Allerdings hatte der Datenschutzbeauftragte bereits 2007 in seinem Jahresbericht das Vollzugsdefizit bei der Umsetzung des Informationsfreiheitsgesetzes festgestellt.
Was folgt aus dieser Erkenntnis? Bis heute kann uns der Senat nicht mitteilen, wie es aktuell in der Berliner Verwaltung um die Einführung eines vollständigen und einheitlichen Aktenplans steht. Es zeigt sich also: Bei der Einführung der E-Akte und eines einheitlichen vollständigen Aktenplans in der Berliner Verwaltung steht die Koalition immer noch ganz am Anfang – und das seit 1999. Und es stellt sich zwangsläufig die Frage, ob der Senat nur unfähig ist oder es am politischen Willen bei der Umsetzung fehlt.
In einer Anhörung wurde dargestellt, wie die E-Akte im Bundesland Hessen eingeführt wurde. Hessen macht deutlich, dass die Einführung der E-Akte ein Topdown-Prozess war, bei dem sich selbst der Ministerpräsident eingesetzt hatte, weil er der Überzeugung war, dass die E-Akte für eine moderne Verwaltung notwendig ist. Einführung der E-Akte als Chefsache. Und wie diskutiert der Senat diese Frage? Und wie geht der Senat die Umsetzung des Projekts E-Akte und einheitliche Aktenpläne an? Hierzu hören wir im ITDat-Ausschuss immer wieder: dezentrale Verantwortung, dezentrale Verantwortung, dezentrale Verantwortung. Nichts mit Top-down und nichts mit Chefsache.
Vielen Dank, Herr Doering! – Für die CDU-Fraktion hat nun das Wort der Herr Abgeordnete Dregger. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Es ist heute schon gesagt worden: Nach § 17 Abs. 5 Informationsfreiheitsgesetz hat jede öffentliche Stelle in Berlin Aktenpläne zu führen und allgemein zugänglich zu machen. Sinn dieser Regelung ist es, den Bürgerinnen und Bürgern die Verwirklichung ihres Informationsanspruchs zu ermöglichen und zur Transparenz in der öffentlichen Verwaltung beizutragen. Am 29. August 2013 hat dann dieses Hohe Haus beschlossen, den Senat aufzufordern, einheitliche Richtlinien für das Führen und die öffentliche Zugänglichmachung von Aktenverzeichnissen zu schaffen. Dabei soll insbesondere gewährleistet werden, dass die Aktenpläne auf den Internetpräsenzen der einzelnen Stellen und im Open-DataPortal des Landes Berlin in einheitlicher und maschinenlesbarer Form veröffentlicht werden. Dadurch haben wir alle gemeinsam, glaube ich, hinreichend deutlich gemacht, dass Informationsfreiheit und Transparenz für uns einen hohen Stellenwert haben und dass die Aktenpläne vielleicht ein Schlüssel zur Informationsfreiheit sind, weil man sich nur mit ihrer Hilfe durch die Akten überhaupt zurechtfinden kann.
Wir haben dann einen Bericht des Senats über die Erledigung dieses Beschlusses erhalten, der nach unser aller Auffassung nicht ganz vollständig war. Und wir haben den Senat gebeten, den Bericht zu ergänzen. Wir haben darüber hinaus dem Regierenden Bürgermeister als ITDat-Ausschuss einen Brief geschrieben und darauf hingewiesen,
Na ja, analog klappt das vielleicht doch manchmal besser, oder man nimmt beides –, dass natürlich darauf hinzuwirken ist, dass die Verpflichtungen nach § 17 Abs. 5 vollständig erfüllt werden und eine möglichst große Transparenz erreicht wird. Wir wissen, der Senat arbeitet daran. Nach dem Umsetzungskonzept der E-Akte ist geplant, aufgabenbezogene Musteraktenpläne für den Ministerialbereich, für nachgeordnete Behörden sowie für Bezirksämter gemeinsam in behördenübergreifenden Arbeitsgruppen zu entwerfen, soweit es sie nicht bereits gibt. Aber damit ist auch zu dem Thema alles gesagt.
Nunmehr verhandeln wir einen weiteren Antrag der Grünenfraktion, der erneut verlangt, dass der Senat ein Konzept für die Einführung von Aktenplänen vorlegt. Ich sehe keinen Grund, bereits Beschlossenes erneut zu beschließen. Sie haben Ihrem Antrag noch einige Minidetails hinzugefügt. So reden Sie davon, dass die Bezirke und Verwaltungen einzubinden sind – ja, selbstverständlich! – und dass existierende bundeseinheitliche und fachspezifische Systematiken einzuhalten seien – auch das geschieht. Ich meine, wir sollten uns nicht mit zu kleinen Details hier beschäftigen. Wir müssen auch den Experten in den Verwaltungen die Möglichkeit lassen, die optimalen Lösungen zu finden. Und je mehr wir glauben, die Experten ersetzen zu können, desto mehr müssen wir auch davon ausgehen, dass wir vernünftige Lösungen verhindern. Wir dürfen nicht Gefahr laufen, den gewünschten Entwicklungen im Wege zu stehen. Deswegen glaube ich, dass derartige kleinteilige Anträge überhaupt keinen Sinn machen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Dregger! – Für die Piratenfraktion hat nun das Wort der Abgeordnete Dr. Weiß. – Bitte!
Vielen Dank! – Herr Dregger! Leider ist nun mal bei dem Thema E-Government nach der Erfahrung der letzten Jahre die Gefahr, dass wir irgendwelchen Entwicklungen im Weg stehen als Parlament, relativ gering. Wenn wir über die Erstellung einheitlicher und vollständiger Aktenpläne im Zusammenhang mit der Einführung der E-Akte reden, ist es in der Tat leider so – darauf haben alle meine Vorredner Bezug genommen –, dass wir erst einmal darüber reden müssen, wie es überhaupt in der
Verwaltung des Landes Berlin mit Aktenplänen und Verzeichnissen aussieht. Und da gibt es in der Tat seit über 15 Jahren eine gesetzliche Verpflichtung, nicht nur Aktenpläne zu führen, aus denen der Aktenbestand jeder einzelnen Verwaltung hervorgeht, sondern auch eine Verpflichtung, diese Aktenpläne öffentlich zugänglich zu machen. Wenn man sich das in der Praxis anguckt, und da habe ich eine ganze Reihe von damals noch Kleinen, später Schriftlichen Anfragen ebenso wie Nachforschungen bei einzelnen Verwaltungen, dann ist es so: In zahlreichen Verwaltungen, darunter auch mehrere Senatsverwaltungen, gibt es zumindest nach Eigenauskunft überhaupt keine Aktenverzeichnisse, aus denen hervorgeht, was für Akten dort geführt würden. Die öffentliche Zugänglichmachung wird im Allgemeinen verstanden im Sinne von: Ja, Sie können mal in einigen Monaten einen Termin ausmachen, dann können Sie sich den Plan angucken, aber bitte keine Kopie davon machen. – Und das ist dann sicherlich die Einstellung, bei der man sich nicht wundern muss, dass Open Data ein weiteres Thema ist, bei dem es seit Jahren im Land Berlin nicht vorangeht. Und inwieweit diese Aktenverzeichnisse noch geeignet sind, daraus den Bestand der Akten erkennen zu lassen, ist ein Thema, das dann noch gar nicht berührt ist.
Aus der Erkenntnis dieses Vollzugsdefizits gab es in der Tat einen Antrag von uns bereits vor zwei Jahren. Dieser Antrag wurde dann auch – man kennt das – nicht so, wie wir ihn gestellt haben, aber doch immerhin im Kern erhalten von diesem Haus angenommen, in der Tat. Und die Reaktion des Senats daraufhin war: Er hat ein Rundschreiben an alle Verwaltungen geschickt und sie daran erinnert, was ihre gesetzliche Pflicht ist. Die Forderung des Abgeordnetenhauses, einheitliche Richtlinien zur Aktenführung umzusetzen, hat der Senat in seiner Mitteilung für unnötig befunden. Nun ist es zwei Jahre später, und jetzt können wir uns angucken, was das Ergebnis ist. Das Ergebnis ist, das Umsetzungsdefizit ist immer noch exakt das gleiche.
Es ist keine einzige Verwaltung benennbar, die auf Grundlage dieses Rundschreibens oder dieses Antrags begonnen hätte, ein Aktenverzeichnis zu erstellen oder die ihr Aktenverzeichnis deshalb veröffentlicht hätte. Insofern ist es absolut richtig, jetzt, wie es die Grünen in ihrem Antrag tun oder getan haben, den Senat aufzufordern, nochmals aktiv zu werden und etwas zu tun, damit sich dieser Zustand ändert. Und es ist genauso richtig, das mit dem Thema elektronische Aktenführung zu verbinden.
Das ist eines der E-Government-Vorhaben, zu denen sich der Senat am Anfang der Legislaturperiode bekannt hat. Wir haben schon gehört, was daraus geworden ist. Es sollten mal 50 Prozent der Arbeitsplätze bis 2016 werden;
jetzt werden es 2 000 Arbeitsplätze bis 2018. Mal sehen! Aber es ist eben auch völlig unstrittig: Wenn man so etwas machen will, auf elektronische Aktenführung umsteigen – das ist ein Ziel, das wir alle unterstützen –, dann braucht man erst mal eine Übersicht darüber, was für Akten man hat. Und man braucht ein Schema, in dem diese Akten digitalisierbar sind. Und man braucht auch die nötigen Metadaten, um diese Akten digital in geeigneter Form zur Verfügung zu haben. Das alles ist unstrittig und auch explizit in dem Umsetzungskonzept zur Einführung der elektronischen Akte, das der Senat bereits 2012 zur Kenntnis genommen hat, explizit so festgelegt: Es wird die Erstellung von einheitlichen Musteraktenplänen benötigt. Das steht da drin seit 2012. Ich habe in der Ausschussberatung dieses Antrags überrascht zur Kenntnis genommen, dass der Senat an diesem Umsetzungskonzept immer noch unverändert festhält, obwohl wir nach diesem schon längst in der Umsetzung, also im Rollout der elektronischen Akte sein müssten. Nun gut, vielleicht hat sich einfach nur die Zeitschiene einige Jahre nach hinten verschoben. Aber dann muss es doch einfach nur gemacht werden. Dann müssen diese Musteraktenpläne halt erstellt werden. Dann ist es doch nicht strittig.
Herr Dr. Weiß, darf ich Sie kurz unterbrechen? – Der Geräuschpegel im Hintergrund macht es schwer, dem Redner zu folgen.
Ich verstehe nicht, warum man da jetzt aufs EGovernment-Gesetz warten soll. Das E-GovernmentGesetz enthält zumindest in den Entwürfen, die mir bekannt sind, kein einziges Wort zum Thema Aktenpläne. Man braucht doch keine Ermächtigung, um anzufangen, an Musteraktenplänen zu arbeiten. Dafür braucht es keine besondere Ermächtigung aus dem E-Government-Gesetz. Auf die kann man warten, wenn es darum geht, die elektronische Akte einzuführen, was man ja wohl immer noch vorhat. Also alles in allem: Es gibt keinen Grund, diesem Antrag nicht zuzustimmen, der den Senat einfach nur auffordert, die rechtliche Verpflichtung, die schon über 15 Jahre besteht, umzusetzen – und dies in einer Form, die vom Senat selbst zur Kenntnis genommene Umsetzungskonzepte seiner eigenen Vorhaben explizit so fordern. Da müssen wir auch nicht auf das E-GovernmentGesetz warten, wie wir es anscheinend mit allen anderen Themen des E-Government auch tun, denn sonst werden wir am Ende wieder sehr enttäuscht sein. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Dr. Weiß! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zu dem Antrag Drucksache 17/1954
empfiehlt der Fachausschuss mehrheitlich gegen die Oppositionsfraktionen die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die Fraktion Die Linke, die Piratenfraktion. Gegenstimmen! – Das ist die Fraktion der SPD, die CDUFraktion, der fraktionslose Abgeordnete. Enthaltungen? – Ich sehe keine Enthaltungen, dann ist dieser Antrag abgelehnt.
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt vom 18. Februar 2015 Drucksache 17/2117
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt vom 18. Februar 2015 Drucksache 17/2118
c) Konsequenzen aus dem Volksentscheid Tempelhofer Feld – Beteiligungskonzept unter Einbeziehung der Einwohnerschaft und aller Interessierten umsetzen!
Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall. In der Beratung beginnt die Piratenfraktion. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Magalski. – Bitte!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! „Konsequenzen aus dem Volksentscheid Tempelhofer Feld – Beteiligungskonzept unter Einbeziehung der Einwohnerschaft und aller Interessierten umsetzen!“, so lautet unser Antrag, den wir hier vorstellen. Vorweg: Es ist ein Anfang bei der Beteiligung zur Entwicklung des Tempelhofer Feldes gemacht worden, keine Frage. Das ist aber das Mindeste, was passieren musste. Allein weiß die Umsetzung bis jetzt noch nicht zu überzeugen. Der vom Senat ins Leben gerufene Nutz
erbeirat hat sich im November selbst aufgelöst. Momentan existiert keiner. Die Piratenfraktion legt daher mit diesem Antrag den weitestgehenden der drei unter diesem Tagesordnungspunkt zu beratenden Anträge vor.
Die überwältigende Beteiligung und die hohe Zustimmung zum Gesetz zum Erhalt des Tempelhofer Feldes sind ein Beweis und Auftrag dafür, dass die Berliner Stadtentwicklungspolitik nicht weiter an der Einwohnerschaft Berlins vorbei entscheiden darf. Dies ist nur mit einer Beteiligungskonzeption zu erreichen, die einer starken und verbindlichen Partizipation gerecht wird. Dies auf den Weg zu bringen, ist Aufgabe des Abgeordnetenhauses und des Senats. Hierbei sind uns vier zentrale Punkte wichtig.
Erstens ist das die Übergabe der Bewirtschaftung des Tempelhofer Feldes an eine Anstalt öffentlichen Rechts. Diese Rechtsform erlaubt eine hinreichende Transparenz und ermöglicht umfassendere Partizipation, als sie momentan gegeben ist. In nach demokratisch nachvollziehbaren Maßstäben einzuberufenden Beiräten, die nach § 13 Berliner Betriebe-Gesetz eingerichtet werden, können interessierte Berlinerinnen und Berliner ihre Vorstellungen einbringen und den Prozess begleiten; eine Anstalt öffentlichen Rechts mit Beiräten deshalb, da sie sich in dieser Konstellation nur schwer eines transparenten Vorgehens entziehen kann, wie es momentan bei der Grün Berlin GmbH kritisiert wird, aber – noch wichtiger – die Voraussetzung dafür schafft, dass die Vorschläge, die aus der Beurteilung der Berlinerinnen und Berliner erfolgen, auch rechtlich gesehen die Chance auf eine Umsetzung bekommen.
Zweitens ist uns als Pilotprojekt die Selbstorganisation der für gemeinschaftliche Nutzung geeigneten Flächen ein sehr wichtiges Anliegen. Das heißt konkret, dass Senat und Verwaltung einen Rahmen schaffen müssen, der es allen Berlinerinnen und Berlinern in gleichberechtigter Weise ermöglicht, an einem solchen Pilotprojekt teilnehmen zu können. Mittels Zustimmungsquoren sollen Empfehlungen für eingereichte Vorschläge getroffen werden. Das wird im gegenwärtigen Prozess nicht gewährleistet.
Drittens sollen die Vorschläge im Anschluss dem bereits erwähnten neu zu gründenden transparent und demokratisch arbeitenden Nutzerbeirat vorgelegt werden, der sich ausgewogen sowohl aus Mitgliedern der Senatsverwaltung sowie der Bezirksverwaltungen Neuköllns, Tempelhof-Schönebergs und Friedrichshains-Kreuzbergs sowie Mitgliedern der sich aus dem Pilotprojekt ergebenden Nutzergemeinschaften zusammensetzen soll. Er fungiert dabei sowohl als Kontrollorgan zur Umsetzung der Volksgesetzgebung zum Erhalt des Tempelhofer Feldes als auch zur Umsetzung der von der Nutzergemeinschaft präferierten Vorschläge und erstattet dem Abgeordne
Viertens – und das ist eigentlich das Entscheidende, weil wir immer gefragt werden, warum es denn jetzt zwei Beiräte sein sollen – soll zusätzlich ein Beteiligungsbeirat installiert werden, der mit Hilfe wissenschaftlicher Unterstützung bestehende Beteiligungsmodelle erprobt und evaluiert und weitere Partizipationsinstrumente zur effektiveren Bürgerbeteiligung entwickeln kann.