Protocol of the Session on June 25, 2015

In der Sache selbst gibt es bereits erhebliche Maßnahmen zur Förderung und Stärkung alternativer Ersatzmethoden zu Tierversuchen wie z. B. die Auslobung eines Berliner Tierschutzforschungspreises. Es gab auch die Berufung des Landestierschutzbeauftragten. Zudem wurde an der Charité eine W3-Professur für experimentelle Toxikologie und Alternativen zum Tierversuch eingerichtet. Im Klartext: Maßnahmen zur Verbesserung des Tierschutzstandards werden in Berlin bereits zunehmend umgesetzt.

[Philipp Magalski (PIRATEN): Zu wenig!]

Ich bedanke mich, meine Damen und Herren!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Dr. Hausmann! – Für die Piratenfraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Kowalewski. – Bitte!

Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen Liebe Kollegen! Ich richte mich jetzt einfach an die Koalition: Auch wenn Sie eine Aktuelle Stunde nach der anderen darauf verwenden, die Berliner Wissenschaftslandschaft

über den grünen Klee zu loben, und das meistens nur, um von dringenden Themen abzulenken,

[Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

sehen wir alle gerade dabei zu, wie die früher einmal führende Forschung im Bereich der Medizin und Biotechnik in Berlin in der Mittelmäßigkeit oder Bedeutungslosigkeit versenkt wird. Das BIG, Ihr gefeiertes Institut, besteht aus zwei Partnerinnen, die gemeinsam die Zeichen der Zeit nicht erkannt haben und die völlig falschen Prioritäten setzen. Das MDC lässt sich für 24 Millionen, das meiste davon vom Bund, ein neues Tierversuchslabor errichten. Die Charité, heutzutage vor allem bekannt durch ihren völlig maroden Personalschlüssel, baut selbst aus Senatsgeldern für 60,8 Millionen ein eigenes direkt daneben. Das ist ein großartiges Zeichen von Koordination und Kooperation!

Und es ist natürlich völlig klar, dass die Zahl von 1,2 Millionen Versuchstieren, die in Berlin jetzt schon jedes Jahr gezüchtet werden und uns den unrühmlichen Titel Hauptstadt der Tierversuche einbringt, damit noch weiter steigen wird. Das können Sie jetzt zwar versuchen wegzudiskutieren, aber Sie werden es sehen, dass genau das passieren wird. Wenn Ihnen das sinnlose Leiden und Sterben von einem Säugetier pro menschlichem Einwohner und pro menschlicher Einwohnerin in dieser Stadt – und das alle drei Jahre – völlig egal ist, dann sind Sie schlechte, kaltherzige und schwer erträgliche Menschen. Haben Sie Ihren Kindern eigentlich schon erzählt, dass Sie mitverantworten, dass auch für Sie alle drei Jahre eine Maus oder Ratte, vielleicht ab und zu auch einmal ein Pferd, gequält und ermordet wird? Aber wenn Ihnen zusätzlich noch egal ist, dass Sie damit auch die Position der Berliner Biowissenschaften gefährden, dann sind Sie zusätzlich schlechte, uninformierte und destruktive Politikerinnen und Politiker, die das Absinken dieser Stadt, in der auch sonst kaum noch etwas funktioniert, in die Bedeutungslosigkeit auch in der Wissenschaft vorantreiben.

[Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Im Gegensatz zu Aristoteles vor über 2000 Jahren ist die moderne Wissenschaft an einem Detailliertheitsgrad und bei einer Komplexität angelangt, die es unmöglich macht, Erkenntnisse an Tieren auf Menschen zu übertragen. Dass das auch gerade eben hier im Hause weiter behauptet wird, zeigt, wie gefährlich diese selbst in der wissenschaftlichen Gemeinschaft noch verbreitete Legende ist. Aber wo sollen die Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler die methodisch richtige Forschung an Simulationen, menschlichem Gewebe oder menschlichen Zellen aber auch lernen? – Hier in Berlin jedenfalls nicht. Kurse mit Ersatzmethoden müssen Studierende selbst bezahlen. Die Gelder für die Ausbildung sind alle schon in den Folterkellern gebunden, sodass Wissenschaft, die diesen Begriff verdient, zu einem Luxus für Wohlhabende wird. In Berlin aktuelles, zukunftsfähiges Wissen zu lernen, muss man sich erst mal leisten

(Dr. Hans-Christian Hausmann)

können. Oder ist das vielleicht ein geheimer Masterplan, um die Wohnheime wieder leerzubekommen?

Die Forschung an alternativen Energiequellen haben wir bereits verloren. Firmen aus diesem Bereich sind geschlossen, das einst weltweit führende Know-how ist weg, die Arbeitsplätze sind verloren, weil diese Forschung im Ausland gefördert, hier aber politisch blockiert wurde. Dann, wie hier in der letzten Sitzung geschehen, das letzte große Energietechnikunternehmen unter dem Licht aus Braunkohlestrom, den wir hier in diesem Haus so lieben, anzubetteln, doch bitte trotzdem in der Stadt zu bleiben, ist erbärmlich. Es hilft eben nichts: Wo moderne Forschung und Entwicklung nicht gewollt sind und blockiert werden, werden sie verschwinden. In der Biotechnik machen wir gerade genau denselben Fehler. Wie lange wollen wir das noch machen?

Die Anträge hat Frau Kollegin Hämmerling ausführlich begründet. Stimmen Sie doch einfach zu! – Schönen Tag noch!

[Beifall bei den PIRATEN und den GRÜNEN]

Vielen Dank, Herr Kowalewski! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zum Antrag Drucksache 17/1906 empfiehlt der Fachausschuss mehrheitlich gegen Grüne und Piraten bei Enthaltung Linke die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die Piratenfraktion und die Linksfraktion. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen der SPD und der CDU. Enthaltungen? – Ich sehe keine Enthaltungen. Dann ist der Antrag so abgelehnt.

Zum Antrag Drucksache 17/1907 empfiehlt der Fachausschuss mehrheitlich gegen Grüne, Linke und Piraten die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die Linksfraktion und die Piratenfraktion. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen der SPD und der CDU. Enthaltungen? – Ich sehe keine Enthaltungen. Dann ist auch dieser Antrag abgelehnt.

Die Tagesordnungspunkte 14 und 15 stehen auf der Konsensliste. Der Tagesordnungspunkt 16 war bereits Priorität der Fraktionen der SPD und CDU unter Nr. 3.1 und Nr. 3.2.

Ich rufe nunmehr auf

lfd. Nr. 17:

Das Stromnetzvergabeverfahren transparent und diskriminierungsfrei zu Ende bringen!

Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 10. Juni 2015 Drucksache 17/2323

zum Antrag der Piratenfraktion Drucksache 17/2288

In der Beratung beginnt die Piratenfraktion. Das Wort hat der Abgeordnete Mayer. – Bitte!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kollegen! Werte Gäste! Wir fordern den Senat in dem Antrag auf, endlich die Stromnetzvergabe transparent und diskriminierungsfrei zu Ende zu bringen, und stehen damit hier im Haus offenbar etwas allein da, weil außer uns jeder hier mittlerweile einen Neustart des Verfahrens zur Stromnetzvergabe favorisiert, allerdings aus sehr unterschiedlichen Gründen, die wir wahrscheinlich in den weiteren Reden hören werden.

Ein wichtiger Grund, der allerdings nicht gern ausgesprochen wird, scheint mir die Wahrscheinlichkeit zu sein, dass es der landeseigene Bewerber beim gegenwärtigen Stand der Erkenntnisse sehr schwer hat, noch zu gewinnen. Dieses Argument halte ich nicht für wirklich redlich. Auch wenn es vielleicht politisch wünschenswert ist, so hat das nichts mit Diskriminierungsfreiheit zu tun.

Wir haben nun mal tatsächlich das Problem, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen bei der Konzessionsvergabe in der Praxis problematisch sind. Es gibt eine ganze Reihe von Reformvorschlägen, und eine Sache, die in der Tat problematisch ist: dass Verfahrensfehler von den einzelnen Teilnehmern meist erst dann gerügt werden, wenn sie unterliegen. – Das sollte man, dafür gibt es entsprechende Vorschläge, gesetzlich verhindern, sodass Sachen nur im laufenden Verfahren gerügt werden können, sobald sie den Teilnehmern bekannt werden.

Ein wichtiger Grund, außer grundsätzlichen Erwägungen zur Diskriminierungsfreiheit, warum das Verfahren jetzt schleunigst zum Ende gebracht werden sollte, ist aus unser Sicht, dass wir als Land Berlin auf einen erheblichen finanziellen Schaden zulaufen, und zwar können die Berliner Verbraucher, wenn es bis zum 1. Januar 2016 keine Vergabeentscheidung geben wird, vermutlich auf die deutlichste Strompreissenkung zugehen, die wir seit Langem gesehen haben, weil nicht nur mit dem Ablauf der Konzession, sondern auch mit dem Ablauf des Karenzjahres die gesetzliche Grundlage für die Erhebung der Konzessionsabgabe beim Verbraucher entfällt. Das ist beim Gas bereits passiert. Da werden wir noch sehen, wie sich das auswirkt. Da ist es aber nicht so tragisch, denn im Prinzip kann jeder Bürger bereits im diesem Jahr seine

(Simon Kowalewski)

Gasrechnung um ein halbes Prozent Konzessionsabgabe kürzen. Wir werden sehen, wie viele das am Ende machen werden. Aber beim Strom reden wir von ganz anderen Summen. Das lohnt sich für den Einzelnen, weil der Preis der Stromrechnung um 5 Prozent bis 10 Prozent sinken wird.

Möglicherweise hat der Senat noch Hoffnung, dieses Desaster irgendwie zu vermeiden, indem man sich mit Vattenfall auf eine Übergangslösung einigt. Das wird möglicherweise irgendwie funktionieren, aber so, wie ich unsere Energieversorger kenne, wird jede Regelung beinhalten, dass sie bestenfalls die Abgaben weiterleiten, die von den Bürgern bezahlt werden, und dann werden wir sehen, wie viele das tatsächlich tun. Für den Landeshaushalt geht es aber dabei um bis zu 130 Millionen, 140 Millionen Euro. Die werden sicherlich nicht alle ausfallen, aber bis zu 100 Millionen Euro im nächsten Jahr stehen auf dem Spiel.

Beim Neustart, der gerade bei der Vergabe favorisiert wird, werden wir mit Sicherheit einen neuen Bewerber dabei haben, die E.ON, wobei sich als Konsequenz, wie wir heute alle erfahren haben, bereits Vattenfall und GDF in der GASAG sich gegen E.ON verbündet haben. Das wird auch noch alles spannend werden. In jedem Fall können wir feststellen, dass die Strategie, mithilfe der Konzessionsverfahren die Kaufpreise für GASAG und Teile von Vattenfall zu senken, um so eine preiswerte Rekommunalisierung zu erreichen, als gescheitert anzusehen sein dürfte.

Wir fordern den Senat auf, jetzt daraus die Konsequenzen zu ziehen, und eine Konsequenz sollte aus unserer Sicht sein, das Verfahren zur Stromnetzvergabe jetzt zu Ende zu bringen, und zwar so, wie es sein sollte: transparent und diskriminierungsfrei, ganz unabhängig, ob das Ergebnis eines ist, das uns am Ende gefallen wird oder nicht, denn andernfalls sehe ich einen deutlich größeren Schaden auf uns zukommen. – Vielen Dank!

[Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank, Herr Mayer! – Für die SPD-Fraktion hat nun das Wort der Herr Abgeordnete Stroedter. – Bitte!

[Uwe Doering (LINKE): Jetzt aber Argumente! Jetzt möchte ich Argumente hören!]

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich hoffe, dass ich Ihnen Argumente biete.

Der Antrag der Piraten, Herr Kollege Mayer, ist schon mehrheitlich von SPD, CDU, Grünen und Linke abgelehnt worden. Deshalb sind Sie jetzt nicht völlig über

rascht, wenn ich sage, dass wir ihm auch heute natürlich nicht zustimmen können, weil er uns in der Sache nicht weiterbringt.

Übrigens, Ihre Behauptung, dass der Senat über die Stromnetzvergabe mit Vattenfall verhandelt, ist reine Spekulation. Was im Augenblick an Gesprächen stattfindet, ist das Thema Gas, und da geht es auch darum auszuloten, ob man parallel zu der Berufung, die eingereicht worden ist, darüber verhandelt, ob eine Mehrheitsbeteiligung des Landes Berlin an der GASAG gefunden werden kann.

Nun ist es wie immer: Wenn man eine Rede hat, gibt es aktuelle Anlässe. Heute gibt es so einen aktuellen Anlass – den haben Sie eben schon zitiert; ich sage immer noch Gaz de France, jetzt heißen sie wohl Engie –, dass Engie und Vattenfall eine gemeinsame Absichtserklärung abgeschlossen haben. Ich sehe das noch relativ entspannt, denn eigentlich ist der Sinn dieser Erklärung, aufzumuskeln und vor den Verhandlungen Stärke zu zeigen.

Unsere Position in der Frage ist klar. Wir haben diese zwei Schienen. Die eine Schiene ist, in der Berufung durchzukommen, damit Berlin-Energie den Zuschlag bekommt, und die zweite Schiene ist zu verhandeln, und bei einer Verhandlung kommt für uns als SPD-Fraktion ausschließlich eine Mehrheitsbeteiligung, eine Unternehmensführerschaft beim Gas in Frage und nichts anderes.

[Beifall bei der CDU]

Wenn man heute über das Stromnetzverfahren redet, muss man sehr deutlich sagen, dass die Variante, die Sie, Herr Kollege Mayer vorschlagen, nicht geht. Es gibt wirklich nur zwei Möglichkeiten: Entweder man setzt das Verfahren auf null zurück – das wird der Kollege Wolf wahrscheinlich anschließend wieder erläutern –, und das muss man unter dem Gesichtspunkt dessen sehen, was ich gerade aus der gemeinsamen Erklärung von heute zitiert habe, ob man da vielleicht doch zu einem anderen Ergebnis kommt. Oder die zweite Variante ist die, dass man das Verfahren nachbessert. Ich habe es schon einmal in einer anderen Rede gesagt und will es auch hier so deutlich sagen: Für uns sind drei Punkte entscheidend. Zum einen sind das die Unterkriterien, zweitens der Change of Control und drittens – das ist entscheidend, Herr Mayer, sonst würde es nicht gehen –

[Pavel Mayer (PIRATEN): Warum?]

die Bieterfähigkeit, die finanzielle Ausstattung von Berlin-Energie, und wie diese Gesellschaft aufgebaut ist.

Das Ziel zum Schluss muss sein – und ich hoffe, dass auch die Piraten mitmachen –, dass Berlin-Energie den Zuschlag bekommt. Wir wollen, dass das Land Berlin 100 Prozent Einfluss auf die Stromnetze hat. Deshalb muss man sich genau überlegen, welche Variante möglich ist. Für uns sind beide Varianten vorstellbar. Wir

(Pavel Mayer)

gehen davon aus, dass der Finanzsenator alles dafür tun wird, dass das Verfahren rechtssicher zu Ende geführt wird.