Protocol of the Session on February 20, 2014

Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt wird meine Fraktion nicht mittragen, da die geänderte Fassung des Antrags keine Verbesserung im Anliegen des Originaltextes gebracht hat. Wir werden also weiter kämpfen müssen, mit den Bürgern vor Ort. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN]

Vielen Dank, Frau Kollegin Platta! – Für die Fraktion der SPD hat die Kollegin Köhne das Wort. – Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Platta! Es ist in der Politik und ganz allgemein im Leben nicht immer ganz leicht, hehre Ziele für die Gemeinschaft und die eigenen unter einen Hut zu bringen. Da wollen wir alle die Energiewende, aber niemand möchte die dafür benötigten Windräder oder Stromleitungen vor der eigenen Haustür oder im eigenen Wahlkreis oder im eigenen Bundesland, vor allem nicht, wenn man Horst Seehofer heißt. Wir benötigen moderne Justizvollzugsanstalten bzw. Angebote der Sicherungsverwahrung, aber bitte nicht in der Nachbarschaft unserer Kinder. Ähnliches gilt übrigens seit Neuestem auch für Seniorenheime, Kitas oder psychiatrische Einrichtungen.

Wir hier in Berlin sind darin besonders gut, wenn es um den Dauerbrenner Wohnungsneubau geht. Wir brauchen ihn dringend. Wir wollen ihn alle, aber bitte nicht in meinem Wahlkreis. Und so schieben wir die Anzahl der zu bauenden Wohnungen eifrig von Freifläche zu Freifläche, von Wahlkreis zu Wahlkreis, frei nach dem Motto: Je mehr woanders gebaut wird, desto weniger bei mir.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Jeder Bezirk hat seine Freiflächen, vor deren Hintergrund dieses Spiel gespielt wird, wie auch in SteglitzZehlendorf mit dem ehemaligen Parks-Range-Gelände, um das es hier heute geht. Dieses Gelände ist ca. 100 Hektar groß, also nur ein Viertel des Gebietes am Flughafen Tempelhof, und auch umstritten. Es geht auch

hier um eine Randbebauung und auch an dieser Stelle um die Frage: Wie breit ist der Rand?

Und die Argumente gegen eine Bebauung sind ja auch überzeugend, inhaltlich richtig. Ja, wir brauchen nicht nur neue Wohnungen in der Stadt, sondern auch Grün- und Erholungsflächen. Arten- und Naturschutz müssen für uns einen hohen Stellenwert haben, auch wenn dieses Thema gern mal als Gedöns verspottet wird. Wenn im Zuge des Klimawandels die Sommer künftig immer heißer werden, spätestens dann freut sich jeder Einwohner über Freiflächen, die Zugluft und Kühlung bieten, auch die, die über Umweltschützer stets müde lächeln.

Vor dem Hintergrund dieser teilweise sehr konträren Interessenlage und der im meinem Wahlkreis hoch emotional geführten Debatte begrüße ich den vorliegenden Änderungsantrag, auch wenn er in Teilen nicht immer meine ganz persönliche Meinung zur Thematik widerspiegelt.

[Beifall von Daniel Buchholz (SPD) und Joschka Langenbrinck (SPD)]

Aber ich spreche hier als gewählte Vertreterin aller Bürger und nicht als Privatperson und stehe deshalb voll hinter dem hier mit unserem Koalitionspartner gemeinsam ausgehandelten Ergebnis, das auch – und das ist besonders wichtig – von den politischen Partnern im Bezirk mitgetragen wird. Es ist ein Kompromiss, mit dem, glaube und hoffe ich, beide Seiten leben können. Wir wollen mit ca. 39 Hektar mehr Bebauung als im ursprünglichen Antrag mit 27 Hektar vorgesehen. Aber wir bleiben inklusive aller Infrastrukturplanung trotzdem bei der von allen angestrebten Randbebauung.

Auch wir wollen, dass der sozialräumliche Bedarf des Umfeldes, also namentlich der Thermometersiedlung, in den Planungen Berücksichtigung findet. Das im Antrag der Linken geforderte Werkstattverfahren begrüßen wir daher nicht nur, sondern es ist im Bezirk längst angelaufen.

Sie müssten zum Ende kommen, Kollegin – bitte!

Ja sofort! – Allerdings sind diese Empfehlungen leider nicht bindend. Deshalb müssen wir schauen, dass wir die Empfehlung trotzdem durchbekommen.

Persönlich freue ich mich, dass wir uns bei den Vorgaben für den FNP auf die Sicherung der Biotope und den Erhalt von insgesamt 57 Hektar naturnaher Parklandschaft einigen konnten.

Frau Kollegin! Ende heißt Ende!

Ja, sofort! – In diesem Sinne: Wir haben hier wirklich eine Änderungsantrag vorliegen, der alles herausgeholt hat, was zu holen war. Glauben Sie mir das, ich war dabei! Deshalb bitte ich um breite Zustimmung.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Danke schön! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Kollegin Kapek das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich höre gerade, ich habe noch 16 Minuten – ich finde, das Thema hat es verdient.

[Heiterkeit und Beifall bei den GRÜNEN]

Deshalb fange ich jetzt an. Spaß beiseite: Das ParksRange-Gelände in Lichterfelde Süd ist eine der vorhin schon viel besprochenen Wohnungsbaupotenzialflächen in Berlin. Ich glaube, es ist an dieser Stelle auch sehr gut ausgewählt. Ich finde, man kann auch ruhig einmal loben und hervorheben, dass das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf hier vorbildlich gezeigt hat, wie man auch mit Großinvestoren in Berlin sehr wohl verhandeln kann und etwas für die Allgemeinheit dabei ausverhandelt, sodass man am Ende zu einem befriedigenden und erfolgreichen Abschluss kommt. So entstehen in Lichterfelde Süd nicht nur neue Wohnungen, sondern auch viele wichtige und dort bereits verankerte soziale Projekte, aber auch eine große Freifläche. Man möchte meinen, das ist ein zweites Tempelhof im Süden.

Ich würde mir zwar persönlich wünschen, dass wir dort weniger lockere Einfamilienhäuser-Bauweise haben werden, sondern ein bisschen dichter bauen würden. Dadurch schafften wir erstens mehr Wohnungen, und zweitens hätten wir die Möglichkeit, vielleicht doch noch ein bisschen mehr Freifläche für die Allgemeinheit zu gewinnen. Aber insgesamt kann man sagen: Das, was als Ergebnis derzeit vorliegt, ist ein solides Ergebnis.

Jetzt muss es aber weitergehen. Ich glaube, die nächsten wichtigen Schritte sind vor allem, dass die Parkfläche in eine feste Trägerstruktur überführt wird, unter anderem deshalb, damit die naturschutzpolitischen Belange, die Sie zu Recht hier angesprochen haben, nicht mehr nur aus dem Off artikuliert werden müssen, sondern institutionalisiert vorgetragen und in die Verfahren eingebunden werden können. Zweitens, und das ist mir besonders wichtig, müssen jetzt endlich die planungsrechtlich notwendigen Schritte eingeleitet werden. Das bedeutet für

(Irene Köhne)

die Landesebene selbstverständlich die Einleitung des FNP-Änderungsverfahrens und zweitens für den Bezirk das Einleiten eines Aufstellungsbeschlusses. Denn nur so kommen wir zu den gesetzlich vorgeschriebenen Beteiligungsverfahren.

Was gar nicht geht – und das möchte ich hier auch mit allem Nachdruck sagen –, ist, dass der Bezirk einen städtebaulichen Wettbewerb in Auftrag gibt, der dann ohne diese Beteiligungsverfahren bereits Fakten schafft, ohne dass ein einziges offizielles Planungsverfahren eingeleitet ist. Deshalb hoffe ich, halten Sie sich hier, anders als an vielen anderen Stellen in Berlin, ausnahmsweise mal an das Planungsrecht. Dann können wir uns in wenigen Jahren über ein tolles neues Projekt im Süden Berlins freuen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN]

Vielen Dank, Frau Kollegin Kapek! – Für die Fraktion der CDU hat die Kollegin Seibeld jetzt das Wort.

Meine Damen und Herren! Ich habe den Änderungsantrag gelesen und mich ein bisschen gefragt, warum wir zu relativ später Stunde zu dem Thema heute eigentlich noch reden, denn im Kern steht schon alles drin und ist auch schon alles gesagt, was es dazu zu sagen gibt. Ich möchte der Kollegin Kapek recht geben: Unter einer erfolgreichen schwarz-grünen Zählgemeinschaft hat eine engagierte Grünen-Stadträtin super Arbeit geleistet, tolle Vorarbeit geleistet. Wir sind uns alle einig: Es wird ein Naturschutzgebiet geben. Es wird Bebauung geben, und der Flächennutzungsplan, der bisher Hochhausbebauung mit bis zu 20 Stockwerken vorsieht, ist ganz sicher veraltet, denn den will niemand mehr haben.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU und den GRÜNEN]

Insofern muss der Flächennutzungsplan geändert werden. Dass irgendwo auch Gewerbetreibende sich wiederfinden, so es denn einbindbar ist, auch da sind sich alle einig. Was die anliegende Thermometersiedlung und die sozialen Probleme in der Gegend angeht, kann es nur eine Aufwertung der Gegend sein, kann es für alle Anlieger, die es in der Gegend gibt, nur gut sein, wenn es ein neues Wohnbebauungsprojekt gibt.

Frau Platta, zur Frage der Bürgerbeteiligung: Ja, ich finde Bürgerbeteiligung an der Stelle ganz wichtig. Aber es gibt sie ja auch. Es gibt Workshops, es gibt laufende Veranstaltungen, es gibt permanente Informationsveranstaltungen. Fakt ist allerdings auch: Bei den Informationsveranstaltungen sind außer Politikern und den Mitgliedern der Bürgerinitiative, die auch alle namentlich kennen, ansonsten übersichtlich viele Bürger, weil viel

leicht der Bürger an sich es nicht so tragisch findet, dass ein Gelände, das frei ist, das leersteht, wo viel Naturschutzgebiet erhalten bleibt, auch bebaut werden sollte. Ich habe das Gefühl, dass die Bürger an diesem Punkt sehr gut eingebunden sind. Insofern kann ich nur sagen: Aus meiner Sicht läuft es bisher gut. Wir werden im Bezirk weiter gemeinsam beraten, wie man allen verschiedenen Belangen in diesem Gebiet am besten gerecht werden kann. Bisher sind wir, denke ich, auf einem ganz guten Weg. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Frau Kollegin Seibeld! – Für die Piraten hat jetzt der Kollege Magalski das Wort. – Bitte schön, Herr Magalski!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die uns vorliegende Beschlussempfehlung ist ein klassischer Schrumpfantrag, der die Intention des Ursprungsantrags nur noch schwerlich erkennen lässt. Auch wenn der von den Linken wohlformulierte Antrag zur konfliktfreien Verbindung des Landschaftsschutzes und Wohnungsbaus in Lichterfelde Süd einige aus Sicht der Piraten grundsätzliche Fehler, z. B. in puncto Bürgerbeteiligung, enthält, indem diese durch Vorwegnahme einiger Fakten nicht ganz ergebnisoffen diskutiert werden könnten, so war er in letzter Konsequenz für uns doch zustimmungswürdig, da er in durchaus befriedigendem Maße auf einen Ausgleich der Interessen von Landschaftspflege und Wohnungsbau angelegt war. Nun aber ist dieser Antrag nicht mehr vorhanden. Nur mehr ein schwammiger Koalitionsrest, nahezu bis zur Unkenntlichkeit relativiert, gekürzt, ja verstümmelt, ist übrig geblieben.

Statt der im Ursprungsantrag angesetzten 69 Hektar für die Unterschutzstellung der Landschaft sind nur noch 57 Hektar vorgesehen. Immerhin, will man jetzt sagen, aber ich kämpfe da gerne um jeden Meter. Der Fachbereich für Naturschutz und Landschaftspflege nämlich bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung empfahl schon 2010 die Unterschutzstellung, die 2012 durch eine vom Bezirksamt beauftragte Naturschutz- und Landschaftsentwicklungsstudie Lichterfelde Süd schutzgebietskonzeptlich gestützt wurde und die von der Gesamtfläche von 111 Hektar einen zentralen Bereich von 80 Hektar als Landschaftsschutzgebiet zu sichern empfahl.

Aber wer profitiert jetzt eigentlich am meisten von dieser Beschlussempfehlung, wenn dieser Profit für zukünftige Mieter und den Naturschutz in Teilen nur fragwürdig umgesetzt werden kann? Jener altgediente Baulöwe, der das auch tut, wenn er die Kleingartenkolonie Oeynhausen plattmacht? – Und von einem Werkstattverfahren zur

(Antje Kapek)

Bürgerbeteiligung, das über den gesetzlichen Rahmen hinausgeht, ist in dieser jetzigen Beschlussempfehlung schon gar keine Rede mehr. Wertet man alle Rahmenbedingungen, erscheint in Lichterfelde Süd eine Ausweisung von neuem Bauland in der Gesamtfläche von etwa 27 Hektar, wie von den Linken gefordert, durchaus vorstellbar und ausreichend bemessen. Auf dieser Fläche könnten ca. 700 Einfamilienhäuser errichtet werden oder bei entsprechend verdichteter mehrgeschossiger Bebauung vermutlich auch bis zu 3 000 Wohnungen. Warum die gutachtlich unterlegten naturschutzfachlich nicht für eine Bebauung geeigneten Flächen nun für eine Bebauung geöffnet werden sollen, ist uns nicht ersichtlich.

Durch Ausweis als Bauland würde sich der Wert der vom Investor erworbenen Fläche von einem Einstandspreis von vermutlich kaum mehr als 10 Euro pro Quadratmeter auf ca. 250 Euro erhöhen. Dies entspräche für 39 Hektar einer Wertsteigerung auf 97,5 Millionen Euro. Der Kaufpreis für den Erwerb des gesamten Grundstücks durch den Investor dürfte vergleichsweise kaum über 10 Millionen Euro gelegen haben. Das Baugesetzbuch sieht hier unter städtebaulicher Entwicklungsmaßnahme, §§ 165 ff. durchaus Möglichkeiten vor, Planungsgewinne, wie sie das Bezirksamts dem Investor andient, abzuschöpfen. Die kostenfreie Abtretung einer Fläche für Naherholungszwecke könnte ebenso eine solche Absicht sein wie eine entsprechende Einlage schützenswerter Natur- und Landschaftsflächen in eine zu diesem Zweck zu errichtende gemeinnützige Stiftung.

Auch wir wollen uns grundsätzlich an den Stadträndern keinem zusätzlichen Wohnungsbau verschließen, aber bitte unter Beachtung der partizipativen naturschutzrechtlichen Maßgaben und im besten Fall darüber hinaus. Dieser Beschlussempfehlung der Koalition können wir so nicht zustimmen. – Vielen Dank, guten Abend!

[Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN und bei der LINKEN]

Danke auch! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zu dem Antrag Drucksache 17/1034 empfiehlt der Fachausschuss mehrheitlich gegen Linke und Piraten bei Enthaltung der Grünen die Annahme in neuer Fassung. Wer also dem Antrag in neuer Fassung im Wortlaut der Beschlussempfehlung Drucksache 17/1442 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer lehnt ab? – Das sind Linke und Piraten komplett. Wer enthält sich? – Das sind die Grünen. Damit ist der Antrag in der neuen Fassung angenommen.

Der Tagesordnungspunkt 22 stand auf der Konsensliste.

Ich komme nun zur

lfd. Nr. 23:

Soforthilfe für Wohnungslose – zusätzliche Notschlafplätze schaffen

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit und Soziales vom 10. Februar 2014 Drucksache 17/1454