Protocol of the Session on November 24, 2011

Zentral sind dabei die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften. Hier brauchen wir klare Vorgaben. Das liegt auf der Hand. Wir haben derzeit 15 Prozent städtische Wohnungen. Diese müssen viel konsequenter und zielgerichteter als bisher zur wohnungspolitischen Steuerung genutzt werden. Dabei kann übrigens an zwei Beschlüsse dieses Hauses aus der letzten Legislaturperiode angeknüpft werden. Die rot-rote Koalition hat seinerzeit – übrigens auf Druck der Linken und nicht der SPD – zwei Vorgaben gemacht, und zwar mit mehr oder weniger Erfolg. Anfang 2008 gab es den Beschluss, dass die landeseigenen Gesellschaften bei der Bestimmung von Bestandsmieten ausschließlich den Mietspiegel heranziehen dürfen. Daran erinnern Sie sich sicher noch.

[Daniel Buchholz (SPD): Das kam aber auch von uns, Kollegin!]

Auslöser war seinerzeit ein Anliegen der WBM, im Nikolaiviertel Fantasiemieten nehmen zu wollen. Anfang dieses Jahres gab es dann den Beschluss des Hauses, dass sich die landeseigenen Unternehmen bei der Neuvermietung am Mietspiegel orientieren müssen. Dabei ist das Wort „orientieren“ interpretationsfähig: Einerseits sollte Spielraum bestehen, andererseits wissen wir jetzt, dass der Spielraum, der hier eröffnet worden ist, zu groß ist. Es kann nicht sein, dass die städtischen Unternehmen, wie derzeit zu beobachten ist, Neuvermietungsmieten jenseits von Gut und Böse nehmen und damit ihre Auf

gabe verfehlen. Offensichtlich ist es nötig, konkrete Vorgaben zur Begrenzung von Neuvermietungszuschlägen bei städtischen Gesellschaften zu machen.

[Beifall bei der LINKEN]

Auch wir haben zur Kenntnis genommen, dass im Koalitionsvertrag steht, bei Neuvermietungen sollten die Mieten künftig stärker gespreizt werden. Damit das nicht zur allgemeinen Erhöhung des Mietniveaus führt und das postulierte Ziel konterkariert wird, werden die Linken sehr genau beobachten, wie dieser Ansatz im Koalitionsvertrag konkretisiert wird, denn er könnte auch nach hinten losgehen.

Was will die Regierung für die Bestandsmieter tun? – Mögliche Mieterhöhungen im Bestand sollen sich an der realen Erhöhung der Lebenshaltungskosten orientieren. „15 Prozent in vier Jahren“ ist der Orientierungswert – wieder ein Orientierungswert, wieder zu viel Spielraum –, aber es ist genau die Forderung, die wir mit der seinerzeit mit der Bundesratsinitiative eingebracht haben. Insofern begrüßen wir das.

25 Prozent der Berliner Wohnungen sind städtisch oder genossenschaftlich. Der Rest von 75 Prozent unterliegt nicht dieser Steuerung. Deshalb müssen wir alle landes- und bundesrechtlichen Instrumente zur Mietdämpfung stärker nutzen als bisher. Auf Landesebene besteht enorm viel Spielraum: Zweckentfremdungsverbot, Genehmigungsvorbehalt bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen, eine Forcierung der Bundesratsinitiative usw. All das sind Forderungen, die wir an den neuen Senat richten. Wir werden sehr genau schauen, wie ernst diese Forderungen genommen werden. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank, Frau Kollegin! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Kollege Brauner das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Themen Wohnen, Bauen und Mieten haben uns schon im Wahlkampf und den letzten Monaten der alten Legislaturperiode intensiv beschäftigt. In der Tat ist die Dynamik im Wohnungsmarkt entsprechend. Die Zahlen der letzten Monate zeigen eindeutig in eine bestimmte Richtung. Insofern war es gut und richtig, dass das Thema in der Wahlkampfdebatte und der Koalitionsvereinbarung intensiv erörtert wurde. Wir haben dem Thema breiten Raum gegeben und sind viele Punkte angegangen, die Sie, Herr Otto, aufgeführt haben und die sich teilweise wie die Leftovers aus der letzten Legislaturperiode anhören. Wir haben diese Punkte schon relativ detailliert skizziert.

Für uns ist wichtig, dass wir das Thema Bauen/Wohnen nachhaltig und ganzheitlich angehen. Damit wollen wir Berlin in eine vernünftige Richtung bringen und den Wohnungsmarkt so gestalten, dass wir eine Entlastung haben und die Bürgerinnen und Bürger zu vertretbaren Mieten in der Stadt wohnen können.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Das mit dem Beifall üben wir noch. – Insofern haben wir in der Koalitionsvereinbarung sehr deutlich gesagt, dass wir einen Stadtentwicklungsplan Wohnen wollen, in dem wir die verschiedenen Punkte, die Sie teilweise zu Recht adressieren, zusammenfassen, in eine vernünftige Struktur bringen und auf diesem Weg unsere wichtigsten Ziele realisieren. Ich glaube, dass in diesem Bereich großer Konsens besteht. Erstens ist uns wichtig, dass wir in den nächsten Jahren ein Neubauziel von 6 000 Wohnungen erreichen, um den Wohnungsmarkt nachhaltig zu entlasten. Verbote wirken nur kurzzeitig. Neubau führt an der Stelle zu einer deutlich besseren Entwicklung.

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Zweitens wollen wir – auch das ist uns besonders wichtig – den städtischen Wohnungsbestand nachhaltig erhöhen, und zwar auf rund 300 000 Wohnungen. Das ist in dem Bereich die zweite wichtige Zielmarke. Deshalb nimmt die Rollenbeschreibung der städtischen Wohnungsbaugesellschaften viel Raum ein. Mit diesem Ziel können wir mehr erreichen als mit vielen anderen Forderungen. Ein Stadtentwicklungsplan Wohnen ist wichtig, da man dieses Ziel nicht einfach so erreicht, sondern verschiedene Unterziele und Maßnahmen zusammenbringen muss.

Wenn wir den Wohnungsbau in diesem Maß realisieren wollen, müssen wir alle Akteure einladen, an einem Strang zu ziehen. Das sind die städtischen und privaten Gesellschaften und die Wohnungsbaugenossenschaften. Wir müssen dafür vernünftige Rahmenbedingungen schaffen.

Das bedeutet auch, dass wir im Bereich der Liegenschaftspolitik aktiv agieren werden. Wir werden teilweise das fortführen, was in der alten Legislaturperiode begonnen wurde, und werden es ergänzen. Wir werden die Liegenschaftspolitik aktiv nutzen, um stadtentwicklungspolitische Ziele zu erreichen. Dazu gehört auch eine Mietpreisdämpfung.

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Wir meinen, festgestellt zu haben, dass es zum Beispiel im Bereich der Ferienwohnungen Fehlsteuerungen gibt. Für uns bedeutet das – bevor wir konkret agieren –, dass wir eine vernünftige statistische Grundlage benötigen. Deshalb nimmt das eine eindeutige Position im Koalitionsvertrag ein. Auf der Basis kann aufgesetzt und können die richtigen Steuerungsinstrumente implementiert werden. Gleichzeitig ist für uns wichtig, dass die energetische Modernisierung im Bestand erleichtert wird. Des

halb haben wir gesagt, dass das Denkmalschutzgesetz novelliert werden soll, um das deutlich zu verbessern.

Das sind alles Punkte, durch die man praktisch und konkret den Wohnungsneubau erleichtern kann. Dazu gehört auch, dass wir die Bauordnung entschlacken wollen, um das Verfahren zu verbessern. Das sind viele Punkte, bei denen wir gut nach vorn blicken können, bei denen wir im Rahmen eines Stadtentwicklungsplans Wohnen die richtigen Weichenstellungen vornehmen, damit wir in Berlin mehr Wohnungen, günstigere Mieten und gleichzeitig eine bessere Wohnqualität haben. Das sind wichtige Ziele, die wir uns vorgenommen haben. Dabei können wir für die Berlinerinnen und Berliner viel erreichen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Vielen Dank! – Als nächstes ist Kollege Otto mit einer Kurzintervention an der Reihe. – Bitte sehr!

Sehr geehrter Kollege Brauner! Das ist natürlich schwierig, aus der Opposition in die Koalition zu kommen. Das merkt man bei solchen Redebeiträgen!

[Heiterkeit bei der CDU]

Sie haben hier – und das ist im Koalitionsvertrag auch Thema – sehr auf den Neubau abgehoben. Aber die allermeisten der Berlinerinnen und Berliner wohnen im Bestand.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Mit 5 000 Wohnungen, die man baut, löst man die Probleme, die in der Stadt tatsächlich existieren und die ich beschrieben habe, nicht.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Wir brauchen eine Bestandspolitik! Wir alle wissen auch, dass wir es im Neubau nicht schaffen werden, z. B. die Menschen, die jetzt im Fanny-Hensel-Kiez rausmüssen, unterzubringen, weil die Neubauwohnungen naturgemäß etwas teurer sind. Das bekommt man nicht hin, das wissen Sie als Ökonom auch. Wir müssen im Bestand etwas tun!

Vielleicht noch etwas zum Thema Zweckentfremdung, zu den Ferienwohnungen. Sie haben gesagt, das müsste man untersuchen. Das ist auch so einer dieser Prüfaufträge. Darüber diskutieren wir, seit ich im Parlament bin, seit fünf Jahren! Niemand hat offensichtlich etwas untersucht.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Beifall von Andreas Baum (PIRATEN)]

Vielleicht ist es so, dass die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung einfach keine Ideen mehr hatte oder einfach nicht wusste, was zu untersuchen ist. Eigentlich kann ich mir das bei solch einer großen Verwaltung und solch einer engagierten Senatorin nicht vorstellen. Da stimmt irgendetwas nicht, sage ich Ihnen!

[Beifall bei den GRÜNEN]

Sie haben alles Mögliche gesagt, aber zum sozialen Wohnungsbau haben Sie nichts gesagt, da habe ich genau hingehört. Sie haben als einer der engagiertesten Vertreter in diesem Themenfeld in den Debatten der letzten Legislaturperiode heute dazu nichts gesagt. Im Koalitionsvertrag steht dazu nichts. Was ist denn Ihre Vorstellung, wie wir mit den Altlasten des sozialen Wohnungsbaus, der einst von SPD und CDU gemeinsam erfunden wurde, umgehen sollen? Was sagen Sie den Menschen, die ausziehen müssen? Was sagen Sie denen, die die Kostenmiete zahlen sollen, einfach weil Vermieter sie raushaben wollen, weil sie in interessanten Lagen die Wohnungen in Eigentum umwandeln wollen? Was sagen Sie denen als neue Koalition? – Das möchten wir hören.

[Beifall bei den GRÜNEN – Daniel Buchholz (SPD): Was sagen Sie denen?]

Herr Kollege Brauner möchte erwidern. – Bitte schön, Sie erhalten das Wort!

Vielen Dank! – Ich muss, weil Sie die Vorlage dazu gegeben haben, dazu etwas sagen. Sicher ist es nicht ganz einfach, von der Opposition in die Regierung zu kommen, aber manchmal ist auch nicht einfach, Opposition zu bleiben!

[Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD und den GRÜNEN]

Zur Sache an der Stelle! – Ich glaube – und das haben wir auch im Rahmen der zahlreichen Debatten bereits gehabt –, dass es, wenn wir den Wohnungsbau in Berlin entlasten wollen, im Kern darum gehen wird, dass wir deutlich mehr neu bauen. Das ist die nachhaltigste Entlastung, die wir erreichen können. Insofern steht das auch in der Koalitionsvereinbarung im Vordergrund. Des Weiteren – dazu hat der Kollege Arndt schon ausgeführt –

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Das haben wir nicht verstanden! – Zuruf von den GRÜNEN]

steht insbesondere die mietpreisdämpfende Funktion der städtischen Wohnungsbaugesellschaften auf der Agenda. Auch das nimmt deutlich breiteren Raum in der Koalitionsvereinbarung ein und weist sehr detaillierte Überlegungen auf, wie sie vielleicht in anderen Bereichen nicht gefunden werden. Insofern sind das unsere überaus wich

tigen Bereiche, bei denen wir der Überzeugung sind, dass wir einen guten Durchgriff haben und zugleich auch einen nachhaltigen Effekt erreichen werden.

Zum Thema Wohnraumgesetz, weil Sie das direkt angesprochen haben: In der letzten Legislaturperiode ist das Gesetz verabschiedet worden. Wir werden sicherlich überprüfen, wie es funktioniert. Auf der Basis dieser Erkenntnisse werden wir sehen, ob Anpassungsbedarf besteht. Das steht außer Frage.

[Zuruf von Katrin Schmidberger (GRÜNE)]

Gerade in diesem komplizierten Bereich werden wir kritisch überprüfen, ob die Dinge eingetreten sind, die beabsichtigt worden sind. Sie kennen meine Position in dieser Hinsicht. Sie haben in Ihrem Antrag geschrieben Vergleichsmietensystem. Faktisch ist das Wohnraumgesetz ein solches Vehikel, das sozusagen zu bestimmten Situationen die Wohnungen in ein Vergleichmietensystem überführt. Genau das werden wir uns ansehen, ob das funktioniert und wie nachhaltig der Effekt ist. Insofern, das Thema ist jetzt vielleicht nicht erwähnt worden, aber es ist auf der Agenda. Wir werden aufmerksam hinsehen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Zurufe von den GRÜNEN]

Vielen Dank, Herr Kollege Brauner! – Für die Fraktion der Piraten hat nun Herr Höfinghoff das Wort. – Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für das Protokoll: Herr Wowereit! Erst einmal von uns und speziell von mir herzliche Glückwünsche zur Wahl!

[Joachim Esser (GRÜNE): Hast du ihn gewählt?]