Protocol of the Session on December 8, 2011

Demokratie im Gespräch mit anderen Menschen zu erleben, fördert

ich denke, das leuchtet allen ein –

den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Das ist keine Luftblase. Es ist bereits möglich, das zeigt ein Blick nach Europa und nach Deutschland. In Europa sind dies bereits Dänemark, Schweden, Finnland, Irland und die Niederlande, die ein aktives und passives Wahlrecht für alle Ausländer eingeführt haben. In Großbritannien, in Schweden, in Belgien, in Luxemburg und in Portugal gibt es das Wahlrecht immerhin für viele Personengruppen. Laut Informationen der Vertreter von Citizens for Europe gibt es in Nordrhein-Westfalen bereits 40 Städte, die vor zwei Jahren ihre Landesregierung aufgefordert haben, das kommunale Wahlrecht für Nichtdeutsche einzuführen, auch Halle, Mainz, Flensburg, und wie von der Kollegin Bayram zitiert, Bremen. Ich denke, dass Berlin mit einer Bundesratsinitiative nicht aus dem luft

leeren Raum stößt, sondern dort mit der Unterstützung von vielen anderen Bundesländern und von vielen Kommunen rechnen kann.

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Noch einmal kurz zu den Bedenken der beiden Koalitionsfraktionen: Natürlich gibt es Stimmen, die sich auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1992 berufen, das Volk, von dem die Macht ausgehe, seien lediglich deutsche Staatsbürger. Darauf kann man sich berufen. Man kann aber auch sagen – und da unterstützen uns sehr viele Gutachter –, dass mit der Einführung der Unionsbürgerschaft der Rechtsfortentwicklung im supranationalen europäischen, auch deutschen Kontext sowie mit den veränderten gesellschaftlichen Bedingungen das Bundesverfassungsgericht seine Interpretation von 1992 durchaus revidieren und sich den neuen gesellschaftlichen rechtlichen Entwicklungen anpassen würde. Insofern sehen wir nicht, dass eine Grundgesetzänderung notwendig ist. Wir haben das bereits bei dem Beispiel der Einführung des kommunalen Wahlrechts für EU-Bürger gesehen und sind auch der Meinung, dass wir damit das Wahlrecht einführen können.

[Beifall bei den PIRATEN und den GRÜNEN]

Natürlich wird das Bundesverfassungsgericht seine Meinung nicht von allein ändern und eine Neuinterpretation zulassen, sondern wir müssen den Weg freigeben, um das Bundesverfassungsgericht an dieser Stelle zu unterstützen und diese Initiative auf den Weg zu bringen.

[Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Heidi Kosche (GRÜNE)]

Ein letztes Wort in dieser Sache: Ich wundere mich doch ein wenig. Ich habe von der SPD-Fraktion jetzt nur gehört, dass in dieser Sache eigentlich große Übereinstimmung herrsche. Wenn ich den Beitrag richtig verstanden habe – ich bin noch neu in diesem Haus, vielleicht habe ich das missverstanden –, werden Sie jetzt also auch zustimmen. Ansonsten freue ich mich, dass wir doch so große Übereinstimmung haben und hoffe, dass wir auf diesem Weg weiterhin vorankommen werden. – Danke schön!

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Vielen Dank, Herr Reinhardt! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags federführend an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung und mitberatend an den Ausschuss für Arbeit, Integration, Berufliche Bildung und Frauen vorgeschlagen. – Ich höre hierzu keinen Widerspruch, dann verfahren wir so.

(Vizepräsidentin Anja Schillhaneck)

Tagesordnungspunkt 11 war Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unter Nummer 4.1.

Wir kommen also zu

lfd. Nr. 12:

Regionalbahnhof Karlshorst erhalten!

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/0045

Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Das Wort hat der Abgeordnete Gelbhaar. – Bitte sehr!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Für mindestens rund 5 000 Menschen dürfte jetzt der wohl wichtigste Antrag des Tages kommen, nämlich der Antrag zum Regionalbahnhof Karlshorst. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat bereits in Anträgen der letzten Legislaturperiode auf die Erhaltung des Regionalbahnhofs Karlshorst gedrängt. Unter Rot-Rot wurden diese Anträge leider abgelehnt. Die Rahmenbedingungen von damals sind jedoch auch heute die gleichen. Eine Schließung von Karlshorst als regionalem Haltepunkt ist aber aus verkehrsstrategischer Perspektive nicht haltbar. Auch die Begründungen, die damals vorgetragen wurden, haben sich nicht geändert. Das ist der Grund, warum an dieser Stelle nochmals ein Plädoyer für den Regionalbahnhofhalt Karlshorst nötig ist.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Herr Abgeordneter! Darf ich Sie kurz unterbrechen? – Meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Wenn Sie vielleicht ein wenig leiser sein könnten, dann ist der Redner auch besser zu verstehen. Danke!

[Özcan Mutlu (GRÜNE): Geht raus! Quatscht draußen!]

Karlshorst ist ein zentraler Umsteigebahnhof im Ostteil der Stadt. Das ist so etwas wie das Verbindungsscharnier zwischen Straßenbahn-, S-Bahn- und Regionalbahn und auch einigen Bussen. In jeweils 10 bis 15 Minuten kann man von Karlshorst aus den Innenstadtbereich, aber auch den Flughafen Schönefeld erreichen. Über den Regionalbahnhalt würde auch die Anbindung Lichtenbergs weiter gesichert werden. Damit das so bleibt, brauchen die Bürgerinnen und Bürger vor Ort eine Garantie, eine Aussage des Abgeordnetenhauses oder des Senats, am besten und des Senats. Denn es ist mit der Infrastruktur immer das

Gleiche: Sie wird besonders schmerzlich dann vermisst, wenn auf sie plötzlich verzichtet werden muss.

Die Bedeutung des Regionalbahnhalts Karlshorst wird noch steigen, Thema BBI, aber auch, weil dort die Treskowallee umgebaut wird und die Tramhaltestelle unter die Bahnbrücke verlegt werden soll. Wenn BBI in Betrieb genommen wird, dann wird der Druck auf die Regionalbahn und darauf, dort gute Anbindungen herzustellen, noch steigen. Wir wünschen uns alle, dass BBI ein Erfolg wird, also muss man auch mit der Erhöhung eines Fahrgastaufkommens rechnen und sich darauf einstellen.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Um ein Argument vorwegzunehmen: Das gilt auch dann, wenn der Bahnhof Ostkreuz als regionaler Haltepunkt in Betrieb genommen wird. So haben wir es schon damals vorgetragen. Da waren wir nicht allein, sondern das hat die Opposition in ihrer Mehrheit so getragen. Der Teil der Opposition, der sich damals anders orientiert hat, ist heute nicht mehr hier im Hause vertreten.

Ein internationaler Flughafen nützt niemandem, wenn er nicht optimal, das heißt, von allen Stadtteilen aus erreichbar ist. Auch das spricht für Karlshorst. Der Regionalhalt in Köpenick – auch das Argument wird immer wieder genannt – kann das nicht leisten. Er liegt auf einer anderen Trasse. Wir sollten dafür sorgen, dass die Anbindung BBIs von möglichst vielen Zielpunkten innerhalb Berlins geschafft wird. Es ist Aufgabe einer modernen Verkehrspolitik, den Berlinerinnen und Berlinern, die unmittelbar und jeden Tag die regionale Infrastruktur nutzen wollen und müssen, ein angemessenes Mobilitätsangebot zu sichern. Verkehrsnetze müssen dafür ausgebaut und eben nicht ausgedünnt werden. Priorität müssen dabei Infrastrukturprojekte haben, die ressourcenschonend und klimaschonend sind.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Heute kam schon kurz das Thema Fernbahnhalt Zoo auf. Vom Bahnhof Zoo sollen bald wieder Fernverkehrszüge starten. Wenn das so kommt, ist das gut und richtig, aber wie kann es sein, dass Karlshorst nicht einmal Regionalhaltepunkt bleiben soll? Wir dürfen die Menschen in den Außenbezirken nicht links liegen lassen. Karlshorst beweist seine Drehkreuzfunktion jeden Tag.

Nach der Wahl ist vor der Wahl. Ich möchte insbesondere die CDU-Fraktion höflich daran erinnern, dass sie selbst diesen Antrag in der letzten Legislaturperiode gestellt hat, dass sie selbst diesen Antrag zum Erhalt des Regionalbahnhofs Karlshorst eingebracht hat. Noch vor wenigen Wochen konnten wir auf Ihren Wahlplakaten ein deutliches Statement für den Erhalt zur Kenntnis nehmen. Es wurden knapp 5 000 Unterschriften von Ihnen gesammelt, damit der Bahnhof erhalten werden kann. Im Koalitionsvertrag lesen wir jetzt etwas anderes. Ich glaube, Sie sind hier gefordert!

Wir sind hier alle gefordert, die Interessen der Wählerinnen und Wähler nicht zu enttäuschen. Im Wahlkampf, das sei der Form halber dazugesagt, haben nicht nur die Grünen und die CDU vor Ort gesagt, den Bahnhof müssen wir erhalten, sondern das haben alle Parteien getan. Deswegen sind wir insgesamt hier verpflichtet, eine kluge Entscheidung zu treffen. – Vielen Dank!

Vielen Dank! – Das Wort für die SPD-Fraktion hat die Abgeordnete Haußdörfer. – Bitte sehr!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, Herr Gelbhaar! Auch ich habe vor nicht unwesentlicher Zeit ein Faltblatt von Ihnen am S-Bahnhof Karlshorst bekommen, in dem Sie das fordern. Aber auch schon damals war es leider nicht mehr zeitgemäß, weil nämlich die langfristige Verkehrsanbindung des Südostens an den Regionalverkehr einfach zu wichtig ist, als dass wir es bei einem grünen Antrag, der zudem abgekupfert ist, wie Sie jetzt zugegeben haben, und der der Thematik allein nicht genügt, belassen.

Außerdem haben wir hier am 17. März dieses Jahres schon über diesen Antragstext gesprochen, weil Sie auch die Antragsbegründung in weiten Teilen von der CDU übernommen haben. Dementsprechend wird auch unsere Begründung Sie hier nicht weiter überraschen, im Gegenteil, wir werden Sie Ihnen gerne auch im Ausschuss näherbringen, denn wir bleiben bei der bewährten Arbeitsteilung zwischen S-Bahn und Regionalbahn: die S-Bahn für schnelle Verbindungen in der Stadt mit vielen Haltestellen und die Regionalbahn für die schnelle Verbindung in der ganzen Region und mit wenigen Haltestellen im Berliner Stadtgebiet. Und deshalb sollten die Freunde des öffentlichen Personennahverkehrs und der Regionalbahn für den Regionalbahnhof Köpenick kämpfen.

[Beifall bei der SPD]

Ja, das sind meine Köpenicker Freunde, weil ich nämlich zugebe, dass ich mich als Köpenickerin und damit für die gesamte kollektive Verantwortung im Südosten verstehe. Frau Dr. Hiller wird mir zustimmen, dass mehr als 5 000 Menschen gerade diese Verkehrsanbindung in den Südosten wollen und mehr als 40 000 Menschen davon betroffen sind, weil die Deutsche Bahn nämlich gar keinen Halt zwischen Ostkreuz und Erkner präferiert, keinen einzigen. Und darum sagen wir: Das geht so nicht. Wir wollen das energisch, und wir wollen den Regionalbahnhof Köpenick.

Gestatten Sie ein Zwischenfrage, Frau Abgeordnete?

Nein, es ist heute auch lang genug. Wir können das gern im Ausschuss weiter ausdiskutieren. – Darum sollten wir auch von der Landesseite den entsprechenden Druck aufbauen, hier unseren Schwerpunkt zu sehen, da Karlshorst so oder so leider nicht erhalten bleiben kann. Aber der Bahnhof muss so lange erhalten bleiben, wie Ostkreuz keine vernünftigen Anbindungen zur Verfügung stellt. Für die östlichen Stadtgebiete sind die Haltestellen Lichtenberg und Hohenschönhausen sowie die Neubauten Ostkreuz und Köpenick deshalb essentiell.

Der Bahnhof Karlshorst wird bis zur Inbetriebnahme der Dresdner Bahn für die Flughafenverbindung genutzt, und das ist für uns auch sehr wichtig. Denn der Südosten braucht eben auch eine schnelle Flughafenanbindung, da stimme ich mit Ihnen überein. Und man darf sich auch einiges an Vorgeschmack vorstellen ab nächstem Montag. Da werden Sie nämlich sehen, dass durch die Einstellung der Durchbindung der S 3 sich einige – übrigens ich auch, weil ich auch davon betroffen bin – eigene Wege suchen werden. Kein barrierefreier Zugang, wahnsinnige Umsteigewege werden nicht dazu führen, dass die S 3 an dieser Stelle attraktiv würde. Ja, da ist mir auch Karlshorst lieb und teuer, denn wer im Winter mal mit Gepäck in Ostkreuz frühmorgens umsteigen musste, nämlich eine ganze S-Bahn über zwei Bahnsteige abzuwickeln versucht, der weiß, welche Massen die Alutreppen am Ostkreuz unsolidarisch hochstürmen.

Dennoch muss abgewogen werden, wo sich die Haltestellen befinden, wie sie sich darstellen und wo in die erweiterte Infrastruktur investiert wird. Denn mit einem Bahnhof und einem Regionalhalt allein ist es nicht getan. So brauchen wir sowohl den Knotenpunkt im öffentlichen Personennahverkehr als auch die attraktive Umfeldgestaltung; das, was übrigens gerade alles in Köpenick passiert. All dies tun wir für Köpenick, und deshalb muss und wird der Regionalbahnhof Köpenick kommen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Frau Haußdörfer! – Für die Linksfraktion hat der Abgeordnete Harald Wolf das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie werden sich nicht wundern, dass ich als direkt gewählter Abgeordneter aus Karlshorst diesen Antrag mit einiger Sympathie betrachte. Wir haben es auch intensiv im Wahlkampf diskutiert. Es gibt in der Tat gute Argumente für den Erhalt des Regionalbahnhofs Karlshorst. Das ist einmal die von Herrn Gelbhaar schon angesprochene Anbindung

an BBI und das damit wahrscheinlich zusätzliche Verkehrsaufkommen, und die Anbindung über das Ostkreuz an BBI heißt für viele Menschen aus dem Ostteil der Stadt doch, Umwege zu BBI in Kauf nehmen zu müssen. Die Anbindung über Straßenbahn und S-Bahn ist ein weiteres Argument.

Gleichzeitig ist es aber so: Wir sind hier nicht nur gewählt, um Interessen eines Wahlkreises zu vertreten, sondern wir sind auch gewählt, um Interessen der Gesamtstadt zu diskutieren. Insofern wird es die Aufgabe sein, im Ausschuss intensiv auch die Fragen zu diskutieren, die Frau Haußdörfer angesprochen hat, denn wir müssen über ein Gesamtkonzept diskutieren. Das Verkehrskonzept kann nicht heißen: Lasst einen, zwei, drei, vier, viele Regionalbahnhöfe blühen, und wir haben dann nur noch Regionalbahnhöfe, sondern wir müssen zu einem ausgewogenen Konzept kommen, wo wir die Arbeitsteilung zwischen S-Bahn und Regionalverkehr vernünftig austarieren. Und das wird eine im Ausschuss genauer zu verhandelnde Aufgabe sein. Es wird nicht gehen, dass wir einerseits sagen, Karlshorst wird gebaut, Köpenick wird gebaut, und alles additiv gestalten, sondern das muss integriert werden, möglicherweise in eine neue Gestaltung des Verkehrskonzepts in diesem Bereich, der Frage der Abstimmung von Regionalverkehr und SBahn-Verkehr. Lassen Sie uns das insofern im Ausschuss gründlich diskutieren und dann zu einer Entscheidung kommen!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank! – Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Friederici das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es freut die CDU natürlich immer, dass sich die Grünen unseren ehemaligen Antrag zum Vorbild nehmen in ihrer eigenen Phase tiefster ideologischer und personeller Zerstrittenheit, um mindestens hier einmal einen Minimalkonsens zu erreichen. Also herzlichen Glückwunsch, das freut uns sehr!