Um diesen Dialog vor allem mit der polnischen Seite vorzubereiten, beantragt auch die CDU-Fraktion die Überweisung des Antrags und auch des Änderungsantrags an den Ausschuss für Umwelt. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Garmer! – Es wurde eine Kurzintervention angemeldet. – Herr Kollege Schäfer – bitte! Sie wissen, Sie haben drei Minuten!
Herr Dr. Garmer! Sie sagen, für Außenpolitik sei der Bund zuständig! Nun haben wir hier den Fall, dass der
Bund das Land Berlin um Stellungnahme gebeten hat. Es kann nicht Ihr Ernst sein, dass Sie auf die Zuständigkeit des Bundes verweisen, der eben das Land Berlin um eine Stellungnahme bittet,
und mit dieser Begründung eine Stellungnahme des Landes Berlin verweigern wollen! Ich habe das Gefühl, die Koalition treibt hier kein ehrliches Spiel.
Herr Buchholz! Sie hätten jederzeit die Gelegenheit gehabt, einen Antrag rechtzeitig einzubringen! Sie haben nur begründet, Sie wollen dieses Mal nicht zustimmen!
Genau! – Sie sind mit keinem Wort darauf eingegangen, Herr Dr. Garmer, dass Herr Buchholz in seiner Rede gesagt hat,
dass er einen Antrag hätte einbringen können, es aber nicht gemacht hat – bewusst nicht gemacht hat! Es ist ihm seit einer Woche bekannt, dass es diesen Antrag gibt. Die Linke hat Änderungsvorschläge gemacht, Sie haben das nicht gemacht, die SPD hat es nicht gemacht, weil Sie diese Stellungnahme des Landes gegen das Atomprogramm Polens nicht haben wollen! Und das ist ein Problem dieser Koalition.
Herr Dr. Garmer! Die CDU bricht ihr Wort. Ihr damaliger Fraktionsvorsitzender, Ihr Parteichef, hat hier gesagt, dass die Atomkraftwerke in Polen auch ein Sicherheitsproblem für Berlin sind. Und da sind Sie auch in der Pflicht, etwas zu tun und sich nicht so billig aus der Affäre zu stehlen!
Herr Dr. Garmer! Sie haben das Recht zu erwidern! Bitte nach vorne kommen! Auch für Sie gilt: drei Minuten! Bitte schön!
Die drei Minuten werde ich gar nicht brauchen. – Herr Schäfer! Der Hinweis auf den Bund bezog sich auf das Thema Diplomatie. Es geht darum, wie wir unser Ziel erreichen wollen, mit den Polen über die atomare Sicherheit zu sprechen. Wir sind der Meinung, dass dies nicht
mit Beschwerdeanträgen möglich ist, sondern nur im Dialog, damit wir unser Ziel erreichen. Wir sind auch nicht wortbrüchig, das möchte ich ganz entschieden zurückweisen. – Vielen Dank!
[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Sie sollen inhaltlich Position beziehen, nicht mehr! Sie sollen hier nicht den Wüterich spielen! – Wolfgang Brauer (LINKE): Wenn Sie nichts sagen, können Sie auch nicht wortbrüchig werden!]
Danke schön! – Wir schreiten fort in der Redeliste. Für die Fraktion der Piraten hat Herr Kollege Magalski das Wort. – Sie haben das Wort, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Energia jądrowa: Nie, dziękuję!“ – Atomkraft: Nein, danke! Das sagen nicht nur viele unserer polnischen Mitbürgerinnen und Mitbürger dies- und jenseits der Oder zu den Plänen der polnischen Regierung zum Wiedereinstieg in die Nutzung der Atomenergie.
Wir Piraten stimmen den europarechtlichen Bedenken der Grünen zu. Allerdings weisen wir darauf hin, dass neben den formaljuristischen Einwänden genügend Gründe existieren, die Pläne zum Bau und zur Inbetriebnahme der geplanten Meiler grundsätzlich abzulehnen. Auch wenn nach den aktuellen Bekundungen der polnischen Regierung der erste Meiler nicht vorzugsweise an der deutschpolnischen Grenze, sondern weiter im Landesinneren bzw. an der Küste gebaut werden soll – auf Platz eins liegt der Standort Żarnowiec –, so ändert das nichts an der Gefahr, die von einem solchen Atomkraftwerk auch für die deutsche Bevölkerung ausgeht. So offenbart der Umweltbericht über die Standorte unter anderem den Mangel an hydrologischen Angaben zur Auswertung der Kühlwasservorräte für einige in Frage kommende Standorte.
In der Phase der Ausarbeitung der Studie gab es weiterhin keine Möglichkeit, Daten für die der Republik Polen potenziell angebotenen Reaktoren der dritten Generation, zu gewinnen. Stattdessen wurden die Daten und Kenntnisse aus den Analysen von Reaktoren gewonnen, die diesen Typen nur ähneln, was jedoch bei minimalen Abweichungen in der Konstruktion zu völlig anderen Analyseergebnissen führen kann.
Des Weiteren mangelte es an detaillierten meteorologischen Daten und an solchen zu der an den Standorten beheimateten Flora und Fauna.
Auf ein eklatantes Ereignis wie das in Fukushima wird in der Studie gar nicht eingegangen. Bereits von 1982 bis 1990 wurde versucht, in Żarnowiec ein AKW zu bauen, was am Widerstand der Bevölkerung der zugehörigen Woiwodschaft Danzig scheiterte. Diese sprach sich 1990 in einem klaren Ergebnis von 86,1 Prozent der Abstimmenden gegen den Weiterbau aus. Ob sich die Meinung hierzu innerhalb der Bevölkerung mittlerweile gewandelt hat, darf spekuliert werden, auch wenn das nicht unsere Aufgabe in Berlin ist, sondern eine Frage, die sich die Regierung der Republik Polen stellen sollte.
Die Abkehr von dem seit Ende 1990 geltenden Baustopp für Atomkraftwerke und die geplante Neuerrichtung und Inbetriebnahme potenzieller Atommeiler nimmt unkalkulierbare Betriebsrisiken in Kauf und gefährdet die Gesundheit der Bevölkerung in Polen und Deutschland. Ein schwerer Störfall mit radioaktiver Freisetzung in unmittelbarer Nähe zu dicht besiedelten Gebieten wie Frankfurt/Oder, Cottbus und dem Raum Berlin ist nicht auszuschließen und hätte katastrophale Auswirkungen.
Aufgrund der fragwürdigen Vereinbarkeit mit EU-Recht sollte auch aus unserer Sicht das polnische Kernenergieprogramm bis zum Abschluss eines der SUP-Richtlinie entsprechenden Verfahrens außer Kraft gesetzt werden. Der Umweltbericht sollte auch unter Beachtung der im Folgenden dargestellten Defizite grundlegend überarbeitet werden, da das Kernenergieprogramm in der aktuell vorliegenden Form weder die Risiken beim Betrieb von Atomkraftwerken noch die Risiken und Auswirkungen bei Anreicherung, Rückbau und Entsorgung darstellt, im Gegenteil: Die Risiken der Atomkraft werden unzureichend bewertet, wie die Kollegen schon festgestellt haben, und in unverantwortlicher Art und Weise verharmlost.
Alternative Energiekonzepte werden zudem ungenügend geprüft. Nuklearstrategie und Umweltbericht überzeichnen negative Auswirkungen, Energiebilanz und Flächenverbrauch der erneuerbaren Energien, um die vermeintliche Attraktivität der geplanten Kernkraftwerke zu unterstreichen.
Lieber Kollege! Ich muss für ein wenig Ruhe im Saal sorgen. Es ist ein lauter Geräuschpegel, und der Redner
Danke, Herr Präsident! – So wird zum Beispiel vorgerechnet, dass in Bezug auf die Energieausbeute der Flächenbedarf einer Windkraftanlage 28 Mal und der Aluminiumbedarf 75 Mal so hoch sei wie bei einem Atommeiler, um zum politisch gewollten Ergebnis zu kommen, Kernkraftwerke seien – über die gesamte Nutzungsdauer gesehen – die umweltfreundlichste Art der Energieerzeugung. Dabei werden wesentliche Kostenaspekte der Nutzung der Kernenergie schlichtweg unterschlagen wie zum Beispiel die Entwicklung und der Bau der benötigten technischen Infrastruktur oder die Kosten für den Umgang mit den abgebrannten Uranstäben, für deren Zwischen- und Endlagerung in Polen noch gar keine Möglichkeit geschaffen wurden,
Ich komme zum Ende! – im Fall einer unkontrollierten Kernschmelze mit Verstrahlung ganzer Landstriche einmal ganz abgesehen. Das alles ist der Umweltverträglichkeitsstudie des polnischen Kernenergieprogramms zu entnehmen, welches nach genauerem Studium nur abermals einen Schluss zulässt: Die Verträglichkeit von Atomkraftwerken ist und bleibt nicht genau analysierbar, Atomkraft ist nicht beherrschbar und wird erst recht niemals sicher sein! – Vielen Dank!
Es ist die sofortige Abstimmung beantragt worden. Die Koalitionsfraktionen haben jedoch die Überweisung des Antrags sowie des Änderungsantrags an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt beantragt, worüber ich zunächst abstimmen lasse. Wer dem Antrag auf Überweisung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von CDU und SPD. Wer ist dagegen? – Das sind die Fraktionen der Grünen, die Linksfraktion und die Piraten. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Das erstere war die Mehrheit, dann ist so beschlossen.