Daher ist es auch wichtig, dass das Land seine eigene Verantwortung, Herr Schneider, bei den Liegenschaften und bei dem Angebot menschenwürdiger Flüchtlingsunterbringung berücksichtigt. Da habe ich bislang noch nichts von Ihnen gehört.
Besonders abstoßend finde ich wirklich die Debatte um Sinti und Roma aus dem Balkan. Dass da der Innensenator jetzt mitten im Winter die Leute abgeschoben hat, passt wirklich zu der Politik dieses Senats. Die einen CDU-Mitglieder machen Stimmung in Neukölln, die anderen, Herr Wansner, in Kreuzberg. Der Innensenator schiebt mit der Begründung ab, es gibt Flüchtlinge, die es verdienen, hier ein faires Asylverfahren zu bekommen. Da ist er ja ganz auf der Linie seines Bundesinnenministers. Und andere werden hier entrechtet und so schnell abgeschoben, dass sie ihre Rechte nicht wahrnehmen können. Und dann wird auch noch versucht, auf der Innenministerkonferenz dafür zu sorgen, dass die Visafreiheit für Menschen aus dem Balkan abgeschafft wird. Das ist eine unwürdige Asylpolitik, die dieses Land Berlin in seinem Senat mit unterstützt. Dagegen wehren wir uns.
Bevor Sie von Erfolgen in dem Bereich reden, erwarte ich wirklich, dass alle Möglichkeiten, die ein Senat hat, genutzt werden, um die Menschen menschenwürdig unterzubringen, wie es unser Grundgesetz vorsieht. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir unterstützen alles, was eine menschenwürdige Unterbringung der zunehmenden Zahl von Asylbewerbern ermöglicht.
Sie aber brandmarken die bestehenden Schwierigkeiten bei der Unterbringung als Lagerhaltung. Gleichzeitig wollen Sie alles unternehmen, um den Zustrom von Asylbewerbern in unser ja so unmenschliches Land zu erhöhen und die Rückführung der nicht Schutzbedürftigen zu unterbinden. So wollen Sie, wenn man Ihre Anträge aus diesem Jahr zusammenfasst, die Gemeinschaftsunterkünfte abschaffen, Abschiebegewahrsam abschaffen, Flughafenverfahren abschaffen und sonstige Mittel zur Rückführung von nicht Schutzbedürftigen abschaffen.
Damit Sie in den Parallelwelten Ihrer internen politischen Zirkel einmal mitbekommen, was die Menschen in unserem Lande dazu denken, lese ich Ihnen mal aus einer Zuschrift vor, die ich gestern nach einer Diskussionsrunde auf „Deutschlandradio“ mit einem Vertreter von Pro Asyl zu diesem Thema erhalten habe, der so Ähnliches vertreten hat wie Ihre Anträge. Ich zitiere:
Meine Frau ist Afrikanerin. Nach den Kriterien, die vom Vertreter von Pro Asyl aufgeführt worden sind (kein Zugang zu Gesundheitsversorgung, Diskriminierung durch vorherrschende Ethnien usw.), hätte beinahe der gesamte afrikanische Kontinent ein Anrecht auf Asyl. Sie schüttelt nur den Kopf über die Weltfremdheit vieler Deutscher.
Halten wir uns an die Fakten! Im Jahr 2006 gab es in Berlin 913 Zugänge von Asylbewerbern. Heute werden es fast 4 000 sein – ein extremer Anstieg. Es ist angesichts dieser Zahlen kein Wunder, dass die Unterbringung eine Herausforderung ist. Ohne Improvisation wird es nicht gehen.
Nein, danke! – Derzeit leben – darauf haben Sie zutreffend hingewiesen – 12 000 Menschen in unserer Stadt, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen. Davon leben 7 000 in eigenen Wohnungen. Das sind beachtliche Zahlen. Doch der Bedarf steigt, und das Angebot sinkt angesichts der Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt. Daran werden auch Ihre Schaufensteranträge nichts ändern. Letztlich beantragen Sie, was bereits geschieht.
Die Verantwortlichen, Senat, Bezirke und auch Wohnungsbaugesellschaften, unternehmen alles in ihrer Kraft Stehende, um eine angemessene Unterbringung zu ermöglichen, und dabei haben sie unsere volle Unterstützung.
Ich weiß aus vielen persönlichen Gesprächen mit Betroffenen: Es ist ein großer Schritt, bevor sich jemand entscheidet, seine Heimat zu verlassen. Oftmals sind diese Menschen verschiedenen Formen von Benachteiligungen ausgesetzt, und ich wende mich daher auch hier völlig entschieden gegen die pauschalierende Verurteilung aller Asylbewerber. Aber wir müssen auch so ehrlich sein, uns einzugestehen, dass sich die Menschenrechtslage nicht in allen Herkunftsländern verschlechtert hat. Muss es uns nicht zu denken geben, dass die südosteuropäischen Nicht-EU-Staaten Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien die höchsten Zuwachsraten in den Asylbewerberzahlen in Berlin haben,
Müssen wir nicht zur Kenntnis nehmen, dass in den ersten zehn Monaten dieses Jahres von insgesamt 8 029 entschiedenen Fällen von Asylbewerbern aus Serbien keiner als Asylberechtigter anerkannt worden ist
und bei nur 19 die Gründe für ein Abschiebeverbot nach § 60 Aufenthaltsgesetz vorlagen? Das ist eine Schutzquote von 0,2 Prozent.
Macht es uns nicht nachdenklich, dass es unter den 3 554 Anträgen in diesem Jahr aus Mazedonien keinen einzigen Asylberechtigten und nur 4 Flüchtlinge gab, bei denen die Voraussetzungen für ein Abschiebeverbot vorlagen – eine Schutzquote von 0,1 Prozent?
Nein, danke! – Sollte es uns nicht zu denken geben, dass unser Nachbarland Schweiz die visumsfreien Staaten Serbien, Mazedonien, Bosnien und Herzegowina als safe countries qualifiziert und für diese ein 48-StundenVerfahren eingeführt hat? Sollten uns diese Zahlen nicht Anlass geben zu prüfen, ob diese Staaten auch im Sinne von Art. 16a Abs. 3 Grundgesetz als sichere Herkunftsstaaten einzustufen sind?
Ich möchte Ihnen empfehlen: Lassen Sie uns nicht nur an den Folgen der steigenden Asylbewerberzahlen doktern – das ist sicherlich besonders schwer! Besser wäre es, an den Ursachen zu arbeiten. Das ist durchaus zielführender. – Vielen Dank!
Herr Dregger! Ich finde es ein Unding, wie Sie hier mit dieser Materie umgehen. Ich finde es verständlich, dass Sie versuchen, den Senat zu verteidigen. Aber wenn Sie sagen, der Senat tut alles, da muss ich leider darauf hinweisen: Wir haben zwei konkrete Vorschläge gemacht. Die Linksfraktion hat auch einen Antrag eingebracht. Wir haben auf konkrete Dinge hingewiesen, die nicht getan werden. Insofern frage ich mich, wie Sie sagen können, dass der Senat alles tut.
Das eine ist ein Vertrag, den der Senat geschlossen hat, der nicht eingehalten wird. Das ist keine Geheimschutzinformation. Das können Sie so nachlesen. Das Zweite sind Verhandlungen, die – sogar laut dem Senator selbst – vor einigen Wochen abgebrochen wurden. Sie sind Ihrer Aussage nach aufgrund mangelnder Kontingente abgebrochen worden. Dazu kann Kollegin Breitenbach gleich noch etwas sagen. Jedenfalls kann ich mich nur fragen, wie Sie dazu kommen zu sagen, dass der Senat alles tut, wenn wir Ihnen konkrete Vorschläge vorlegen. Wir stehen ja nicht hier und polemisieren nur, sondern wir machen konkrete Vorschläge, was man mehr tun kann.
Nun zu Ihren 0,2 Prozent: Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, was diese hohe Ablehnungsquote
Entschuldigung! Bei einer Kurzintervention darf ich nur auf den Redner antworten. Wenn der Redner aber weg ist oder gerade telefoniert, darf ich auch nicht weiterreden, wenn ich die Regeln richtig verstehe.
Herr Dregger! Sie können es sich nachher noch anhören, wenn es aufgezeichnet ist. – Zu den 0,2 Prozent kann ich Ihnen nur sagen: Denken Sie doch bitte einmal darüber nach, was diese hohe Ablehnungsquote bedeutet, ob vielleicht an den Gesetzen und an den Richtlinien etwas falsch ist und nicht andersherum, ob das bedeutet, dass sich zu viele Leute falsch bewerben. Und dass Sie hier stehen und eine Angst vor Afrika schüren, indem Sie sagen, da kommt der ganze afrikanische Kontinent, da kommt mir gleich richtig die Galle hoch. Das finde ich richtig daneben – Entschuldigung!
Zurück zum Ernst der Sache: Wenn die Wohnungen frei wären, würden sie auch entsprechend belegt. Wir können niemanden dort rausschmeißen, um Asylbewerber reinzusetzen. Das dürfte Ihnen auch einleuchten. Natürlich werden die Kontakte fortgeführt, um alle Möglichkeiten zu untersuchen, auch für Asylbewerber vermehrt Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Ich habe Ihre Anträge auch deswegen als Schaufensteranträge bezeichnet, weil, selbst wenn das alles stimmte, was Sie dort unterstellen, Sie damit das Problem nicht lösen.
Zum zweiten Punkt Ihres Einwurfes: Dieses Land leidet nicht darunter, dass es kein Rechtsstaat wäre und dass es rechtsstaatswidrige Asylverfahren hat. Dieses Land leidet eher darunter, dass es Schlepperbanden gibt, die Menschen in Not ausbeuten, mit dem Ziel und dem Versprechen, ihnen hier eine andere Zukunft zu geben.