Ich nenne Ihnen einen weiteren Punkt, warum der Antrag der Piratenfraktion nicht zustimmungsfähig ist.
Ihr könnt doch gleich reden, bleibt doch mal entspannt bei dem Thema! Das ist doch gar kein Aufregerthema! – Ich nenne Ihnen, liebe Kollegen von den Piraten, einen weiteren Punkt, warum Ihr Antrag nicht zustimmungsfähig ist.
Wenn Sie eine Bundesratsinitiative wollen, können Sie nicht in 27 Punkten vorgeben, was das Land Berlin alles regeln möchte, denn für den Erfolg einer Bundesratsinitiative brauchen Sie noch mindestens 15 andere Bundesländer oder zumindest die Mehrheit davon.
Ein weiterer Punkt, warum der von uns vorgelegte Antrag richtig ist: Die Rundfunkkommission hat am 12. März 2014 im Wesentlichen dieselben Vorgaben beschlossen, um die Netzneutralität zu sichern. Wenn ich das richtig sehe, sitzen in der Rundfunkkommission alle Bundesländer, sodass dort die unterschiedlichsten Koalitionsfarben vertreten sind. So falsch kann die Rundfunkkommission mit ihrem einstimmigen Beschluss zur Netzneutralität nicht liegen.
Ich wünsche mir ein ebenso deutliches Zeichen heute Abend aus unserem Hause; ein einstimmiger Beschluss zur Netzneutralität durch Annahme unseres Änderungsantrages würde hier viel helfen. – Herzlichen Dank!
Vielen Dank, Herr Kohlmeier! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Gelbhaar. – Bitte sehr!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kohlmeier! Konsentiert ist: Wir reden heute über Netzneutralität, und was wir feststellen und auch gut finden, ist, dass wir alle hier im Hause das Thema Netzneutralität für wichtig erachten und das auch am Ende des Tages als Signal aussenden.
Bei Netzneutralität, das wissen wir alle, geht es um die Gleichberechtigung von Datenpaketen bei der Übertragung, unabhängig von Inhalt und Anbieter. Das ist ein technisches Grundprinzip des Internets, und es ist auch wichtig, dass man das verankert. Wir als Grüne wollen kein Zwei-Klassen-Internet, und wir finden es gut, wenn das gesamte Haus das auch so sieht.
Jetzt ist dieses Prinzip infrage gestellt worden, deshalb gibt es diese Anträge und deswegen befassen wir uns bundesweit mit diesem Thema. Wir haben im Ausschuss für Digitale Verwaltung, Datenschutz und Informationsfreiheit dazu eine Anhörung vorgenommen und die Experten – es waren nur Männer – befragt, welchen Begriff von Netzneutralität wir verankern sollten. Von der Digitalen Gesellschaft gab es eine ganz klare Aussage: Das muss zügig passieren, und es muss schlupflochfrei passieren.
Dazu haben die Piraten einen Antrag vorgelegt, der in sehr vielen Aspekten sehr gut ist. Wir hatten eine Frage offen – was genau damit gemeint ist, dass man die Netzneutralität auch rechtlich einschränken kann, wenn es rechtliche Gründe dafür gibt. Das fanden wir nicht perfekt formuliert, ansonsten war es ein sehr guter Antrag, der dem Senat auch einen klaren Verhandlungsauftrag erteilt hätte. Da bin ich bei Ihnen, Herr Kohlmeier: Ich sehe das wirklich anders an der Stelle, insofern man dem Senat nicht nur mitgeben kann: Mach mal irgendwas mit Netzneutralität –, sondern man kann ihm natürlich 15, 17 oder 20 Punkte mitgeben und sagen: Bitte verhandle das! –, und dann werden wir das Verhandlungsergebnis am Ende des Tages betrachten und schauen, ob er alle Punkte dabei durchsetzen konnte oder vielleicht einige auch nicht. Gar keine Punkte mitzugeben bedeutet, dass
man sich in der Rundfunkkommission hinsetzen und allem zustimmen kann, wo Netzneutralität draufsteht.
Das bringt dann aber keinen Fortschritt in der Sache, und deswegen war der Antrag der Piraten hier deutlich besser geeignet, dem Land Berlin zu helfen, der Bundesrepublik zu helfen als der Rumpfantrag der Koalition. Das bringt wirklich nur das Signal, dass wir grundsätzlich für etwas sind, was wir aber nicht weiter beschreiben und unter den Namen Netzneutralität subsummieren. Deswegen werden wir den Änderungsantrag der Koalition ablehnen.
Nein, an der Stelle nicht, vielleicht am Ende. Ich will kurz zu Ende reden, und dann können wir die Frage gerne noch, je nach Zeit, behandeln. Vielleicht klärt es sich ja unterwegs. – Wir wollen gerne ein gemeinsames Signal senden. Wir könnten uns aber deutlich mehr vorstellen und finden es sehr schade, dass die Koalition hier nicht mitgehen kann und sich in der Sache nicht damit beschäftigt, was die Piraten hier vorgelegt haben, sondern einfach alles wegkürzt. Das ist der kleinste gemeinsame Nenner, den wir aus diesem Hause senden. Ich glaube, da wäre deutlich mehr möglich und eben auch nötig gewesen, und das müssen wir mit unserem Abstimmungsverhalten auch deutlich machen. – Soweit vielen Dank! – Jetzt könnte ich noch die Zwischenfrage von Herrn Kohlmeier erlauben, wenn er sie denn noch stellen will.
Danke, lieber Kollege Gelbhaar, für die Möglichkeit einer Nachfrage, es ist ja keine Zwischenfrage mehr. Würden Sie mir zustimmen, dass der Änderungsantrag, den SPD und CDU hier vorgelegt haben, drei wesentliche Punkte enthält, die die Netzneutralität absichern können, oder würden Sie die drei von uns benannten Punkte nicht dem Thema Netzneutralität zugehörig zählen?
Sehen Sie, deswegen habe ich meine Rede zu Ende gehalten. Wenn Sie weiter zugehört hätten, hätten Sie eigentlich mitbekommen, dass diese Punkte beantwortet wurden. Wir werden Ihren Änderungsantrag ablehnen,
weil er uns nicht weit genug geht. Wer inhaltlich nichts Falsches schreibt, aber einfach nur rudimentär bleibt, ist der Sache halt nicht so hilfreich. Das hätte man besser machen können, wenn man dem Antrag der Piraten hier in Gänze hätten zustimmen können. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Gelbhaar! – Ich möchte an dieser Stelle noch mal darauf hinweisen, dass eine Zwischenfrage eine Zwischenfrage und keine Schlussfrage ist, unabhängig von vereinbarten Redekontingenten. – Für die CDU-Fraktion hat nun das Wort der Herr Abgeordnete Dregger. – Bitte!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, ich kann es relativ kurz machen: Herr Kohlmeier hat vollkommen zu Recht ausgeführt, dass wir im Berliner Abgeordnetenhaus nicht Gesetzgeber zur Netzneutralität sind. Es geht nicht darum, ein Gesetz mit Grundsätzen und vielen Ausnahmen zu regeln. Sofern das Land Berlin überhaupt Einfluss auf derartige Gesetzgebung im Bund hat, kann das nur über den Bundesrat erfolgen. Deswegen halte ich es für grundsätzlich richtig, dass man bei Bundesratsinitiativen denjenigen, die uns dort vertreten, ein möglichst umfassendes Verhandlungsmandat erteilt. Das geht aber nicht, wenn wir sie mit ganz vielen Einzelregelungen einschränken. Ich halte das prinzipiell schon für einen Fehler, und hier im Falle der Netzneutralität erst recht.
Alles, was notwendig und wesentlich ist, ist im Änderungsantrag der Koalition aus SPD und CDU enthalten. Eine Drosselung oder Blockade bestimmter Inhalte und Dienste ist grundsätzlich unzulässig. Was wollen Sie mehr? – Das ist praktisch der Grundsatz der Netzneutralität, ebenfalls, dass alle Inhalte und Anwendungen grundsätzlich gleichbehandelt werden müssen. Nur klar geregelte Ausnahmen sollen gestattet werden. Alles andere ist unwesentliches Beiwerk, und deswegen ist es wichtig, dass wir uns auf eine solche Regelung, ein solches Verhandlungsmandat verständigen können, damit der Senat im Bundesrat entsprechend verhandeln kann.
Ich möchte noch mal kurz zusammenfassen: Wir sind alle dafür, dass das Prinzip der Netzneutralität verankert wird. Zuständig ist der Bund. Wir erteilen einen Verhandlungsauftrag an den Senat, im Bundesrat entsprechend zu verhandeln. Mehr gibt es im Berliner Abgeordnetenhaus dazu nicht zu sagen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Dregger! – Für die Linksfraktion hat nun das Wort Frau Abgeordnete Möller. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin schon erstaunt, was für einen Änderungsantrag die Koalition hier vorgelegt hat und dass sie jetzt auch noch erwartet, dass wir der Meinung sind, dass wir diese drei schwammigen Punkte, in denen dreimal der Begriff „grundsätzlich“ vorkommt, als einen ernsthaften Beitrag des Landes Berlin zum Thema „Verteidigung der Netzneutralität“ akzeptieren.
Also ich finde den wirklich so schwammig und schwach. Es ist ja nicht mal Ihnen selbst im Ausschuss gelungen, dazu eine vernünftige Beschlussfassung zustande zu bringen. Das wundert mich überhaupt nicht. Ich fand den Piratenantrag schon sehr umfassend und sehr ausführlich, ein echt gelungener Beitrag, um in dem Thema tatsächlich mal was voranzubringen, hätte uns gut zu Gesicht gestanden, den so zu unterstützen, wie sie ihn gestellt haben, haben Sie nicht gemacht, es ist sehr schade.
Vielleicht können Sie noch was ändern. Dieser Änderungsantrag ist ärgerlich. Nehmen Sie den doch bitte wieder zurück! Damit ist echt hier wirklich nichts gewonnen.
Ich möchte noch mal darauf hinweisen, dass es hier um ein wichtiges Thema geht und es uns als Land Berlin eigentlich gut zu Gesicht stünde, wenn wir da Vorreiter wären. Staatssekretär Böhning hat bereits geäußert, dass er sich dem Bundesratsbeschluss, den es schon seit 2013 gibt, anschließen möchte, dass er den unterstützt.
Ach, das ist doch eine ganz andere Geschichte! Es geht hier um Netzneutralität. Es geht hier nicht um Prestigeprojekte und gigantische Investitionen. Es geht hier um Chancengleichheit im Internet. Wir wollen einen diskriminierungsfreien Zugang zu beliebigen Informationen im Internet für alle und die Trennung von Netz und Inhalten. Das scheint Ihnen überhaupt nicht wichtig zu sein.
Das war einmal das Grundprinzip des Internets, und das bedeutet Netzneutralität. Davon sind wir sehr weit entfernt, und das muss politisch und gesetzlich geregelt werden, sonst regelt es so lange der Markt. Das erleben wir ja gerade. Das Mehrklasseninternet ist übrigens längst Realität, je nach Vertrag und Bezahlung kann der Zugang schnell und konstant sein oder zum Ende des Monats
gedrosselt und abgestellt werden. Das haben wir jetzt schon, je nach Bedarf und Geldbeutel eben. Jeder kennt das. Insofern heißt es im Titel des Piratenantrags ganz richtig: Netzneutralität verteidigen. Es besteht dringender Verteidigungs- und Regelungsbedarf, damit sich das Mehrklasseninternet nicht verfestigt und sich nicht auch noch ein Markt für auf neue und höhere Gewinnerzielung angelegte Spezialdienste etabliert, wie es derzeit passiert, und darum geht es konkret auch in diesem Antrag,
um Spezialdienste, deren Daten bevorzugt und mit garantiert hoher Geschwindigkeit transportiert werden. Die Provider können dann Zugänge zum offenen Internet drosseln oder andere Anwendungen zugunsten dieser Spezialdienste blockieren. Um die geht es. Und wenn bestimmte Spezialdienste zur Verfügung gestellt werden, führt das zur Einschränkung an anderer Stelle im Netz. Das wollen wir nicht. Kleinere, weniger zahlungsfähige Dienste und Anbieter, wie wir sie massenhaft in Berlin haben, werden dann benachteiligt und müssen eben warten. Es besteht die Gefahr, dass die Überholspuranbieter auch noch flächendeckend in die Datenpakete hineinschauen werden. Das müssen sie ja, wenn sie wissen wollen, was sie wie schnell transportieren sollen. Das heißt, die Provider entscheiden dann, welche Daten prioritär durchgeleitet werden, heißt, welche Daten für uns wichtig sind und welche nicht, welche Information wir sofort lesen können und welche erst nächste Woche. Auch dieses Thema Datenschutz hat der Piratenantrag abgedeckt.
Hier entsteht nicht nur eine Bedrohung für den Datenschutz und die Meinungsfreiheit. Hier entsteht auch ein Markt, der schnell zu einem Tarifdschungel aufwachsen kann, den keine Verbraucherin und kein Verbraucher mehr durchschauen. Und dass sich diese Geschäftsprozesse so entwickeln, liegt daran, dass die flächendeckende Breitbandinternetversorgung so schleppend vorangeht. Die Etablierung dieser Marktmodelle wird dafür sorgen, dass diese noch schleppender vorangeht, denn wir müssen nicht glauben, dass – wenn sich so ein Modell erst mal etabliert hat – es sich nach Einführung des flächendeckenden Breitbandinternets von selbst wieder auflösen wird. Diese Modelle werden auf dem Markt bleiben. Sie schaffen sich nicht selbst ab. Wir können auch davon ausgehen, dass diese Unternehmen und Geschäftsmodelle damit die eigentliche Aufgabe, den Breitbandausbau, behindern werden, weil sie natürlich in dieser Zeit bis dahin ihre Interessen knallhart durchsetzen werden.
Das alles muss gesetzlich geregelt werden. Wer entscheidet, was wichtig ist und was nicht, muss geregelt werden. Ich finde nach wie vor, dass die Piratenfraktion hier den besseren Vorschlag gemacht hat. – Vielen Dank erst mal!