Dringliche Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bauen, Wohnen und Verkehr vom 3. Juni 2015 Drucksache 17/2306
Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall. In der Beratung beginnt die Fraktion der SPD. Das Wort hat Frau Dr. Kitschun. – Bitte!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein harter Schnitt, ein viel kleineres Thema, aber auch eins, das für die Menschen in der Stadt wichtig ist, das im Alltag von vielen eine Rolle spielt. Der Ostbahnhof ist der wichtige Fernbahnhof für die östlichen Bezirke. Er spielt eine wichtige Rolle auch im dezentralen Haltekonzept Berlins, und der Ostbahnhof muss deshalb in vollem Umfang ICE- und Regionalhaltepunkt bleiben.
Für den Schienenpersonenfernverkehr ist die Deutsche Bahn zuständig. Die von der Deutschen Bahn aktuell geplante Verlegung der ICE-Linie 10 weg von der Stadtbahn würde für viele Berlinerinnen und Berliner längere Fahrzeiten mit sich bringen, auch viele Pendler, die unmittelbar zum Beispiel extra in der Nähe des Ostbahnhofes wohnen, wären betroffen. Die Verlagerung der ICE-Linie 10 widerspricht zudem dem von Senat, Verkehrsministerium und Bahn verabredeten Pilzkonzept, das insgesamt sieben Fernbahnhöfe für Berlin vorsieht – Spandau, Zoologischer Garten, Hauptbahnhof, Ostbahnhof, Südkreuz, Gesundbrunnen und Wannsee.
Wir bekräftigen an dieser Stelle auch die Forderung, dass am Zoologischen Garten wieder zusätzlich Fernverkehrszüge halten müssen.
Die Streichung der Fernbahnhalte am Zoo bedeutet tagtäglich für viele Berlinerinnen und Berliner längere Wege und häufigeres Umsteigen. Alle technischen und betrieblichen Möglichkeiten auf der Stadtbahn müssen genutzt werden.
Wir verstehen diesen Antrag auch als Unterstützung für die Verhandlungen des Senats mit der Deutschen Bahn. Deshalb freue ich mich besonders, dass alle Fraktionen sich hier in der Sache einig sind. Das gesamte Berliner Abgeordnetenhaus macht sich für den Ostbahnhof und den Zoologischen Garten als wichtige Fernbahnhöfe stark. Die Deutsche Bahn und auch der VBB sollten diese Wünsche ernst nehmen und ihre Planung revidieren. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Dr. Kitschun! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Gelbhaar. – Bitte!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist die Dramaturgie einer Parlamentssitzung, dass nach einer harten, emotionalen Debatte dann eine nicht weniger wichtige, aber eben doch ganz andere Debatte zu führen ist, wo es um Infrastruktur, wo es um Zeit für die Berlinerinnen und Berliner geht. Und dazu möchte ich jetzt kommen.
Ich freue mich, dass die Bündnis 90/Grüne-Initiative zur Sicherung der Fernbahnhöfe Ostbahnhof und Zoo heute aufgegriffen wird und dass sie sogar als Priorität behandelt werden kann.
Wir wollen verhindern, dass der Ostbahnhof immer mehr vom Fernverkehr abgekoppelt wird, und wir wollen ebenso, dass der Bahnhof Zoo wieder regulärer Halt für den Fernverkehr auf der Stadtbahn wird, denn das sind die Grundlagen für einen bürgernahen Fernverkehr in Berlin.
Allein der Hauptbahnhof, wie es augenscheinlich das Konzept der Deutschen Bahn ist, reicht nicht aus. Das ist auch nicht Metropole und Hauptstadt, das ist Kreisliga, das ist Kreisstadt. Das wäre genauso absurd, als wenn wir die U-Bahnlinie 2 von Ruhleben nach Pankow genau einmal halten lassen würden, nämlich am Potsdamer Platz.
Das spiegelt auch nicht die Geschichte Berlins wieder – das ist schon angedeutet worden –, die Eisenbahngeschichte, vielmehr würde die Konzentration auf nur einen Bahnhof dem Konzept der letzten 25 Jahre vollständig widersprechen. Und das finde ich falsch.
Ich meine, Bahnhöfe in den jeweiligen Zentren Berlins, das war und das ist der richtige Weg für unsere Stadt. Der Bedarf ist jedenfalls da. Das ist der Service für uns Berlinerinnen und Berliner und eben auch für unsere Gäste. Der Ostbahnhof ist der Fernbahnhof für große Teile im Osten der Stadt, wie der Zoo spiegelbildlich für große Teile des Westens unserer Stadt. Wir stehen hier in der Verantwortung. Das bedeutet eben auch, die Zeit der Berlinerinnen und Berliner nicht zu verplempern. Und es wäre arrogant und falsch, alle quasi zum Hauptbahnhof zu zwingen. Wir wollen sorgsam mit Zeit und Nerven der Menschen umgehen, und ich freue mich daher, dass alle Fraktionen angekündigt haben, diesen Antrag heute gemeinsam beschließen zu wollen.
Den heutigen Beschluss sehe ich als Bestärkung, aber vor allem auch als Auftrag an den Senat. Das Land Berlin muss gegenüber der Deutschen Bahn in größter Klarheit und Härte erklären, dass wir nicht gewillt sind, die Abkopplung der Bahnhöfe Zoo und Ostbahnhof vom Fernverkehr hinzunehmen. Lassen Sie uns hier mit der Bahn hart verhandeln!
Lassen Sie uns konstruktiv nach Lösungen suchen, grundsätzlich, aber auch im Detail! Die Mühe lohnt, auch in die Fahrpläne reinzugehen und die Auslastung der Stadtbahn zu optimieren, selbst wenn es dann nicht mehr der ganz klare Halbstundentakt ist.
Sehr geehrter Herr Senator Geisel! Ich habe gelesen, dass Senatssitzungen aktuell schon wie Urlaub sein sollen. Ich glaube, nach der heutigen Debatte wird das in den nächsten Wochen vielleicht nicht mehr ganz so sein. Auf jeden Fall scheint dort ein bisschen Zeit vorhanden zu sein. Und so oder so, Herr Senator Geisel, möchte ich Sie auffordern: Laden Sie Bahnchef Grube einfach direkt in eine Senatssitzung ein und rufen dann das Thema auf! Und wenn es nicht reicht, nur diesen Punkt zu besprechen: Es gibt noch weitere Themen, die den Berlinerinnen und Berlinern unter den Nägeln brennen, beispielsweise der Lärmschutz am Schienen-Innenring – großes und wichtiges Thema für ganz viele Leute von Pankow bis Schöneberg. Hier ist die Bahn in der Pflicht, und es passiert einfach nichts. Ein anderes Stichwort – Ihr Lieblingsthema – ist die Dresdner Bahn. Insgesamt brauchen wir intensive Gespräche mit der Bahn, um die Berliner Interessen deutlich stärker zu vertreten und umzusetzen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Vielen Dank, Herr Gelbhaar! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Friederici. – Bitte!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr verehrten Damen und Herren! – Zu Ihnen, Herr Gelbhaar! Wenn man ein gemeinsames Projekt hat, wie z. B. diese gemeinsame politische Forderung erhebt, da ist es nicht unbedingt geziem, dass man immer auf den, den man erreichen will, nur einschlägt.
Ich sage es Ihnen ganz deutlich: Immer nur von der Bahn zu behaupten, sie würde keinen Lärmschutz machen, sie würde gar nichts machen – das stimmt nun auch nicht. Wenn Sie durch Berlin fahren, sehen Sie eine Vielzahl von Lärmschutzwänden, ruhigen Gleisen und Ähnlichem. Sie wissen auch, dass es viele Bürgerinitiativen gibt, die sich dagegen wenden, dass zum Beispiel so eine Veränderung in dem Stadtbild stattfindet. Dass die Bahn gar nichts tut, dem möchte ich per se widersprechen, und das stimmt auch nicht ganz.
Aber die regierende Koalition aus SPD und CDU hat sich – wie die vergangenen großen Koalitionen der Neunzigerjahre – klar und deutlich dazu bekannt, dass die Berliner Bahnhöfe Zoologischer Garten im ehemaligen Westberlin und Ostbahnhof im ehemaligen Ostteil der Stadt als Fernbahnhöfe gesichert werden. Berlin ist aufgrund seiner Fläche, der Einwohnerzahl und der täglichen Bahnkunden sehr wohl daran interessiert, dass hier neben den Bahnhöfen Hauptbahnhof, Gesundbrunnen, Südkreuz und Spandau nicht nur der regionale Verkehr, sondern auch der nationale Deutschlandverkehr ankommt und abfährt, eben auch an anderen Standorten.
Wir können sehr wohl verstehen, dass die Deutsche Bahn aufgrund des Begleitgeschäftes jedes Bahnhofes und aufgrund des Wunsches der Verkehrskonzentration, so, wie in fast allen Städten Deutschlands, eher weniger als mehr Verkehrshaltepunkte schaffen möchte und auch schafft. Aber was in mittelgroßen Städten gelten soll, gilt nicht in der deutschen Hauptstadt mit 3,5 Millionen Einwohnern, 20 Millionen Touristen im Jahr und einem Brandenburger Umland mit einer Million Einwohnern.
Wir sehen als die Regierung mittragende Unionsfraktion in der Abwägung nur die Argumente für Berlin, unsere Stadt und die Bahnhöfe nutzenden Fahrgäste einerseits und die direkte Umfeldentwicklung der Bahnhöfe andererseits, die, wenn es weniger Verkehr gibt, sich eben nicht so entwickeln, wenn dort kein Fernbahnverkehr stattfindet. In dieser Abwägung bleiben wir dabei: Die Koalition will glasklar, dass die Standorte Ostbahnhof und Zoologischer Garten wieder und weiter an das Fernbahnnetz angeschlossen bleiben und werden.
Die Koalition hat daher den Antrag der Grünen auch erweitert, denn er suggeriert in seiner Ursprungsfassung bisher angebliche Untätigkeit des Berliner Senats in der Lösung dieser Frage, bei der Deutschen Bahn wieder und immer wieder hier vorstellig zu werden, den Fernverkehr auch wirklich am Zoo und wirklich am Ostbahnhof zu wollen.
Wir stellen daher fest: Jeder Berliner Senat nach der Wiedervereinigung hat sich bei der Deutschen Bahn nach der Wiedervereinigung eben doch dafür eingesetzt, dass Bahnhof Zoo und Ostbahnhof den Fernverkehr haben. Das am besten einstimmig vor diesem Hause heute zu bekennen, ist ein Appell von uns allen in der Regierungsfraktion an die drei Oppositionsfraktionen. Denn das am besten einstimmige Signal des Berliner Abgeordnetenhauses hilft dem Senat bei seinen diesbezüglichen Gesprächen bei der Bahn, hilft Berlin, hilft den Menschen, die täglich mit der Bahn fahren, den Menschen, die am Bahnverkehr wirklich interessiert sind. Daher werbe ich für unseren gemeinsamen Ansatz der Koalitionsfraktionen von SPD und CDU zum vorliegenden Antrag der Grünen. – Vielen Dank!
[Beifall bei der CDU und der SPD – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Stefan Gelbhaar (GRÜNE)]
Vielen Dank, Herr Friederici! – Für die Linksfraktion hat jetzt das Wort der Abgeordnete Harald Wolf. – Bitte!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Alle Fraktionen sind sich einig, dass sie diesen Antrag unterstützen. Alle Vorredner haben die Argumente genannt. Mit anderen Worten: Es ist schon alles gesagt, bloß noch nicht von mir. Ich glaube, Sie wollen jetzt nicht von mir noch mal alles wiederholt hören. Deshalb danke ich für Ihre Aufmerksamkeit und bitte darum, diesen Antrag anzunehmen.
Vielen Dank, Herr Wolf! – Dann hat jetzt für die Piratenfraktion das Wort der Abgeordnete Prieß. – Bitte!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Herr Wolf wird mich jetzt wahrscheinlich in Bezug auf die Kürze des Vortages doch geschlagen haben, aber die Argumente sind natürlich auch von uns nur die gleichen, deswegen brauche ich sie nicht zu
Mich wundert in diesem ganzen Verfahren ein bisschen, dass dieser Antrag jetzt Priorität der SPD geworden ist. Wir haben eigentlich keine Debatte hier im Haus, weil wir uns eigentlich einig sind. Normalerweise ist das Parlament der Ort der Debatte. Und hier ist die Debatte nicht zu führen. Die Debatte ist mit der Bahn zu führen, und die Bahn ist nicht hier.
In dem Streit um den Antrag ging es nur noch um ein paar Feinheiten der Formulierung. Auch das haben wir schon gehört. Und das normale Verfahren bei solchen Anträgen der Opposition ist, dass sie abgelehnt werden, wenn das Senatshandeln schon entsprechend stattfindet. Das ist das übliche Verfahren, das ich kennengelernt habe. In diesem Fall war es allerdings ein Änderungsantrag von der Koalition, und die SPD hat gleich die Gelegenheit genutzt, den Senat für seine Tätigkeit im Sinne dieses Antrags zu loben. Im Grunde kann ich mich auch nur dem anschließen, weil wir uns in den Argumenten alle einig sind.
Ich will noch ein bisschen auf ein sachliches Gegenargument eingehen, was auch in der Ausschussdebatte zur Sprache kam: die Kapazitätsengpässe auf der Stadtbahn – das klang auch im Vortrag von Herrn Gelbhaar kurz an. Dazu kann ich nur sagen: Die Kapazitätsengpässe auf der Stadtbahn werden durch die Fernverkehrshalte am Ostbahnhof und am Zoologischen Garten nicht viel größer werden, denn es handelt sich um einen kleinen Effekt, weil die Züge ohnehin auf der Stadtbahn sehr langsam fahren und dadurch die Kapazität gar nicht groß ist. Zudem verteilen sich durch den mehrmaligen Halt der Fernzüge an den Bahnhöfen die Umsteigezeiten an den einzelnen Stationen, und es findet auch kein Verkehr z. B. vom Ostbahnhof zum Zoologischen Garten und über die Fernzüge statt. Insofern wächst die Umsteigezeit dadurch nicht. Zugleich entlastet diese Maßnahme auch den Verteilverkehr durch die Nahverkehrszüge und die S-Bahn.
In diesem Sinne kann ich auch nur für die Piratenfraktion sagen: Stimmen wir diesem Antrag einfach zu! Ich komme damit zum Schluss. – Danke sehr!
Zum Antrag Drucksache 17/2112 empfiehlt der Fachausschuss einstimmig – mit allen Fraktionen – die Annahme in neuer Fassung. Wer dem Antrag in neuer Fassung im Wortlaut der Beschlussempfehlung Drucksache 17/2306 zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Hand