Protocol of the Session on April 23, 2015

Genau! – Deshalb kann es nicht auf die ganze Stadt ausgeweitet werden. Die ganze Stadt kann nicht zum Milieuschutzgebiet erklärt werden.

[Martin Delius (PIRATEN): Will auch gar keiner!]

Doch! Dann lesen Sie sich den Antrag durch. Natürlich! –

[Zuruf von Martin Delius (PIRATEN)]

Deshalb haben wir gesagt: Es ist Sache der Bezirke. Wir werden selbstverständlich finanziell unter die Arme greifen, und wir werden auch personell unter die Arme greifen. Nichts anderes haben der Senat und wir als Koalitionsfraktionen entschieden, und deshalb, Frau Schmidberger: Nicht Verschleppung, nicht schlampig, sondern klare Entscheidungen! – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD und der CDU – Katrin Schmidberger (GRÜNE): Wie gut, dass die Mieter das entscheiden und nicht Sie!]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Die Linke jetzt Frau Lompscher – bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt gute Gründe, diesem Antrag zuzustimmen, denn wenn Berlin die soziale Balance in der Stadt erhalten will, dann brauchen wir schlicht mehr soziale Erhaltungsgebiete.

(Katrin Schmidberger)

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Wo Verdrängung und soziale Entmischung drohen, muss es möglich sein, Luxussanierungen zu unterbinden und die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen einzudämmen. Die Ausweisung als Milieuschutzgebiet ist zudem Voraussetzung dafür, dass kommunale Vorkaufsrecht auszuüben – jüngst und einmalig zu besichtigen in der Großgörschen-/Katzlerstraße. Für die Stärkung einer sozialen Stadtentwicklung in Berlin sollte also die Zustimmung zu diesem Antrag selbstverständlich sein, und zwar nicht nur für die Opposition, sondern auch für die Koalition.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Dass mehr Milieuschutz starke, handlungsfähige Bezirke braucht, hat auch Frau Spranger gerade gesagt. Die Voruntersuchungen müssen bezahlt werden. Wir brauchen kompetentes Personal, um die Regelungen zu überprüfen, und es darf eben nicht mehr sein, dass diese Untersuchung und die Ausweisung allein wegen Geldmangel ausfallen oder dass dieser Grund vorgeschoben werden kann, weil man die inhaltliche Debatte scheut.

Wir wissen, dass die gezielte Wahrnehmung des Vorkaufsrechts für strategische Ankäufe sinnvoll und überfällig ist. So können nicht nur Quartiere stabilisiert werden, sondern so können auch Hauseigentümer in ihre sozialen Schranken gewiesen werden. Auch hier muss der Senat die Bezirke unterstützen und den Flächenankauf im Interesse einer sozial und funktional ausgewogenen Entwicklung ermöglichen. Dafür brauchen die Bezirke Geld. Das haben sie nicht. Das gilt übrigens auch für Oeynhausen.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Wir wissen, dass das kommunale Vorkaufsrecht in einem kurzen Zeitraum ausgeübt werden muss. Die notwendigen Beschlüsse müssen schnell, gegebenenfalls auch auf Vorrat gefasst werden. Vor allem aber müssen die finanziellen Voraussetzungen dafür geschaffen werden. Neue Verfahren müssen etabliert werden und sich einspielen. Aus unserer Sicht ist es absolut notwendig, einen Fonds für den Flächenankauf zu bilden und einen ständigen Ausschuss von Vertretern aus Bezirk und den Senatsverwaltungen für Stadtentwicklung und Finanzen, der bei Bedarf schnell entscheiden kann.

Und noch ein weiteres Argument spricht für mehr Milieuschutz. Nur die Möglichkeit, das kommunale Vorkaufsrecht wahrzunehmen – also auch auf Geld für den Grundstücksankauf zugreifen zu können – versetzt die Bezirke in die Lage, Abwendungsverhandlungen mit Eigentümern überhaupt zu schließen. Dann könnten diese verpflichtet werden, sich an die sozialen Erhaltungsziele zu halten. Dann könnte möglicherweise auf den Verkauf

verzichtet werden. Voraussetzung dafür aber ist, dass der Verkauf möglich ist.

Berlin muss endlich Signale setzen, dass in den Kiezen, die unter Druck sind, Spekulanten keine Chance haben und sich Investoren und Eigentümer an soziale Spielregeln zu halten haben. Aber auch das geht eben nur mit Geld und mit Personal.

Als letztes gewichtiges Argument für den Milieuschutz: Auch energetische Modernisierungen unterliegen dem Genehmigungsvorbehalt in Milieuschutzgebieten. So kann die drohende Verdrängung mittels zweifelhafter energetischer Sanierungen eben auch zurückgedrängt werden, sonst geht es so weiter wie bisher. Ökologisch zweifelhafte Modernisierungsmaßnahmen und daraus folgende Mietsprünge setzen einen Verdrängungsmechanismus in Gang, von dem viele Berlinerinnen und Berliner aktuell betroffen sind und der die Sozialstrukturen in dieser Stadt dramatisch verändert.

Abschließend möchte ich betonen, wie wichtig es ist, den Milieuschutz in Berlin einheitlich zu handhaben. Dafür sind Austausch, Steuerung, Unterstützung und gegebenenfalls auch inhaltliche Vorgaben des Senats notwendig von der Ausweisung auf der Grundlage klarer Kriterien über eine einheitliche Genehmigungspraxis bis hin zum Vorkaufsrecht, dem Fonds und den Regelungen für Abwendungsvereinbarungen. Es kann nicht angehen, dass Neukölln und Lichtenberg den Milieuschutz weiter blockieren,

[Joschka Langenbrinck (SPD): Stimmt doch gar nicht!]

dass Reinickendorf die Bewohnerinnen und Bewohner der Steinberg-Siedlung im Stich lässt, genauso, wie der Bezirk Mitte die Bewohnerinnen und Bewohner der Wilhelmstraße. Dass es auch anders geht, zeigt TempelhofSchöneberg. Wir drücken die Daumen, dass das Engagement der IG GroKa durch den Ankauf belohnt wird und dass dieses Beispiel Schule macht. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank, Frau Kollegin! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Kollege Brauner das Wort.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema Milieuschutz ist so wie: Und täglich grüßt das Murmeltier. Ich weiß nicht, wie oft wir das hier schon beraten haben. Entzaubern Sie doch einmal Ihr Instrument! Ich werde Ihnen dabei auch ein bisschen helfen.

Wir haben in den letzten vier Jahren im Endeffekt eine ganz intensive Umsteuerung im Bereich der Woh

(Katrin Lompscher)

nungsbaupolitik gehabt. Sie können sich das ansehen, dass diese Instrumente auch wirken. Fangen wir einmal beim Thema Zweckentfremdungsverbotsgesetz an, und schauen Sie sich einmal an, welche Wohnungen im Moment auf den Markt kommen! Oh Wunder, wir haben massive Wohnungsmarktnachfrage. Ich mache immer einmal in der Woche meinen Test bei Immobilienscout, wie viele Anfragen enthalten sind. Ich schaue mir die Zuzugszahlen an usw. Ich kann Ihnen sagen, dass das Angebot steigt oder zumindest konstant bleibt, und das bei knapperem Markt. Ich glaube, einen besseren und verlässlicheren Indikator dafür, dass unsere Politik mehr Wohnungen dem Wohnungsmarkt zuführt, gibt es nicht.

[Katrin Schmidberger (GRÜNE): Es wäre auch viel früher gegangen!]

Wir haben sehr großen Erfolg damit und werden auch diese 10 000 Wohnungen wieder in den Wohnungsmarkt bringen. Das werden Sie spätestens im nächsten Jahr sehen. Wir werden auch einen entsprechenden Entlastungseffekt damit erzielen. Das ist ein handfestes Ergebnis und sind nicht irgendwelche Diskussionen um kommunales Ankaufsrecht oder, oder, oder. Dazu komme ich aber gleich noch einmal.

Den zweiten Punkt, der ganz konkret wirkt, können Sie auch ablesen, wenn Sie sich den Mietspiegel anschauen, auch den letzten Mietspiegel. Wir haben das Thema Kappungsgrenze als erstes Bundesland mit 15 Prozent umgesetzt. Wir werden zum 1. Juni – da bin ich mir ziemlich sicher, wenn ich in die Richtung von Herrn Geisel schaue – auch die Mietpreisbremse in Berlin umgesetzt haben. Das sind alles Instrumente, die es nicht gab und die es ohne unser intensives Zutun in Berlin gar nicht gegeben hätte. Das muss man auch einmal deutlich sagen.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Wir haben gleichzeitig eine ungebrochene Nachfrage. Das habe ich vorhin in meiner Rederunde schon gesagt. Manchmal muss man es aber auch doppelt sein. Wir haben über 150 000 neue Berliner, die in den letzten Jahren zu uns gekommen sind. Der Trend geht weiter. Das können Sie nicht mit Verboten sortieren. Das können sie nur sortieren, indem sie der Nachfrage Raum geben und mehr Angebot schaffen. Mit einem Verbot bauen Sie keine Wohnungen. Sie müssen vielmehr den Wohnungsbau ermöglichen. Das haben wir getan. Wir haben den Bezirken Geld gegeben, auf der Säule erstens neu zu bauen, zweitens Untersuchungen zu tun und drittens mehr Handlungsfreiheit in dem Bereich Wohnungspolitik an sich zu haben, auch um Mieterschutzregelungen, die wir hier beschlossen haben, umzusetzen und zu denen ich vorhin schon etwas gesagt habe: Zweckentfremdung und Mietpreisbremse. Das sind alles Themen, bei denen wir den Bezirken mehr Geld und auch mehr Personal an die Hand gegeben haben. Es wirkt. Wir können es deutlich am Mietspiegel ablesen. Das haben Sie gesehen. Wir hatten das letzte Mal trotz ungebrochenen Zuzugs eine

Abflachung des Anstiegs. Das kommt nicht von allein. Es kommt von einem Bündel von Maßnahmen: Mieterschutz, Neubau ermöglichen und Neubau fördern. Das ist das, was wir tun.

Jetzt machen Sie sich doch einmal ehrlich! Das muss ich auch noch einmal sagen. Einen Fonds für den Ankauf von Wohnungen, Sie haben das sehr diffus formuliert. Wir haben noch in diesem Jahr Haushaltsberatungen. Nennen Sie doch einmal Zahlen! Ich will ihn einmal eine Zahl nennen. Damit ihr Instrument überhaupt einen Griff hätte, müssten Sie pro Bezirk mindestens 5 Millionen Euro einstellen. Wir reden hier also über mindestens 60 Millionen Euro.

Gleichzeitig muss man sich noch einmal klar machen, dass wir in unserer Neubauförderung 64 Millionen Euro haben. Das wirksamere Instrument ist die Neubauförderung und nicht, um einzelne solitäre Themen hier zu bedienen, sondern genau das, was wir tun, ein Bündel aus Maßnahmen: Mieterschutz, Neubau, Neubau ermöglichen. Die ersten Ergebnisse sehen wir. Genau den Kurs setzen wir fort. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Danke schön! – Für die Piratenfraktion hat jetzt der Kollege Prieß das Wort.

Vielen Dank Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Gäste sind kaum noch da, aber trotzdem: Liebe Gäste! Die Wohnungsknappheit in Berlin verstärkt sich immer mehr. Ich habe auch meine letzte Rede schon so ähnlich begonnen. Es ist aber ein alter, zusammenhängender Themenkomplex. Die Mietpreise steigen, aber die Instrumente, die der Senat und die Koalition dagegen aufbringen, bringen kurzfristig keine Besserung. Wir haben hier das Thema Neubau gehört, Zweckentfremdungsverbot. Das Zweckentfremdungsverbot ist mit einer langfristigen Übergangsregelung von zwei Jahren versehen worden. Die Besserung tritt also erst nach einiger Zeit ein. Der Milieuschutz aber bietet Möglichkeiten, hier auch sofort Wirkung zu entfalten.

In dem Maße, in dem die Gentrifizierung von einem Stadtteil in den nächsten wandert, bedarf der Milieuschutz natürlich auch der Ausweitung. Es ist mit keinem Wort davon die Rede, den Milieuschutz auf die gesamte Stadt auszuweiten. Es geht natürlich nur um die Kieze, die auch wirklich bedroht sind, in ihrem Zusammenhalt dort umgestaltet zu werden.

Der Senat sollte auch hier die Bezirke gezielt unterstützen. Das ist auch der Gegenstand dieses Antrages. Die

(Matthias Brauner)

Piratenfraktion steht vollständig hinter diesem Vorhaben. Es gibt allerlei Initiativen des Senats, den Neubau in den Bezirken zu unterstützen. Aber bei der Sicherung der bestehenden Strukturierung vor Aufwertungstendenzen – und die Aufwertung meint hier vor allem den Preis – ziehen sich Senat und Koalition zurück. Auf dem Preisniveau, auf dem in Berlin der größte Bedarf besteht, nämlich unterhalb des Mittelwertes in den Mietspiegel, hilft der Neubau auch mit den in Aussicht gestellten Finanzhilfen des Landes herzlich wenig. Eine Beschränkung der Aufwertung in sozialen Erhaltungsgebieten schafft aber kurzfristig eine Entlastung. Der Druck auf den Mietmarkt wird reduziert. Das neu geschaffene Instrument der Umwandlungsverordnung kann endlich greifen. Luxussanierungen, also Sanierungen, die den Wohnstandard deutlich überschreiten, werden eingeschränkt. Auch das Vorkaufsrecht der Bezirke hat schon gegriffen, wie wir an dem erläuterten Beispiel gesehen haben.

In der Debatte habe ich bis jetzt wenig vernommen, was gegen eine Unterstützung des Vorhabens in dem Antrag spricht. Der Antrag behandelt nicht die Ausdehnung des Milieuschutzes auf die gesamte Stadt, sondern lediglich die Unterstützung der Bezirke bei der Einrichtung eines Milieuschutzgebietes, damit diese auch rechtssicher wird. Er unterstützt also eigentlich die Schaffung der Rechtssicherheit, er untergräbt sie nicht, wie es hier angedeutet wurde. – Damit komme ich zum Ende. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

[Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank, Herr Kollege! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zum Antrag Drucksache 17/2087 empfiehlt der Fachausschuss mehrheitlich gegen die Oppositionsfraktionen die Ablehnung auch mit Änderungen. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Piraten, die Grünen und Die Linke. – Gegenstimmen? – Das sind die Koalitionsfraktionen und der fraktionslose Kollege. Damit ist das abgelehnt.

Die lfd. Nr. 10 steht auf der Konsensliste.

Ich komme nun zur

lfd. Nr. 11:

Verbot von Ständerhaltung von Pferden in Berlin