In der Studie, die uns allen vorliegt, geht es schlicht und ergreifend um die Frage, ob notwendige und sinnvolle Leistungen und Angebote bei denjenigen ankommen, die sie brauchen und die sie wollen. Frau Bangert hat es eben gesagt: Wir reden über 570 000 Menschen.
Die Studie zeigt viele inhaltliche und organisatorische Probleme auf – viele davon sind tatsächlich bekannt. Wir haben sie diskutiert, als wir hier über die Neustrukturierung der Jobcenter gesprochen haben. Es gab damals die Entscheidung – die war umstritten –, in jedem Bezirk ein Jobcenter zu schaffen, und es gab die Entscheidung, die landesseitige Steuerung zu stärken. Dabei wurde vereinbart, dass die Senatsverwaltung eine Verständigung mit der Regionaldirektion über die Ziele der Berliner Arbeitsmarktpolitik herbeiführt und festlegen sollte. Festgelegt werden sollten auch die grundlegenden Fragen zur einheitlichen Ausgestaltung der Jobcenter – Mindeststandards heißt es jetzt in der Studie – sowie die Zusammenarbeit der Akteure. Ich nehme jetzt zur Kenntnis, dass mit diesem Umstrukturierungsprozess der Jobcenter noch ein weiterer Umstrukturierungsprozess zeitgleich stattfand,
Aber jetzt liegen Ihnen die Ergebnisse seit neun Monaten vor – zumindest der Senatsverwaltung –, und nichts ist passiert. Es gibt einen bunten Strauß von Maßnahmen. Wir teilen nicht alles, und deshalb unterstützen wir auch nicht den Antrag der Grünen, die fordern, dass alles eins zu eins umgesetzt wird, aber wir sehen viele Ansätze zu Lösungen. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und SPD, hätten wir gern gestern auf der Sondersitzung des Arbeitsausschusses mit Ihnen diskutiert. Aber sowohl die Koalitionsfraktionen als auch die Arbeitssenatorin verweigern sich dieser notwendigen Debatte.
Der Beitrag, Frau Monteiro, – Sie waren gestern nicht da und haben die unheimliche Begegnung der dritten Art versäumt – Ihrer Koalitionsfraktion beschränkte sich darauf, dass man beantragte, dass die Sitzungsdauer eine Stunde nicht überschreitet. Das, Frau Monteiro, ist ziemlich wenig, wenn man über die Lebenssituation von 570 000 Menschen in dieser Stadt redet, und zudem ist es auch noch zynisch.
Auch die Arbeitssenatorin Kolat war nicht willens oder auch nicht in der Lage, die Studie politisch zu bewerten, und sie sagte auch nicht, welche Empfehlungen dieser Studie sie mit welchen finanziellen Mitteln bis wann umsetzen will. Ja, Herr Czaja, Frau Kolat sieht sich nicht einmal in der Verantwortung, denn Sie sind ja zuständig für die Umsetzung der kommunalen Leistungen. Aber Frau Kolat möchte Arbeitsgruppen einrichten, in denen die Fragen erneut aufgerufen werden, quasi eine Evaluation der Evaluation mit offenem Ende, sowohl inhaltlich als auch zeitlich.
Was für ein Senat ist das? – Da werden Verantwortungen hin- und hergeschoben, es wird politisches Handeln angekündigt, und letztlich passiert nichts. Sie wurden gewählt, mehrheitlich von den Menschen in dieser Stadt, um diese Stadt und die Politik dieser Stadt zu gestalten. Wenn Sie diese Verantwortung nicht wahrnehmen wollen und sich dieser Verantwortung verweigern, dann sollten Sie einfach überlegen, ob Sie Ihre Sachen packen und nach Hause gehen. Für das, was Sie hier abgeben, sind selbst die Aufwandsentschädigungen eines Teilzeitparlaments zu viel.
Danke, Frau Kollegin Breitenbach! – Für die Fraktion der CDU erteile ich jetzt das Wort dem Kollegen Krüger. – Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Die kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement begann im August 2011 im Auftrag der damaligen Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales mit der Evaluation der Strukturen in der Grundsicherung für Arbeitslose gemäß dem SGB II. Im Januar dieses Jahres konnte die daraus entstandene fast 500-seitige Studie vorgelegt werden, nachdem einige Überarbeitungen und die Beseitigung von Mängeln noch erforderlich waren. Ich sage Ihnen: Sie wird seitdem an verschiedenen Stellen nachhaltig bearbeitet und diskutiert.
Wir machen es doch gerade! – Die festgestellten Mängel, die von den Antragstellern sehr ausführlich in der Begründung des Antrags zitiert werden, drängen auf Abhilfe. Darin stimmen wir – das will ich hier ausdrücklich feststellen – überein, denn Ziel der Arbeit der Jobcenter und der Senats- sowie der Bezirksverwaltungen muss im Sinne der betroffenen Menschen bzw. ihrer Familien eine effektivere und besser gesteuerte Grundsicherung sein.
Bei der Umsetzung ist jedoch nach unserer Auffassung Sorgfalt geboten, was nicht mit zögerlichem Verhalten oder Entscheidungsunlust gleichgesetzt werden darf. Hier geht es nicht darum, dass eine Senatsverwaltung anordnet und alle anderen sozusagen blind zu folgen haben. Die Umsetzung verlangt eine genaue Ergebnisanalyse, und sie verlangt eine intensiv verbesserte Koordination aller Beteiligten. Mehrere Senatsverwaltungen, die Bezirke und die Jobcenter sind auf Augenhöhe einzubinden. Die angemahnten und zu erarbeitenden grundlegenden Zielsetzungen für das Land Berlin und die Bezirke – sehr eindrücklich in der Studie dargelegt – sind abzustimmen. Denn nur gemeinsam getragene Ziele und Veränderungen werden uns auf Erfolgskurs bringen. Die gemischten Verantwortlichkeiten der Gesetzesvorgaben in diesem Bereich lassen eben keine zentrale Richtlinienkompetenz zu, und das sollten Sie wissen.
All diese Überlegungen und Vorgehensweisen sind mit einer – so suggeriert es die vorliegende Antragslage – Eins-zu-eins-Umsetzung sofort nicht vereinbar. An vielen Stellen der Lösungsvorschläge in der Studie – vergleichen Sie zum Beispiel die Seiten 218 folgende – werden verschiedene mögliche Varianten vorgestellt. Hier muss abgewogen werden. Vieles ist sehr global und theoretisch vorgeschlagen. Ich habe mir wirklich die Mühe gemacht, das genau nachzulesen. Eine sachbezogene Auswahl und Konkretisierung der zu beschreitenden Reformwege ist
also als Gemeinschaftsaufgabe aller Beteiligten zu stemmen, und dieser Arbeit wollen wir uns keineswegs entziehen.
Deswegen bitten wir, diesen Antrag in die Ausschüsse für Soziales sowie Arbeit, Integration und Frauen zu überweisen. Wir erwarten in den Ausschüssen zeitnah weitere Informationen des Senats über die von der Senatsverwaltung Arbeit, Integration und Frauen erarbeiteten Vorlagen, über die Positionen der anderen Senatsverwaltungen und natürlich auch über die Position des Rates der Bürgermeister. Und wir erwarten eine Strategie der Einbindung der Arbeitsagenturen und der Jobcenter, denn nur gemeinsam wird das funktionieren. Kurzum: Es ist unser Ziel, die Organisationsvorschläge des Senats zum Folgeprozess dieser Studie intensiv zu diskutieren, gemeinsam mit Ihnen, und sie dann zu befördern. – Schönen Dank!
Kollege Krüger! Bevor Sie das Podium verlassen: Frau Kollegin Bangert und Frau Kollegin Breitenbach hatten noch eine Zwischenfrage. Lassen Sie sie zu? Sie haben noch Zeit.
Herr Krüger! Können Sie mir sagen, warum Ihre Kolleginnen und Kollegen in zwei Ausschusssitzungen nicht in der Lage waren, diesen Bericht zu diskutieren? Sie erzählen uns jetzt, Sie wollen das Thema diskutieren. Wir hatten mittlerweile zwei Ausschusssitzungen. In der ersten Ausschusssitzung wurde das Thema abgesetzt, und in der Sondersitzung kam weder von der CDU noch von der SPD irgendeine Wortmeldung, irgendeine Äußerung zu diesem Thema. Können Sie mir sagen warum?
Ich kann Ihnen versichern, dass in dem Ausschuss, für den ich hier vorrangig spreche, nämlich dem Sozialausschuss, die Frage intensiv diskutiert werden wird. Sie können sicher sein, dass wir uns da einer Meinung nicht enthalten werden.
Herr Krüger! Können Sie „zeitnah“ noch mal klarer definieren? Denn die Senatorin hat gestern noch mal deutlich gemacht, dass jetzt die Arbeitskreise anfangen zu arbeiten, dass es ein längerer Prozess sein wird. Da waren ganz viele Fragen, die jetzt bearbeitet werden müssen. Was heißt „zeitnahe Ergebnisse“ und „zeitnahe Berichte“ von der Senatsverwaltung?
In meinen Augen heißt „zeitnah“, dass bis zum Ende des Jahres klare, ergebnisorientierte Positionen deutlich werden müssen, damit man auch Handlungen entsprechend ableiten kann.
Danke schön, Herr Kollege Krüger. – Für die Piratenfraktion erteile ich jetzt das Wort dem Kollegen Spies. – Bitte sehr, Herr Kollege!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Studie der KGSt ist ein Dokument des Scheiterns. Detailliert werden gravierende und massive Mängel bei der Unterstützung von Erwerbslosen in Berlin aufgelistet. Insbesondere bei den sozialintegrativen Leistungen des Landes Berlin, wie Schuldner-, Sucht- sowie psychosozialen Beratungen, aber auch bei der Übernahme von Miet- und Energieschulden fehlt es an einer gesamtstädtischen Steuerung. Die Senatsverwaltungen nehmen ihre Aufsicht gegenüber den Bezirken nicht wahr. Die verschiedenen Behörden – Jobcenter, Bezirksämter, soziale Träger – kommunizieren untereinander offensichtlich schlecht bis überhaupt nicht. Zwischen Senatsverwaltungen, Bezirken und der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit gibt es keine Kultur der Zusammenarbeit.
Die Probleme an sich sind nicht neu – deshalb wurde die KGSt ja beauftragt. Gemeinsam mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Senatsverwaltungen, Bezirken und Jobcentern wurden Handlungsempfehlungen erarbeitet. Diese liegen dem Senat bereits seit August 2012 vor. Es ist genug Zeit gewesen, jene Empfehlungen zu identifizieren, die sich mit wenig Aufwand kurzfristig umsetzen lassen. Da wäre zum Beispiel der Vorschlag, eine Stelle für die SGB-II-Koordinierung in allen Bezirksämtern einzurichten. Fachaufgaben, wie zum Beispiel die Prüfung von Betriebskostenabrechnungen, könnten durch Beauftragung eines Dienstleisters zentral für alle Jobcenter erledigt werden. Die Einführung einer flexibleren Personalsteuerung durch die Zentralisierung des bezirklichen Personals in den Jobcentern könnte Personalengpässen vorbeugen und endlich einmal sicherstellen, dass die
Bezirke ihr Stellensoll in den Jobcentern tatsächlich erfüllen, denn da liegt auch einiges im Argen.
Die Einrichtung einer Organisationseinheit für die SGBII-Steuerung in der Hauptverwaltung benötigt sicher mehr Zeit, hätte aber bereits in Angriff genommen werden können. Sicherlich müssen dabei alle beteiligten Senatsverwaltungen und Akteure an einen Tisch gebracht werden. Dazu bedarf es aber nicht neben dem bereits bestehenden Wildwuchs an Gremien noch weiterer Arbeitsgruppen, die jetzt noch einmal über alle Handlungsempfehlungen und Probleme ausführlich debattieren. Das kann ja bekanntlich dauern. Es bedarf an sich nur eines Runden Tisches und des politischen Willens zur Zusammenarbeit aller Akteure.
Senator Heilmann hat es vorgemacht, indem er im Juni 2012 die Senatsverwaltungen für Justiz, Arbeit, Soziales, das Landessozialgericht, das Sozialgericht Berlin, die Regionaldirektion der Bundesagentur und mehrere Berliner Jobcenter zusammenbrachte, um dann Anfang Dezember 2012 einen Katalog von 38 Maßnahmen zur Reduzierung von Klagen gegen die Jobcenter vorzulegen. Die Umsetzung dieser Maßnahmen scheiterte jedoch bisher genau an jenen Problemen, die in der KGSt-Studie beschrieben werden. Solange sich an der Organisation der Berliner Jobcenter nicht grundsätzlich etwas ändert, wird jede noch so gut gemeinte Initiative zur Verbesserung von einzelnen Missständen einfach ins Leere laufen.
Die etwas dickeren Bretter sind einheitliche, qualifizierte Kooperationsvereinbarungen zur Erbringung sozialintegrativer Leistungen und die Verschiebung von Mitteln des Eingliederungstitels zwischen den Jobcentern. Im letzten Jahr konnten rund 70 Millionen Euro Eingliederungsmittel nicht eingesetzt werden, obwohl Berlin sie dringend benötigt. Die Verschiebung der Mittel zwischen den Jobcentern ist nach geltendem Bundesrecht aber nicht möglich. Hier sind dringend Initiativen zu ergreifen, um die notwendigen rechtlichen Grundlagen auf Bundesebene zu schaffen.
Zu all diesen Fragen war vom Senat bislang keine substanzielle Aussage zu bekommen: Welche Schlussfolgerungen werden aus der Studie gezogen? Welche Handlungsempfehlungen sind sinnvoll und machbar? Welchen Fahrplan hat der Senat, diese umzusetzen? Wie viel Geld will er dafür in die Hand nehmen? Wir warten, warten und warten weiter auf die Antworten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Es wird die Überweisung des Antrags federführend an den Ausschuss für Arbeit, Integration, Berufliche Bildung und Frauen und mitberatend an den Ausschuss für Gesundheit und Soziales empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht – dann verfahren wir so.
Fünf Minuten pro Fraktion Redezeit – Sie kennen das. Kollege Albers für die Linksfraktion beginnt. – Ich erteile Ihnen das Wort!
Ich kenne das, Herr Präsident! – Meine Damen! Meine Herren! Das Abgeordnetenhaus hat im Dezember 2009 einen Auflagenbeschluss gefasst, der beinhaltete: Der Senat möge dem Abgeordnetenhaus darstellen, wie die Mittel nach dem Auslaufen der Zahlungspflicht für den Schuldendienst der Neunzigerjahre zum Juni 2015 weiter für Krankenhausinvestitionen zur Verfügung gestellt werden und zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser beitragen können.