Protocol of the Session on April 18, 2013

Sehr geehrte Abgeordnete! Uns ist wichtig, dass insgesamt berlinweit viele Plätze geschaffen werden. Selbstverständlich ist es nachvollziehbar, dass die Eltern den Wunsch haben, gerne – ich sage mal – direkt um die Ecke einen Kitaplatz zu bekommen. Es gibt aber auch andere Bedarfe. Es gibt auch Eltern, die sagen, sie möchten gerne einen Kitaplatz in der Nähe ihrer Arbeitsstelle. Da sind die Bedürfnisse sehr unterschiedlich. Es ist in der Ver

ordnung so geregelt, dass ein ÖPNV-Radius von 30 Minuten – ja, ich sage mal – verantwortbar ist, aber Sie kennen auch die Realitäten, oftmals ist es so, dass viele Eltern einen Kitaplatz in ihrem Umfeld bekommen. Es ist nicht immer die erste Kita, die sie sich wünschen, aber meistens funktioniert dieses.

Ich finde es wichtig, dass wir den Rechtsanspruch insgesamt gewährleisten können. Wenn Sie in andere Bundesländer schauen, ist das absolut nicht möglich, und da haben die Eltern auch ab dem dritten Lebensjahr Probleme, einen Platz zu bekommen, und nehmen noch größere Fahrzeiten als eine halbe Stunde in Anspruch. Ich glaube schon, dass die Situation in Berlin im Vergleich zu anderen Bundesländern sehr gut ist, und wir haben den Anspruch, auch wenn der neue Rechtsanspruch kommt, dass wir diesen auch erfüllen können.

[Beifall von Roman Simon (CDU)]

Vielen Dank!

Dann kommen wir jetzt zur Mündlichen Anfrage Nr. 9 der Kollegin Breitenbach von der Fraktion Die Linke zum Thema

Betreibt der Senat illegale Leiharbeit?

Bitte schön, Frau Kollegin!

Ich frage den Senat:

1. Trifft es zu, dass die Förderung von Arbeitsverhältnissen – FAV – im Kulturbereich, ein Projekt des Senatsprogramms „Berlin-Arbeit“, wegen illegaler Leiharbeit von der Bundesagentur für Arbeit gestoppt und die bestehenden Arbeitsverträge aufgelöst wurden?

2. Welche Maßnahmen plant der Senat, um die Förderung von Arbeitsverhältnissen im Kulturbereich rechtssicher fortzuführen?

Frau Senatorin Kolat – bitte schön!

Sehr geehrte Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Breitenbach! Um gleich Ihre Ausgangsfrage kurz und grundsätzlich zu beantworten, was die illegale Leiharbeit des Senats angeht, antworte ich ganz klar mit Nein, im Gegenteil, der Senat hat eine sehr intelligente Lösung gefunden, um den Bereich

(Senatorin Dilek Kolat)

öffentlich geförderter Beschäftigung auch für den Kulturbereich weiterhin funktionieren zu lassen.

Die Initiative Kulturarbeit nutzt seit 2009 verschiedene arbeitsmarktpolitische Förderinstrumente, um Langzeitarbeitslose in befristete geförderte Beschäftigungsverhältnisse in kleinen kulturellen Initiativen, Projekten und Trägern zu bringen. Das ist eine Erfolgsgeschichte in Berlin. Es gibt auch einen Beirat, der über die Projekte entscheidet, wo Beschäftigungsförderung eingesetzt wird. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass diese Beschäftigten nach ihren Tätigkeiten in diesen kleinen Kulturinitiativen und -projekten durchaus ihre Perspektiven, eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu bekommen, erhöht haben.

Wir haben nach der Instrumentenreform die Situation im Land Berlin – ich sage es mal so ganz klar –, dass uns die Instrumente ausgegangen sind. Unser Kontingent rund um Bürgerarbeit haben wir sehr schnell ausgeschöpft. Das verbleibende Instrument auch für den Bereich Initiative Kulturarbeit ist FAV-Förderung von Arbeitsverhältnissen. Kleine Erinnerung: FAV war eigentlich nur für Privatunternehmen vorgesehen. Wir haben es nach monatelangen Bemühungen geschafft, FAV auch für den ÖGB-Bereich zu öffnen, sonst hätte es dieses Instrument für diesen Bereich, die Initiative Kulturarbeit, gar nicht gegeben. Das ist uns gelungen.

So war die Frage, wie wir dieses neue Instrument in diesem Bereich einsetzen können. Man hat ein Modell entwickelt, das die Kooperation eines zentralen Arbeitgebers mit ca. 190 sehr kleinteiligen Trägern und Projekten in der Initiative Kulturarbeit vorsieht. Der Hintergrund für dieses Modell war, denke ich, nachvollziehbar, weil es kleineren Initiativen eben schwerer fällt, Einzelverträge abzuschließen. Frau Breitenbach! Ihnen brauche ich nicht zu erklären, dass FAV eben doch ein anderes Instrument ist. Bei Bürgerarbeit konnte man Projekte finanzieren. FAV beruht auf Einzelarbeitsverhältnissen. Das erhöht den Aufwand und ist insbesondere für kleinere Projekte doch schwieriger, dieses Instrument zu nutzen. Deswegen hat man eben so ein Modell mit der zentralen Arbeitgeberstelle und den Trägern gewählt. Dieses Modell wurde auch mit allen Beteiligten abgestimmt.

Nun liegt in der Tat eine neue Rechtsauffassung der Regionaldirektion vor, seit April ganz neu, wo sie diese Konstruktion als nicht völlig rechtswidrig sehen, aber meinen, dass es erlaubnisbedürftig oder -pflichtig ist. Da stand ich vor der Entscheidung: Gehen wir den Weg, dass man sich eine Erlaubnis in Köln holt, oder wählt man einen anderen Weg?

Wir haben aus pragmatischen Gründen, auch im Interesse der betroffenen Beschäftigten, aber auch der Kultureinrichtungen, einen Weg gefunden, der jetzt auch schon umgesetzt worden ist. Die 25 betroffenen Beschäftigten

sind jetzt alle weitgehend in neuen Arbeitsverhältnissen direkt in den Kultureinrichtungen beschäftigt, und für die zukünftigen gibt es sowieso kein Problem mit der neuen Struktur, sodass wir genau das, was wir bezwecken, diesen Bereich Initiative Kulturarbeit mit dem neuen Instrument, mit den neuen Bedingungen von FAV auch fortführen können. Ich kann hier auch erfreulicherweise mitteilen, dass auch 47 neue Einstellungen hier in der Pipeline sind. Da wir jetzt pragmatisch und kurzfristig eine neue Lösung gefunden haben, wird die Förderung in diesem Bereich auch erfolgreich fortgeführt.

Vielen Dank! – Für eine Nachfrage Frau Kollegin Breitenbach – bitte schön!

Ja, vielen Dank! – Meine Nachfrage, Frau Senatorin: Wenn ich mir die rote Nummer 0740B-1 angucke – das ist die rote Nummer, in der alle Bürgerarbeitsplätze aufgelistet sind –, dann stellt sich mir die Frage, ob das Problem der Arbeitnehmerüberlassung, also der illegalen Leiharbeit, nicht auch dort stattfindet. Also bei den Projekten sieht es so aus, als wäre das weitaus mehr als der Kulturbereich. Können Sie mir sagen, wie viele Stellen davon insgesamt betroffen sind?

Bitte schön, Frau Senatorin!

Sie haben jetzt Bürgerarbeit angesprochen. Wir reden gerade über FAV-Fälle. Das Neue an FAV ist, dass es sich um Einzelarbeitsverhältnisse handelt. Das sind die rechtlichen Voraussetzungen. Wir können nicht wie früher im Rahmen von Bürgerarbeit oder der alten Instrumente Projektförderung machen und 10, 20, 30 Projekte zugleich fördern. Die technischen Voraussetzungen sind bei FAV so, dass es sich um Einzelarbeitsverhältnisse handelt. Alle FAV-Fälle werden auch in dieser Form umgesetzt. Nur aufgrund der Kleinteiligkeit dieser Kulturprojekte war das ein Modell, eben dort Abhilfe zu leisten, dass man das zentral macht, aber wie gesagt, wir haben relativ schnell umgesteuert, und jetzt findet das wie im Normalfall bei FAV auch in einzelnen Kultureinrichtungen statt.

Vielen Dank! – Für eine weitere Nachfrage hat jetzt Frau Kollegin Bangert das Wort. – Bitte schön!

Ja, vielen Dank! – Frau Senatorin Kolat! Ist Ihnen bekannt, dass das Jobcenter Mitte darauf hingewiesen hat, dass Arbeitnehmerüberlassung im Rahmen von FAV nicht gestattet ist und dass nichtsdestotrotz der zentrale Arbeitgeber die Arbeitnehmerüberlassung sogar in die Arbeitsverträge geschrieben hat? Und wie bewerten Sie die Tatsache, dass der zentrale Arbeitgeber eine landesunmittelbare GmbH ist und sich somit das Land Berlin durch den 25-prozentigen Lohnkostenzuschuss selber fördert?

Bitte schön, Frau Senatorin!

Diese Modellkonstruktion wurde ja auch gemeinsam mit der Regionaldirektion und insbesondere dem Jobcenter Mitte entwickelt. Es gab in der Tat unterschiedliche Auffassungen, ob so ein Kooperationsmodell mit Arbeitnehmerüberlassung gleichzusetzen ist. Man ist dann zu dem Schluss gekommen: Nein, so ein Kooperationsvertrag entspricht nicht einer Arbeitnehmerüberlassung. – So ist man dann diesen Weg gegangen. Jetzt hat die Regionaldirektion das noch mal geprüft und eine andere Rechtsauffassung. Und wie gesagt, es ist absolut kein Problem, wir haben die vorhandenen Arbeitsverträge umgeswitcht. Und für die zukünftigen gilt die neue Struktur. Insofern sehe ich zurzeit absolut kein Problem. Und das war isoliert nur ein Modell. Dieses Modell haben wir in anderen Bereichen in dieser Form nicht.

Vielen Dank! – Die Fragestunde ist damit beendet. Die heute nicht beantworteten Anfragen werden gemäß § 51 Abs. 5 unserer Geschäftsordnung mit einer Frist von einer Woche schriftlich beantwortet.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 2:

Spontane Fragestunde

gemäß § 51 Abs. 7 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin

Zuerst erfolgen die Wortmeldungen nach Stärke der Fraktionen mit je einer Fragestellung. Es beginnt die CDUFraktion mit dem Kollegen Jupe. – Bitte schön!

Ich frage den Senat: Welche Auswirkungen hat die Insolvenz des Energieanbieters Flexstrom für die Verbraucher in Berlin?

Könnten Sie uns bitte mitteilen, welches Senatsmitglied Sie fragen?

Den Verbraucherschutzsenator!

Bitte schön, Herr Senator Heilmann!

Herr Abgeordneter Jupe! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ist natürlich eine bedauerliche Insolvenz für die Verbraucher. Leider kennen wir die Zahlen nicht, weil Flexstrom uns nicht die Information zur Verfügung stellt, wie viele Kunden sie in Berlin haben.

Flexstrom hat unter drei Marken Strom und unter einer Marke Gas abgegeben. So, wie es aussieht, sind die Gaskunden faktisch nicht betroffen, weil – so weit wir das wissen – der Betrieb weitergeht. Die Stromkunden – das ist die gute Nachricht – haben einen weiterlaufenden Vertrag und haben deshalb bis jetzt weiter Stromlieferungen. Sollte Flexstrom nicht in der Lage sein, dafür zu sorgen, dass weiter Strom geliefert wird, springt die Grundversorgung, die im Gesetz vorgesehen ist, ein, und sie bekommen Strom zum sogenannten Grundversorgungstarif – der ist etwas teurer – geliefert. Das bedeutet, dass die Kunden in keinem Fall im Dunkeln sitzen.

Wir haben dann – wenn Sie auf die Homepage der Verbraucherzentrale gehen, und das finden Sie auch auf berlin.de – Verbrauchern Hinweise gegeben, wie sie mit Daueraufträgen, Vorauszahlungen etc. umgehen sollen. Die Verbraucherzentrale hat auch eindringlich davor gewarnt, Einjahresvorauszahlungen in diesem Bereich zu machen. Aber es gibt leider Kunden, die das getan haben. Wie viele Kunden von Flexstrom das sind, wissen wir nicht. Wir wissen das auch bundesweit nicht, und wir wissen schon gar nicht, wie viele das in Berlin sind. Die Verbraucherzentrale hat einige Anfragen, sie sind aber im zweistelligen Bereich. Ich hoffe, dass das kein wirkliches Massenphänomen in Berlin ist.

Danke schön! – Wünschen Sie eine Nachfrage? – Nicht! Dann hat Frau Matuschek die Möglichkeit, eine Nachfrage zu stellen.

Herr Senator! Ich frage Sie unter Verbraucherschutzaspekten: Die Kunden, die auf Flexstrom angesprungen sind – und das Geschäftsmodell von Flexstrom war ja auf

Vorauszahlungen ausgerichtet –, haben sich möglicherweise auch auf die Angaben über die Geschäftssituation von Flexstrom verlassen, die anhand der Geschäftsberichte zugänglich waren. Da waren in den letzten Jahren immer positive Ergebnisse genannt worden, sodass ein Kunde, ein Neukunde sich darauf hätte verlassen können, dass es sich um ein gesundes Unternehmen handelt. Halten Sie aus Verbraucherschutzsicht eine solche Angabe über einen positiven Geschäftsabschluss bei einem so fragwürdigen Geschäftsmodell für ausreichend, die Verbraucher vor solchen Insolvenzen zu schützen?

Weil mir ein Irrtum unterlaufen ist, beantwortet Herr Senator Heilmann das, denn die Nachfrage hat immer nur der Fragesteller. Ich würde Sie trotzdem bitten, Herr Senator Heilmann, die Frage der Kollegin Matuschek zu beantworten.

Ich weiche selbstverständlich nicht aus! – Frau Kollegin Matuschek! Erstens: Ich kann nicht sagen, ob in dem konkreten Fall die Berichte über die wirtschaftliche Situation falsch, gefälscht oder gar bewusst unrichtig dargestellt worden sind. Die Tatsache, dass sie insolvent sind, lässt eine gewisse Grundvermutung nach allgemeinen Regeln zu. Sollte das so gewesen sein, hätten die Verantwortlichen von Flexstrom sich strafbar gemacht. Ich sage das mit aller Vorsicht, weil es im deutschen Recht keine Vorverurteilung gibt und schon gar nicht durch den Justizsenator. Dafür haben wir unabhängige Justiz.

Ich will auf Ihre Generalfrage antworten: Wir haben einen strafrechtlichen Schutz dagegen, und wir haben eine Aufklärung, die die Verbraucherzentrale gerade in diesen konkreten Fällen auch getan hat. Es war auch – wenn sie sich als Verbraucher im Internet über andere, also private Quellen erkundigt hätten – erkennbar, dass die Vorauszahlungsvariante, die nach meinem Kenntnisstand bei Flexstrom nicht die einzige Möglichkeit war, eine durchaus risikobehaftete Variante ist.

Wenn wir nicht jedes staatliche Unternehmen, das mit Verbrauchern Handel treibt oder Dienstleistungen verabredet, einer vorherigen staatlichen Kontrolle unterziehen – was natürlich nicht der Fall ist –, weiß ich nicht, was wir machen sollen, außer zu warnen und es strafbewehrt zu machen, wenn man lügt. Dass die Bilanz tadellos war und von heute auf morgen plötzlich der Laden überschuldet war, ist mir von außen unerklärlich, aber ich bin nicht derjenige, der das verfolgt hat. Das tun der Insolvenzverwalter und die Strafverfolgungsbehörden. Und wie Sie wissen, liegen zahlreiche Strafanzeigen vor.

Vielen Dank!