechende Angebote auch in der Kältehilfe – denn dort kommen sie auch an – vorgehalten und Familien nicht getrennt werden, weil die Kinder vielleicht im Kindernotdienst untergebracht werden müssen?
Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Ihre Frage macht schon deutlich, dass für die Unterbringung der Wohnungslosen die Bezirke die Verantwortung haben und sie dafür auch Wohnungsloseneinrichtungen zur Verfügung stellen, unter anderem auch Einrichtungen für Familien mit Kindern, die von Obdachlosigkeit bedroht sind. Denn Obdachlosigkeit und Wohnungslosigkeit sind zwei verschiedene Dinge. Diejenigen, die wohnungslos sind, aber dann in einer Betreuungseinrichtung des Bezirkes unterkommen, sind nicht mehr obdachlos, aber verfügen nicht selbst über eine eigene Wohnung. In solche Einrichtungen müssen Frauen und vor allem Familien mit Kindern oder Frauen mit Kindern schnell kommen können und nicht in Kältehilfeeinrichtungen. Das ist unser gemeinsames Ziel.
Wenn es denn doch einmal passiert, dass in einer Nacht eine Familie mit Kindern oder eine Frau bzw. ein Mann mit Kindern in eine Kältehilfeeinrichtung kommt, stellt sich genau das Erfordernis, dass diese Personen sofort am nächsten Tag in eine reguläre Wohnungslosenunterkunft des Bezirks kommen. Sie wissen, dass die Bezirke selbst auch versuchen, weitere Wohnungsloseneinrichtungen zu errichten. Das, was wir an Modularbauten für Flüchtlingsunterkünfte bauen, ist auch dafür vorgesehen, dass nicht nur diese, sondern auch andere Gruppen Bedürftiger in eine solche Einrichtung kommen können, beispielsweise Wohnungslose. Aber das hilft noch nicht für diesen Winter. Deswegen ist es für diesen Winter vor allen Dingen erforderlich, die Anzahl der Kältehilfeeinrichtungen auf 700 aufzustocken, zweitens für die besonders schutzbedürftigen Frauen eine separate Einrichtung zu haben und drittens die Kooperation mit den Bezirken so zu
stärken, wie es in den vergangenen Jahren auch gewesen ist. Da helfen vor allem die Innenstadtbezirke enorm dabei, dass dann eine Unterbringung in den Wohnungsloseneinrichtungen möglich ist.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat: Welche weiteren Schritte werden nach der erfolgreichen Pflegekammerinfoveranstaltung vom letzten Donnerstag hinsichtlich der Bemühungen der Senatsgesundheitsverwaltung folgen, den in der Pflege tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Berlin endlich Stimme, Gehör und pflegerische Sicherheit mit einer eigenen Kammer zu geben?
Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Krüger! Wir haben im Einvernehmen mit Befürwortern wie Kritikern der Pflegekammer in Berlin eine Befragung der Pflegekräfte durchgeführt, wie diese zur Einführung einer Pflegekammer stehen. Das ist auch deswegen von Bedeutung, weil die Einführung einer Pflegekammer eine Pflichtmitgliedschaft zur Folge hätte und dies ein Eingriff in Grundrechte jedes einzelnen Berufstätigen in dieser Gruppe wäre.
Die große Mehrheit der Pflegekräfte in Berlin hat sich für die Einführung einer Pflegekammer ausgesprochen. Eine kleine Minderheit von weniger als 20 Prozent hat gesagt, sie sei gegen die Einführung einer Pflegekammer in Berlin. Für uns als fachlich zuständige Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales ist das ein klares Votum dafür, dass die Pflegekräfte genauso wie in Schleswig-Holstein, in Niedersachsen und in Rheinland-Pfalz eine Pflegekammer wollen.
Ich habe in der vergangenen Woche deswegen meine sozialdemokratischen Kollegen, die in ihren Ländern die Pflegekammer eingeführt haben, eingeladen, um über die Erfahrungen mit dieser Einführung zu sprechen. Auch die
Fraktionsvorsitzenden bzw. die Sprecher der Fraktionen wurden eingeladen, um in einen Austausch mit den Pflegekräften zu kommen. Daher: All die Dinge, die wir tun können, sind getan.
Jetzt ist es in der Verantwortung des Parlaments, im Heilberufsgesetz eine weitere Kammer einzurichten, so wie es die jetzige Ministerpräsidentin und frühere Gesundheitsministerin Frau Dreyer in Rheinland-Pfalz begonnen hat, um den Weg fortzuführen, dass die Pflege auf Augenhöhe mit den Psychotherapeuten, mit den Zahnärzten, mit den Ärzten und mit all den anderen Heilberufen agieren kann. Ich würde mir wünschen, dass diese Unterstützung auch aus dem Parlament und aus der Koalition gegeben ist. Leider waren einige Fraktionen, Die Linke und die Sozialdemokraten, nicht bei der Veranstaltung vertreten. Das ist sehr bedauerlich, das haben auch die Pflegekräfte sehr bedauert. Insofern war der politische Diskurs an der Stelle nicht in ausreichendem Maße zu den Ergebnissen möglich. Aber meine Hoffnung ist weiterhin vorhanden, dass wir den Weg, den drei andere Regierungen – im Übrigen drei andere sozialdemokratische Minister – gegangen sind, auch in Berlin gehen können – erst recht, da die größte Zustimmung vor allem unter den jüngeren Pflegekräften vorhanden ist, die die Zukunft vor sich haben, die wir dringend benötigen und deren Unterstützung wir brauchen, um den demografischen Wandel in Deutschland und auch in Berlin zu gestalten.
Danke schön! – Der Erstfragesteller braucht sich nicht einzubuchen. Er hat ohnehin das Recht zur zweiten Nachfrage. – Lieber Kollege Krüger! Sie können jetzt die zweite Frage stellen! Bitte!
Danke, Herr Präsident! – Angesichts auch kritischer Stimmen hier im Haus zu dem Thema Pflegekammer frage ich Sie, Herr Senator, und bitte um eine Antwort in gebotener Kürze, welches für Sie die tragenden Argumente sind, um eine Pflegekammer hier im Land Berlin einzuführen.
[Benedikt Lux (GRÜNE): Das war aber schon beantwortet! – Ülker Radziwill (SPD): Die Argumente kennen wir!]
Meine Argumente sind die Argumente der Ministerpräsidentin Dreyer, der Gesundheitssenatorin von Hamburg,
Frau Prüfer-Storcks, des Kollegen Schweitzer – Fraktionsvorsitzender der rheinland-pfälzischen SPD –, der bei der Veranstaltung war, und vieler anderer mehr, die Pflege auf Augenhöhe mit den anderen Heilberufen zu bringen, ihr eine Kammer zu geben, die für die Berufsordnung selbst sorgen kann und den wissenschaftlichen Fortschritt im Bereich der Pflege selbst mit ausgestaltet. Ich habe elf Jahre als Abgeordneter und gesundheitspolitischer Sprecher erleben können, wie viele gesundheitspolitischen Debatten im Parlament geführt wurden. In den Ausschüssen wurden gute Anhörungen durchgeführt. Dabei wurden die Argumente der unterschiedlichen Interessengruppen gut vorgetragen. Die Ärztekammer kam hochprofessionell, die Zahnärztekammer, die Psychotherapeutenkammer, die Apothekenkammer. Die waren alle gut vorbereitet, und die Pflege kam nach Dienstschluss. Damit sich dies ändert und die Situation, die wir in Berlin beispielsweise aktuell erleben, dass in den Berliner Kliniken 2 500 Pflegekräfte abgebaut und gleichzeitig 800 neue Ärzte eingestellt wurden, das zeigt, wenn Pflege auf Augenhöhe mit der Ärzteschaft arbeiten würde, dann wäre auch die gesundheitliche und pflegerische Versorgung der Berlinerinnen und Berliner noch besser, und deswegen ist für mich einerseits die Stärkung der Pflegekräfte der Grund, um auf Augenhöhe mit den anderen Heilberufen zu agieren und auf der anderen Seite die gesundheitliche und pflegerische Versorgung der Berliner zu verbessern, gerade und weil wir alle miteinander Gott sei Dank älter werden.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Senator! Da Sie nun der geneigten Öffentlichkeit mitgeteilt haben, dass unter anderem die SPD welcher Veranstaltung auch immer ferngeblieben sei – damit kenne ich mich nicht aus –, und ein Plädoyer für eine Pflegekammer von Ihnen zu vernehmen war, können wir dann berechtigterweise davon ausgehen, dass es einen Gesetzentwurf des Senats gibt, wenn dem Senat das so wichtig ist und der SPD offensichtlich nicht ganz so wichtig?
Sehr geehrter Herr Präsident! Herr parlamentarischer Geschäftsführer und Abgeordneter Schneider! Ich nehme mit Freude zur Kenntnis, dass Sie den Senat auch auffordern, das Heilberufegesetz dahin gehend zu ändern, dass die Pflegekammer darin aufgenommen wird. Ich werde
diesen Hinweis und diese Unterstützung gern aufnehmen und diesen Weg gern gehen. Danke, dass Sie diesen unterstützen!
Sehr geehrter Herr Präsident! Ich frage den Berliner Senat: Wenn das Land Berlin im bundesweiten Vergleich den schlechtesten Betreuungsschlüssel für die kleinsten Kitakinder hat, aber dem gegenüber ein guter Betreuungsschlüssel der entscheidende Faktor bei ein- und zweijährigen Kindern für einen gelingenden Start ihrer institutionellen Bildungsbiografie ist, warum hat die sofortige Abänderung dieses Zustandes für alle Berliner Kinder nicht die oberste Priorität, wie es auch das Berliner Kitabündnis gestern wieder gefordert hat?
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau BurkertEulitz! Für den Senat hat sowohl die Gewährleistung des Rechtsanspruchs auf einen Kitaplatz als auch die Qualität in unseren Kindertagesstätten hohe Priorität. Für die Gewährleistung des Rechtsanspruches müssen wir in der wachsenden Stadt sehr viel Geld einsetzen, und Sie wissen aus den Haushaltsberatungen, dass wir hier die investiven Anstrengungen zum jetzt laufenden Haushalt verdoppelt haben. Wir haben dennoch für die Qualität, weil sie uns so wichtig ist, eine Priorität gesetzt und dort einen Einstieg gefunden, dass wir insbesondere für Kinder, die aus sozial belasteten Quartieren kommen, in den Kindertageseinrichtungen einen zusätzlichen Personalaufwuchs gewährleisten werden, und zwar im Jahr 2016 mit einer halben Stelle zusätzlich – das heißt, für eine Kindergruppe ist rechnerisch ein halbes Kind weniger zu betreuen –, und im Jahr 2017 wird das auf eine rechnerisch Dreiviertelstelle angehoben. In diesem Sinne werden wir im kommenden Haushalt für 13 000 Kinder, gerade bei den Null- bis Dreijährigen, die Qualität anheben, Schritt für Schritt und stufenweise. Wir sind da gar nicht auseinander. Natürlich ist die Qualitätsverbesserung ein wichtiger Punkt, und der Fachkraft-Kind-Schlüssel spielt dabei eine